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Helmut Gröttrup

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Helmut Gröttrup (* 12. Februar 1916 in Köln; † 5. Juli 1981 in München) war deutscher Ingenieur. Er arbeitete als Raketenfachmann im deutschen Aggregat 4 (V2)-Projekt und für die sowjetische Raketenentwicklung, danach als Informatiker an der Entwicklung elektronischer Identifikationssysteme.

A4 (V2)-Projekt

Als Assistent des Entwicklungschefs Wernher von Braun war Gröttrup am Bau der Großrakete Aggregat 4 (bekannt als V2) bei der Heeresversuchsanstalt Peenemünde beteiligt. Gröttrup entwickelte verantwortlich die Lenk- und Steuersysteme der V2. Die zentralen Steuerungs- und Regelungsfunktionen wurden hierbei vom sog. "Mischgerät" ausgeführt, einem elektronischen Analogrechner auf Röhrenbasis, den Helmut Hölzer entwickelt hatte.

Am 13. März 1944 wurde Gröttrup zusammen mit Wernher und Magnus von Braun sowie Klaus Riedel von der Gestapo verhaftet und in das Gefängnis nach Stettin gebracht. Ihnen wurde vorgeworfen, sich mehr für die bemannte Raumfahrt einzusetzen als für kriegsdienliche Raketen.

Sowjetisches Raketenprogramm

Nach dem Zweiten Weltkrieg lebte Gröttrup zunächst in den westlichen Besatzungszonen. Er lehnte es ab, für die Amerikaner in den USA zu arbeiten, da er sich nicht von seiner Familie trennen wollte. Die Sowjetunion ermöglichte es ihm, seine Arbeit in Deutschland fortzusetzen und so bei seiner Familie zu bleiben. Er war der bedeutendste deutsche Raketenspezialist, den sich die Sowjetunion für ihr Raketenprogramm sichern konnte.

Vom 9. September 1945 bis zum 22. Oktober 1946 arbeitete Gröttrup unter der Leitung des späteren sowjetischen Raumfahrtpioniers Sergei Pawlowitsch Koroljow in Bleicherode in der Sowjetischen Besatzungszone daran, die Produktion der Rakete A4 und einzelner Bestandteile des Raketenkomplexes wieder aufzunehmen, um hierdurch Versuchsmuster für die Sowjetunion zu schaffen.

Diese deutsche Rakete Aggregat 4 (A4/V2) bildete also nicht nur die Grundlage für die US-amerikanische Raketenentwicklung, sondern zugleich auch für das sowjetische Groß-Raketenprogramm und war Vorlage für die ersten sowjetischen Raketentypen R-1 und R-2.

Da es sich bei der Rakete A4 um ein Rüstungsgut handelte, war deren Produktion ein klarer Verstoß gegen das Potsdamer Abkommen. Am 22. Oktober 1946 wurden deshalb sämtliche Wissenschaftler und Ingenieure, die in Bleicherode unter der Leitung von Sergei Pawlowitsch Koroljow für die Sowjetunion arbeiteten, unter Geheimhaltung deportiert und zusammen mit ihren Familien in einem Zug in die Sowjetunion gebracht, unter ihnen auch der Strömungstechniker Werner Albring und der Steuerungs- und Messtechniker Heinrich Wilhelmi.

In der Sowjetunion sollten die deutschen Spezialisten ihre Arbeit fortsetzen, um Produktion und Einsatzverfahren der Rakete zum Laufen zu bringen. Bis zum 13. November 1947 gab es elf Startversuche, von denen fünf erfolgreich verliefen. Die Sowjetunion entschied, von nun an auf die deutschen Spezialisten zu verzichten, zog diese von den Raketenprojekten ab und beschäftigte sie längere Zeit noch anderweitig, um deren Spezialkenntnisse über Raketen veralten zu lassen.

Zunächst mussten die Leute im engeren Kreis um Gröttrup noch auf der Insel Gorodomlja (heute Siedlung Solnetschny) im Seligersee verbleiben. Am 22. November 1953 durfte Gröttrup mit seiner Familie nach Deutschland zurückkehren.

Informatik

Zurück in Deutschland war er bei der Standard Elektrik AG und nach deren Fusion mit C. Lorenz bei ihrer Nachfolgerin Standard Elektrik Lorenz in Stuttgart beschäftigt (1955–1958). Gröttrup wurde 1957 als Mitbegründer der Informatik (zusammen mit Prof. Karl Steinbuch) bekannt und beschäftigte sich dann mit den ersten Ansätzen von elektrisch kodierten Zugangssystemen. 1966 meldete Gröttrup einen „Identifikationsschalter“ zur Identifizierung des Kunden und Freigabe des Zapfvorgangs in einer Tankstelle zum Patent an.[1] Er versuchte zunächst, die Information elektromechanisch oder in sequenziell auslesbaren elektronischen Speichern festzuhalten. Zusammen mit seinem Geschäftspartner Jürgen Dethloff meldete er 1968 die Chipkarte zum Patent an,[2] das jedoch erst 1982 erteilt wurde. Gemäß dieser Anmeldung sind Identifikationsdaten auf einer integrierten Schaltung so gespeichert, dass die Informationen aufgrund der ebenfalls geprüften Abmessungen „nicht durch diskrete Bauelemente nachahmbar“ sind. Auch die drahtlose Übertragung durch induktive Ankopplung, die zur RFID-Technik führte, war bereits vorgesehen.[3] Ab 1970 leitete er die von Siegfried Otto, dem Eigentümer der Gelddruckerei Giesecke & Devrient in München, gegründete Gesellschaft für Automation und Organisation (GAO mbH) und legte die Basis für die später sehr erfolgreichen Bereiche der Chipkarten und der Banknotenbearbeitungssysteme.

Veröffentlichungen

  • Über Raketen, Ullstein, Berlin, Frankfurt u. Wien, 1959
  • (Als Hrsg. zusammen mit Hans Bolewski) Der Weltenraum in Menschenhand, Kreuz-Verlag, Stuttgart 1959

Literatur

  • Werner Albring (Autor): Gorodomlia. Deutsche Raketenforscher in Russland, Luchterhand Literaturverlag, Muenchen, 1991, ISBN 3-630-86773-1
  • Irmgard Gröttrup (Autor): Die Besessenen und die Mächtigen. Im Schatten der roten Rakete, Steingrüben Verlag Stuttgart, 1959, OCLC 73419520
  • Kurt Magnus (Autor): Raketensklaven. Deutsche Forscher hinter rotem Stacheldraht, Elbe-Dnjepr-Verlag, 2002, ISBN 3-933395-67-4

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Patent DE1524695: Identifizierungsschalter. Angemeldet am 6. Dezember 1966, veröffentlicht am 26. November 1970, Anmelder: Tankbau Weilheim AG, Erfinder: Helmut Gröttrup.
  2. Patent DE1945777: Identifizierungsschalter. Angemeldet am 10. September 1969, veröffentlicht am 1. April 1982, Erfinder: Jürgen Dethloff, Helmut Gröttrup.
  3. Patent DE1574075: Identifizierungsschalter mit induktiver Zuordnung. Angemeldet am 6. Februar 1967, veröffentlicht am 25. November 1971, Anmelder: Intelectron Patentverwaltung GmbH, Erfinder: Helmut Gröttrup.
Dieser Artikel basiert ursprünglich auf dem Artikel Helmut Gröttrup aus der freien Enzyklopädie Wikipedia und steht unter der Doppellizenz GNU-Lizenz für freie Dokumentation und Creative Commons CC-BY-SA 3.0 Unported. In der Wikipedia ist eine Liste der ursprünglichen Wikipedia-Autoren verfügbar.