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Jud Süß (Feuchtwanger)

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Verlagseinband des Erstdrucks 1925
Joseph Süß Oppenheimer

Jud Süß ist ein 1925 erschienener Roman von Lion Feuchtwanger, der das Leben des historischen württembergischen Hofjuden Joseph Süß Oppenheimer als literarische Vorlage benutzt. Feuchtwanger, der Sohn eines jüdischen Fabrikanten, interessierte sich für die Fragen jüdischer Assimilation in Deutschland. Vor diesem Hintergrund dient ihm die Romanfigur dazu, die Abhängigkeit jüdischen Lebens von den Mächtigen und die in den 1920er Jahren zeittypischen judenfeindlichen Klischees zu thematisieren.

Inhalt

Haupthandlungsstrang

Der Roman spielt im Württemberg des achtzehnten Jahrhunderts. Joseph Süß Oppenheimer, ein Jude aus einer Kaufmannsfamilie, steigt zum mächtigen Finanzrat am Hof des frisch gebackenen katholischen Herzogs Karl Alexander auf und wird vom Volk bewundert, gefürchtet und zugleich verachtet.

Während er einerseits die Intrigen und Ausschweifungen des despotischen Herrschers mitträgt und teilweise fördert, setzt er andererseits alles daran, seine eigene Tochter Naemi vom Treiben am Stuttgarter Hof fernzuhalten. Er hat sie deshalb von Geburt an bei einem Rabbi Gabriel, Kabbalist und Süß' Onkel, in einer entlegenen Klause irgendwo in der Waldeinsamkeit von Hirsau untergebracht, wo sie ihre Jugend mit der Lektüre des Hohen Lieds verbringt. Eines Tages jedoch, während eines Jagdausflugs, führt Prälat Weißensee, dessen Tochter Magdalen Sibylle durch Oppenheimers Vermittlung Karls Mätresse geworden ist, aus Rachegefühlen gegenüber Süß den Herzog auf die Spur des Mädchens. Naemi entzieht sich dessen lüsternen Nachstellungen und stürzt sich vom Dach der Klause.

Süß ist ein gebrochener Mann und ändert sein Leben mit einem Schlag: Äußerlich die Tragödie mit Gelassenheit tragend, reicht er dem von Schuldgefühlen geplagten Herzog scheinbar die Hand zur Versöhnung, arbeitet jedoch heimlich an seinem Untergang: Er lässt sich von dem sein nahes Ende spürenden Karl Alexander eine Legitimationsurkunde für alle seine Handlungen ausstellen und verrät gleichzeitig die seit längerem bestehenden Staatsstreichpläne an Parlament und Landstände: Der katholische Herzog hatte mit Unterstützung des Würzburger Fürstbischofs den schon lange schwelenden Konflikt zwischen Landständen und Herzog ausnutzen und eine katholische Militärautokratie errichten wollen. Bevor es zu seiner Verhaftung kommt, trifft Karl Alexander der Schlag.

Oppenheimer besinnt sich auf das geistige Erbe seiner rabbinischen Vorfahren und bietet sich selber als Sündenbock an: Er wird für sämtliche Machenschaften haftbar gemacht und vor Gericht gestellt. Er nimmt nach dem Verlust seines Schutzherrn in Kauf, dass sich der seit Jahren aufgestaute Volkszorn nun gegen ihn selbst richtet, und dass seine eigene Hinrichtung bevorsteht. Sein Leben durch ein Bekenntnis zum christlichen Glauben zu retten, lehnt er ab. Nahezu lustvoll genießt er das „willenlose Vergleiten“. Nach der Unterzeichnung des Todesurteils meint der neue Regent Karl Rudolf: „Das ist ein seltenes Ereignis, dass ein Jud für Christenschelmen die Zeche zahlt“ (ein historisch verbürgter Ausspruch).

Judentum

Abseits des eigentlichen Handlungskerns zeichnet Feuchtwanger ein facettenreiches, in Teilen dennoch klischeebehaftetes Bild des deutschen Judentums zur Zeit der Aufklärung. Die jüdischen Romanfiguren stehen im Spannungsfeld zwischen Armut und wirtschaftlichem Aufstieg, zwischen kollektiver Ohnmacht und individueller wirtschaftlicher Macht, zwischen der bewussten Abgrenzung gegenüber den Gojim und der Assimilation bis hin zur Annahme der christlichen Religion. Der durch seinen Geschäftssinn zu Geld und Macht gelangte Süß strebt danach, von den Christen als ebenbürtig anerkannt zu werden, will im Gegensatz zu seinem Bruder, dem Baron Tauffenberger, den jüdischen Glauben jedoch nicht ablegen. Der ebenfalls reiche und einflussreiche kurpfälzische Hoffaktor Landauer unterstreicht geradezu provokativ seine jüdische Identität durch Kleidung und Auftreten. Er strebt nach Macht, nicht nach ihren äußeren Zeichen und der Anerkennung durch die christliche Gesellschaft. Der Kabbalist Rabbi Gabriel, Onkel des Süß, wählt sogar den Weg der radikalen Weltabkehr.

Geschichte Württembergs

Nebenbei erfährt der Leser etwas über die Geschichte Württembergs, das stellvertretend für andere deutsche Fürstentümer gesehen werden kann. Der Konflikt zwischen katholischem Regenten und protestantischen Landständen ist jedoch eher landesspezifisch. Deutlich wird, dass außer großer Politik der Alltag eine historische Dimension hat: So begegnet der Leser im Buch einem verzweigten Beamtenapparat mit zugehörigen Intrigen und kleinlichen Befindlichkeiten und einem schweinsäugigen Konditormeister, der in vertrauter Runde am Stammtisch über die Skandalgeschichten der oberen Zehntausend, über die „große Teuerung“ oder das „viele Gewese im Lande“ schwadroniert.

Interpretation

Der Roman gliedert sich in fünf große Teile: „Die Fürsten“, „Das Volk“, „Die Juden“, „Der Herzog“, „Der Andere“. Neben historisch verbürgten Persönlichkeiten treten von Feuchtwanger frei erfundene Figuren auf, so der Rabbi Gabriel (Süß′ jüdisches Gewissen) und seine Tochter Naemi, die einzige durchweg positiv gestaltete Figur im Roman. Feuchtwanger verwendet die Figur Naemis, um den Umschwung im Verhalten Oppenheimers dramaturgisch glaubhaft zu machen; einige Interpreten sehen in ihr auch „die reine Seele und Weisheit Israels“.

Jud Süß ist eine literarische Gestaltung der philosophischen Frage, ob die Bewältigung der Wirklichkeit besser durch tätiges Handeln oder durch passives Betrachten zu leisten sei, eine an indischer Philosophie orientierte Sicht auf die Welt und Stellung des Menschen in ihr. Typisch für einen historischen Roman Feuchtwangers, benutzt er die Historie, um den Finger in die Wunde der Gegenwart zu legen.

Dass die Zentralfigur Jude ist, ist dabei zweitrangig, wenn auch nicht unwichtig: Der Autor hatte zunächst vor, einen Schlüsselroman um die tragische Figur des jüdischen Politikers Walter Rathenau zu schreiben, entschied sich schließlich jedoch für ein historisches Sujet, „da man die Linien eines Gebirges aus der Entfernung besser erkennt als im Gebirge“. Oppenheimer war für den Autor – gerade auch als Jude – Metapher für den modernen Menschen auf der Schwelle zwischen West und Ost. „(Ich) sah ihn gleichnishaft den Weg beschreiten, den unser aller Entwicklung geht, den Weg von Europa nach Asien, von Nietzsche zu Buddha, vom Alten zum Neuen Bund“.[1] Welchen Weg dieser moderne Mensch wenige Jahre später beschreiten sollte, konnte Feuchtwanger nicht absehen.

Die Hauptfigur ist negativ gezeichnet. Über weite Teile des Romans wird Jud Süß als berechnend, opportunistisch und machtbesessen dargestellt. Die Beschreibung anderer Juden „betont eher das Fremdartige und Geheimnisvolle, versucht das Jüdische zu charakterisieren, nicht zu diffamieren“.[2] Wieweit Feuchtwanger damit judenfeindlichen Klischees verhaftet blieb und sie transportierte, oder glaubte, sie produktiv literarisch einzusetzen, ist in der Literaturwissenschaft nicht eindeutig beantwortet.

Stil

Das in literarisch breitem Stil geschriebene Werk entwickelt um die eigentliche Handlung herum ein detailreiches episches Universum mit einer Vielzahl von Figuren, Handlungssträngen und Schauplätzen, wie es von den besten Werken Thomas Manns oder Tolstojs bekannt ist. Selbst die kleinste der vielen Nebenfiguren weist mit ihrer Biographie und ihren sozialen Beziehungen über das Werk hinaus, macht die Vielfalt der Verflechtungen in dieser Welt deutlich und gäbe ohne Weiteres den Protagonisten für einen eigenen Roman ab. Exemplarisch zu nennen wäre etwa die jugendliche, von der Vorstellung eines Kampfes mit dem Teufel besessene Mystikerin Beata Sturmin, oder der intrigante Würzburger Geheimrat Fichtel, der aus allen Reibereien im benachbarten Württemberg für seinen Fürsterzbischof pekuniären Vorteil zu ziehen sucht.

Die bisweilen expressive und bildüberladene Sprache des Romans ist umstritten geblieben. Einige Germanisten kritisierten den überschwänglichen Stil des Erfolgsautors und sein angebliches Schielen auf den Publikumsgeschmack. Nachkriegskritiker urteilen unterschiedlich, von positiv („geschlossenes, reifes Kunstwerk“, Sternburg) bis harsch („Geschmacklosigkeiten“, Klaus Harpprecht). Marcel Reich-Ranicki entdeckte etwas „Penetrantes“ in Feuchtwangers Sprache, sie sei „bisweilen eindringlich und zugleich aufdringlich“ und auch Eberhard Hilscher urteilte, dass er nur „selten zu meisterhaften Ausdruckformen und zu einer Diktion von ästhetischem Reiz“ fand.[3]

Entstehungsgeschichte

Feuchtwangers Interesse für die Figur des Protagonisten wurde erstmals 1916 geweckt, als er auf Manfred Zimmermanns 1874 erschienene Biographie Oppenheimers[4] stieß. Zunächst bearbeitete er, von Hause aus Theaterautor, den Stoff in einem Drama in drei Akten, das 1917 am Schauspielhaus München uraufgeführt wurde und ein Jahr später im Georg Müller Verlag erschien. Die Kritiken waren schlecht; nur Heinrich Mann, mit Feuchtwanger befreundet, urteilte wohlwollend.

Feuchtwanger erkannte nach eigenem Bekunden bald, dass das Stück nur die „Fassade“ dessen war, was er sagen wollte, und dass ein episches Werk die geeignetere Form für sein dichterisches Anliegen darstellte. Ein entsprechendes, im Juli 1921 begonnenes Romanmanuskript schloss er im September 1922 ab, ohne dafür einen Verleger zu finden. Erst 1925 wurde das Werk vom Drei-Masken-Verlag „lustlos hergestellt und vertrieben“. Der Verlag, eigentlich ein Theaterverlag, beschäftigte Feuchtwanger als Lektor für italienische und französische Theaterstücke. Als es dafür keinen Markt mehr gab und der Verlag Feuchtwanger und seinen gut dotierten Vertrag loswerden wollte, bot er dem Autor als Ausgleich für seine Vertragsauflösung die Veröffentlichung des „Jud Süß“-Manuskriptes an. In einer kleinen Auflage von 6000 Exemplaren erschien der Roman und wurde ein mäßiger Erfolg, bis ihn der US-amerikanische Verleger Ben Huebsch von Viking Press während einer Europareise las und begeistert war.

Wirkungsgeschichte

Übersetzungen ins Englische

Huebsch ließ den Roman ins Englische übersetzen und verlegte ihn im Oktober 1926 unter dem Titel „Power“ in den USA bei Viking Press; einen Monat später erschien er in England unter dem Titel „Jud Suess“ bei Martin Secker. Die Kritiken in der englischsprachigen Presse waren sehr positiv. Der Durchbruch als Weltbestseller folgte auf die enthusiastische Besprechung des englischen Starkritikers Arnold Bennet im Evening Standard („a fine historical novel by a German author“). Allein im ersten Jahr in England gab es 23 Auflagen; wenig später erschien eine Taschenbuchausgabe. Feuchtwanger und seine Biografen haben darauf hingewiesen, dass damit ein Siegeszug von Buch und Autor begann, der nach Deutschland zurückstrahlte.

Bühnenfassungen

Der britische Theaterautor Ashley Dukes arbeitete den Roman in ein erfolgreiches Bühnenstück um (1929 uraufgeführt in Blackpool); 1930 wurde die deutsche Dramatisierung von Paul Kornfeld am Theater am Schiffbauerdamm in Berlin uraufgeführt; 1933 entstand eine hebräische Bühnenfassung HaYehudi Zis von Mordekhai Avi-Shaul (der auch den Roman übersetzte), die am Habimah-Theater in Tel Aviv uraufgeführt wurde.

Bestseller

Durch diese Erfolge wurde der Roman beim deutschen Publikum bekannt: Bis 1931 setzte der Drei Masken Verlag in mehreren Auflagen insgesamt 100.000 Exemplare ab; dann wanderte der Roman zum Knaur Verlag, der von einer stark gekürzten und sprachlich bearbeiteten Fassung bis 1933 noch einmal 200.000 Exemplare verkaufen konnte. Feuchtwanger war als Bestsellerautor etabliert, jedoch nicht als Literat: In den meisten zeitgenössischen Rezensionen wurde sein „Jud Süß“ als pro- oder antijüdischer Tendenzroman interpretiert, sein Rang als literarisches Kunstwerk hingegen vernachlässigt oder bestritten.

Exil

Von den Nationalsozialisten wurde der Roman, wie alle Bücher Feuchtwangers, verboten. In der Nazi-Presse wurde „Jud Süß“ vor allem auch wegen seines Erfolges im Ausland als „Jud Mieß“ verhöhnt. Feuchtwanger ging ins Exil nach Frankreich, 1940 in die USA. Der Roman erschien weiterhin in Exilverlagen auf Deutsch: nach der von Feuchtwanger später immer als misslungen bezeichneten Knaur-Ausgabe ab 1934 bei Querido und Forum in Amsterdam sowie im Neuen Verlag in Stockholm.

Jud Süß und der Film

Veit Harlan

Die bis heute verbreitete Behauptung, Veit Harlan und seine Drehbuchautoren hätten Feuchtwangers Werk 1940 als Vorlage für den antisemitischen Film Jud Süß missbraucht, ist nicht haltbar. Ob Joseph Goebbels, Propagandaminister und oberster Filmzensor, Feuchtwangers Roman gelesen hatte, ist durch historische Quellen nicht belegbar. Nach Studium der noch vorhandenen Drehbuchfassungen geht die Forschung heute davon aus, dass die gleichnamige Novelle von Wilhelm Hauff die mehrfach stark überarbeitete literarische Grundlage des Films war. Im ersten Werbeheft der Produktionsfirma „Terra“ wurde der Streifen angekündigt als „Ein Großfilm: Jud Süß nach der Novelle von Wilhelm Hauff“.

Regisseur Harlan hat zeitlebens bestritten, Feuchtwangers Version des Stoffes gekannt zu haben. Im Zusammenhang mit juristischen Streitigkeiten um die Urheberrechte mit Feuchtwangers Witwe Marta schreibt Harlan in einem Brief an die UfA-Film GmbH vom 27. November 1961, den Roman nicht gekannt zu haben. Dies bekräftigt er noch einmal in seiner Autobiografie von 1966 und nennt als Quellen weder Hauff noch Feuchtwanger, sondern das Meyersche Konversationslexikon, rechtshistorische Abhandlungen sowie – einem Hinweis Goebbels' folgend – Martin Luthers antijüdisches Pamphlet „Von den Jüden und ihren Lügen“ aus dem Jahr 1543.

Dass Feuchtwanger meinte, dieser Film basiere auf seinem Roman, ist auch darauf zurückzuführen, dass einige der Schauspieler bereits in dem gleichnamigen Theaterstück auf der Bühne gestanden hatten. Daher sein Zorn, wenn er die Darsteller in einem offenen Brief 1941 persönlich anschreibt: „Sie haben, meine Herren, aus meinem Roman 'Jud Süß' mit Hinzufügung von ein bißchen Tosca einen wüst antisemitischen Hetzfilm im Sinne Streichers und seines 'Stürmers' gemacht“.[5]

Lothar Mendes

In Großbritannien war bereits 1934 bei der Gaumont-British Picture ein Film nach Feuchtwangers Roman entstanden: Jew Süss unter der Regie von Lothar Mendes, mit dem ein Jahr zuvor nach England emigrierten Conrad Veidt in der Titelrolle. Bei der US-amerikanischen Premiere in New York City im selben Jahr waren Charles Chaplin und Albert Einstein im Publikum. Das Filmkunstwerk, in dem das Judentum positiv dargestellt wurde, hatte einen Achtungserfolg bei der Kritik, fiel an der Kinokasse allerdings durch. Heute befindet sich der Film im British Film Institute. Im nationalsozialistischen Deutschland wurde der Film verboten, in Österreich kam er zur Aufführung.

Nachkriegsdeutschland

Editionsprobleme in Ost und West

Gleichwohl hat Harlans antisemitischer Hetzfilm Feuchtwangers Erfolg als Autor nach dem Krieg – bedingt vor allem durch den Medienrummel um die Hamburger Harlan-Prozesse 1949 und 1950 – in Deutschland nachhaltig geschadet: Die Rezeption des Romans „Jud Süß“ setzte in der Bundesrepublik Deutschland und in der DDR spät und zögernd ein. Zwar war bereits 1953 an der Humboldt-Universität in Ost-Berlin eine Dissertation „Jud Süß“ erschienen, die öffentliche Rezeption des Romans fand jedoch zunächst nicht statt. Feuchtwanger drängte in Briefen an seine Verleger, im Osten Aufbau-Verlag und Greifenverlag, im Westen Frankfurter Verlagsanstalt und Rowohlt, auf eine Veröffentlichung. Für den Westen wollte er „einen stillen Boykott der Buchhändler“ wegen seiner offen bekundeten Sympathie für die DDR nicht ausschließen.[6] Es kamen Bedenken wegen der geistigen Reife der Deutschen hüben und drüben hinzu: Die Nazizeit habe „in den Köpfen solch große Verheerungen angerichtet, dass sogar Bücher, wie der ‚Jud Süß‘, dem doch wahrhaftig niemand antisemitische Tendenzen zuschrieb und dem auch heute noch kein ernsthafter Mensch solche Tendenzen zuschreiben kann, auf die vergifteten Hirne rückständiger Schichten eine antisemitische Wirkung haben“, so Erich Wendt vom Aufbau-Verlag in seinem Antwortbrief. Feuchtwanger akzeptierte diese Begründung.

Das Werk im Aufbau-Verlag

Als der Aufbau-Verlag 1957 knapp ein Jahr vor Feuchtwangers Tod damit begann, sein Gesamtwerk herauszugeben, waren in der Bundesrepublik Deutschland mehrere Ausgaben des „Jud Süß“, zuletzt bei Rowohlt, sowie Taschenbuchausgaben, unter anderem beim Ullstein Verlag erschienen. Sämtlich nach den laut Feuchtwanger verunstaltenden Fassungen des Drei-Masken- und des Knaur-Verlages. Der Aufbau-Verlag rekonstruierte die Urfassung, und gab sie 1959 gemeinsam mit Die häßliche Herzogin Margarete Maultasch im ersten Band der „Gesammelten Werke“ heraus, 1981 noch einmal in einer Neuausgabe. 1984 erschien das Taschenbuch in der Reihe „bb“. Nach der Wende betreute der Verlag weiterhin Feuchtwangers Werk und gab im Jahr seiner Privatisierung 1991 eine neuerliche Ausgabe der Gesammelten Werke heraus. Band 1 enthielt allein „Jud Süß“. Als Einzelausgabe erschien der Roman zuletzt 2004 in dritter Auflage, im gleichen Jahr eine Taschenbuchausgabe.

Rezeption weltweit

Inzwischen wurde Feuchtwangers Roman in mehr als zwanzig Sprachen übersetzt. Es wird geschätzt, dass die Gesamtauflage bei weit über drei Millionen Exemplaren liegt. In Europa ist er vor allem in Frankreich populär. 1982 erstellte Jacques Kraemer eine Bühnenfassung „Juif Suess“.

Literatur

Ausgaben

Sekundärliteratur

  • Hellmut G. Haasis: Joseph Süß Oppenheimer, genannt Jud Süß. Finanzier, Freidenker, Justizopfer. Rowohlt-Taschenbuch, Reinbek bei Hamburg 2001, ISBN 3-499-61133-3
  • Anne von der Heiden: Der Jude als Medium. 'Jud Süß'. Diaphanes, Zürich/Berlin 2005 ISBN 3-935300-72-7 (insbesondere S. S. 153-193 "'Jud Süß' von Lion Feuchtwanger")
  • Frank Dietschreit: Lion Feuchtwanger. Metzler, Stuttgart 1988, ISBN 3-476-10245-9
  • Wilhelm von Sternburg: Lion Feuchtwanger. Ein deutsches Schriftstellerleben. Aufbau, Berlin u.a. 1994, ISBN 3-351-02415-0
  • Arno Herzig: Jüdische Geschichte in Deutschland. Von den Anfängen bis zur Gegenwart. 2. Aufl. Beck, München 2002, ISBN 3-406-47637-6
  • Barbara Gerber: Jud Süß. Aufstieg und Fall im frühen 18. Jahrhundert. Ein Beitrag zur historischen Antisemitismus- und Rezeptionsforschung. (Hamburger Beiträge zur Geschichte der deutschen Juden, 16) Hamburg 1990. ISBN 3-7672-1112-2
  • Friedrich Knilli: Ich war Jud Süß - Die Geschichte des Filmstars Ferdinand Marian. Mit einem Vorwort von Alphons Silbermann. Henschel Verlag, Berlin 2000, ISBN 3-89487-340-X.

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Feuchtwanger: Über Jud Süß. 1929
  2. Dietschereit: Lion Feuchtwanger. 1988. S. 99
  3. von Sternburg: Lion Feuchtwanger. 1994. S. 189
  4. Manfred Zimmermann: Josef Süss Oppenheimer, ein Finanzmann des 18. Jahrhunderts: ein Stück Absolutismus- und Jesuitengeschichte. Nach den Vertheidigungs-Akten und den Schriften der Zeitgenossen. Rieger, Stuttgart 1874
  5. Erstveröffentlicht in englischer Sprache im Atlantic Monthly (April 1941), deutsch in Aufbau (New York, 4. Juli 1941). Nachdruck in Lion Feuchtwanger: Ein Buch nur für meine Freunde. Fischer, Frankfurt a. M. S. 526-532. Zitat dort S. 526
  6. Brief an den Aufbau-Verlag vom 15. Januar 1951
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Dieser Artikel wurde am 29. August 2005 in dieser Version in die Liste der lesenswerten Artikel aufgenommen.
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