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Jacob Picard

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Jacob (Jakob) Picard (geb. 11. Januar 1883 in Wangen; gest. 1. Oktober 1967 in Konstanz; Pseudonyme: J.P. Wangen und Jakob Badner) war ein Schriftsteller und Dichter des deutschen Landjudentums.

Leben und Werk

Als eines von sieben Kindern des jüdischen Ehepaares Simon und Eugenie Picard wuchs Jacob in seinem Geburtsort Wangen am Untersee bei Öhningen nahe Stein am Rhein auf und besuchte das Gymnasium in Konstanz. Anschließend studierte er zunächst Germanistik, Geschichte und Kunstgeschichte, dann Jura in München, Berlin und Heidelberg. Das Studium schloss er mit einer Dissertation ab.

Er publizierte ab 1907 erste Gedichte, u. a. in Westermanns Illustrierte Deutsche Monatshefte, Die Gegenwart, in der von Siegfried Jacobsohn gegründeten Zeitschrift Die Schaubühne und in der linksliberalen Halbmonatszeitschrift für deutsche Kultur Der März. Dort war Theodor Heuss Redakteur; sie lernten sich 1908 kennen.

Vor dem Ersten Weltkrieg lebte Picard in den Jahren 1913 und 1914 in Heidelberg und hat in einem Aufsatz über Ernst Blass von der lebendigen Literaturszene berichtet, die damals in der Neckarstadt herrschte. Im Saturn-Verlag Hermann Meister Heidelberg erschien 1913 sein erster Gedichtband Das Ufer; ein Gedicht erschien auch im 5. Jahrgang des von Meister mit Herbert Grossberger herausgegebenen SATURN.

Den Ersten Weltkrieg, in dem er zwei seiner Brüder, Wilhelm und Erwin, verlor, machte er als Kriegsfreiwilliger und Offizier bei einer Maschinengewehrkompanie mit. Von 1919 bis 1924 arbeitete er als Rechtsanwalt in Konstanz, seit seiner Verheiratung mit Frieda Gerson lebte er von 1924 bis 1933 in Köln, danach, mit Unterbrechungen, bis 1940 in Berlin. Aus der später geschiedenen Ehe entstammte die Tochter Renate.

Nach der Machtergreifung der Nationalsozialisten war er gezwungen, seine Tätigkeit als Anwalt aufzugeben und wandte sich verstärkt wieder der literarischen Arbeit zu. 1935 wurde er aus der Reichsschrifttumskammer ausgeschlossen und konnte seine Werke in der Folge nur noch in jüdischen Verlagsorganen veröffentlichen. Zwischen 1936 und 1938 lebte Picard nochmals in der Nähe seines Geburtsortes Wangen und logierte in einem Gasthof im Dorf Horn bei Gaienhofen. Dort schloss er neben dem autobiographischen Text Erinnerungen eigenen Lebens auch seinen Erzählband Der Gezeichnete ab. Dieser konnte als vierter Quartalsband 1936 bei der Jüdischen Buchvereinung Berlin erscheinen und wurde von Hermann Hesse und Stefan Zweig äußerst positiv rezensiert.

Noch während seines letzten Aufenthalts in Wangen empfing er von seinem damaligen Verleger Erich Lichtenstein ein Heft mit Gedichten von Gertrud Kolmar mit der Bitte um Beurteilung zugesandt. Davon tief beeindruckt, riet Picard zur sofortigen Drucklegung, hatte er doch das berechtigte „Gefühl, daß so etwas nicht mehr lange möglich sein werde; und in der Tat war dieses dann auch wahrscheinlich das letzte jüdische Buch, das vor der Endkatastrophe erschienen ist.“[1] Es war Kolmars letzter Gedichtband Die Frau und die Tiere, der noch 1938 erscheinen konnte. Nach seiner Übersiedlung nach Berlin im Herbst 1938 lernte Picard die Dichterin auch persönlich kennen, deren erste Gedicht-Gesamtausgabe 1955 mit einem Nachwort Picards veröffentlicht wurde.

Picard emigrierte mit letzter Gelegenheit am 4. Oktober 1940 von Berlin über Russland, Korea und Japan in die Vereinigten Staaten, wo er die US-amerikanische Staatsbürgerschaft annahm und unter schwierigen wirtschaftlichen Bedingungen eine Biographie über Franz Sigel verfasste.

Schließlich kehrte er 1958 aus den USA nach Deutschland zurück. Kurz vor seinem Tod erhielt er 1964 den Bodensee-Literaturpreis der Stadt Überlingen.

Werke

  • Das Ufer. Gedichte. Saturn-Verlag Hermann Meister, Heidelberg 1913. (Lyrische Bibliothek 3)
  • Einst. SATURN 5: 1919/1920, S. 370.
  • Erschütterung. Gedichte. Verlag Hermann Meister, Heidelberg 1920-
  • Bodensee-Erlebnis. Velhagen und Klasings Monatshefte.
  • Der Gezeichnete. Jüdische Geschichten aus einem Jahrhundert. Löwe, Jüdische Buchvereinigung Berlin 1936 (254 S., Band 4 der Jahresreihe). Engl.: The Marked one. Philadelphia 1956.
  • The Marked one. Philadelphia 1956.
  • Childhood in the Village. Fragment of an Autobiography. Yearbook Leo Baeck Institut New York 4: 1959, S. 273–293.
  • Der Uhrenschlag. Gedichte. Mit einem Nachwort von Hans Reetz. Eremiten-Presse, Stierstadt 1960.
  • Ernst Blass, seine Umwelt in Heidelberg und „Die Argonauten. Biographisches Fragment. IMPRIMATUR. Ein Jahrbuch für Bücherfreunde. Neue Folge Band III (1961/62) S. 194–199. Erneut in: Paul Raabe (Hrsg.): Expressionismus. Aufzeichnungen und Erinnerungen der Zeitgenossen. Walter, Olten/Freiburg 1965, S. 137–145.
  • Spur unterm Wasser. 1963
  • Die alte Lehre. Geschichten und Anekdoten. DVA, Stuttgart 1963. (Überarbeitung von Der Gezeichnete, 1936)
  • Erinnerung eigenen Lebens. allmende 9. Jahr No. 24/25. (Waren wir nicht alle Deutsche?) Elster Verlag, 1989, S. 5–38.
  • Picard, Jacob: Werke (in zwei Bänden). Herausgegeben von Manfred Bosch. Faude Verlag, Konstanz 1991, ISBN 3922305245.
  • Picard, Jacob: Werke. Einbändig. Herausgegeben von Manfred Bosch. Libelle Verlag, Lengwil 2001, ISBN 3-909081-48-7.
  • Und war ihm leicht wie nie zuvor im Leben. Libelle Verlag, Lengwil 2001.
  • Erinnerung eigenen Lebens. In: Alemannisches Judentum. Spuren einer verlorenen Kultur. Hrsg. von Manfred Bosch. Eggingen 2001.

Literatur

  • Max Barth Das Herz und die Heimat. Über den Erzähler Jacob Picard. allmende 9. Jahr Nr. 24/25 (Waren wir nicht alle Deutsche?) Elster Verlag, 1989, S. 39–47.
  • Manfred Bosch: Bohème am Bodensee. Literarisches Leben am See von 1900 bis 1950. Lengwil 1997.
  • Manfred Bosch (Hrsg.): Nachwort in: Picard, Jacob: Werke (in zwei Bänden). Faude, Konstanz 1991.
  • Jakob Picard 1883–1967. Dichter des deutschen Landjudentums. Katalog zur gleichnamigen Ausstellung in der ehemaligen Synagoge Sulzburg, Herbst 1992. Erarbeitet von Manfred Bosch und Jost Grosspietsch, hg. vom Kulturamt der Stadt Freiburg. Konstanz 1992. (Vertrieb Faude-Verlag, Konstanz.)
  • Siegfried Lauterwasser: Portraitfoto von Jacob Picard. Wort am See: Preisträger der Bodensee-Literatur der Stadt Überlingen. Bd. 2; Rosgarten-Verlag, Konstanz 1970, S. 44.
  • Dieter H. Stolz: Laudatio auf Jacob Picard. Wort am See: Preisträger der Bodensee-Literatur der Stadt Überlingen. Bd. 2; Rosgarten-Verlag, Konstanz 1970, S. 45–53.

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Picard an Wilhelm Sternfeld, zitiert in: Jacob Picard: Werke. Hrsg. von Manfred Bosch. Lengwil 1991. Band 2, S. 303.
Dieser Artikel basiert ursprünglich auf dem Artikel Jacob Picard aus der freien Enzyklopädie Wikipedia und steht unter der Doppellizenz GNU-Lizenz für freie Dokumentation und Creative Commons CC-BY-SA 3.0 Unported. In der Wikipedia ist eine Liste der ursprünglichen Wikipedia-Autoren verfügbar.