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Indigene Völker Südamerikas

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Dieser Artikel behandelt die auch als Indios bezeichneten indigenen Völker Südamerikas. Weitere Bedeutungen der Begriffe Indio und Indios sind unter Indio (Begriffsklärung) angeführt.

Indigene Völker Südamerikas werden in Völker des Tieflandes und Völker der Anden unterschieden. Die Bezeichnungen (südamerikanische) Indianer oder Indios für alle diese Völker sind weit verbreitet, können aber von derart bezeichneten Menschen als beleidigend empfunden werden. Die indigene Bevölkerung Südamerikas wird häufig in Sprachfamilien eingeteilt, wie zum Beispiel Quechua, Aymara, Tupí oder Mapuche, die Angehörigen dieser Sprachfamilien betrachten sich jedoch selbst nicht unbedingt als zusammengehörige Gruppe.

Politische Situation

Ähnlich den indigenen Völkern Mittelamerikas und der Karibik bilden auch in den meisten Staaten Südamerikas indigene Völker, wie z. B. die indigenen Völker Argentiniens oder die indigenen Völker Brasiliens, nur eine Minderheit und leben überwiegend in Armut. Einen wesentlichen Anteil der Bevölkerung haben sie jedoch in Ecuador, Bolivien und Peru.

Nur wenige indigene Völker haben es bis zur Anerkennung ihrer Sprache als Amtssprache gebracht, so die Guaraní (Paraguay) und seit kürzerem auch die Aymara (Bolivien) und Quechua (Peru, Bolivien).

Die indigenen Völker Südamerikas haben jeweils nationale Organisationen gegründet, über die sie ihre Interessen vertreten. Im amazonischen Kontext wurde 1984 die COICA (Coordinadora de las Organizaciones Indígenas de la Cuenca Amazónica) gegründet, ein Zusammenschluss verschiedener indigener Organisationen. Gegenwärtig dient die Agenda Indígena Amazónica als strategisches Leitbild für den Kampf um indigene Rechte. Diese ist als Eigenvertretung ein Gegenentwurf zu Behörden, die sich von staatlicher Seite um den Schutz der Indigenen kümmern sollten, die jedoch viel stärker vom politischen Willen des Staates dominiert werden. Das Beispiel der FUNAI zeigt deutlich, wie solche Behörden sich von ihrer eigentlichen Aufgabe entfremden können.

In den letzten Jahren gelang es einigen indigenen Personen, wichtige Rollen in der politischen Landschaft zu übernehmen, wie der peruanische Ex-Präsident Alejandro Toledo, der peruanische Präsidentschaftskandidat Ollanta Humala oder der erste indigene Präsident Boliviens, Evo Morales. Aufgrund der traditionellen starken Allianzen der wirtschaftlich starken weißen Elite mit rechten politischen Bewegungen finden sich indigene Politiker fast durchwegs auf der linken Seite des politischen Spektrums, im Falle von Ollanta Humala allerdings mit einer stark nationalistischen Ideologie verbunden.

In Brasilien, wo die Völker Amazoniens praktisch rechtlos und stiller Vertreibung ausgesetzt sind und das Abholzen des Urwalds rasch fortschreitet, hat sich ihre Situation in den letzten Jahren etwas gebessert. Anteil daran hat etwa Bischof Erwin Kräutler von der Diözese Xingu, dessen Einsatz für Umweltschutz und die Menschenrechte etwa der indigenen Gruppe der Xingu im September 2010 mit dem Right Livelihood Award gewürdigt wurde. Mit dem Preisgeld werden u.a. Rechtsmittel gegen das riesige Kraftwerksprojekt des Staudamms Belo Monte finanziert.[1]Die Indigenen-Organisationen hoffen, dass der Rechtsbruch gegen Brasiliens Umweltgesetze nun durch die internationale Aufmerksamkeit verhindert werden kann.

Geschichte und kulturelle Entwicklung

Indigenas bei der Kriegsbemalung im Reservat Maraiwatséde der Xavantes

Gesamt betrachtet existiert keine grundsätzliche Gemeinsamkeit der Kulturen Südamerikas, bedingt, unter anderem, durch die enormen Unterschiede von Klima und Landschaft – und damit Lebenswirklichkeiten – in einem geographischen Gebiet, das sich von der Karibikküste bis Feuerland und vom Hochplateau der Anden bis zur Amazonasmündung erstreckt. Sinnvoller wäre eine Einteilung in kulturelle Großräume, ähnlich wie es im Fall der Indianer Nordamerikas üblich ist. Die Gemeinsamkeit der Geschichte der indigenen Bevölkerung Südamerikas besteht vor allem in der Erfahrung der Unterwerfung und des kulturellen Identitätsverlustes im Rahmen des Kolonialismus der iberischen Nationen Spanien und Portugal und durch die Nationen der Region.

Im Gegensatz zu den Hochkulturen Mittelamerikas gab es in Südamerika in vorkolumbischer Zeit nach heutigem Stand der Forschung keine Schrift im heutigen Sinne. Die Knotenschrift Quipu der Inka bestand nach heutigem Wissensstand ausschließlich aus Ziffern und diente im Wesentlichen zur Erfassung statistischer Daten. Neuere Forschungen behaupten, dass auch die in Textilien gewebten Tocapu-Muster schriftähnlich verwendet wurden.

Als "Hochkulturen" galten vor allem die Völker Perus, nach dem Beginn der Kultivierung von Mais und der Einführung der Töpferei um 2000 v. Chr.. Beginn der Metallbearbeitung um das Jahr 1 (erst Gold, dann Kupfer und Silber). Bronze wurde seit etwa 1000 verarbeitet.

Die Geschichte und selbst die Gegenwart zahlreicher Völker, vor allem im Regenwaldgebiet, ist weitgehend unbekannt, obwohl bereits viele Ethnographien zu verschiedenen ethnischen Gruppen Südamerikas verfasst wurden. Erst Mitte Juni 2011 bestätigten Behörden die Existenz eines bisher noch nicht gesichteten unkontaktierten Volkes mit ungefähr 200 Angehörigen. Das Dorf befindet sich im Javari Tal nahe der Grenze Perus und wurde von FUNAI während eines Überflugs über das Gebiet gesichtet. [2] Unkontaktierte Völker gehören zu den gefährdetsten Menschen weltweit, da sie keinerlei Resistenz gegen Krankheiten wie Grippe, Masern usw. aufweisen, daher ist es streng untersagt, mit ihnen Kontakt aufzunehmen, zumal sie selbst sich unter Anwendung von Waffengewalt dagegen wehren. Vermutlich liegt dieser Abwehr die Erfahrung zugrunde, dass mehr als die Hälfte der Völker, die in der Vergangenheit Kontakt aufgenommen haben, durch die genannten Krankheiten getötet wurde. 24 dieser Völker sind in Brasilien staatlich anerkannt, weitere 44 werden von Völkerkundlern vermutet.[3]

Religion

Berichte über die ursprünglichen Religionen Südamerikas finden sich vor in Berichten europäischer Missionare und Reisender. Jedoch bieten auch zahlreiche archäologische Fundstätten Einblick in die religiöse Geisteswelt der Bewohner. Vereinfachend gesprochen koexistierten im andinen Raum animistische und schamanistische Traditionen mit Formen organisierter Priesterreligion im Interesse des Staates (inkaischer Sonnenkult), während bei den Völkern des Tieflandes letzteres Element fehlt.

Elemente indigener Weltanschauung (Pachamama, Sumak kawsay) haben 2008 und 2009 an zentraler Stelle Eingang in die neuen Verfassungen Ecuadors und Boliviens gefunden. Sie werden dort mit dem Ziel einer nachhaltigen Entwicklung verbunden.

Berichte über Menschenopfer und Kannibalismus

Besonders zwei Bereiche der Religiosität südamerikanischer Völker stehen immer wieder, auch aus ideologischen Gründen, im Zentrum des Interesses: Menschenopfer und Kannibalismus. Historisch betrachtet wurde der Vorwurf solcher Rituale häufig als praktisches Mittel der Legitimierung bei der Verfolgung eigennütziger Ziele durch die Eroberer verwendet – und war daher vielfach ohne faktische Grundlage. Derselben Logik der Bewertung folgend wird die Existenz solcher Rituale von manchen Personen grundsätzlich geleugnet. Diese Elemente sollten jedoch nicht isoliert bzw. als dominierende Faktoren weit komplexerer indigener Glaubensvorstellungen angesehen oder zur Gesamtbewertung einer Kultur herangezogen werden.

Man kennt aus Südamerika - anders als in Mittelamerika - keine Tradition massenweiser Menschenopfer. Allerdings waren Menschenopfer vielen Völkern nicht grundsätzlich unbekannt (andine Gipfelmumien, Juanita).

Viele Kannibalismusvorwürfe waren ebenfalls propagandistischer Natur, dennoch liegen von einigen südamerikanischen Ethnien - wie vielen Stämmen der Tupí und Guaraní -, verdichtet und glaubwürdige Berichte von Kannibalismus in Form ritueller Verspeisung von Körperteilen im Kampf getöteter Feinde vor. Zu beachten ist dabei allerdings die rituelle Form der Handlung: der Gegner wurde nicht getötet, um ihn zu verzehren. Mit der Handlung verbunden waren animistische Vorstellungen, etwa durch dieses Ritual die Kraft des Getöteten aufzunehmen oder Schaden durch dessen Geist zu bannen. Ähnliche Motive unterliegen auch der ehemals – bei isolierten Regenwaldvölkern wie den Shuar bis weit ins 20. Jahrhundert – verbreiteten Tradition der Herstellung von Schrumpfköpfen.[4]

Siehe auch

Literatur

  • Frank Salomon (Hrsg.): South America. In: The Cambridge history of the native peoples of the Americas. Bd. 3, Cambridge University Press, Cambridge 1999, ISBN 0-521-33393-8.
  • Hartmut-Emanuel Kayser: Die Rechte der indigenen Völker Brasiliens – historische Entwicklung und gegenwärtiger Stand. Shaker Verlag, Aachen 2005, ISBN 3-8322-3991-X.
  • Esteban Krotz: Folklore, Assimilierung, Zivilisationskritik. Zu Lage und Aussichten der lateinamerikanischen Indiobevölkerung. In: Zeitschrift für Lateinamerika. 44/45, Wien 1993, ISSN 0049-8645, S. 19–33.
  • Semper, Frank: Die Rechte der indigenen Völker in Kolumbien. SEBRA-Verlag, Hamburg 2003, ISBN 3-9805953-7-4.

Weblinks

 Commons: Indigene Völker Südamerikas – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Fußnoten

Dieser Artikel basiert ursprünglich auf dem Artikel Indigene Völker Südamerikas aus der freien Enzyklopädie Wikipedia und steht unter der Doppellizenz GNU-Lizenz für freie Dokumentation und Creative Commons CC-BY-SA 3.0 Unported. In der Wikipedia ist eine Liste der ursprünglichen Wikipedia-Autoren verfügbar.