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Josef Garbáty

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Josef Garbáty

Josef Garbáty-Rosenthal (geb. 27. Juni 1851 in Lida, Weißrussland; gest. 29. Juni 1939 in Berlin-Pankow) war Berliner Zigarettenfabrikant.

„Entjudungsbescheid“ des Garbáty-Besitzes

Die Familie

Josef Garbáty hatte mit seiner Frau Rosa Rahel zwei Söhne, Eugen Garbáty (1880-1970) und Moritz Garbáty (1892-1965). Der Name „Garbáty“ stammt aus dem Polnischen und bedeutet „Der Bucklige“. Die Familie wanderte aus der früher mehrheitlich von Juden bewohnten und seit 1795 zum Russischen Reich gehörenden Stadt Lida nach Preußen aus. Ende des 19. Jahrhunderts eröffnete Garbáty seine erste Zigarettenfabrik in der Schönhauser Allee mit der Erfolgsmarke „Königin von Saba“. Ab 1906 zog die Fabrikation in die Hadlichstraße nach Berlin-Pankow, wo sie bis Ende der 30er Jahre als eins der größten Pankower Unternehmen produzierte.

Die jüdische Familie Garbáty emigrierte 1939 nach Amerika, nachdem 1938 im Zuge der „Ausschaltung der Juden aus dem Wirtschaftsleben“ der gesamte Garbáty-Besitz an die aus Köln stammende Jacob-Koerfer-Gruppe zwangsverkauft wurde. Josef Garbáty blieb in Pankow und verstarb im Jahre 1939 zwei Tage nach seinem Geburtstag mit 88 Jahren.

Der Enkel des Firmengründers, der Philologie-Professor Dr. Thomas J. Garbáty (* 10. Januar 1930 in Berlin; † 29. Juli 2009 in Ann Arbor), lebte bis zu seinem Tod in den USA. Er war bis zuletzt Mitglied des Kuratoriums des Vereins der Förderer und Freunde des ehemaligen Jüdischen Waisenhauses in Pankow e.V..[1][2]

Das Berliner Zigarettenimperium

Zigarettenfabrik in Pankow mit Anbau von Fritz Höger

Bereits im Jahre 1879 begann Josef Garbáty-Rosenthal gemeinsam mit seiner Frau Rosa Rahel, Zigaretten und Tabakwaren in Heimarbeit herzustellen. Im Jahre 1881 gründete dann Josef Garbáty-Rosenthal sein Zigarettenunternehmen an der Schönhauser Allee, welches er 1906 nach Pankow verlegte. An der Berliner und an der Hadlichstraße in unmittelbarer Nähe zum S-Bahnhof Pankow wurden die Fabrikgebäude nach Plänen von Paul Überholz errichtet.

Bereits bei der Anlage der Firmengebäude vorgesehen waren umfangreiche Sozialräume, wie Betriebskantine, Pausenräume, Bäder, eine Betriebswäscherei und eine Betriebsbibliothek. Die Arbeiter bei Garbáty hatten außerdem eine Betriebszeitung, eine Arbeitslosenfürsorge, einen Werkchor und einen Betriebssportclub.

Garbátys (Kantinengeld)

Im Jahre 1918, neun Jahre vor Einführung der staatlichen Arbeitslosenversicherung, waren die 1000 Angestellten des Unternehmens bereits arbeitslosenversichert. Ab 1908 wurden Frühstück und Mittag in der Kantine angeboten. Das Unternehmen veranstaltete für seine Beschäftigten noch bis in die 30er Jahre hinein regelmäßige Bälle, so den Alpenball oder den Kirmesball, jeweils im Februar im Deutschen Hof. Für Leistungen aus der Betriebskantine wurde mit Garbátys (Kantinengeld) bezahlt.

Nachdem 1906 das erste Fabrikgebäude in der Hadlichstraße in Betrieb genommen wurde, entstand 1912 ein zweites Gebäude in der Berliner Straße. Mit Errichtung des dritten Fabrikgebäudes im Jahre 1931 hatte Garbáty fast 1600 Beschäftigte, darunter ein großer Anteil Frauen. Sie waren insbesondere im Banderoliersaal eingesetzt.

Garbáty-Zigaretten für Russland
Holzblättchen zur „Kurmark“
Garbáty-Werbung in der Friedrichstraße

Garbáty hatte in vielen Staaten Europas bereits vor dem 1. Weltkrieg Niederlassungen errichtet. Es gab Garbáty-Zigaretten auch in den damaligen deutschen Kolonien, in Amerika und Asien. Die Zigaretten Garbátys waren auch in Russland als Garbáty Papirosi geschätzt. Garbáty brachte es zum Herzoglich-Sächsischen Hoflieferanten und zum Lieferanten für die Regierung des damaligen Italiens. Bekannteste damalige Zigarettenmarke war die Königin von Saba, die erste ägyptische Zigarette in Berlin. Garbáty hatte das Warenzeichen 1887 eintragen lassen und 1898 wurde sie auch patentrechtlich geschützt. Die Zigaretten wurden von den Fahrern mit den Saba-LKWs zu den Händlern gebracht. Ab 1928 kam dann die Kurmark als sehr erfolgreiche Marke hinzu.

Zur damaligen Zeit waren Zigarettenbilder – Sammelbilder in der Zigarettenverpackung – sehr beliebt. So gab es auch von der Garbátyfabrik Sammelreihen zu verschiedensten Themen, so zum Beispiel die in den 1930er Jahren entstandenen Serien

  • Deutsche Heimat - Eine Sammlung von Bildern, die von deutscher Geschichte und wirtschaftlicher Stärke des deutschen Volkes Zeugnis ablegen sollen mit 144 Abbildungen im Format 1.5" × 2.5",
  • die international verbreitete Serie Gallery of Modern Beauty mit 300 Farbdruckabbildungen im Format 2 1/16" × 2 7/16" oder
  • Schienenwunder - Ein wahres Märchen aus der Wunderwelt des Schienenstranges, von Luxuszügen, Schienenzepp's und Torpedobussen oder
  • Von Friedrich dem Großen bis Hindenburg - 255 ruhmreiche deutsche Wappen und weitere Sammelserien.

Zu jeder Zigarettenbildserie gab es das passende Sammelalbum mit den vorgedruckten Abbildungen, die man nun nur noch sammeln oder auch tauschen musste.

heutiges Gewerbegebiet Hadlichstr. 19/20

Das Zigarettenimperium Garbáty hatte die Herstellung der Verpackungen für die Zigaretten in eigene Regie übernommen. Auf den Gewerbegrundstücken der Hadlichstraße 19/20, welche durch die 1919 als Tochtergesellschaft der Garbáty-Zigarettenfabrik gegründete Pappen- und Papier-Verarbeitungs-AG erworben wurden, wurde mit modernsten Maschinen Verpackungsmaterial und Plakate für unterschiedlichste Abnehmer hergestellt. Nur ein Teilprodukt aus der umfangreichen Palette waren hierbei die Zigarettenverpackungen. Um 1927 beschäftigte das Unternehmen ca. 800 Menschen.

Alleininhaber der Pa-Pa-Ge-Aktien waren die Brüder Eugen und Moritz Garbáty. 1929 wurde der Betrieb an die Firma Reemtsma aus Hamburg verkauft. Die beiden Söhne von Josef Garbáty übernahmen ab 1929 die Garbáty-Zigarettenfabrik. Sie firmierte nunmehr als Garbáty Cigarettenfabrik GmbH. Reemtsma stellte den Betrieb der Pa-Pa-Ge Anfang der 1930er Jahre ein, danach war hier das Arbeitsamt Nordost untergebracht.

Anfang der 1930er Jahre verschärfte sich der Konkurrenzkampf in der Tabakindustrie, ein Monopolisierungsprozess nahm seinen Lauf: 50% der Firma, der Anteil Eugen Garbátys, wurde vom Reemtsma-Konzern übernommen. Moritz Garbáty war nun alleiniger Leiter der Fabrik bis 1938. Er musste aber monatlich nach Hamburg zu den Besprechungen in die Reemtsma-Zentrale.

Mit Hitlers Machtergreifung begann eine schwere Zeit für die Familie Garbáty. Im Jahre 1935 wurde die GmbH in eine Kommanditgesellschaft mit dem Namen Zigarettenfabrik Garbáty K.G. umgewandelt, die dann 1938 zwangsverkauft wurde. Dadurch verlor die Familie Garbáty ihren gesamten Berliner Grundbesitz von etwa 45.000 m² Fläche.

Die Familie Garbáty verkaufte auch ihren seit Anfang 1900 in Familienbesitz befindlichen Erholungssitz, das Schloss Altdöbern (Lausitz), an eine Adelsfamilie, die dann wiederum nach dem Krieg in der sowjetischen Besatzungszone zwangsenteignet wurde.

Josef Garbáty reiste als alter Herr nicht mit seinen Söhnen aus, sondern blieb noch bis zu seinem Tod in der Villa „Garbáty“, gepflegt und betreut von Sophie Boroschek aus der Rosenthaler Vorstadt. Garbáty wurde auf dem Jüdischen Friedhof in Berlin-Weißensee beerdigt, Sophie Boroschek wurde im Jahre 1943 im KZ Natzweiler-Struthof vergast.

Der Mäzen

Jüdisches Waisenhaus in der Berliner Straße

Moritz Garbáty initiierte den Garbáty-Sportclub „G.S.C.“, dessen Vorsitz er innehatte. Die Vereinsfarben des Klubs waren blau und gelb. Die Radfahrer des Sportklubs trugen selbstverständlich Trikots mit dem Schriftzug von Garbáty. Die Firma Garbáty war darüber hinaus Sponsor verschiedenster Sportveranstaltungen wie Laufveranstaltungen, Radrennen und Fußballturniere. So stiftete das Unternehmen für die Internationale Radfernfahrt Zürich-Berlin im Jahr 1925, die vom Bund Deutscher Radfahrer organisiert wurde, den Garbáty-Pokal.

Als in Berlin im Jahre 1936 die Olympischen Spiele ausgetragen wurden, verschickte das Unternehmen Ansichtskarten an ihre Geschäftspartner.

Direkt neben der Zigarettenfabrik von Garbáty befand sich ein Jüdisches Waisenhaus in der Berliner Straße 120/121. Dieses wurde von Garbáty großzügig unterstützt, bis es von den Nazis zwangsgeräumt und anschließend als Pankower Außenstelle des Reichssicherheitshauptamtes genutzt wurde.

Nach dem Zweiten Weltkrieg

Die Fabrikgebäude hatten den Zweiten Weltkrieg relativ unversehrt überstanden. Da auch nach dem Krieg das Rauchen ein ungebrochenes Bedürfnis war, lag es im Interesse der Besatzungsmächte, die Zigarettenproduktion wieder aufzunehmen. So wurden die während des 1. Mai 1945 geplünderten und ausgebrannten Fabrikgebäude der Zigarettenfabrik, die damals immer noch als Kommanditgesellschaft existierte, wieder in Betrieb genommen.

Rauchermarke für Pankower, 1948

Zigaretten gab es damals in den Westsektoren Berlins auf dem Schwarzmarkt oder in der sowjetischen Besatzungszone auf „Marken“.

Auch die „Intelligenz“ in der sowjetischen Besatzungszone kam nicht ohne Zigaretten aus. So hieß es in einem Bittbrief des Dichters Johannes R. Becher vom 27. April 1946 an den damaligen Pankower Bürgermeister Mätzchen:

Wir haben für die engeren Mitarbeiter des Kulturbundes bisher von der Garbáty-Zigarettenfabrik, Herrn Direktor Limberger, eine kleine Anzahl Zigaretten bekommen, aber wie uns Herr Limberger mitteilen ließ, soll diese Lieferung schon im Mai eingestellt werden. Wir bitten Sie doch sehr, Herr Bürgermeister, Herrn Limberger dahingehend zu beeinflussen, dass er die liebenswürdige Spende fortsetzt.

Nach der Gründung der DDR wurde die Garbátysche Kommanditgesellschaft in Volkseigentum überführt und bekam nun den Namen „VEB Garbáty“. Ein Jahr vor dem Bau der Berliner Mauer wurden die volkseigenen Betriebe „Garbáty“ und der VEB „Josetti“ zur „Berliner Zigarettenfabrik“ (Bezifa) zusammengeschlossen. Ab diesem Moment gab es den Namen Garbáty nicht mehr im Pankower Stadtbild.

Bis zur „Wende“ gab es in der DDR den „VEB Vereinigte Zigarettenfabriken, Werk Berlin“ mit knapp 500 Beschäftigten. Dieses Werk versorgte von seiner modernen Produktionsstätte an der Berliner Straße aus die Raucher in der DDR mit Zigaretten der Marken „Club“, „Cabinet“ und „Karo“.

Die „Garbáty-Villa“ in der Berliner Straße 127 wurde in der DDR als Wohnsitz des bulgarischen Botschafters genutzt. Im Gebäude des jüdischen Waisenhauses befand sich bis zur Wende die kubanische Botschaft.

Nach der Wende

Rechtzeitig, nämlich einen Tag vor der deutschen Vereinigung verkaufte die „Noch“-DDR das Recht am in der DDR sehr erfolgreichen Zigarettennamen „Club“, die bisher im Werk Berlin der „VEB Vereinigte Zigarettenfabriken“ hergestellt wurde an die „Reynolds Tobacco GmbH Köln“. Da außer dem Namen nichts weiter verkauft war, ruhte ab 3. Oktober 1990 die Produktion in Pankow. Es gab 1993 einen Versuch der „Lübecker Zigarettenfabrik GmbH“, in Pankow die Produktion fortzuführen, der aber 1995 mit dem Konkurs der Firma endete, und das Werk wurde geschlossen. Die Zigarettenproduktion in Berlin-Pankow war nunmehr, nach etwa 100 Jahren seit ihrem Beginn, Geschichte. Leere denkmalgeschützte Gebäude blieben übrig.

Die Gebäude in der Hadlichstraße 19/20 werden als Gewerbegebiet „Forum Pankow“ vielfältig genutzt. In der „Garbáty-Villa“ in der Berliner Straße 127, wo Josef Garbáty bis zu seinem Tod lebte, hatte zur Zeit der DDR der bulgarische Botschafter seinen Wohnsitz.

Nach mehrjährigem Leerstand erwarb Wolfgang Seifert, Betreiber einer Berliner Zeitarbeitsfirma und Schatzmeister des rechtsextremen Hoffmann-von-Fallersleben-Bildungswerk, das Gelände samt Villa im Jahre 1998. Es gab in diesem Zusammenhang größere medienwirksame Aufregung um die Garbáty-Villa, da der neue Besitzer das Grundstück ab 1999 an die Pankower Republikaner für 5 Jahre vermietete. Diese gaben aber im Jahre 2003 die Villa wieder auf.

Das Gebäude des ehemaligen jüdischen Waisenhauses wurde seit 2001 mit einem neuen Nutzungskonzept durch den „Förderverein des ehemaligen Jüdischen Waisenhauses“ wiedereröffnet und bekommt wiederum Spenden, diesmal vom Enkel Josef Garbátys, Prof. Thomas Garbáty.

Von 1999 bis 2009 gab es in der Breiten Straße 43 das Café Garbáty, das diesen Namen zur Erinnerung an die Familie Garbáty trug.

Ehrung

Garbáty-Schriftzug
Schrifttafel auf dem Garbátyplatz

Im Zusammenhang mit der Verlängerung der U-Bahnlinie 2 von der Vinetastraße bis zum S-Bahnhof Pankow und der sich daraus ergebenden Neugestaltung des Bahnhofsvorplatzes erfolgte am 16. September 2000 die Benennung des Platzes zu Ehren des jüdischen Zigarettenfabrikanten und Berliners Josef Garbáty in „Garbátyplatz“. Die Namensgebung geschah nach dem Festakt zur Eröffnung des U-Bahnhofes Pankow.

Am 29. Juni 2002 wurde auf dem Garbátyplatz zu Ehren des sozialen Engagements über sein Wirken als Unternehmer hinaus der Schriftzug „Garbáty“, ein Entwurf der Berliner Künstlerin Susanne Ahner, aufgestellt. In Ergänzung zu dieser Arbeit wurde eine Schrifttafel in den Boden eingelassen, die auf das soziale Engagement des Unternehmers Josef Garbáty verweist.

Literatur

  • „Das Jüdische Waisenhaus in Pankow“ – Verein der Förderer und Freunde des ehemaligen Jüdischen Waisenhauses in Pankow e. V. 2001
  • „Freundeskreis der Chronik Pankow e. V.“, Dietzgenstraße 42, 13156 Berlin

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Todesanzeige Berliner Zeitung 15./16. August 2009, S. 16
  2. Nachruf bei mlive.com, abgerufen am 16. August 2009
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