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Hans Carl Nipperdey

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Hans Carl Nipperdey (* 21. Januar 1895 in Berka; † 21. November 1968 in Köln) war Professor für Bürgerliches Recht, Handels- und Arbeitsrecht in Jena und ab 1925 in Köln; von 1954 bis 1963 war er erster Präsident des Bundesarbeitsgerichts in Kassel.

Leben

Nipperdey besuchte die Schule in Bad Berka und Jena. Das Abitur legte er 1913 Weimar ab. Ab Ostern 1913 studierte er Jura vor allem in Jena (unterbrochen von freiwilliger Kriegsteilnahme bis Dezember 1914). Im Juni 1916 legte er das 1. Examen und gleich danach das Rigorosum ab. Ohne Abschluss des Referendariats ging er 1919 zu Heinrich Lehmann und Justus W. Hedemann in Jena, um sich dem neuen Wirtschafts- und Arbeitsrecht zuzuwenden. Im Oktober 1920 habilitierte er sich für Bürgerliches und Handelsrecht. 1924 wurde er zum ao. Professor ernannt. 1925 wurde er nach Köln berufen, wo er die Nachfolge des Lehrstuhls von Heinrich Mitteis antrat. Nipperdey wurde schnell im Rechtswesen bekannt, erste Juristentagsbeiträge erschienen 1926 u. 1928. An der Universität Köln blieb er bis 1963. Er war dreimal Dekan - vor 1933 und nach 1945. Er baute das Juristischen Seminar aus und war wesentlich an der Gründung der Institute für Arbeits-, Wirtschafts- und Auslandsrecht (1929) und für Sozialrecht (gegr. 1963).[1]

Die Zeit des Nationalsozialismus brachte einen Karriereschub für ihn. Von den Bestimmungen des „Gesetzes zur Wiederherstellung des Berufsbeamtentums“ war er nicht betroffen, denn er hatte „nur“ eine „jüdische Urgroßmutter“. Er konnte seine Lehrtätigkeit fortsetzen und engagierte sich in der nationalsozialistischen Rechtswissenschaft.[2] Nipperdey wurde Mitglied der Akademie für Deutsches Recht und beteiligte sich während des Zweiten Weltkriegs am Kriegseinsatz der Geisteswissenschaften.[2] Er gehörte zu den führenden Rechtswissenschaftlern, welche die Anpassung des Arbeitsrechts an die Ideologie des Nationalsozialismus vorantrieben. Nipperdey war Mitverfasser des Kommentar zum „Arbeitsordnungsgesetz“ von 1934, dem „Kernstück des nationalsozialistischen Arbeitsrechts“. In dessen Vorwort erklärte er: „was vor allem nötig ist, ist die Erziehung zur rechten Gesinnung“.[3]

In einem Gutachten zum Zeitungsstreik von 1952 gegen die Verabschiedung des Betriebsverfassungsgesetzes begründet Nipperdey das Recht auf Schadenersatz von bestreikten Unternehmen. Diese Auffassung setzt er auch 1958 als Vorsitzender Richter des Bundesarbeitsgerichtes im Urteil gegen den Grundsatz-Streik der IG Metall zur Lohnfortzahlung im Krankheitsfall als Richterrecht durch (den Arbeitgebern werden 38 Millionen Deutsche Mark Schadenersatz zugestanden).[4]

Nipperdey war Gründer des Institut für Arbeits- und Wirtschaftsrecht der Universität zu Köln, das noch heute zur rechtswissenschaftlichen Fakultät der Universität gehört. Er war Herausgeber und Autor wichtiger Werke im Bereich des Arbeitsrechts und des allgemeinen Zivilrechts. Ferner äußerte er sich im Bereich der Grundrechte, wo er u. a. die Theorie der unmittelbaren Drittwirkung der Grundrechte vertrat und hier maßgeblich an der damaligen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts mitwirkte. Bekannt wurde er auch als Verfasser des von Ludwig Enneccerus begründeten und von ihm fortgeführten Lehrbuchs zum BGB, dem Enneccerus/Nipperdey.

Schon zu Lebzeiten Nipperdeys war bekannt, dass dessen publizistische Produktivität auch Resultat einer außergewöhnlichen Inanspruchnahme von jüngeren Mitarbeitern war, deren Arbeiten er unter eigenem Namen veröffentlichte.[5] So seien die meisten seiner Arbeiten aus der Nachkriegszeit, die unter seinem Namen erschienen, nicht von ihm verfasst gewesen. Dies manifestierte sich in dem mehrfach berichteten Bonmot, auf seinem Grabstein werde stehen: „Hier ruht Professor Nipperdey – diesmal wirklich er selbst.“[6] Er selbst äußerte sich in diese Richtung in einem Brief: „Ich […] weiß noch heute nicht, wie ich die Neuauflage meines Enneccerus trotz mancher Mithilfe durch jüngere Herren herausbringen soll.“[7] Nach Auffassung Adomeits hatte Nipperdey aber trotzdem stets die „geistige Oberhoheit“ über seine Publikationen.[8]

Hans Carl Nipperdey war Vater des Historikers Thomas Nipperdey und der Theologin Dorothee Sölle.

Ehrungen

  • Großes Verdienstkreuz mit Stern und Schulterband der Bundesrepublik Deutschland
  • Ehrenpräsident der Internationalen Gesellschaft für Arbeits- und Sozialversicherungsrecht
  • Ehrendoktor der Universität Madrid
  • Ehrendoktor der Universität São Paulo
  • Ehrendoktor der Wirtschaftshochschule Mannheim
  • Mitglied der Academia Nazionale dei Lincei
  • Richard-Strauß-Medaille der GEMA
  • Ehrenmitglied der Juristischen Gesellschaft in Kassel

Veröffentlichungen (Auszug)

  • Mit Alfred Hueck, Rolf Dietz: Kommentar zum Gesetz zur Ordnung der nationalen Arbeit in öffentlichen Verwaltungen und Betrieben mit seinen Durchführungsverordnungen und den neuen Arbeitszeitbestimmgen. C. H. Beck, München, Berlin 1934.
  • Festschrift für Justus Wilhelm Hedemann zum sechzigsten Geburtstag am 24. April 1938. Hrsg. Roland Freisler, George Anton Löning und Hans Carl Nipperdey. Jena 1938
  • Die Pflicht des Gefolgsmannes zur Arbeitsleistung, in: Zs. Deutsches Arbeitsrecht, 1938
  • Alfred Hueck, Hans Carl Nipperdey, Rolf Dietz: Gesetz zur Ordnung der nationalen Arbeit. Kommentar. 4. Aufl. München und Berlin 1943
  • Die Ersatzansprüche für Schäden, die durch den von den Gewerkschaften gegen das geplante Betriebsverfassungsgesetz geführten Zeitungsstreik vom 27. - 29. Mai 1952 entstanden sind. Rechtsgutachten. Schriftenreihe der Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände, 9. Köln 1953
  • Soziale Marktwirtschaft und Grundgesetz, Heymann, Köln 1961
  • Grundrechte und Privatrecht. Krefeld 1961

Literatur

  • Klaus Adomeit, Hans Carl Nipperdey als Anreger für eine Neubegründung des juristischen Denkens, in: Stefan Grundmann, Karl Riesenhuber (Hrsg.), Deutschsprachige Zivilrechtslehrer in Berichten ihrer Schüler. Eine Ideengeschichte in Einzeldarstellungen, Band 1, Berlin 2007, S. 148–165.
  • Rolf Dietz, Alfred Hueck, Rudolf Reinhardt (Hrsg.): Festschrift für Hans Carl Nipperdey : Zum 60. Geburtstag, 21. Januar 1955, Beck, München, 1955
  • Wilhelm Herschel: Hans Carl Nipperdey: Zur Vollendung seines 70. Lebensjahres. In: Archiv für Urheber-, Film-, Funk- und Theaterrecht (UFITA). 43, 1964, S. 257–259.
  • Thorsten Hollstein: Um der Freiheit willen – die Konzeption der Grundrechte bei Hans Carl Nipperdey, in: Thomas Henne/Arne Riedlinger (Hrsg.), Das Lüth Urteil aus (rechts-)historischer Sicht, Die Konflikte um Veit Harlan und die Grundrechtsjudikatur des Bundesverfassungsgerichts, Berlin 2005, S. 249–269.
  • Thorsten Hollstein: Die Verfassung als 'Allgemeiner Teil': Privatrechtsmethode und Privatrechtskonzeption bei Hans Carl Nipperdey (1895-1968), Mohr Siebeck, Tübingen 2007.
  • Georg Roeber: Hans Carl Nipperdey, in: Archiv für Urheber-, Film-, Funk- und Theaterrecht (UFITA), Band 52, 1969, S. 1–2. [Nachruf]
  • Joachim Rückert: Nipperdey, Hans Carl. In: Neue Deutsche Biographie (NDB). Band 19, Duncker & Humblot, Berlin 1999, S. 280–282 (Onlinefassung).
  • Bernd Rüthers: Geschönte Geschichten - Geschonte Biographien. Mohr Siebeck, Tübingen 2001.
  • Dirk Neumann, Assistenten von Nipperdey, in: Peter Hanau, Jens Thau, Harm Peter Westermann (Hrsg.): Gegen den Strich. Festschrift für Klaus Adomeit, Köln 2008, S. 517–520.

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Biographische Angaben nach Joachim Rückert: Nipperdey, Hans Carl. In: Neue Deutsche Biographie (NDB). Band 19, Duncker & Humblot, Berlin 1999, S. 280–282 (Onlinefassung).
  2. 2,0 2,1 Ernst Klee: Das Personenlexikon zum Dritten Reich. Wer war was vor und nach 1945. Fischer Taschenbuch Verlag, Zweite aktualisierte Auflage, Frankfurt am Main 2005, ISBN 978-3-596-16048-8, S. 437.
  3. Lutz Hachmeister: Schleyer. Eine deutsche Geschichte. Beck, München 2004, ISBN 3-406-51863-X, S. 282.
  4. BAG, Urteil vom 31. Oktober 1958, Az. 1 AZR 632/57, Volltext.
  5. Näher Manfred Rehbinder: Verbraucherschützende Bemerkungen zum Urheberrecht des Ghostwriters. In: Ivo Schwander u. a. (Hrsg.), Festschrift zum 65. Geburtstag von Mario M. Pedrazzini, Bern 1990, S. 651; s. auch Neumann, in: FS Adomeit, S. 517 (518 f.).
  6. Vgl. Adomeit, in: Grundmann/Riesenhuber, S. 154; Dieter Leuze, Die Urheberrechte der wissenschaftlichen Mitarbeiter, In: GRUR 2006, 552 unter Verweis auf Ludwig Gieseke, Anmerkungen zur Namensnennung bei Publikationen aus Hochschulen, In: UFITA I/2004, 5, 6.
  7. Zitiert nach Adomeit, in: Grundmann/Riesenhuber, S. 153.
  8. Adomeit, in: Grundmann/Riesenhuber, S. 154.

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