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Jute

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Jute
Jutegewebe
Fasertyp

Naturfaser, Bastfaser

Eigenschaften
Faserlänge Faserbündel bis 300 cm
(ca. 20 Einzelfasern); Einzelfaser etwa 2 mm[1]
Faserdurchmesser 2,4 µm (Zelle)[2]
Elastizitätsmodul 17,3 N/mm²[2]
Festigkeit 40,3 cN/tex[2]
Bruchkraft 1,2 N[2]
Produkte Taue, Seile, Kordeln

Jute ist eine einjährige Pflanze (Kraut, Strauch). Sie gehört zur Gattung Corchorus, von der vor allem zwei Arten Corchorus capsularis und Corchorus olitorius zur Fasergewinnung genutzt werden. Die Stängellänge – und damit die Faserlänge – liegt bei 1,50 bis über 3 m.[3] Ursprünglich stammt die Jute aus den Ländern des Mittelmeerraumes und kam von dort nach Asien, insbesondere Indien und Pakistan.[4] Sie benötigt ein immerfeuchtes, tropisches Klima (optimale Temperatur 27 bis 31 °C, Niederschlag > 1.500 mm/Jahr). Corchorus olitorius ist im tropischen Afrika und Asien heimisch. Die Früchte sind giftig.

Anbau

Jute wird insbesondere in den alluvialen Böden des Gangesdeltas in den wechselfeuchten Tropen angebaut. Nach der Aussaat in die vorbereiteten Böden werden die Pflanzen bei einer Größe von 15–20 cm verzogen und nach etwa vier Monaten geerntet.

Jute wird, wo es jährliche Überschwemmungen gibt, ohne Dünger und Pflanzenschutzmittel angebaut. Der Pilz Macrophomina phaseolina ist jedoch für moderne Monokulturen ein Schädling, der ca 30 % der Ernte vernichtet. Dessen Genom wurde 2012 von einem Team um Dr. Maqsudul Alam am Bangladesh Jute Research Institute entschlüsselt, mit der Hoffnung, hier ein Pflanzenschutzmittel zu entwickeln.

C. olitorius wird im Handel und der Industrie auch als Tossa Jute, C. capsularis als Weiße Jute bezeichnet. Eine Reihe von Pflanzen, die nicht zur gleichen Gattung gehören, liefern Fasern, die denen der Jute sehr ähnlich sind, z. B. Kenaf und Roselle. Da die Fasern im Handel letztlich kaum noch zu unterscheiden sind, werden sie oft zu der Kategorie „Jute und ähnliche Fasern“ zusammengefasst.[5]

Gewinnung der Fasern

Nach dem Rösten für 20 Tage werden die Fasern von Hand ausgelöst, in fließendem Wasser gewaschen und getrocknet.[6] Vor dem Spinnen werden die Fasern in der Regel mit einem mineralölhaltigen Öl behandelt (sog. Batschen), um die Verarbeitung zu erleichtern. Dieses Verfahren wird aufgrund möglicher gesundheitlicher Schäden kritisiert.[7] Problematisch ist dieses Öl jedoch nur in technischen Anwendungen, z. B. in Automobilen als Türinnenverkleidungen, da es in textilen Anwendungen während des Herstellungsprozesses letztlich wieder ausgewaschen wird.[8]

Jutefasern werden entlang einer Straße getrocknet

Eigenschaften

Als Naturfasern sind Jutefasern vollständig biologisch abbaubar. Die Jutefaser besitzt einen goldenen und seidigen Glanz, daher wird sie auch „die goldene Faser“ genannt. Sie ist durch ein hohes Wasseraufnahmevermögen, eine geringe Reißfestigkeit (20–25 Rkm) und eine gute Verrottbarkeit gekennzeichnet. Jutefasern haben eine hohe Dehnfestigkeit bei niedriger Dehnbarkeit, was die Qualität als industrielles Garn und Gewebe bedingt. Sie lassen sich gut färben, sind jedoch sehr fäulnisanfällig und riechen streng.

Verwendung

Jutefasern werden unter anderem für Verpackungsmaterialien (beispielsweise Säcke), Spezialpapiere, grobe Garne und Teppiche verwendet. Jute gehört zu den „nachwachsenden Rohstoffen“ und ist ein wichtiger Konkurrent zu den heimischen Naturfasern Flachs und Hanf beispielsweise in Faserverbundwerkstoffen.

Die Blätter von Corchorus olitorius heißen auf arabisch Malachija oder Nalta und werden als Gemüse gegessen. Teilweise werden sie auch getrocknet und zu einer Suppe verarbeitet. In Indien wird Corchorus olitorius auch als Faserpflanze angebaut, die Qualität steht der von Corchorus capsularis aber deutlich nach. Als Koppelprodukt von Jute fällt bei der Gewinnung der Faser aus dem Stroh der hölzerne Kern in Form kleiner Bruchstücke (Schäben) an. Hochwertige Anwendungen existieren dafür jedoch nicht.

Wirtschaftliche Bedeutung

Die Weltproduktion von Jutefasern lag im Jahr 2007/08 bei etwa 2,7 Mio. t. Größter Produzent war Indien (etwa 1,6 Mio. t), gefolgt von Bangladesch (0,9 Mio. t) und anderen südasiatischen Ländern (Myanmar mit etwa 0,04 Mio. t und Nepal mit etwa 0,02 Mio. t).[9] Die Weltproduktion schwankt etwa zwischen 2,3 und 2,8 Mio. t auf einer Anbaufläche von über 1,3 Mio. ha.

Jute ist mengenmäßig nach der Baumwolle die wichtigste Naturfaser. Weltweit leben 10 bis 12 Mio. Kleinbauern und viele 100.000 Menschen von ihrer Weiterverarbeitung. Durch die Zunahme der Schüttgüter und die Verdrängung mit synthetischen Fasern seit den 1970er Jahren brach der internationale Handel sowie die realen Preise stark ein. Nur noch ein Drittel der Fasern gehen in den Export. Der Rest wird in den Hauptanbauländern Indien und Bangladesch verbraucht. Hauptimportland ist inzwischen Pakistan[10]. Die Verwendung von Jute als Verpackungsmaterial für den Großhandel ist in Indien gesetzlich vorgeschrieben.

Da die Jute mengenmäßig alle technisch genutzten Naturfasern dominiert, beeinflusst sie maßgeblich die Preise der anderen Naturfasern. In den letzten Jahren wurde eine Fülle neuer Produkte mit hoher Wertschöpfung für Jutefasern entwickelt: Heimtextilien, Verbundwerkstoffe, Geotextilien, Papier, Technische Textilien, Chemieprodukte und Modeartikel. Die steigende Nachfrage nach Jutefasern insbesondere aus Indien (für Verpackungen) und China (u. a. für Verbundwerkstoffe) zusammen mit mehrjährigen schlechten Ernten führte im Dezember 2009 zu der Entscheidung Bangladeschs, einen Exportstopp für unverarbeitete Jute zu verhängen.[11] Dieses wurde erst im Februar 2010 für bestimmte Qualitäten wieder teilweise aufgehoben und infolge des Embargos stieg der Preis für Jutefasern um 50 bis 100 %.[12]

Kulturgeschichte

Die Nutzung von Jute begann in Asien zunächst als Kochgemüse und als Faserquelle für den Eigenbedarf. Erst in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts begann in der schottischen Stadt Dundee, die in der Folgezeit den Beinamen Juteopolis erhielt, die maschinelle Verarbeitung der Faser. Erst hiermit erlangte Jute als Faserlieferant weltweite wirtschaftliche Bedeutung. So erreichte der Juteanbau schon um 1900 eine Anbaufläche von etwa 1 Mio. ha.[13][14]

Die erste Jutespinnerei auf dem europäischen Festland wurde 1861 durch den Industriellen Julius Spiegelberg (1833−1897) in Vechelde bei Braunschweig gegründet[15] Im Jahr 1866 produzierte das Unternehmen wöchentlich etwa 500 bis 600 Zentner Jutegarn.[16] Der Betrieb bestand bis 1926.

Der Slogan Jute statt Plastik! wurde zum Symbol für die bewusste Entscheidung von Konsumenten gegen die Wegwerfgesellschaft und für soziale und ökologische Verantwortung. Die Jutetasche wurde 1978 von GEPA eingeführt und 3 Mio. mal verkauft. Sie wird inzwischen durch Baumwolltaschen aus ökologischem Anbau und Fairem Handel ersetzt.[17]

Das Oxford English Dictionary nimmt (hierin Walter W. Skeat folgend) eine Verwandtschaft mit oder Ableitung von Sanskrit जट jaṭa „(Haar-)Strähne, Zopf“ an[18], doch wird diese Herleitung im Hobson-Jobson als „sehr zweifelhaft“ bezeichnet.[19] Ähnliche Worte mit dieser Bedeutung existieren auch in anderen nordindischen Sprachen, darunter dem Bengalischen, das die Sprache in der Hauptanbauregion ist. Die Pflanze findet bereits bei Theophrast Erwähnung (EIP 4.8.14). Archäologisch sind Jutefasern zum Beispiel im Bronzezeitlichen Schahr-e Suchte im Iran und in Berenike in Ägypten nachgewiesen.

Recycling

Recycling-Code für Jute

Der Recycling-Code von Jute ist 61.

Literatur

  • René T. J. Cappers: Roman Footprints at Berenike. Los Angeles 2006.

Weblinks

 Commons: Jute – Album mit Bildern und/oder Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. G. Holzmann, M. Wangelin 2009:Natürliche und pflanzliche Baustoffe - Rohstoff, Bauphysik, Konstruktion, Vieweg+Teubner, Wiesbaden, ISBN 978-3-8351-0153-1
  2. 2,0 2,1 2,2 2,3 Michael Carus u. a.: Studie zur Markt- und Konkurrenzsituation bei Naturfasern und Naturfaser-Werkstoffen (Deutschland und EU). Gülzower Fachgespräche 26, hrsg. von der Fachagentur Nachwachsende Rohstoffe e. V., Gülzow 2008. (ohne ISBN)
  3. Autorenkollektiv: Textile Faserstoffe. .Zweite, verbesserte Auflage. VEB Fachbuchverlag, Leipzig 1967, S. 239
  4. Autorenkollektiv:“ Faserstofflehre“. 3., überarbeitete Auflage. Fachbuchverlag, Leipzig 1973, S.78.
  5. R. R. Franck (Hrsg.): Bast and other plant fibres, Cambridge / Boca Raton, 2005, ISBN 1855736845 / ISBN 0849325978
  6. Jute-Beutel aus Hitze, Staub und schwerer Arbeit (Artikel im Wirtschaftsteil der Zeitung Die Zeit, 2012
  7. N. K. Mehrotra, S. Kumar, M. Anthony 1988: Carcinogenic Property of JBO(P) Variety of Jute Batching Oil, Drug and Chemical Toxicology, 11(2), 181 - 193
  8. nova-Institut 2004: Marktreife von PP-NF-Spritzguss - Überblick über die PP-NF-Spritzguss-Technologie und ihre Eigenschaften.
  9. FAO 2008: Jute, Kenaf, Sisal, Abacá, Coir and Allied Fibres, FAO Commodities & Trade Division, Juni 2008
  10. http://www.fao.org/docrep/006/y4343e/y4343e03.htm
  11. The Financial Express: Govt bans raw jute export to meet local demand, 9. Dezember 2009.
  12. M. Carus: Wachsende Nachfrage nach europäischen Hanffasern, www.oekonews.at, 18. April 2010.
  13. G. Holzmann, M. Wangelin 2009: Natürliche und pflanzliche Baustoffe. Rohstoffe – Bauphysik – Konstruktion. Vieweg + Teubner Verlag, Wiesbaden 2009; S. 131-147. ISBN 9783835101531
  14. The Open University: Dundee, jute and empire.
  15. R. von Gottschall: Unsere Zeit - Deutsche Revue der Gegenwart. Band 2, Verlag Brockhaus, Leipzig 1866.
  16. E. Amthor (Hrsg): Vorwärts - Magazin für Kaufleute. Band 3, Verlag Rübling, Stuttgart und Leipzig 1866.
  17. http://www.zeit.de/2006/24/Selbst-schuld-Jutetuete_xml
  18. Oxford English Dictionary, 2. Auflage 1989, s. v. jute¹
  19. Sir Henry Yule: Hobson-Jobson. A glossary of colloquial Anglo-Indian words and phrases, and of kindred terms, etymological, historical, geographical and discursive. J. Murray, London 1903. s.v. jute
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