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Hofgeistlichkeit

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Denkmal des Hofpredigers Abraham a Santa Clara (1644–1709), Wien

Mit Hofgeistlichkeit bezeichnet man die Gesamtheit der geistlichen Amtsträger an einem Fürstenhof.

Geschichte

Im Mittelalter wurde der Hofgeistliche sowohl zur geistlichen Versorgung (capellanus Kaplan an der Hofkapelle) als auch - aufgrund seiner Bildung - zu Schreibarbeiten (cancellarius Kanzler an der Hofkanzlei) herangezogen. Er lebte zunächst nicht bei Hofe, sondern als Abgeordneter eines Klosters oder Stiftes im Bereich des Territorialherrschers. Materiell versorgt wurde er durch Pfründen und nicht vom Hof. Teilweise begleitete der Hofgeistliche den Herrscher auf Reisen und im Kriege.

Mit der Herausbildung des Berufsnotars im Spätmittelalter konzentrierte sich der geistliche Amtsträger zunehmend auch auf den politischen Bereich. Er trat als Fürsten- oder Königsberater in Erscheinung. Darüber hinaus übte er maßgeblichen kulturellen Einfluss bei Hofe aus, etwa als Verfasser höfischer Texte in der Volkssprache. Dazu zählen die Autoren des Lucidarius, Heinrich von Veldeke oder Herbort von Fritzlar.

Als sich im 15. Jahrhundert Hofburgkapellen in Hofgemeinden wandelten, erfolgte eine Ämterdifferenzierung. So traten etwa in Wien neben den Hofkaplan 1435 der Hofpfarrer, Hofprediger oder der Almosenier. Die Hofgeistlichkeit wurde nun vollständiger Bestandteil des Hofstaates.

Im katholischen Bereich erfolgte ab dem 16. Jahrhundert die Einbindung bestimmter Orden am Hof, so übernahm i.d.R. ein Jesuit die Rolle des Beichtvaters.

Auch im protestantischen Bereich entstand eine eigenständige Hofgeistlichkeit, der Hofprediger (z. B. Georg Spalatin) versah den Gottesdienst und die Amtshandlungen bei Hofe.

Ab dem 16. Jahrhundert nahm vor allem der katholische, aber auch der protestantische Hofprediger, eine zunehmende politische und kirchenpolitische Rolle wahr.

1613 erfolgte in Dresden mit dem Titel "Oberhofprediger" eine weitere Ämterdifferenzierung, der wie der Hofprediger dem Oberhof- bzw. Hofmarschall unterstand. Der Oberhofprediger stand den Mitgliedern der Hofkapelle vor.

Als im selben Jahr Johann Sigismund zum Calvinismus konvertierte, waren die Hofprediger bis zur Bildung der Unierten Kirche 1817 nahezu die einzigen reformierten Prediger im sonst überwiegend lutherischen brandenburg-preußischen Staat.

In Hessen-Kassel oder Hessen-Darmstadt trugen die Hofprediger wesentlich zur Bildung der Landeskirchen bei.

Im Lauf des 17. Jahrhunderts änderte sich das Selbstverständnis des protestantischen Hofpredigers, aus dem Ratgeber wurde der mahnende Theologe, der teilweise durchaus an die entstehende Kritik des Absolutismus anknüpfte.

Gleichwohl wurde im 19. Jahrhundert der Hofprediger als ein Exponent des Konservatismus vielfach selbst zur Zielscheibe des öffentlichen Spottes.

Galerie

Siehe auch

Literatur

  • Timo Reuvekamp-Felber: Volkssprache zwischen Stift und Hof : Hofgeistliche in Literatur und Gesellschaft des 12. und 13. Jahrhunderts. 8 Auflage. Böhlau, Köln 2003, ISBN 3-412-17602-8, S. 414, DNB 965715221, OCLC 52820922.
  • Robert Bireley: Hofbeichtväter und Politik im 17. Jahrhundert. In: Michael Sievernich, Günter Switek (Hrsg.): Ignatianisch. Eigenart und Methode der Gesellschaft Jesu. Freiburg 1990, S. 386-403.
  • Winfried Müller: Hofbeichtväter und geistliche Ratgeber zur Zeit der Gegenreformation. In: Winfried Müller, Helmut Zedelmaier, Wolfgang Smolka, (Hrsg.): Universität und Bildung. Festschrift Laetitia Boehm zum 60. Geburtstag. München 1991, S. 141-155
  • Rudolf von Thadden: Die brandenburgisch-preußischen Hofprediger im 17. und 18. Jahrhundert. Ein Beitrag zur Geschichte der absolutistischen Staatsgesellschaft in Brandenburg-Preußen, Berlin 1959.
  • Wolfgang Sommer: Gottesfurcht und Fürstenherrschaft. Studien zum Obrigkeitsverständnis Johann Arndts und lutherischer Hofprediger zur Zeit der altprotestantischen Orthodoxie. Göttingen 1988 (Forschungen zur Kirchen- und Dogmengeschichte, 41).
  • Wolfgang Sommer: Die lutherischen Hofprediger in Dresden. Grundzüge ihrer Geschichte und Verkündigung im Kurfürstentum Sachsen. Stuttgart 2006.

Weblinks

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