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Irene Harand

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Irene-Harand-Platz

Irene Harand (* 7. September 1900 in Wien; † 2. Februar 1975 in New York City) war eine österreichische Autorin und Gegnerin des Nationalsozialismus.

Leben

Das 2010 aufgestellte Denkmal für Irene Harand auf dem gleichnamigen Platz

In den späten 1920er Jahren arbeitete Harand im „Verband der Kleinrentner und Sparer Österreichs“ des jüdischen Anwalts Moriz Zalman (geboren am 7. November 1882 in Bârlad, Rumänien; gestorben am 29. Mai 1940 im KZ Sachsenhausen), der sich unentgeltlich für Opfer der Inflation einsetzte. In diesem Verband wurde sie schließlich seine Stellvertreterin und schrieb für dessen Zeitung Welt am Morgen.

1930 gründete sie gemeinsam mit Zalman die „Österreichische Volkspartei“ (steht nicht in Verbindung mit der ÖVP der Zweiten Republik), die sich für Kleinrentner und Ärmere einsetzte und, im Gegensatz zu den anderen Parteien in Österreich, aktiv gegen den Antisemitismus auftrat. Bei den Wahlen am 9. November 1930 erhielt die Partei nur 0,4 Prozent der Wählerstimmen und konnte nicht in den Nationalrat einziehen. Dies lag wohl auch an Kampagnen der Sozialdemokraten, denen Zalman zuvor nahestand und über dessen Kandidatur sie verärgert waren.

Im Herbst 1933 gründeten Zalman und Harand die „Weltbewegung gegen Rassenhass und Menschennot“, die unter dem Namen „Harand-Bewegung“ bekannt wurde und als Antithese zur NSDAP-„Hitler-Bewegung“ auftrat. Die „Harand-Bewegung“ hatte zwischen 1933 und 1938 mehrere tausend Mitglieder und Ortsgruppen in vielen europäischen Staaten. Ihr Sprachrohr war die Wochenzeitung Gerechtigkeit, die von 1933 bis 1938 in einer Auflage von ca. 28.000 Exemplaren – für kurze Zeit auch in polnischer und französischer Sprache – erschien. Ein Weltkongress der „Harand-Bewegung“ scheiterte 1937 an den finanziellen Möglichkeiten der Organisation und der mangelnden Unterstützung der österreichischen Behörden.

1935 erschien ihr Buch Sein Kampf. Antwort an Hitler, welches sie auf eigene Kosten herausgab, in dem sie diverse antisemitische Stereotype widerlegte und in einem eigenen Kapitel auf die Gefälschtheit der Protokolle der Weisen von Zion einging. 1936 erschien das Buch auf Französisch, 1937 auf Englisch. In ausgedehnten Vortragsreisen durch Europa und die USA (1937) versuchte Irene Harand die Öffentlichkeit gegen den Nationalsozialismus und im Speziellen gegen den Antisemitismus zu mobilisieren. Da sie der Ansicht war, dass prekäre wirtschaftliche Verhältnisse einen Nährboden für die Ideologie der Nationalsozialisten bildeten, übernahm sie Firmpatenschaften und organisierte Weihnachtsbescherungen für die Kinder Mittelloser und die Zusendung von Lebensmittelpaketen an Bedürftige. Sie versprach Hoteliers vor allem in ländlichen Regionen Gratis-Inserate in der Zeitung Gerechtigkeit, sofern diese die Zeitschrift abonnierten und sich verpflichteten, jeden Gast unabhängig von Herkunft und Religionszugehörigkeit aufzunehmen. Als Protest gegen die Münchner Ausstellung „Der ewige Jude“ gab die „Harand-Bewegung“ Verschlussmarken mit Porträts berühmter jüdischer Persönlichkeiten heraus.

Die überzeugte Katholikin Irene Harand war bis in die 1940er Jahre Monarchistin und eine Anhängerin des Austrofaschismus. Die „Harand-Bewegung“ wurde Teil der Vaterländischen Front und verteidigte bis zum Schluss den autoritären Kurs der Regierungen von Engelbert Dollfuß und Kurt Schuschnigg. Gegen antisemitische Strömungen innerhalb des Austrofaschismus und der katholischen Kirche in Österreich trat die „Harand-Bewegung“ jedoch massiv auf.

1938 wurde ein Kopfgeld von 100.000 Reichsmark auf Irene Harand ausgesetzt und ihre Bücher wurden in Salzburg öffentlich verbrannt. Harand, die zu jener Zeit in Großbritannien war, konnte jedoch nicht gefasst werden und flüchtete in die USA, wo sie die Exilorganisation „Austrian Forum“ mitbegründete und in den 1940er Jahren die Frauenorganisation der amerikanischen „Non-Sectarian Anti-Nazi League to Champion Human Rights“ führte. Zudem verhalf sie österreichischen Juden zu Visa für die USA, wodurch mehr als 100 Menschen vor der nationalsozialistischen Verfolgung fliehen konnten.[1] 1941 war sie in London an der Gründung des Free Austrian Movements beteiligt. 1969 wurde sie von der Holocaust-Gedenkstätte Yad Vashem als „Gerechte unter den Völkern“ ausgezeichnet[2] und erhielt 1971 das Goldene Ehrenzeichen für Verdienste um die Republik Österreich.

Grabstätte von Irene Harand

Irene Harand starb 1975 in New York. Ihre Asche wurde am 27. Juni 1975 in einem ehrenhalber gewidmeten Grab (Abteilung ARI, Nummer 153) der Gemeinde Wien im Urnenhain der Feuerhalle Simmering beigesetzt.

Anerkennungen

  • 1990 wurde das Haus Judengasse 4 – ein Wiener Gemeindebau – auf Initiative von Peter Marboe auf Irene-Harand-Hof umbenannt.[3]
  • Am 29. Oktober 2008 wurde vor der Paulanerkirche an der Wiedner Hauptstraße der Irene-Harand-Platz nach ihr benannt.
  • Im Zuge einer Neuauflage von Irene Harands Buch Sein Kampf gaben am 12. März 2005 mehr als 100 Künstler, Literaten, Wissenschaftler und Publizisten der Österreicherin im Erzbischöflichen Palais in Wien und via Videowall auf dem Stephansplatz ihre Stimme zurück. Die Lesung fand unter jenem Christusbild statt, das am 8. Oktober 1938 beim Sturm der Hitlerjugend von Dolchen durchbohrt und zur Erinnerung in diesem Zustand belassen wurde.

Publikationen

  • So oder So? Die Wahrheit über den Antisemitismus. Österreichische Volkspartei, Wien 1933.
  • „Sein Kampf.“ Antwort an Hitler. 351 Seiten. Wien 1935. (1935, 2. A. 5.-10. Tausend. online als PDF)
  • „Son Combat.“ Réponse á Hitler. Bruxelles et Vienne 1936.
  • „His Struggle.“ (An Answer to Hitler), Chicago 1937.
  • „Sein Kampf“ ("His Fight") Answer to Hitler and his Mein Kampf. English translation by William B. Korach, Laguna Hills CA 1983.
  • Franz R. Reiter (Hrsg.): Sein Kampf. Antwort an Hitler. Reproduktion der Ausgabe Wien 1935, Ephelant-Verlag, Wien 2005, ISBN 3-900766-16-9.
  • „Hitler's Lies.“ An Answer to Hitler's Mein Kampf. Reproduktion der Ausgabe Wien 1935, Jaico Publishing House, Mumbai 2010, ISBN 978-81-8495-070-0.

Literatur

  • Joseph Hausner: Irene Harand and the Movement against Racism, Human Misery and War. 1933–1938. Diss. Columbia University New York, 1974.
  • Christian Klösch u.a. (Hrsg.): Gegen Rassenhass und Menschennot. Irene Harand, Leben und Werk einer ungewöhnlichen Widerstandskämpferin. Studien-Verlag, Innsbruck 2004, ISBN 3-7065-1918-6 (+ 1 CD)

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Daniel Fraenkel, Jakob Borut (Hrsg.): Lexikon der Gerechten unter den Völkern: Deutsche und Österreicher. Wallstein Verlag, Göttingen 2005; ISBN 3-89244-900-7; S. 318
  2. Irene Harand auf der Website von Yad Vashem (englisch)
  3. http://www.wienerfrauen.at/wiener-frauen/irene-harand
Dieser Artikel basiert ursprünglich auf dem Artikel Irene Harand aus der freien Enzyklopädie Wikipedia und steht unter der Doppellizenz GNU-Lizenz für freie Dokumentation und Creative Commons CC-BY-SA 3.0 Unported. In der Wikipedia ist eine Liste der ursprünglichen Wikipedia-Autoren verfügbar.