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KZ-Außenlager Lauingen

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KZ-Außenlager Lauingen (Bayern)
KZ-Außenlager Lauingen
KZ-Außenlager
Lauingen
Lokalisierung von Bayern in Deutschland
Lage des ehemaligen KZ-Außenlagers in Bayern.

Die KZ-Außenlager Lauingen I, II & Birkackerhof waren von März 1944 bis Anfang April 1945 drei der 169 Außenlager des Konzentrationslagers Dachau. In ihnen mussten rund 3000 männliche KZ-Häftlinge Zwangsarbeit in 12-Stunden-Schichten leisten, vor allem für die Flugzeugteile-Produktion der Messerschmitt AG. Es gab zu wenig zu essen sowie Läuse-, Fleckfieber- und Tuberkulose-Epidemien, viele Gefangene starben.

Zwangsarbeit für Messerschmitt

Mehr als die Hälfte der KZ-Häftlinge mussten in der Landmaschinenfabrik Ködel & Böhm 48.57470910.4189405 [1] für die Messerschmitt AG Flugzeugteile für Militärflugzeuge herstellen, unter anderem Triebwerksverkleidungen für das Strahlflugzeug Me 262.[2] Die Flugzeugteile wurden im geheimen Waldwerk Kuno I bei Leipheim von Messerschmitt endmontiert.[3] Die fertigen Flugzeuge wurden als Jagdbomber mit je zwei Bomben sowie als Jagdflugzeuge eingesetzt. Ein anderer Teil der Gefangenen musste neue Lager-Baracken am Birkackerhof bauen. Besonders belastend war die Zwangsarbeit in der „Pumpstation“, wo die Inhaftierten bei Entwässerungsarbeiten bis zu den Knien im Wasser standen. Wer entkräftet die 12-stündigen Tages- und Nachtschichten nicht mehr durchhielt, wurde zurückgeschickt ins KZ Dachau.[4]

Internierung in den KZ-Außenlagern Lauingen

Von den rund 3000 Gefangenen stammte fast die Hälfte aus der Sowjetunion, die anderen aus 22 anderen Nationen. Unter ihnen waren auch Polen, die am Warschauer Aufstand beteiligt waren.[5] In Lauingen (Donau) selbst gab es ungefähr 100 Todesopfer. Einige von ihnen wurden ins Konzentrationslager Dachau transportiert, ebenso monatlich 40 bis 50 Häftlinge, zur Bestrafung oder bei Arbeitsunfähigkeit und Krankheit. Viele von ihnen starben.[4]

Lauingen I – März 1944 bis Anfang 1945 in der Landmaschinenfabrik Ködel & Böhm

Im März 1944 hat die SS die ersten 400 Häftlinge überwiegend aus der Sowjetunion und Polen aus dem KZ Dachau nach Lauingen transportiert. Sie wurden im Keller der Landmaschinenfabrik Ködel & Böhm 48.57470910.4196345 inhaftiert, dem ersten der drei Lauinger KZ-Außenlager.[6] In diesem Kellerraum gab es keine Fenster, es war feucht. Die SS bewachte das Lager und sicherte es mit Stacheldraht und Wachtürmen.[7]

Lauingen II – August 1944 bis Anfang 1945 in der Tuchfabrik Ludwigsau J. Feller & Co.

Im August 1944 wurden weitere 300 Gefangene vom KZ Dachau nach Lauingen gebracht. Sie wurden in einer der Fabrikhallen der Tuchfabrik Ludwigsau J. Feller & Co. 48.57093410.4511804 untergebracht, die anderen Hallen dienten der Produktion. Die Zentrale der SS-Wachmannschaft war direkt daneben.[6]

Lauingen-Birkackerhof – Anfang 1945 bis Anfang April 1945

Im Dezember 1944 mussten KZ-Häftlinge in der Nähe des Birkackerhofes an der Straße nach Wittislingen Baracken für ein drittes Lager errichten, wo sich inzwischen die Birkach-Siedlung befindet 48.587219110.4250194Koordinaten: 48° 35′ 14″ N, 10° 25′ 30,1″ O.[5] Anfang 1945 wurden die beiden Lager Lauingen I und II in das neue Außenlager Lauingen-Birkackerhof umgezogen, wo Platz für die rund 3000 Gefangenen war. Es war gesichert mit einer massiven Ziegelmauer.[6][4] Schlafen mussten die Häftlinge dort auf dem Betonboden, bedeckt mit Stroh.[7]

Räumung des KZ-Außenlagers

Anfang April 1945 wurden einige hundert Gefangene nach Landsberg zum KZ-Außenlagerkomplex Kaufering geschickt. Am 10. oder 12. April wurde das KZ-Außenlager Lauingen aufgelöst. Die Gefangenen mussten nach Augsburg marschieren und dort zehn Tage lang Panzergräben bauen. Danach gibt es unterschiedliche Berichte. Einige gaben an, bei Meitingen durch US-Truppen befreit worden zu sein, andere berichteten, sie seien nach Donauwörth und Dachau verlegt worden.[4]

Hygiene, Misshandlung, Ermordung, Fluchtversuche

Die Gefangenen litten aufgrund der mangelhaften Ernährung an Hungerödemen, oft gab es nur verdorbene Lebensmittel. Die hygienischen Bedingungen waren von Beginn an katastrophal. Ohne vorhandene Waschgelegenheit kam es schnell zu einer Läuse-Epidemie. Auch die Tuberkulose breitete sich aus und befiel zehn Prozent der Inhaftierten. Schließlich kam noch das Fleckfieber hinzu. Wer krank war oder nicht mehr arbeiten konnte, wurde zurück ins KZ Dachau transportiert. Je Monat betraf dies 40 bis 50 Menschen, viele von ihnen kamen bald darauf um.[4]

Nach Zeugenaussagen gab es etliche Misshandlungen der Gefangenen durch SS-Wachmänner, Funktionshäftlinge und Firmenangestellte, sodass manche in Folge starben. Es gab mindestens zwei Fluchtversuche. Beim einen schossen SS-Wachmännern auf beide Flüchtigen, die Tage später daran starben. Der zweite erfolgte im Herbst 1944. Beide Geflohenen wurden gefangen. Einer wurde in Dachau erhängt, der andere zur Abschreckung in Lauingen vor allen anderen Häftlingen auf einem extra dafür konstruierten Podest gehängt.[6]

Juristische Aufarbeitung und Gedenken

Franz Trenkle, der dritte Kommandoführer vom Frühjahr 1945, wurde im Dachauer Kriegsverbrecherprozess durch das Militärgericht der United States Army zur Todesstrafe verurteilt, das Urteil 1946 vollstreckt. Nach Übergabe der juristischen Aufarbeitung an die deutsche Justiz wurden von der Staatsanwaltschaft keine weiteren Täter ermittelt, sie stellte 1976 die Untersuchungen wie auch das Verfahren ein.[6][4]

1946 wurde auf dem städtischen Friedhof Johannesstraße48.573861210.4281656 ein Gedenkstein aufgestellt. Die sterblichen Überreste der 62 dort beigesetzten Häftlinge wurden auf den KZ-Friedhof Dachau Leitenberg umgebettet[5], der massive Gedenkstein war 1958 spurlos „verschwunden“. Dreißig Jahre später wurde 1988 eine einfache Gedenktafel an der östlichen Außenwand der Kirche falscher Wert ›building‹ in type-Parameter St. Johannes48.57327210.4278256 angebracht:

alternative Beschreibung
Gedenktafel im Friedhof (Foto 2008)

Die Lektion, die man in diesem
Leben lernen muss, ist:
Handeln – Lieben – Leiden
Johannna Franziska vom Chantal
  – – –
Zum Gedenken an die Menschen
verschiedener Rassen, Religionen
und Weltanschauungen, die im
Dritten Reich in der KZ-Außenstelle
Lauingen den Tod erleiden mussten.
Die Bevölkerung der Stadt Lauingen.

Das Albertus-Gymnasium Lauingen falscher Wert ›building‹ in type-Parameter 48.572765210.4301575 stellte weitere zwanzig Jahre später auf Initiative des Abitur-Jahrgangs 2012 eine vom Künstler Sándor Kecskeméti[8] gestaltete und gestiftete Skulptur zum Gedenken an der Schule auf.[9]

Literatur

Augenzeugenberichte KZ-Außenlager Lauingen

  • Ernest Biette: Commando Lauïngen Arbeit-Lager – à la mémoire de Ernest Biette, Canope académie d’Amiens, Department de l’Oise, September 2015, französisch, 92 S., ISBN 978-2-86615-340-3, ISBN 2-86615-340-5
  • Christoph Rabenstein: Ein KZ-Häftling erlebt das Kriegsende: der Widerstandskämpfer Oswald Merz in: Rainer Hofmann: Fürchten, Bangen, Hoffen – Leben um 1945 auf dem Land am Beispiel der Fränkischen Schweiz – Aufsatzband zur Sonderausstellung im Fränkische Schweiz-Museum Tüchersfeld, 91278 Pottenstein vom 19. Juni – 08. November 2015, Ausstellungskatalog des Fränkische-Schweiz-Museums, Band 24, im Auftrag des Zweckverbands Fränkische Schweiz-Museum Tüchersfeld, Tüchersfeld 2016, 175 S., ISBN 978-3-942439-12-1, S. 26–48

KZ-Außenlager Lauingen

  • Gaby Pfob: Das Konzentrationslager Lauingen, Offingen/München 1985, OCLC 159841751, OCLC 721967306, S. 6–31
  • Gernot Römer: Für die Vergessenen, KZ Außenlager in Schwaben – Schwaben in Konzentrationslagern, Berichte, Dokumente, Zahlen und Bilder, Verlag Presse-Druck- und Verlags-GmbH, Augsburg 1984, 231 S., ISBN 3-89639-047-3, ISBN 978-3-89639-047-9, S. 105–113

ergänzend

Enzyklopädien

Weblinks

  • Eintrag Lauingen in Arolsen Archives International Center on Nazi Persecution (UNESCO-Weltdokumentenerbe) über International Tracing Service (ITS), Bad Arolsen, online unter collections.arolsen-archives.org. Abgerufen am 29. Oktober 2020.
  • Forgotten horros: Lauingen. Abgerufen am 29. Oktober 2020.

Einzelnachweise

  1. Stefanie Sartor in Augsburger Allgemeine, Lokales Dillingen: Traktoren seit 100 Jahren: Es begann mit einer Werkstatt, 14. Juni 2003
  2. Alexander Kartschall: Messerschmitt Me 262 – Geheime Produktionsstätten, 1. Auflage, Paul Pietsch Verlage, Stuttgart 2020, ISBN 978-3-613-04258-2, S. 76
  3. Christian Gödecke in Der Spiegel: Hitlers geheime Flugzeugfabriken: Düsenjäger im Dickicht, 30. November 2010
  4. 4,0 4,1 4,2 4,3 4,4 4,5 Albert Knoll, Zdenek Zofka: Lauingen, in: Wolfgang Benz, Barbara Distel (Hrsg.): Der Ort des Terrors. Geschichte der nationalsozialistischen Konzentrationslager. Band 2 Frühe Lager Dachau, Emslandlager, C.H. Beck, 2005, 607 Seiten, ISBN 3-406-52962-3, S. 381–384
  5. 5,0 5,1 5,2 Ulrike Puvogel, Martin Stankowski: Gedenkstätten für die Opfer des Nationalsozialismus – Eine Dokumentation, Bundeszentrale für politische Bildung, Verlag Edition Hentrich Berlin, Bonn 1995, ISBN 3-89331-208-0, S. 160.
  6. 6,0 6,1 6,2 6,3 6,4 Gernot Römer: Lauingen (I, II, and Birkackerhof), in: Encyclopedia of camps and ghettos, 1933–1945 / 1,A : Early camps, youth camps, and concentration camps and subcamps under the SS-Business Administration Main Office (WVHA), part A, Indiana Univ. Press, Bloomington, 2009, 859 S., ISBN 978-0-253-35328-3, ISBN 978-0-253-35428-0, S. 498f.
  7. 7,0 7,1 Gernot Römer: Für die Vergessenen, KZ Außenlager in Schwaben – Schwaben in Konzentrationslagern, Berichte, Dokumente, Zahlen und Bilder, Verlag Presse-Druck- und Verlags-GmbH, Augsburg 1984, 231 S., ISBN 3-89639-047-3, ISBN 978-3-89639-047-9, S. 105–113
  8. Portrait Sándor Kecskeméti auf initiofinearts.com. Abgerufen am 29. Oktober 2020.
  9. Donau-Zeitung: Gegen das Vergessen, 29. Januar 2009, Bis zu 2900 Häftlinge waren im KZ in Lauingen, 25. Januar 2020.
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