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Hugo Heymann

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Stolperstein am Haus, Berkaer Straße 31, in Berlin-Schmargendorf

Hugo Heymann (31. Dezember 1881 in Mannheim5. Juni 1938 in Berlin) war ein deutscher Jurist, Unternehmer und mutmaßlich NS-Opfer.

Heymann war einer der Besitzer der Villa in der Pücklerstraße 14 in Berlin, der heutigen Dienstvilla des deutschen Bundespräsidenten. Die Villa wurde nicht „arisiert“, wie der Historiker Michael Wildt (Professor an der Humboldt-Universität) im Juni 2018 im Vorfeld der Enthüllung der Gedenktafel bekundete.[1] Der Besitzer wurde vom NS-Regime ermordet; er kam wegen Urämie ins Krankenhaus, wo er starb.

Leben

Hugo Heymann heiratete Maria, genannt Wera. Er kam durch Herstellung und Vertrieb von künstlichen Perlen zu einem beachtlichen Vermögen, kaufte die Villa und besaß weitere Liegenschaften in Köln und Mannheim.[2] 1933 verkaufte er die Villa und bezog in der Berkaer Straße in Schmargendorf eine Wohnung mit zehn Zimmern.[3]

Die in der Ritterstraße 69 (SW 68) untergebrachte Perlenfabrikation, die er im Februar 1938 für 50000 RM an Karl-Ernst Nadolny († 1941) verkauft hatte, wurde im Januar 1944 durch Brandbomben zerstört.[4]

Das Paar lebte zuletzt im Savoy Hotel. Nach Angaben seiner Witwe beabsichtigten sie, nach Norwegen zu emigrieren, wobei er jedoch mehrfach von der Gestapo geholt, verhört und gefoltert worden sein soll. Laut dem Historiker Julien Reitzenstein wurde der Erlös des Verkaufes von der Gestapo beschlagnahmt, direkt aus dem Hotelsafe. Auch dafür, dass seine Liegenschaften in Köln und Mannheim „arisiert“ wurden,[2] sind keine Akten auffindbar. Reitzenstein schreibt, dass Hugo Heymann „an seinen Verletzungen, die er durch die Misshandlungen der Gestapo erlitten hatte“, verstarb.

Seine Frau überlebte das NS-Regime.

Villa Wurmbach

Die Villa Wurmbach in Berlin

Die Villa wurde 1912 erbaut. Der Auftraggeber, der Fabrikant Julius Wurmbach, beging 1926 Suizid mit einer Schusswaffe. Aus dessen Nachlass erwarb Heymann das Bauwerk mit 400 m² Wohnfläche zuzüglich Dach und Keller um den Kaufpreis von 150.000 Reichsmark. Er investierte weitere 20.000 Reichsmark in Um- und Ausbauten. Kurz nach der Machtergreifung Hitlers, am 8. Februar 1933, verkaufte er die Villa „für einen bemerkenswert günstigen Preis“ an den Verleger Waldemar Gerber (geb. 1888) aus Potsdam, dem Herausgeber der Potsdamer Tageszeitung, nachdem ihm über seine Frau vom früheren Reichsinnenminister Friedrich Wilhelm Sollmann (SPD) klargemacht worden war, dass „schreckliche Zeiten“ bevorstehen würden.[2][5][6][7] Der Kaufvertrag wurde vor dem Notar Georg Lehmann gefertigt, der Kaufpreis soll 30 Prozent unter dem Preis gelegen haben, den Heymann selbst bezahlt hatte.[3]

Heymanns Witwe Maria klagte 1951 auf Restitution der Villa. Das Berliner Landgericht lehnte die Klage ab, obwohl ihre Haushälterin und Sollmann ihre Aussagen bestätigten. Der Notar, der 1940 nach Argentinien emigriert war und nach dem Untergang des NS-Regimes nach Deutschland zurückgekehrt war, sagte aus, der Verkauf sei ordnungsgemäß vonstattengegangen.

1962 kauft die Bundesrepublik die Villa Wurmbach als Gästehaus. Vor der Fertigstellung des Bundeskanzleramts wurde die Villa von Bundeskanzler Gerhard Schröder bewohnt, ab 2004 von den Bundespräsidenten Horst Köhler und Christian Wulff. Im Jahr 2014 deckte der Historiker Julien Reitzenstein im Rahmen seiner Recherchen für das Buch „Himmlers Forscher“ die Besitzverhältnisse und den Verkauf der Villa auf. Er nannte das Urteil „zynisch“ und stellte fest: „Unabhängig von der rechtlichen Komponente gibt es die moralische Komponente. Für mich ist gerade das Staatsoberhaupt eine moralische Instanz.“

Der Historiker Michael Wildt bestätigte in einem Gutachten für das Bundespräsidialamt die Ansicht des Landgerichts, konzedierte aber, dass man aus „pädagogischen“ Gründen doch einen Stolperstein vor der Villa verlegen könne. Der Präsident des Zentralrats der Juden in Deutschland, Josef Schuster gab folgende Stellungnahme ab:

„Ich sehe keinen Grund, die Geschichte des Hauses zu verschweigen. Die Verfolgung der Juden durch die Nationalsozialisten begann damit, Juden systematisch ihre Lebensgrundlage zu entziehen. Das sollte nicht in Vergessenheit geraten.“

Gedenken

Am 4. Dezember 2017 wurden vor seinem ehemaligen Wohnort, Berlin-Schmargendorf, Berkaer Straße 31, zwei Stolpersteine verlegt.

Am 4. Juni 2018 enthüllte Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier eine Gedenktafel vor seiner Dienstvilla in der Pücklerstraße.[8][9]

Weblinks

 Commons: Hugo Heymann – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. Amory Burchard: Geschichte der Bundespräsidentenvilla in Berlin. „Der Verkauf der Villa war verfolgungsbedingt“. In: Der Tagesspiegel. 3. Juni 2018, abgerufen am 5. Juni 2018.
  2. 2,0 2,1 2,2 Julien Reitzenstein: Himmlers Forscher. Wehrwissenschaft und Medizinverbrechen im „Ahnenerbe“ der SS. Verlag Ferdinand Schöningh, 2014, ISBN 978-3506766571, S. 279.
  3. 3,0 3,1 Elmar Schütze: Streit um Steinmeiers Dienstsitz. Historiker fordert Stolperstein für Präsidentenvilla. In: Berliner Zeitung. 14. August 2017, abgerufen am 3. Juni 2018.
  4. http://www.bundespraesident.de/SharedDocs/Downloads/DE/Anhaenge/Folgegutachten-Dienstvilla-Berlin-Dahlem.pdf?__blob=publicationFile
  5. Sven Felix Kellerhoff: Das dunkle Erbe der Präsidentenvilla. In: Die Welt (Berlin). 12. August 2017, abgerufen am 3. Juni 2018.
  6. Til Biermann: Warum erinnert die Bundespräsidenten-Villa nicht an ihre Nazi-Zeit? In: B.Z. (Berlin). 12. August 2017, abgerufen am 3. Juni 2018.
  7. Til Biermann: UNWÜRDIGER STREIT. Kein Stolperstein vor der Villa des Bundespräsidenten. In: Bild (Berlin). 12. August 2017, abgerufen am 3. Juni 2018 (mit einem Faksimile der Stellungnahme von Friedrich Wilhelm Sollmann).
  8. Steinmeier enthüllt Gedenktafel an Dienstvilla. Jüdische Vorbesitzer hatten Haus nach Nazi-Machtübernahme verkauft. In: deutschlandfunkkultur.de. 4. Juni 2018, abgerufen am 20. Juni 2018.
  9. Dienstvilla: Steinmeier erinnert an jüdische Vorbesitzer. In: www.welt.de. 4. Juni 2018, abgerufen am 19. Juni 2018.
Dieser Artikel basiert ursprünglich auf dem Artikel Hugo Heymann aus der freien Enzyklopädie Wikipedia und steht unter der Doppellizenz GNU-Lizenz für freie Dokumentation und Creative Commons CC-BY-SA 3.0 Unported. In der Wikipedia ist eine Liste der ursprünglichen Wikipedia-Autoren verfügbar.