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Hans Koschnick

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Hans Koschnick

Hans Koschnick (* 2. April 1929 in Bremen; † 21. April 2016) war ein deutscher SPD-Politiker. Er war von 1967 bis 1985 Präsident des Bremer Senats und damit Bremer Bürgermeister sowie von 1987 bis 1994 Mitglied des Deutschen Bundestages.

Biografie

Jugend

Koschnick ist in Bremen-Gröpelingen aufgewachsen. Seine Kindheit und Jugend war davon geprägt, dass sein Vater als Gewerkschaftsfunktionär der kommunistischen Revolutionären Gewerkschafts-Opposition (RGO) noch am Abend des 1. Mai 1933 verhaftet wurde. Die Organisation der Maikundgebung und eine Rede brachten diesem eine Verurteilung wegen „Hochverrats“ ein, für die er Gefängnis, Zuchthaus und das KZ Sachsenhausen erdulden musste, bevor er Ende 1938 „beurlaubt“ und 1943 für „bedingt wehrwürdig“ zum Kriegsdienst eingezogen wurde. 1944 wurde er nach Finnland versetzt.

Seine Mutter wurde wegen Kuriertätigkeiten zwischen verschiedenen Widerstandsgruppen ein Jahr in Untersuchungshaft festgehalten, bis sie freikam. Durch ihre Weigerung, der Deutschen Arbeitsfront (DAF) beizutreten und den Hitler-Gruß „zu erlernen“, verlor sie sehr häufig ihre Anstellung, bis sie als Zuckerwarenverkäuferin eines Schaustellers vor den Kontrollen der DAF relativ geschützt war. Doch dies war mit fast permanenter Abwesenheit verbunden, sodass Koschnick bei seinen Großeltern aufwuchs. 1938 fand seine Mutter Arbeit als Zeltplannäherin.

Ausbildung, Beruf und Familie

Nach der Mittelschule begann Koschnick eine Ausbildung zum gehobenen Verwaltungsdienst. Im März 1945 wurde er noch zum Reichsarbeitsdienst (RAD) eingezogen und danach zur Wehrmacht, mit der er bei Kriegsende in britische Kriegsgefangenschaft nach Brüssel kam. Im September 1945 kehrte er wieder nach Bremen zurück.

Nachdem Koschnick seine Ausbildung für den gehobenen Verwaltungsdienst beendet hatte, war er bei der senatorischen Dienststelle des Senators für „Soziales, Jugend, Familie und Sport“ beschäftigt. Am 1. Februar 1958 wurde er als Verwaltungsoberinspektor unter Beförderung zum Amtmann Leiter des Amtes für Leibesübung.[1] Als Oberregierungsrat leitete er die Abteilung „Jugend, Familie und Sport“ im Sozialressort des Landes Bremen[2].

Hans Koschnick war mit Christine Koschnick verheiratet.

Politik

Koschnick auf dem Evangelischen Kirchentag 2009 in Bremen
Hans Koschnick als Redner bei einer Demonstration auf dem Bremer Domshof gegen die Besetzung der Tschechoslowakei durch Truppen der Warschauer-Pakt-Staaten, August 1968

Koschnick trat im Mai 1950 in die SPD ein. Zwischen 1951 und 1954 war er als Bezirkssekretär der Gewerkschaft ÖTV tätig. Ab 1955 war er Mitglied der Bremischen Bürgerschaft.

1963 wurde er als Nachfolger von Adolf Ehlers (SPD) am 26. November 1963 zum Senator für Inneres in den Senat unter Führung von Wilhelm Kaisen (SPD) gewählt. Nach Kaisens Rücktritt war Koschnick ab dem 20. Juli 1965 auch Stellvertretender Präsident des Senats und Bürgermeister im Senat von Willy Dehnkamp (SPD).

Nach den Neuwahlen zur Bürgerschaft wurde er ab dem 28. November 1967 Präsident des Senats, also Regierungschef des Bundeslandes Bremen. In seiner Regierungszeit war er ab 1971 auch Senator für kirchliche Angelegenheiten sowie geschäftsführend 1970 wenige Wochen Senator für Wirtschaft und Außenhandel und 1978 nach dem Rücktritt von Senator Hans Stefan Seifriz (SPD) für einige Monate Bausenator.

Koschnick führte zunächst eine SPD/FDP-Koalitionsregierung, die jedoch 1971 wegen der Differenzen über die Gründung der Universität Bremen zerbrach. Durch die erfolgreichen Wahlen zur Bürgerschaft in den Jahren 1971, 1975, 1979 und 1983, bei denen er jeweils als Spitzenkandidat der SPD kandidierte, konnte er dann bis 1985 ununterbrochen einen reinen SPD-Senat führen. Er war Präsident der Senate Koschnick I bis Koschnick V. Seine Stellvertreter und damit zugleich Bürgermeister waren Annemarie Mevissen (1967–1975), Walter Franke (1975–1979) und Moritz Thape (1979–1985).

In seine Regierungszeit fielen unter anderem die die Bremer Straßenbahnunruhen 1968, die Gründung der Universität (1971), die Erweiterung des Container-Terminals Bremerhaven (1978–1983) und des Güterverkehrszentrums Bremen in den 1980er Jahren sowie der Bau eines neuen Mercedes-Benz-Automobilwerkes in Sebaldsbrück (1979–1982) für bis zu 18.000 Mitarbeiter.

Betroffen war Koschnick von der zu Ende 1983 beschlossenen Schließung der zum Krupp-Konzern gehörenden Werft AG Weser in seinem Heimatstadtteil Gröpelingen. Obwohl Hans Ziegenfuß, Betriebsrat­svorsitzender der AG Weser, heftig gegen den Senat und Koschnick zu Felde zog, konnte Koschnick bei der unmittelbar folgenden Bürgerschaftswahl zur 11. Legislaturperiode am 25. September 1983 einen deutlichen Wahlerfolg erzielen.

Von 1970 bis 1971 und von 1981 bis 1982 war er als Bremer Regierungschef auch Präsident des Bundesrates.

Von 1970 bis 1991 war Koschnick Mitglied des Bundesvorstands der SPD und von 1975 bis 1979 stellvertretender SPD-Vorsitzender und damit Stellvertreter von Willy Brandt.

Nach fast 18 Jahren als Regierungschef und 22 Jahren im Senat trat er am 17. September 1985 auf eigenen Wunsch zurück. Sein Nachfolger wurde der SPD-Fraktionsvorsitzende der Bremischen Bürgerschaft Klaus Wedemeier.

Politik nach der Senatszeit

Im Bundestag

Von 1987 bis 1994 war Koschnick Mitglied des Deutschen Bundestages als direkt gewählter Abgeordneter des Wahlkreises Bremen-West. Er war Stellvertretender Vorsitzender des Auswärtigen Ausschusses, außenpolitischer Sprecher der SPD-Fraktion und galt Anfang der 1990er Jahre als möglicher Außenminister.

EU-Beauftragter und Berater

Vom 23. Juli 1994 bis zum 2. April 1996 war Koschnick von der Europäischen Union als EU-Administrator für Mostar in Bosnien-Herzegowina mit der Koordination des Wiederaufbaus, der Verwaltung und Infrastruktur der kriegszerstörten Stadt beauftragt. 1994 wurde von kroatischen Nationalisten ein Anschlag mit Granaten auf Koschnick unternommen, bei dem sein Hotelzimmer in Mostar verwüstet wurde, er jedoch unverletzt blieb. 1996 erfolgte ein zweiter misslungener Anschlag. Eine aufgebrachte kroatische Menschenmenge griff bei einer Demonstration Koschnick in seinem gepanzerten Dienstwagen an. Die kroatische Polizei blieb passiv. Er konnte unverletzt mit Hilfe seiner Eskorte und dank des Panzerschutzes seiner Limousine entkommen. 1996 erklärte er dem Außenministerrat der EU in Brüssel seinen Rücktritt.

Als Berater der Europäischen Kommission für den Aufbau eines Europäischen Freiwilligendienstes der jungen Generation war er vom Oktober 1996 bis zum September 1998 tätig.

Als außenpolitischer Berater

Koschnick war in vielfältiger Hinsicht als außenpolitischer Berater oder Beauftragter tätig, u. a. vom Dezember 1998 bis zum Dezember 1999 als Beauftragter der Bundesregierung für Flüchtlingsrückkehr, Wiedereingliederung und rückkehrbegleitenden Wiederaufbau in Bosnien und Herzegowina, vom März 2000 bis zum Dezember 2001 als Vorsitzender des Lenkungsausschusses für Flüchtlingsfragen im Stabilitätspakt für Südost-Europa, vom Januar 2000 bis zum Dezember 2005 als Vorsitzender der Deutsch-Polnischen Parlamentariergruppe im Bundestag und als Präsident des Deutschen Polen-Instituts. Er setzte sich für die Ethik- und Friedenserziehung ein, hält dazu Vorträge und verfasst Essays.

Weitere Ämter

Ehrungen und Auszeichnungen

Siehe auch

Literatur

  • David Jenning, Hans Koschnick, Jens Schneider, Uli Reinhardt: Brücke über die Neretva. Der Wiederaufbau von Mostar. Deutscher Taschenbuchverlag, München 1995, ISBN 3-423-30496-0, (dtv 30496).
  • Hanna Müller-Tupath: Hans Koschnick, Trennendes überwinden. Biographie. Berlin: Vorwärts Buch 2009, 288 S. – Dazu unbedingt: Rezension von J. Brinkhus in: Bremisches Jahrbuch 88, 2009, S. 277–281. Online hier [1].

Weblinks

 Commons: Hans Koschnick – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. Weser-Kurier vom 31. Januar 1958
  2. Bremen online
Dieser Artikel basiert ursprünglich auf dem Artikel Hans Koschnick aus der freien Enzyklopädie Wikipedia und steht unter der Doppellizenz GNU-Lizenz für freie Dokumentation und Creative Commons CC-BY-SA 3.0 Unported. In der Wikipedia ist eine Liste der ursprünglichen Wikipedia-Autoren verfügbar.