Jewiki unterstützen. Jewiki, die größte Online-Enzy­klo­pädie zum Judentum.

Helfen Sie Jewiki mit einer kleinen oder auch größeren Spende. Einmalig oder regelmäßig, damit die Zukunft von Jewiki gesichert bleibt ...

Vielen Dank für Ihr Engagement! (→ Spendenkonten)

How to read Jewiki in your desired language · Comment lire Jewiki dans votre langue préférée · Cómo leer Jewiki en su idioma preferido · בשפה הרצויה Jewiki כיצד לקרוא · Как читать Jewiki на предпочитаемом вами языке · كيف تقرأ Jewiki باللغة التي تريدها · Como ler o Jewiki na sua língua preferida

Jüdischer Friedhof (Koblenz)

Aus Jewiki
Zur Navigation springen Zur Suche springen
Der Jüdische Friedhof in Koblenz-Rauental

Der Jüdische Friedhof in Koblenz ist eine gut erhaltene Begräbnisstätte der jüdischen Kultusgemeinde im nördlichen Rheinland-Pfalz. An den erstmals 1303 errichteten jüdischen Friedhof im Stadtteil Rauental grenzt nördlich die heutige Synagoge der jüdischen Kultusgemeinde von Koblenz und der umliegenden Landkreise an, die bis 1947 als Trauerhalle diente. In seiner Geschichte wurde der Friedhof mehrfach aufgehoben und zerstört, aber immer wieder von der jüdischen Gemeinde in Koblenz neu eingerichtet.

Geschichte

Jüdischer Grabstein in der Koblenzer Liebfrauenkirche
Der Grabstein für Josef Landau († 1831) mit einer Kanne der Leviten

Der Trierer Erzbischof Heinrich II. von Finstingen holte 1281 die ersten Juden nach Koblenz, gegen den Protest der Koblenzer Bürgerschaft. Diese siedelten sich in der Altstadt zwischen Alter Burg und Florinskirche an. Dort gab es auch eine Judengasse, die heutige Münzstraße. Die jüdische Gemeinde kaufte 1303 vor den Toren der Stadt im heutigen Stadtteil Rauental den Koblenzer Eheleuten Sifrid und Mechtild von Montabur einen halben Morgen Weingarten ab, um hier einen Friedhof einzurichten.

Im Jahr 1418 wurden alle Juden aus Kurtrier ausgewiesen. Der jüdische Friedhof in Koblenz fiel an das Kurfürstentum und wurde danach als Lehen an die Familie von Gotthard Sack aus Dieblich verpachtet, die das Gelände als Viehweide nutzte. Die Grabsteine wurden als Baumaterial genutzt und fanden dabei Verwendung beim Bau des neuen Chors der Liebfrauenkirche. Bei archäologischen Grabungen in den Jahren 1962 und 1979 in der Kirche wurden einige dieser Grabsteine geborgen und einer im Inneren ausgestellt.

Die Juden kehrten 1592 nach Koblenz zurück und erhielten per Edikt das Recht, wieder einen Friedhof anzulegen. Bis 1657 wurden die Toten jedoch an anderen Stellen in der Umgebung von Koblenz beerdigt. Am 23. Juni 1638 wurde der Kauf des alten Friedhofs durch die jüdische Gemeinde vom Trierer Domkapitel bestätigt. Genutzt wurde er jedoch erst, nachdem in einem weiteren Vertrag mit der Familie Schütz aus Holzhausen, die das Gelände am 8. Dezember 1655 als Lehen erhielt, die Bestattung gegen Bezahlung geregelt wurde. Dies führte in der Folgezeit zu einigen Prozessen, da der Friedhof eigentlich Eigentum der jüdischen Gemeinde war.

Nach der Eroberung von Koblenz 1794 durch die französische Revolutionsarmee wurde die Friedhofsabgabe mit dem napoleonischen Dekret von 1805 abgeschafft. Die Familie Umbscheiden verklagte 1822 die jüdische Gemeinde auf Zahlung der Abgabe, da sie sich weiterhin als Eingentümer des Friedhofs sah. Im folgenden Prozess wurde die Forderung jedoch abgelehnt. Bis in die Mitte des 19. Jahrhunderts beerdigten auch die Juden von der Mosel ihre Toten in Koblenz. Der Rabbiner Lewin machte zwischen 1880 und 1885 eine Bestandsaufnahme der vorhandenen Grabsteine. In einem Beerdigungsbuch, das sich heute in Jerusalem befindet, wurden daraufhin bis 1942 alle Bestattungen aufgeführt.

Für die 23 jüdischen Gefallenen des Ersten Weltkriegs aus der Gemeinde Koblenz wurde 1920 ein Ehrenmal auf dem Friedhof errichtet, das 1938 von den Nationalsozialisten zerstört wurde. Da 1922 der jüdische Friedhof voll war, wurde die Westhälfte des Grundstücks fast 2 m hoch mit Erde aufgeschüttet. Nach Plänen von Carl Schorn wurde 1925 nördlich des Friedhofs eine Trauerhalle errichtet. Der jüdische Friedhof wurde während der Novemberpogrome 1938 verwüstet. Die Grabsteine verwendete man anschließend zum Bau von Treppenstufen für das nationalsozialistische Mütterheim in Koblenz. Den zwischen 1938 und 1942 verstorbenen und in Koblenz begrabenen Juden durfte während der NS-Zeit kein Grabstein gesetzt werden. Im Jahr 1942 begann die Deportation, bei der aus der Region 870 Juden über den Bahnhof Koblenz-Lützel in die Konzentrationslager des Ostens verschleppt wurden.

Nach dem Zweiten Weltkrieg veranlasste die französische Besatzungsarmee, dass die noch erhaltenen Grabsteine aus den Treppenstufen herausgelöst und auf den Friedhof zurückgebracht werden. Andere verschleppte Grabsteine werden bis heute auf den Friedhof zurückgebracht. Den in der NS-Zeit getöteten jüdischen Koblenzern wurde 1947 auf dem Friedhof ein Denkmal gesetzt. Da die Synagoge im Bürresheimer Hof 1938 ebenfalls verwüstet und bei den Luftangriffen auf Koblenz schließlich zerstört wurde, bauten die wenigen Überlebenden 1947 die Trauerhalle des Friedhofs zur neuen Koblenzer Synagoge um. Als Ersatz für das zerstörte Ehrenmal von 1920 wurde 1995 an der Rückwand der Synagoge ein Gedenkstein angebracht.

Friedhofsanlage

Denkmal für die in der NS-Zeit ermordeten jüdischen Koblenzer
Das 1995 wiederhergestellte Ehrenmal für Gefallene des Ersten Weltkriegs

Auf dem jüdischen Friedhof befinden sich etwa 706 Grabstätten (Stand: 2009), mit und ohne Grabsteinen, für Juden aus Koblenz und Umgebung, die seit der Mitte 19. Jahrhunderts bis heute verstorben sind. Bei den Grabstätten sind von 495 noch der Name erkennbar. Der älteste Grabstein für Rebecka Geisen stammt aus dem Jahr 1816.

Die Form der heutigen 8.590 m² große Anlage mit einer Kastanienallee längs des Friedhofs wurde im 19. Jahrhundert angelegt. Die 38 Rosskastanien sind seit 1937 ausgewiesene Naturdenkmale.[1] Als Grabsteine werden meist stehende Platten in traditionell halbrund geschlossener Form, aber auch Obelisken, Säulen und Stelen verwendet sowie liegende sarkophagartige Grabmäler. Alle sind hebräisch, größtenteils zusätzlich auch lateinisch, beschriftet. Einige wenige Grabsteine besitzen zusätzlich Motive, wie beispielsweise der für Abraham Loeb († 1910) mit einer Kanne der Leviten. Auf der Westseite der Allee bilden alte Grabsteine und Bruchstücke aus der Barockzeit, der älteste aus dem 17. Jahrhundert, eine Mauer. Diese wurde als Stützmauer errichtet, als 1922 der Friedhof aufgeschüttet wurde.

Im Zentrum der westlichen Hälfte steht ein 1947 aufgestellter Gedenkstein, in Erinnerung an die von den Nationalsozialisten im Holocaust ermordeten Juden. Auf der Stele aus Muschelkalk mit abschließendem Blattkranz steht unter einem Davidstern zu lesen:

Den Toten zur Erinnerung, den Lebenden zur Mahnung! Gedenket unserer 6 Millionen Brüder u. Schwestern, die ein Opfer des Rassenwahns wurden. Von 500 Koblenzer Juden leben noch 22.

Denkmalschutz

Der Jüdische Friedhof ist ein geschütztes Kulturdenkmal nach dem Denkmalschutzgesetz (DSchG) und in der Denkmalliste des Landes Rheinland-Pfalz eingetragen. Er liegt in Koblenz-Rauental in der Denkmalzone Jüdischer Friedhof.[2]

Seit 2002 ist der Jüdische Friedhof Teil des UNESCO-Welterbes Oberes Mittelrheintal.

Siehe auch

Literatur

  • Energieversorgung Mittelrhein GmbH (Hrsg.): Geschichte der Stadt Koblenz. Gesamtredaktion: Ingrid Bátori in Verbindung mit Dieter Kerber und Hans Josef Schmidt
    • Bd. 1: Von den Anfängen bis zum Ende der kurfürstlichen Zeit. Theiss, Stuttgart 1992. ISBN 3-8062-0876-X
    • Bd. 2: Von der französischen Stadt bis zur Gegenwart. Theiss, Stuttgart 1993. ISBN 3-8062-1036-5
  • Norbert A. Heyeckhaus: Koblenz – Neuwied. Eine fotografische Gesamtdokumentation der Friedhöfe Koblenz und Neuwied-Niederbieber. (= Jewish Cemeteries in Germany, Vol. 9), (DVD),Verlag Friedhof und Denkmal, Altendiez 2005
  • Ulrike Weber (Bearb.): Kulturdenkmäler in Rheinland-Pfalz. Denkmaltopographie Bundesrepublik Deutschland. Band 3.3: Stadt Koblenz. Stadtteile. Werner, Worms 2013, ISBN 978-3-88462-345-9.

Weblinks

 Commons: Jüdischer Friedhof (Koblenz) – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

50.3620833333337.5855555555555
Dieser Artikel basiert ursprünglich auf dem Artikel Jüdischer Friedhof (Koblenz) aus der freien Enzyklopädie Wikipedia und steht unter der Doppellizenz GNU-Lizenz für freie Dokumentation und Creative Commons CC-BY-SA 3.0 Unported. In der Wikipedia ist eine Liste der ursprünglichen Wikipedia-Autoren verfügbar.