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Johannes Hermann Müller

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Johannes Hermann Müller als Zeuge bei den Nürnberger Prozessen

Johannes Hermann Müller (geb. 30. Juli 1895 in Gotha; gest. 24. März 1961) war ein deutscher Polizeibeamter und Täter des Holocaust.

Leben und Wirken

Jugend, Ausbildung und Laufbahn in der Kriminalpolizei der Weimarer Republik

Nach dem Schulbesuch in Berlin, den er im Frühjahr 1914 mit dem Abitur abschloss, studierte Müller ein Semester Philologie. Vom 1. August 1914 bis zum Dezember 1918 nahm er am Ersten Weltkrieg teil, ab 1916 als Offizier.

Im Anschluss an seine Entlassung aus dem Deutschen Heer, aus der er als Leutnant ausschied, nahm Müller ein Studium der Rechtswissenschaften auf, das er aber ohne Abschluss abbrach. Stattdessen trat er im September 1919 als Anwärter auf die Höhere Polizeilaufbahn in das Polizeipräsidium Berlin ein. Von 1919 bis 1930 war Müller bei der Kriminalpolizei in Berlin tätig und studierte nebenbei an der Berliner Universität. 1921 bestand er das Staatsexamen. Im August 1921 wurde er endgültig als Kriminalkommissar angestellt. Danach war er kurze Zeit bei einem Polizeiamt in Berlin-Kreuzberg tätig, um 1922 zum Chef der Reichszentrale zur Bekämpfung des Internationalen Mädchenhandels ernannt zu werden. Nach der Aufdeckung eines großen Mordfalls im Jahr 1922 wurde Müller zum Chef einer Berliner Mordkommission ernannt, was er bis 1930 blieb.

1931 amtierte Müller für kurze Zeit als stellvertretender Leiter der Kriminalpolizei Mönchengladbach. Anschließend wurde er anlässlich eines vielbeachteten Kindermordfalles nach Breslau versetzt, wo er von 1931 bis 1933 den Posten des Inspektionsleiters bzw. des Leiters der Mordkommission der Kriminalpolizei bekleidete (Leiter der Mordkommission für Schlesien).

NS-Zeit

Kurz nach dem Machtantritt der Nationalsozialisten im Frühjahr 1933 wurde Müller als Mitglied der SPD – der er seit 1927 angehört hatte – verhaftet und einem Verfahren nach dem Berufsbeamtengesetz unterworfen. Kurz darauf wurde er in einer niedrigen Stellung als Sittenpolizist wieder in den Polizeidienst eingestellt.

1935 wurde Müller zur Politischen Polizei versetzt und von dort zur Abwehrpolizei abkommandiert. In der Folgezeit war er bei der Abwehrstelle in Saarbrücken tätig. 1936 kam er zur Abwehrstelle der Wehrmacht in Wiesbaden, von wo er aber wegen der Nichteinhaltung des Dienstweges zur Polizei zurückversetzt wurde.

Im Jahr 1938 wurde Müller als Leiter der polizeilichen Abwehr im Rang eines Kriminaldirektors nach Dresden versetzt.

Müller, Mitglied der NSDAP (Mitgliedsnr. 2.031.230[1]), trat der SS 1939 (SS-Nr. 337.403[1]) bei.[2]

Zweiter Weltkrieg

Während des Zweiten Weltkriegs folgte Müller im deutsch besetzten Polen Anfang März 1941 Josef Meisinger als Kommandeur der Sicherheitspolizei und des Sicherheitsdienstes (KdS) Warschau nach.[3] Von Juli 1941 bis September 1943 war er KdS Lublin. Am 21. August 1942 bezeichnete Odilo Globocnik Müller im Beisein des Reichsführers SS Heinrich Himmler als einen seiner „besten“ Männer. Müller wurde daraufhin wegen seiner „Verdienste bei der Judenvernichtung“ durch Himmler umgehend zum SS-Obersturmbannführer befördert.[4]

In dieser Stellung wurde ein Strafverfahren wegen Polen- und Judenfreundlichkeit durch ein Polizeigericht gegen ihn eingeleitet, was zu seinem Amtsverlust führte. 1943 wurde er aus der NSDAP ausgeschlossen.

Nach einer längeren Erkrankung (Angina Pectoris) war Müller bis zum 4. Januar 1944 bei der Wehrmachts-Auslandsprüfstelle in Berlin tätig. Später im Jahr 1944 wurde im Zusammenhang mit den Ereignissen vom 20. Juli 1944 gegen ihn ermittelt. Insbesondere wurde er über den Verbleib des untergetauchten Arthur Nebe verhört. Nachdem er am 9. Januar 1945 aus der Polizei entlassen worden war, wurde er im März 1945 Trossführer beim Infanterieregiment 11/III.

Nachkriegszeit

Bei Kriegsende geriet Müller in alliierte Gefangenschaft. In der Folgezeit wurde er im Rahmen der Nürnberger Prozesse verhört, insbesondere in Zusammenhang mit den Aktivitäten der Politischen Polizei und des SD. Während seiner Internierung fungierte er nacheinander als Hauptschriftleiter der Lagerzeitung Ziegenain Camp 95 und dann als Hauptschriftleiter der Brücke in Camp 75.

Einem im August 1949 durch die Republik Polen gestellten Auslieferungsantrag aufgrund Müllers Teilnahme an der „Massenausrottung von Juden“ wurde seitens der deutschen Behörden nicht stattgegeben. Müller trat wieder in den Polizeidienst ein − ab 1952 im Rang eines Kriminalkommissars − und leitete 1953 den Landeserkennungsdienst in Hessen sowie stellvertretend das Hessische Landeskriminalamt. Zum Regierungs- und Kriminalrat befördert meldete er sich im Juli 1954 dienstuntauglich und wurde im November 1954 in den Ruhestand versetzt. An seinem Wohnort Nonnenroth war er Organist der örtlichen Kirchengemeinde, engagierte sich wieder in der SPD und ging seiner Jagdleidenschaft nach. Konspirativ soll Müller für einen deutschen Nachrichtendienst Rechtsradikale überwacht haben. Am 23. November 1960 wurde Müller festgenommen und starb am 24. März 1961 in der Untersuchungshaft.[4]

Literatur

Weblinks

Einzelnachweise

  1. 1,0 1,1 Johannes Müller auf www.dws-xip.pl
  2. Dieter Pohl: Von der "Judenpolitik" zum Judenmord. Der Distrikt des Generalgouvernements 1939-1944. Lang, Frankfurt 1993, S. 185.
  3. Ruta Sakowska: Menschen im Ghetto: die jüdische Bevölkerung im besetzten Warschau 1939-1943, Fibre, 1999, S. 47.
  4. 4,0 4,1 Ernst Klee: Das Personenlexikon zum Dritten Reich, Frankfurt am Main 2007, S. 421.
Dieser Artikel basiert ursprünglich auf dem Artikel Johannes Hermann Müller aus der freien Enzyklopädie Wikipedia und steht unter der Doppellizenz GNU-Lizenz für freie Dokumentation und Creative Commons CC-BY-SA 3.0 Unported. In der Wikipedia ist eine Liste der ursprünglichen Wikipedia-Autoren verfügbar.