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Hans Flesch

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Dieser Artikel beschäftigt sich mit dem Rundfunkpionier Hans Flesch. Für den gleichnamigen österreichischen Schriftsteller und Übersetzer siehe Hans Flesch-Brunningen.
von rechts: Kurt Magnus, Hans Flesch, Heinrich Giesecke, Alfred Braun, Friedrich Ebert junior und Ernst Heilmann als Häftlinge im KZ Oranienburg, August 1933

Hans Flesch (geb. 18. Dezember 1896 in Frankfurt am Main; verschollen im April 1945) war ein deutscher Rundfunkpionier und Arzt. Er hat sich als Intendant und Hörspielautor einen Namen gemacht.

Leben

Hans Flesch wird als jüngstes Kind des Juristen, Politikers und Sozialreformers Karl Flesch in Frankfurt am Main geboren. 1915 meldet er sich freiwillig zum Sanitätsdienst und kehrt 1918 schwerverwundet nach Frankfurt zurück. Er studiert in Heidelberg Medizin (Radiologie) und besucht einige Zeit die Schauspielschule von Carl Ebert in Frankfurt am Main. 1920 heiratet er Gabriele „Medi“ Rottenberg, eine der beiden Töchter des Frankfurter Opernkapellmeisters Ludwig Rottenberg. Aus dieser Ehe gehen die beiden Kinder Ilse-Margot „Wuma“ (* 26. August 1920) und Hans Karl Wilhelm (* 4. Mai 1924) hervor.

Nach seiner Promotion zum Doktor der Medizin wird Hans Flesch am 1. April 1924 zum Künstlerischen Leiter der Südwestdeutschen Rundfunkdienst AG (SÜWRAG) in Frankfurt am Main berufen. Auf der Suche nach einer rundfunkoriginären Kunstform schreibt er Zauberei auf dem Sender, das erste deutschsprachige Hörspiel. Es nimmt spielerisch die Montagetechnik des Tonbandes vorweg, welche zu diesem Zeitpunkt technisch noch nicht möglich ist. Die Zauberei auf dem Sender ist keineswegs bloß jene Spielerei, als die sie von Zeitgenossen und Rundfunkhistorikern häufig bezeichnet wurde. Auffällig ist die sehr konservative Haltung des Künstlerischen Sendeleiters, „Herr Doktor“ im Stück, welche Fleschs tatsächlichen Standpunkten in keiner Weise entspricht. Seine innovativen und experimentierfreudigen Absichten (technische Zauberei) mit dem neuen Medium kommen stattdessen in der Figur des Zauberers zum Ausdruck. Somit ist das am 24. Oktober 1924 live gesendete Hörspiel nicht nur ein formaler „Versuch“, sondern auch eine programmatische Ansage des erst 27 Jahre alten Rundfunkleiters.

Hans Flesch setzt seine Vorstellungen rasch um und gilt bald als der fortschrittlichste aller deutschen Rundfunkleiter. Unter seiner Leitung arbeiten für den Frankfurter Sender etwa Bertolt Brecht, Walter Benjamin, der junge Theodor W. Adorno oder Fleschs Freund und Schwager Paul Hindemith. Am 1. Juli 1929 wird Flesch zum Intendanten der Berliner Funkstunde nach Berlin berufen, wo er seine erfolgreiche Rundfunkarbeit fortsetzen kann. „Hans Flesch“, schreibt der Medienwissenschaftler Hans-Jürgen Krug, „setzte sich wie kein anderer früh gegen das reine Live-Hörspiel und für die Verwendung des Tonbands in der Hörspielproduktion ein.“

Im Rahmen einer „Rundfunkreform“ unter Reichskanzler Franz von Papen wird das NSDAP-Mitglied Erich Scholz zum Rundfunkkommissar des Reichsinnenministers ernannt. Hans Flesch, als Vertreter eines modernen und bedingungslos demokratischen Rundfunks von der politischen Rechten und besonders dem Nationalsozialisten Richard Kolb seit langem angefeindet[1], wird am 15. August 1932 als Intendant der Funk-Stunde Berlin entlassen. Ab Februar 1933 ist Kolb dort sein Nachfolger. Wenige Monate nach Hitlers Ernennung zum Reichskanzler wird Flesch im August 1933 mit anderen Vertretern des Weimarer Rundfunks inhaftiert, zunächst im Konzentrationslager Oranienburg, später im Gefängnis Moabit (Untersuchungshaft).

Im November 1934, Flesch ist mittlerweile auf Kaution entlassen worden, beginnt der „Reichs-Rundfunk-Prozess“, ein vom neuen NS-Reichssendeleiter Eugen Hadamovsky initiierter 86-tägiger Schauprozess gegen einige der Spitzen des „Systemrundfunks“. Der Prozess endet jedoch kläglich mit geringfügigen Haftstrafen, welche durch die Untersuchungshaftzeit bereits verbüßt sind, da den Beschuldigten selbst unter zweifelhaften juristischen Bedingungen keine Schuld bewiesen werden konnte. Eine spätere Revision beim Reichsgericht wird von Joseph Goebbels Propagandaministerium 1938 verhindert, da mit Freisprüchen zu rechnen wäre. Nach Ende des Rundfunkprozesses 1935 darf der sog. „Halbjude“ Hans Flesch weder künstlerisch noch als Arzt arbeiten. Seine Frau Gabriele muss mit Sekretariatsarbeiten die Familie ernähren. Flesch wohnt vorübergehend bei Freunden in Frankfurt, kehrt nach deren Emigration im November 1938 zu seiner Familie nach Berlin zurück und schlägt sich mit Gelegenheitsarbeiten durch.

Ab 1943 wird Hans Flesch zu Praxisvertretungen für Ärzte im Militärdienst zwangsverpflichtet. So kommt er nach Crossen an der Oder, wo er zwei Arztpraxen verwaltet. Ende Januar 1945 wird die Zivilbevölkerung Crossens evakuiert, die Rote Armee marschiert auf Berlin. Hans Flesch, Kriegsfreiwilliger des ersten Weltkrieges, sieht das Elend verwundeter Soldaten. Statt sich als Zivilist nach Berlin in relative Sicherheit zu bringen, wendet er sich an die Wehrmacht und richtet in der „Hindenburg-Schule“ in Crossen ein Militärlazarett ein. Als „Zivilarzt im Wehrmachtsgefolge“ im Rang eines Bataillonsarztes leitet er dieses Lazarett und geht mit den hinter die Oder zurückweichenden deutschen Truppen Richtung Guben. Im März 1945 wird Flesch als Arzt an den Volkssturm überstellt, zwischen Guben und Berlin schreibt er am 1. April 1945 seinen letzten erhaltenen Brief, in dem er einen bevorstehenden Fronteinsatz erwähnt, und meldet sich wenige Tage später noch einmal telefonisch. Seitdem gilt Hans Flesch als verschollen.

Im Sommer 1945 suchen zunächst die Engländer, später auch die Amerikaner im besetzten Berlin nach Hans Flesch. Die amerikanische Armee will in ihrem Sektor einen neuen Rundfunksender gründen, den späteren RIAS. Hans Flesch hätte sein erster Intendant werden sollen.

Am 24. Oktober 2004, 80 Jahre nach Erstausstrahlung der Zauberei auf dem Sender, wurde in der Innenstadt von Frankfurt am Main der Hans-Flesch-Platz eingeweiht. Er liegt auf dem Gelände des ehemaligen Postgiroamtes an der Stephanstraße. An der gleichen Stelle, fünf Etagen höher, hatten sich von 1924 bis 1930 die ersten Studios des Frankfurter Senders befunden, in denen die Rundfunkkarriere Hans Fleschs begann und die Zauberei auf dem Sender produziert wurde.

Literatur

  • Joachim-Felix Leonhard (Hrsg.): Programmgeschichte des Hörfunks in der Weimarer Republik, Bd 1. München: dtv, 1997. ISBN 3-423-04702-X
  • Helmut Kreuzer: Zu frühen deutschen Hörspielen und Hörspielkonzeptionen (1924-1927/28): Hans Flesch, Alfred Auerbach, Rudolf Leonhard, Oskar Moehring. Siegener Periodicum zur Internationalen Empirischen Literaturwissenschaft (SPIEL). 19. Jg., Heft1/ 2000. Peter Lang Verlag, Frankfurt a. M., 2000 (Online-Version)
  • Hans-Jürgen Krug: Kleine Geschichte des Hörspiels. Konstanz: UVK, 2003. ISBN 3-89669-424-3
  • Armin H. Flesch: Ein Zauberer auf dem Sender – Die lange Nacht des Rundfunkpioniers Hans Flesch. DLF/DLR Berlin, 23./24. Oktober 2004. (Online hören)
  • Marlies Flesch-Thebesius: Hauptsache Schweigen. Eine Familiengeschichte. Frankfurt am Main: Frankfurter Societäts-Druckerei, 2008. ISBN 978-3-7973-1117-7

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Vorwort in: Richard Kolb, Schicksalsstunde des Rundfunks, Berlin : Brunnen-Verl. Bischoff, 1932
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