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Hubschrauber

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Eurocopter AS350BA der Fleet Air Arm der Royal Australian Navy

Ein Hubschrauber ist ein senkrecht startendes und landendes Luftfahrzeug, das Motor­kraft auf einen oder mehrere Rotoren für Auftrieb und Vortrieb überträgt. Diese arbeiten als sich drehende Tragflächen oder Flügel, weshalb Hubschrauber zu den Drehflüglern zählen.

Nicht zu den Hubschraubern gezählt werden dagegen Mischformen aus Flugzeug und Drehflügler, beispielsweise Hybride aus Dreh- und Starrflüglern oder nicht senkrecht startende Luftfahrzeuge wie Tragschrauber oder Kipprotor­flugzeuge.

Das vor allem in der Schweiz übliche Synonym Helikopter, kurz auch Heli, setzt sich zusammen aus altgr. hélix ‚Windung, Spirale‘ und pterón ‚Flügel‘ (Drehflügler).

Funktion

Starrer Rotorkopf einer Bo 105

Die rotierenden Rotorblätter erzeugen durch die anströmende Luft einen dynamischen Auftrieb. Wie bei den starren Tragflächen eines Flugzeugs ist dieser abhängig von ihrem Profil, dem Anstellwinkel und der Anströmgeschwindigkeit der Luft. Beim schwebenden Hubschrauber ist die Anströmgeschwindigkeit gleich der Umlaufgeschwindigkeit. Wenn ein Hubschrauber sich vorwärts bewegt, ändert sich die Anströmgeschwindigkeit, da sich Umlauf- und Fluggeschwindigkeit des nach vorne bewegten Blattes addieren. Beim zurücklaufenden Blatt subtrahieren sie sich, siehe auch die Skizze weiter unten.

Durch die Aerodynamik der Rotorblätter entstehen beim Flug asymmetrische Kräfte auf die jeweils nach vorne und nach hinten bewegten Blätter, die bei älteren Modellen durch Schlag- und Schwenkgelenke an der Befestigung, dem Rotorkopf, aufgefangen werden mussten. Neuere Konstruktionen kommen ohne diese Gelenke aus. Rotorkopf und -blätter bestehen bei diesen neueren Modellen aus einem Verbund von Materialien unterschiedlicher Elastizität (Elastomere sowie hochfeste und leichte Metalle wie Titan), welche die in Größe und Richtung sich ständig ändernden dynamischen Kräfte bewältigen können, ohne dass die Bauteile hierdurch Schaden nehmen. Ein solcher gelenkloser Rotorkopf wurde erstmals bei der Bo 105 durch Blätter aus glasfaserverstärktem Kunststoff und einem massiven Rotorkopf aus Titan im Verbund mit Elastomeren realisiert.[1] Beim EC 135 wurde dieser zum lagerlosen Rotorkopf weiterentwickelt, der sich bei den meisten Modellen durchgesetzt hat.

Blattverstellung

Die zyklische (auch rotationsperiodische) Blattverstellung – allgemein auch Blattsteuerung genannt – dient der Steuerung der Horizontalbewegung des Hubschraubers, die eine Neigung der Haupt-Rotorebene erfordert. Zum Einleiten oder Beenden von Vorwärts-, Rückwärts- oder Seitwärtsflug werden die Einstellwinkel der Blätter während des Umlaufs des Rotors (zyklisch) verändert und dabei unterschiedlich angeströmt. Die Tragfähigkeit des einzelnen Rotorblatts variiert somit während seines Umlaufs. Zum Vorwärtsflug wird jedes Rotorblatt im Bereich des Hecks so geschwenkt, dass es günstig angeströmt wird und stärker trägt und im Bereich zur Flugrichtung so geschwenkt, dass es schwächer trägt. Der je Rotorblatt im Bereich des Hecks stärkere und im Bereich der Front schwächere Auftrieb bewirkt eine Neigung des gesamten Hubschraubers nach vorne. Die im Schwebeflug rein senkrecht hebende Kraft erhält durch diese Neigung nun einen nach vorne treibenden Schub. Die zyklische Blattverstellung ist für jeden Hubschrauber mit feststehendem Rotor unerlässlich, um die Flugrichtung ändern zu können.

Mit der kollektiven Blattverstellung oder Pitch verändert der Pilot den Anstellwinkel aller Rotorblätter gleichmäßig, was zum Steigen oder Sinken des Hubschraubers führt. Einfache Konstruktionen, etwa bei verschiedenen Elektroantrieben in Modellhubschraubern, ersetzen diese Steuerung durch eine Drehzahländerung. Nachteilig ist dabei die längere Reaktionszeit durch die Massen-Trägheit des Hauptrotors.

Die Rotorblätter werden meist mit einer Taumelscheibe angesteuert. Deren unterer, feststehender Teil wird vom Piloten mit Hilfe des „kollektiven“ Verstellhebels nach oben oder unten verschoben. Mit dem „zyklischen“ Steuerknüppel kann dieser wiederum in jede Richtung geneigt werden. Der obere (sich mit dem Rotor drehende) Teil der Taumelscheibe überträgt über Stoßstangen und Hebel an den Blattwurzeln den gewünschten Einstellwinkel auf die Rotorblätter.

Rotorvarianten und Giermomentausgleich

Man unterscheidet Einrotorsysteme, Doppelrotoren und vier Rotoren (Quadrocopter). Mit Ausnahme des Blattspitzenantriebs werden die Rotoren dabei stets durch einen Motor im Rumpf angetrieben. Dadurch entsteht an der Rotorachse ein Gegen-Drehmoment (Giermoment), das bei einem einzelnen Rotor eine gegenläufige Drehung des Rumpfes erzeugen würde. Um dieses zu kompensieren, werden verschiedene Konstruktionen benutzt:

  • Zwei gegenläufige Hauptrotoren, deren Giermomente sich ausgleichen – durch Anordnung übereinander auf derselben Achse (Koaxialrotor), hintereinander (Tandem-Konfiguration) oder nebeneinander (transversal). Eine weitere Variante sind die ineinander greifenden Rotoren mit nahe zusammen liegenden, zueinander schräg gestellten Drehachsen beim Flettner-Doppelrotor. Beim Sikorsky X2 ermöglicht die Koaxial-Bauweise auch höhere Geschwindigkeiten in Kombination mit einem Schubpropeller, wie er erstmals 1947 beim Fairey Gyrodyne verwendet wurde.
  • Der Quadrocopter verwendet vier Rotoren in einer Ebene und erlaubt allein durch Verstellung von Pitch oder Drehzahl eine Steuerung um alle drei Achsen. Auf Basis dieser Technologie werden auch Muster mit 6, 8 und 12 Rotoren eingesetzt.
  • Nur selten (Cierva W.11), in der Planung (Mi-32) oder im Modellbau (Tribelle, Tricopter) traten Dreifach-Rotoren auf, bei denen das Drehmoment durch leichtes Kippen der Rotorhochachsen oder auch durch Schwenkbarkeit eines der Rotoren ausgeglichen wird.

Ein System mit zwei Rotoren ist zwar technisch die effizientere Konstruktion, da alle Rotoren zum Auf- und Vortrieb genutzt werden; während der Heckrotor im Schwebeflug etwa 15 % der Gesamtleistung kostet. In der Praxis hat sich aber weitgehend das Einrotorsystem mit einem Heckrotor durchgesetzt. Ökonomisch schlagen hier die niedrigeren Bau- und Wartungskosten bei nur je einem Rotorkopf und Getriebe ins Gewicht, da diese die beiden aufwändigsten und empfindlichsten Baugruppen eines Hubschraubers sind.

Heckrotoren gibt es in Ausführungen mit zwei bis fünf Blättern. Um den Lärm zu verringern, werden teils vierblättrige Rotoren in X-Form eingesetzt. Eine besonders leise Variante ist der Fenestron, ein ummantelter Propeller im Heckausleger mit bis zu 18 Blättern.

Meist wird der Heckrotor aus dem Hauptgetriebe über Wellen und Umlenkgetriebe angetrieben, sodass seine Drehzahl stets proportional zu der des Hauptrotors ist. Der Schub zur Steuerung um die Gierachse wird dann vom Piloten mit den Pedalen über den Einstellwinkel der Heckrotorblätter geregelt, analog der kollektiven Verstellung des Hauptrotors.

Während des Reiseflugs wird bei vielen Konstruktionen der Heckrotor dadurch entlastet, dass ein Seitenleitwerk das Giermoment weitgehend kompensiert. Dies ist meist durch Endscheiben an der horizontalen Dämpfungsfläche realisiert, die zur Rumpflängsachse schräg gestellt sind; bei einer einzelnen Seitenflosse in der Regel zusätzlich durch ein asymmetrisches Profil.

Notsteuerung und Autorotation

Sollte der Antrieb ausfallen, können Hubschrauber trotzdem noch landen.[2] Dazu muss der Pilot in einen steilen Sinkflug übergehen, wobei der freilaufende Rotor durch die nun in umgekehrter Richtung – von unten nach oben – strömende Luft in Drehung gehalten bzw. möglichst beschleunigt wird, um den Drehimpuls zu erhalten oder zu erhöhen. Daraus resultiert eine Autorotation wie beim Tragschrauber. Ein Giermomentausgleich ist dabei nicht notwendig, da nur das Moment aus der Lagerreibung (im Hauptrotorkopf, Getriebe und Antrieb) auszugleichen wäre, welches aber bis zur Landung nicht zu einem kritischen Anstieg der Gierrate führt. Eine solche Landung ist daher auch beim Ausfall des Heckrotors möglich, zum Beispiel bei Bruch der Antriebswelle für den Heckrotor, des Winkelgetriebes zum Heckrotor oder gar des ganzen Heckauslegers.

Kurz vor dem Aufsetzen wird nun der kollektive Einstellwinkel (Anstellwinkel) vergrößert und damit der Auftrieb erhöht, damit ein Aufsetzen ohne Schäden für Technik und Besatzung möglich wird. Der Verlust der Steuerung um die Hochachse und die Notwendigkeit, den richtigen Moment genau zu treffen, da der Drehimpuls des Rotors nur für einen Versuch ausreicht, macht dieses Manöver jedoch stets riskant. Weiterhin bedarf es einer Mindesthöhe über Grund, da beim Ausfall des Hauptantriebes ein Durchsacken unvermeidlich ist und auch Zeit benötigt wird, um in die neue Fluglage überzuleiten.

Steuerung

Cockpit eines AS 332 L1 „Super Puma“ der deutschen Bundespolizei

Ein Hubschrauber ist ein nicht eigenstabiles Luftfahrzeug – er hat vor allem im Schwebeflug und langsamen Flug stets die Tendenz, seine Fluglage zu verlassen und in die eine oder andere Richtung zu schieben, sich zu neigen oder zu drehen. Dies ist u. a. darin begründet, dass der Neutralpunkt über dem Rumpf und damit über dem Schwerpunkt liegt. Der Pilot muss diese Bewegungen durch kontinuierliche, entgegenwirkende Steuereingaben abfangen. Bei einer Fluggeschwindigkeit oberhalb von ca. 100 km/h verhält sich ein Hubschrauber ähnlich wie ein Tragflächenflugzeug und ist entsprechend einfach zu steuern. Besondere Gefahren beinhaltet die Landung, da bei einem Motorausfall in zu geringer Höhe nicht genug Reserven vorhanden sind, in Autorotation überzugehen. Bei der Bodenberührung kann die sogenannte Bodenresonanz auftreten, die sehr schnell zur Zerstörung des Hubschraubers führen kann.[3]

Anders als im Starrflügel-Flugzeug sitzt der Pilot eines Hubschraubers in der Regel auf der rechten Seite. Zur Steuerung benötigt er beide Hände und Füße:

  • Mit der linken Hand kontrolliert er über einen Hebel die kollektive Blattverstellung (engl. Pitch). Im nebenstehenden Foto des Eurocopter-Cockpits ist dieser Hebel rechts von der Mittelkonsole bzw. links neben dem Pilotensitz zu sehen. Dabei wird die Taumelscheibe gerade über die Rotorachse nach oben bzw. unten geschoben und so der Anstellwinkel aller Rotorblätter des Hauptrotors in gleichem Maße geändert und damit der Auftrieb erhöht oder vermindert. Dadurch steigt bzw. sinkt der Hubschrauber. Um bei Vergrößerung des Anstellwinkels der Hauptrotorblätter den Abfall der Rotordrehzahl durch die daraus resultierende Erhöhung des Luftwiderstandes zu verhindern, wird über diesen Hebel auch die Motor- bzw. Turbinenleistung erhöht. Das erfolgt entweder manuell mit einem Drehgriff am Hebel oder automatisch. Durch die Änderung der Motor- bzw. Turbinenleistung wird auch das erzeugte Drehmoment geändert, was ein Gegensteuern über den Heckrotor erforderlich macht.
  • Mit der rechten Hand kontrolliert der Pilot über den Steuerknüppel (im nebenstehenden Foto der S-förmig gebogene Knüppel mittig vor dem Pilotensitz) die zyklische Blattverstellung. Dadurch wird die Taumelscheibe geneigt und die Rotorebene entsprechend geändert und so die Bewegung des Hubschraubers um die Längs- (Rollen nach links oder rechts) und Querachse (Nicken nach vorne oder hinten) eingeleitet. Die mit dem Steuerknüppel über die Taumelscheibe an den Rotorkopf gegebenen Steuerimpulse ermöglichen auch Kombinationen von Nick- und Rollbewegungen.
  • Am Cockpitboden befinden sich zwei Pedale (im nebenstehenden Foto nur links unten neben dem Instrumentenbrett auf der Copilotenseite zu sehen), mit denen der Anstellwinkel des Heckrotors und damit die Bewegung des Hubschraubers um die Gierachse (Hochachse), also die Drehung nach rechts bzw. links, gesteuert wird.

Flugleistungen

Geschwindigkeitsüberlagerung am vor- und rücklaufenden Blatt

Hubschrauber erreichen prinzipiell nicht die Flugleistungen von Starrflügelflugzeugen:

Die Höchstgeschwindigkeit liegt meist zwischen 200 und 300 km/h, einige Kampfhubschrauber erreichen über 360 km/h. Der Geschwindigkeits-Rekord liegt bei 463 km/h und wurde am 15. September 2010 mit einem Sikorsky X2 erzielt.

Die Höchstgeschwindigkeit wird dabei durch die Aerodynamik der Rotorblätter begrenzt: Das jeweils nach vorne laufende Blatt hat gegenüber der von vorn anströmenden Luft eine höhere Geschwindigkeit als das nach hinten laufende. Nähert sich nun das vorlaufende Blatt im Außenbereich der Schallgeschwindigkeit, kommt es dort zu Effekten wie Abfall des Auftriebs, starke Erhöhung des Widerstands und große Blattbeanspruchung durch Torsionsmomente. Dies äußert sich zum Beispiel in starken Schwingungen und erschwert so dem Piloten die Kontrolle über den Hubschrauber.

Für einen typischen Rotordurchmesser von 10 m bedeutet dies, dass der Rotor nicht mehr als ca. 10,9 Umdrehungen pro Sekunde bzw. 655 Umdrehungen pro Minute ausführen kann, ohne dass in den Außenbereichen der Rotorblätter die Schallgeschwindigkeit (343 m/s) überschritten wird. Typische Drehzahlen des Rotors im Betrieb liegen daher deutlich unter diesem Wert.

Häufig wird die Geschwindigkeit eines Hubschraubers jedoch durch das rücklaufende Rotorblatt begrenzt: Hier führt die Kombination aus hohem Anstellwinkel (zyklische Verstellung, s. o.) und geringer Strömungsgeschwindigkeit zum Strömungsabriss und damit zum Auftriebsverlust. Viele Hubschrauber kippen daher beim Erreichen der kritischen Geschwindigkeit zuerst auf die Seite, auf der sich die Rotorblätter nach hinten bewegen, bevor die nach vorne bewegten Blätter in den Überschallbereich gelangen.

Auch die Gipfelhöhe ist begrenzt und liegt typisch etwa bei 5.000 Metern, wobei einzelne Modelle bis zu 9.000 Meter erreichen. Der FAI-Höhenrekord von 12.442 m wurde im Juni 1972 von Jean Boulet mit einer Aérospatiale SA-315 aufgestellt.[4] Erst im März 2002 wurde dieser durch einen Flug von Fred North mit einem Eurocopter AS 350 überboten (12.954 m),[5] der allerdings bisher (2012) von der FAI nicht als offizieller Rekord anerkannt wurde.

Der Kraftstoffverbrauch eines Hubschraubers liegt bei gleicher Zuladung auf die Flugstrecke bezogen meist deutlich über dem eines Tragflächen-Flugzeugs.

Der Vorteil eines Hubschraubers aber liegt in der Fähigkeit, in der Luft stehen zu bleiben (Schwebeflug, auch Hover genannt), rückwärts oder seitwärts zu fliegen, sowie sich im langsamen Flug um die Hochachse (Gierachse) zu drehen. Weiterhin kann er senkrecht starten und landen (VTOL) und benötigt daher keine Start- und Landebahn. Steht kein regulärer Hubschrauberlandeplatz zur Verfügung, reicht dazu bereits ein ebener und hindernisfreier Platz von ausreichendem Durchmesser.

Entwicklungsgeschichte

Eine Auswahl von Meilensteinen bei der Entwicklung des Hubschraubers. Die entsprechenden Bilder sind am Ende dieses Abschnittes in chronologischer Folge zusammengefasst.

Schon Leonardo da Vinci hatte um 1487–1490 in seinen sogenannten „Pariser Manuskripten“ Skizzen eines Hubschraubers angefertigt,[6] aber erst im 20. Jahrhundert gelang die technische Umsetzung dieser Idee. Pioniere der Hubschrauberentwicklung waren u. a. Jakob Degen, Étienne Oehmichen, Raúl Pateras Pescara, Juan de la Cierva, Engelbert Zaschka, Louis Charles Breguet, Alberto Santos Dumont, Henrich Focke und Igor Sikorski:

Am 13. November 1907 hob Paul Cornu mit seinem 260 kg schweren fliegenden Fahrrad für zwanzig Sekunden senkrecht vom Boden ab – der vermutlich erste freie bemannte Vertikalflug. Er benutzte Tandemrotoren, die von einem 24 PS starken V8-Motor angetrieben wurden.

Ab 1910 löste Boris Nikolajewitsch Jurjew einige theoretisch-konstruktive Grundprobleme der Stabilität und des Antriebs und entwickelte die Taumelscheibe.

1913 konstruierte der Dresdner Ingenieur Otto Baumgärtel einen Senkrechtstarter, der durch Verlagerung des Schwerpunktes ohne besonderen Propeller Vorwärtsbewegungen vollführen kann.[7]

Am 11. November 1922 brachte Étienne Oehmichen erstmals sein Oehmichen No. 2 in die Luft, den wohl ersten zuverlässig fliegenden manntragenden Senkrechtstarter. Auf ihn geht der Heckrotor zur Stabilisierung des ganzen Fluggeräts zurück.

Bei der Entwicklung seines Autogiro gelangen Juan de la Cierva (Spanien) 1923 wesentliche Lösungen zur Stabilisierung des Rotors eines Drehflüglers, so z. B. die Schlaggelenke.

Am 18. April 1924 schlug der von Raúl Pateras Pescara entwickelte Pescara No. 3 den vier Tage vorher von Oehmichen aufgestellten Weltrekord für Rotorflugzeuge um das Doppelte und setzte dabei erstmals zyklische Blattverstellung ein, um den Hauptrotor zum Vortrieb zu nutzen.

In den frühen 1930er Jahren bauten Louis Charles Breguet und René Dorand mit dem Gyroplane-Laboratoire den ersten längere Zeit stabil fliegenden Hubschrauber. Er hatte Koaxialrotoren und hielt ab Juni 1935 alle internationalen Rekorde für Hubschrauber.

Die Focke-Wulf Fw 61, die zwei seitlich angeordnete Rotoren benutzte, konnte beim Jungfernflug im Juni 1936 eine Reihe von bisherigen Weltrekorden bei Hubschraubern brechen. Sie war zudem der erste Hubschrauber, mit dem eine Autorotationslandung gelang.

1941 war die deutsche Focke-Achgelis Fa 223 der erste in Serie gebaute Hubschrauber, ebenfalls mit zwei seitlich angeordneten Rotoren. Es folgten 1943 die Flettner Fl 282, ebenfalls mit Doppelrotor, und 1944 die Sikorsky R-4 „Hoverfly“ in den USA, die wie ihr Vorgänger Sikorsky VS-300 einen Einzelrotor zusammen mit einem Heckrotor verwendete.

Am 8. März 1946 erhielt die Bell 47 der Bell Aircraft Corporation, ein leichter zwei- oder dreisitziger Hubschrauber, als erster ziviler Hubschrauber die Flugzulassung in den USA. Seine Varianten waren bis in die 1980er Jahre und darüber hinaus weltweit anzutreffen.

1955 rüstete die französische Firma Sud Aviation ihren Hubschrauber Alouette II mit einer 250-kW-Turboméca-Artouste-Wellenturbine aus und baute damit den ersten Hubschrauber mit Gasturbinenantrieb, der heute von fast allen kommerziellen Herstellern verwendet wird. Lediglich Robinson (Robinson R22 und Robinson R44) und Brantly (Brantly B-2 bzw. Brantly 305) stellen noch Hubschrauber mit Kolbenmotoren her.

Die mit bis heute 16.000 Exemplaren meistgebaute Hubschrauberfamilie, die Bell 204 – militärisch Bell UH-1 genannt – startete am 22. Oktober 1956 zu ihrem Jungfernflug.

Die deutsche Bölkow Bo 105 wurde 1967 als erster Hubschrauber mit einem gelenklosen Rotorkopf zusammen mit GFK-Rotorblättern, die erstmals bei der Kamow Ka-26 zum Einsatz gekommen waren, ausgerüstet. Der Eurocopter EC 135 als aktueller Nachfolger benutzt diese Bauweise in weiterentwickelter Form.

1968 startete mit der sowjetischen Mil Mi-12 der größte jemals gebaute Hubschrauber. Er verfügt über nebeneinander angeordnete Rotoren, ein maximales Startgewicht von 105 t bei einer maximalen Nutzlast von 40 t und 196 Passagierplätze. Nach drei Prototypen, die eine Reihe von Rekorden erzielten, wurde die Produktion eingestellt.

1977 fand der Jungfernflug des größten in Serie gebauten Helikopters statt, der Mil Mi-26, die bis heute produziert und eingesetzt wird.

Ab 1983 entstand mit der RAH-66 Comanche ein Kampfhubschrauber mit Tarnkappentechnik, dessen Fertigung jedoch kurz vor Erreichen der Einsatzreife 2004 gestoppt wurde.

1984 flog erstmals die Sikorsky X-wing, deren Rotor beim Vorwärtsflug angehalten und festgestellt wird und dann als zusätzliche Tragfläche dient. Wie bei anderen VTOL-Konzepten sollen damit gegenüber reinen Drehflüglern bessere Flugleistungen erreicht werden. Es blieb bei einem Prototyp.

Im August 2008 bewies der Sikorsky X2 im Erstflug die Tauglichkeit des mit neuesten Verfahren optimierten Koaxial-Rotors in Kombination mit einem Schubpropeller - dem Prinzip der früheren Tragschrauber. Zwei Jahre später erreichte er mit 250 Knoten True Airspeed (463 km/h) das Entwicklungsziel und überbot damit den bisherigen Geschwindigkeitsrekord um 15 %. Auch andere Hersteller erprobten ähnliche neue Hochgeschwindigkeits-Muster, so Eurocopter den und Kamov den Ka-92.

Unfälle

Abgestürzter Hughes AH-64 Apache Kampfhubschrauber

Verglichen mit Tragflächenflugzeugen weisen Hubschrauber eine deutlich höhere Unfallhäufigkeit auf: Zwischen 1980 und 1998 verzeichnete die Bundesstelle für Flugunfalluntersuchung (BFU) bei Hubschraubern statistisch pro einer Million Abflüge 54 Unfälle mit sechs Toten, bei Tragflächenflugzeugen lediglich zehn Unfälle mit 1,6 Toten. Die Unfallursachen liegen dabei anteilig mit über 80 % im menschlichen Versagen.

Aus Sicht der Technik sind Hubschrauber nicht unsicherer als Tragflächenflugzeuge und werden unter den gleichen Zuverlässigkeitsforderungen ausgelegt und zugelassen. Die höhere Unfallgefahr kann mehr durch die Einsatzbedingungen erklärt werden: Rettungsdienste und Militär können einen Einsatzort nicht vorher bestimmen, Hindernisse wie Antennen oder Stromleitungen sind dem Piloten dann nicht bekannt. Einsätze im Hochgebirge, wie Lastentransport und Bergrettung, können wiederum durch die geringere Luftdichte und Abwinde den Antrieb an die Leistungsgrenze bringen. Bei dessen Ausfall sind zudem die Bedingungen für eine Autorotations-Landung häufig schlecht.

Verwendung

Der Betrieb eines modernen Hubschraubers ist im Vergleich zu einem Flächenflugzeug mit vergleichbarer Zuladung deutlich teurer. Dennoch ergeben sich aufgrund seiner Fähigkeit, auf unvorbereitetem Gelände starten und landen zu können, eine Reihe von zusätzlichen Einsatzgebieten, unterscheidbar in zivile und militärische.

Zivile Verwendung

Rettungshubschrauber EC 135 der ADAC Luftrettung

Die häufigste Verwendung in Mitteleuropa ist, gemessen am Flugstundenaufkommen, mit Abstand der Arbeitsflug. Dazu zählen die Überwachung von Strom-, Gas- und Öltransportleitungen, Flüge in der Land- und Forstwirtschaft, Außenlastflüge, Vermessungsflüge, Bildflüge, Waldbrandbekämpfung etc. Ein weiteres wichtiges Einsatzfeld ist die Luftrettung mit dem Rettungshubschrauber, wovon es allein in Deutschland über 50 Stützpunkte gibt. Weitere Spezialisierungen stellen Intensivtransporthubschrauber, Großraum-Rettungshubschrauber, Notarzteinsatzhubschrauber und Bergrettungsdienst dar. Auch bei der Polizei und bei der Feuerwehr sind Hubschrauber zu einem wichtigen unterstützenden Faktor geworden.

Für den zivilen Passagiertransport wiederum werden Transporthubschrauber eingesetzt, etwa bei Bohrinseln, wo sie ein wichtiges Element der Logistik darstellen. Eine weitere Anwendung ist der Frachttransport, wenn Güter schnell direkt an einen bestimmten Ort zu bringen sind. Im Hochgebirge ist der Transport von Baumaterial und Bauteilen mangels geeigneter Landwege oft wichtig für die Errichtung und Versorgung von alpinen Einrichtungen. Gleiches gilt für Montagearbeiten an unzugänglichen Stellen, mitunter werden Hubschrauber dort auch als Baukran eingesetzt. Alpine Schutzhütten, die nicht mit Fahrzeugen erreichbar sind und bis in die siebziger Jahre mit Tragtieren oder bei schwierigeren Zugangswegen mit Trägern versorgt wurden, erhalten heute den Lebensmittelnachschub überwiegend mit dem Hubschrauber. In nicht mechanisierbaren steilen Weinbergen werden Pflanzenschutzmittel zum Teil von Hubschraubern versprüht. Im Touristikbereich werden Rundflüge angeboten. Eine extreme Verwendung von Hubschraubern ist der Kunstflug, bei dem die hohe Belastbarkeit moderner Hubschrauberkonzepte, vor allem der Rotoren und deren Steuerung demonstriert wird.

In Deutschland sind derzeit (Stand 2011) 773 Drehflügler bzw. Hubschrauber zugelassen.[8] Sie haben alle die Kennzeichenklasse H, tragen also eine Luftfahrzeugkennzeichen der Form D-HXXX.

Kampfhubschrauber AH-64D Apache Longbow mit Radareinheit über dem Rotor

Militärische Verwendung

Überwiegend zum Truppentransport eingesetzt (Transporthubschrauber), sind weitere typische militärische Anwendungen


Technik-Artikel

Weitere Details zu Bauweise und Technik von Hubschraubern finden sich in diesen Artikeln:

Varianten der Bauweise zum Drehmomentausgleich
Heckrotor-KonfigurationHubschrauber mit seitlichen RotorenTandem-KonfigurationKoaxialrotorFlettner-DoppelrotorBlattspitzenantrieb
Verwandte Flugzeug-Bauweisen
TragschrauberFlugschrauberWandelflugzeugSenkrechtstarterVTOL
Rotor
RotorkopfTaumelscheibeSchlaggelenkSchwenkgelenkRotorblatt
Auftrieb und Vortrieb
Schwebeflug
Landevorrichtung
Hubschraubertriebwerk

Wichtige Hersteller

Französische Aérospatiale SA-315 Lama als Kamerahubschrauber
Marinehubschrauber russischer Bauart, Mil Mi-14 der polnischen Marine

Europa:

Südamerika:

  • Brasilien: Helibras (Teil der Eurocopter-Gruppe)

Asien:

Afrika:

Nordamerika:

Siehe auch

Datei:EC 145.ogv

Literatur

in chronologischer Sortierung:

  • Engelbert Zaschka: Drehflügelflugzeuge. Trag- und Hubschrauber. C.J.E. Volckmann Nachf. E. Wette, Berlin-Charlottenburg 1936, ASIN B0046IAMSC.
  • Rolf Besser: Technik und Geschichte der Hubschrauber, von Leonardo da Vinci bis zur Gegenwart. Bernard und Graefe, Bonn 1996, ISBN 3-7637-5965-4.
  • Kyrill von Gersdorff, Kurt Knobling: Hubschrauber und Tragschrauber. Bernard & Graefe, Bonn 1999, ISBN 3-7637-6115-2.
  • Heinrich Dubel: Helikopter Hysterie Zwo, Fantôme, Berlin 2011, ISBN 978-3-940999-18-4.
  • Steve Coates, Jean-Christophe Carbonel: Helicopters of the Third Reich, Ian Allen 2003, ISBN 1-903223-24-5.
  • Ernst Götsch: Luftfahrzeugtechnik, Motorbuchverlag, Stuttgart 2003, ISBN 3-613-02006-8.
  • Walter J. Wagtendonk: Principles of helicopter flight. Aviation Supplies & Acad., Newcastle 2003, ISBN 1-56027-217-1.
  • Yves Le Bec: Die wahre Geschichte des Helikopters, von 1486 bis 2005, (Originaltitel: La véritable histoire de l'hélicoptère), Vorwort von Jean Boulet. Ducret, Chavannes-près-Renens 2005, ISBN 2-8399-0100-5.
  • Walter Bittner: Flugmechanik der Hubschrauber – Technologie; das flugdynamische System Hubschrauber; Flugstabilitäten; Steuerbarkeit. Springer, Berlin 2005, ISBN 3-540-23654-6.
  • Marcus Aulfinger: Hubschrauber-Typenbuch. Motorbuch Verl., Stuttgart 2007, ISBN 978-3-613-02777-0.
  • J. Gordon Leishman: Principles of helicopter aerodynamics.Cambridge Univ. Press, Cambridge 2008, ISBN 978-0-521-85860-1.
  • Helmut Mauch: Das große Buch der Hubschrauber – Geschichte, Modelle, Einsatz. GeraMond, München 2009, ISBN 978-3-7654-7001-1.

Film

  • Himmelsreiter – Die Geschichte der Hubschrauber. Dokumentation, Deutschland, 2006, 52 Min., Regie: Mario Göhring, Peter Bardehle, Produktion: NDR, arte, Erstsendung: 19. April 2006, Inhaltsangabe von arte
  • Professor Oehmichens fliegende Maschinen Dokumentation, Frankreich, 2009, 52 Min., Regie: Stephane Begoin; Produktion: arte F, Erstsendung: 20. Juni 2009, Inhaltsangabe von arte

Einzelnachweise

  1. Gelenklose Rotorsysteme kompensieren die mechanischen Schläge durch entsprechend flexible Materialien an der Rotorblattwurzel. (PDF; 597 kB)
  2. 180 Autorotation accident - Low rotor RPM, Youtube-Video
  3. Phänomen Bodenresonanz: Wenn Hubschrauber plötzlich „durchdrehen“, Video zum Thema Bodenresonanz, SPIEGEL ONLINE GmbH
  4. FAI Record ID #754 bei fai.org, abgerufen am 28. September 2012
  5. Fortis begleitete Heli-Höhenweltrekord. In: skyheli.ch. 1, 2011, ISSN 1664-7017, S. 57 (Online verfügbar (PDF, 7,8M B; 8,2 MB)).
  6. Charles Nicholl: Leonardo da Vinci – Die Biographie. S. Fischer, Frankfurt am Main 2006, S. 271–272, ISBN 978-3-10-052405-8
  7. Spektrum der Wissenschaft Februar 2013, S. 92.
  8. Bestand an Luftfahrzeugen in der Bundesrepublik Deutschland, LBA - Luftfahrt-Bundesamt

Weblinks

Wiktionary: Hubschrauber – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen
 Commons: Hubschrauber – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien
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Dieser Artikel wurde am 13. April 2006 in dieser Version in die Liste der lesenswerten Artikel aufgenommen.
Dieser Artikel basiert ursprünglich auf dem Artikel Hubschrauber aus der freien Enzyklopädie Wikipedia und steht unter der Doppellizenz GNU-Lizenz für freie Dokumentation und Creative Commons CC-BY-SA 3.0 Unported. In der Wikipedia ist eine Liste der ursprünglichen Wikipedia-Autoren verfügbar.