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Hans-Rudolf Merz

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Hans-Rudolf Merz (2010)

Hans-Rudolf Merz (* 10. November 1942 in Herisau; heimatberechtigt in Beinwil am See) ist ein Schweizer Politiker (FDP). Er war von 2003 bis 2010 Bundesrat und Vorsteher des Eidgenössischen Finanzdepartementes (EFD). Während des Jahres 2009 amtierte er als Bundespräsident.

Ausbildung

Nachdem Merz die Kantonsschule Trogen besucht hatte, studierte er Wirtschaftswissenschaft an der Universität St. Gallen (HSG), war dort als Assistent tätig und wurde 1971 promoviert.

Beruf

Von 1977 bis 2003 war er als selbständiger Unternehmensberater in Europa, Nord- und Südamerika, Südafrika sowie im arabischen Raum tätig. Gleichzeitig war er Mitglied im Verwaltungsrat mehrerer Schweizer Unternehmen. Als Berater befasste er sich schwergewichtig mit der Rekrutierung und Entwicklung der obersten Kader sowie mit der Unternehmensentwicklung. Seine beruflichen Verstrickungen mit dem Apartheidsregime in Südafrika, so sass Merz unter anderem im Verwaltungsrat der Herisauer Firma Huber + Suhner, die Gasmasken an die Regierung am Kap lieferte, oder beriet Stephan Schmidheinys Asbestfirma Everit, kommentierte er 2002 mit «wer viel und oft im Ausland arbeitet, weiss, dass man sich als Geschäftsmann in politischen Dingen zurückhalten und auf seine beruflichen Aufgaben konzentrieren muss.»[1] Weitergehende Äusserungen zum Apartheidsregime kosteten ihn im gleichen Jahr die erfolgversprechende Kandidatur ums FDP Präsidium. Die Ergebnisse einer Nationalfondsstudie zur Aufarbeitung der Beziehungen Schweiz-Südafrika wurden trotzdem quer durch die Parteien angesiedelten parlamentarischen Drucks vom Bundesrat, in dem zu dieser Zeit neben Merz mit Christoph Blocher auch der Gründer der als apartheidsfreundlich geltenden Arbeitsgruppe südliches Afrika sass, nicht kommentiert.[2]

1992 wurde Merz in den Verwaltungsrat der Ausserrhodener Kantonalbank gewählt, die sich zu diesem Zeitpunkt bereits in Schieflage befand. Im Folgejahr wurde er zum Verwaltungsratspräsidenten gewählt. Er entwarf in seinem ersten Geschäftsbericht ein Papier über die «Vision einer regionalen Universalbank», einer Kleinbank, die sämtliche Bankdienstleistungen anbietet. Im Jahr 1994 wurde die Kantonalbank durch die Umwandlung in einer Aktiengesellschaft teilprivatisiert, an welcher der Kanton Appenzell Ausserrhoden die Mehrheit behielt. Die Bevölkerung des Kantons musste über die Teilprivatisierung abstimmen, da sie als Landsgemeinde die Legislative des Kantons war. Am 22. Dezember 1995 wurde die Ausserrhodener Kantonalbank von der Schweizerischen Bankgesellschaft (der heutigen UBS) aufgekauft.[3]

Ämter und politische Funktionen

Sekretär der FDP Kanton St. Gallen

Merz war bereits früh politisch aktiv. Kurz nach der Niederschlagung der Prager Demokratiebewegungen durch die Warschauer-Pakt-Armee half er im August 1968 einem befreundeten Künstler in einem Mietauto von Prag in die Schweiz zu flüchten.[4] Nach seinem Studium arbeitete Hans-Rudolf Merz von 1969 bis 1974 als Sekretär der Freisinnig-Demokratischen Partei des Kantons St. Gallen. Er arbeitete zudem als Geschäftsführer des Industrievereins Appenzell Ausserrhoden. Später präsidierte er den interimistischen Einwohnerrat von Herisau und leitete den Betrieb des Sportzentrums Herisau.

Ständerat des Kantons Appenzell Ausserrhoden

Nach einer langen Zeit ohne politische Aktivität kandidierte Merz für den Ständeratssitz des Kantons Appenzell Ausserrhoden. Der offizielle Kandidat der FDP war Landammann Hans Höhener. Merz wurde hingegen von der Schweizerischen Volkspartei unterstützt. An der letzten Landsgemeinde des Kantons Appenzell Ausserrhoden am 27. April 1997 ging Merz als Sieger hervor. Er präsidierte im Ständerat die Finanzkommission und war Mitglied der aussenpolitischen und der sicherheitspolitischen Kommission. Ferner gehörte er der OSZE-Delegation an.

Verpasste FDP-Präsidentschaft

2002 stieg Merz als Vertreter des Rechtsfreisinns in das Rennen um das Parteipräsidium ein. Die öffentliche Reaktion auf die Äusserungen «Es gab auch viele Leute, die die Apartheid unter dem Aspekt der Erziehung sahen und nicht der Rasse» im Tagesanzeiger und «Für mich war die Apartheid damals kein Thema» im SonntagsBlick veranlassten den als Kronfavoriten geltenden Merz jedoch seine Kandidatur zurückziehen.[5][6]

Bundesrat

Bundesrat Hans-Rudolf Merz während des Festumzuges zu seiner Bundespräsidentschaftswahl in Herisau

Nach den Parlamentswahlen am 19. Oktober 2003 folgte am 10. Dezember 2003 die Gesamterneuerungswahl des Bundesrates. Ein Sitz war neu zu vergeben, weil Kaspar Villiger zurückgetreten war. Der Anspruch der FDP auf den Nachfolger war unbestritten, so dass Christine Beerli und Hans-Rudolf Merz als Nachfolger von Villiger nominiert wurden. Die Grüne Partei der Schweiz empfahl Christine Beerli zur Wahl. Die anderen Fraktionen liessen die Wahl zwischen den beiden Kandidierenden offen. Merz wurde im zweiten Wahlgang mit 127 zu 96 Stimmen gewählt. Dies und die wenige Stunden zuvor erfolgte Abwahl von Ruth Metzler führte zu Kritik betreffend Ungleichbehandlung der Frauen.

Bei den Bundesratswahlen 2007 vom 12. Dezember 2007 wurde Merz mit dem besten Resultat aller Kandidaten für eine weitere Amtszeit bestätigt. Er erhielt 213 von 233 gültigen Stimmen der Bundesversammlung. Am 13. Dezember 2007 wurde Hans-Rudolf Merz mit 193 von 211 gültigen Stimmen zum Vizepräsidenten des Bundesrates für das Jahr 2008 gewählt.[7]

Am 10. Dezember 2008 wählte die Vereinigte Bundesversammlung an der Bundesratswahl 2008 Hans-Rudolf Merz mit 185 von 209 gültigen Stimmen zum Bundespräsidenten für das Jahr 2009.[8] Die Feier zur Wahl fand in Herisau statt.

Am 6. August 2010 kündigte Hans-Rudolf Merz in Bern seinen Rücktritt aus dem Bundesrat an, dessen Datum er am 28. September 2010 auf den 28. Oktober 2010 präzisierte.[9][10][11] Seinen Sitz übernahm am 22. September 2010 der neu in den Bundesrat gewählte Johann Schneider-Ammann (FDP), das Amt als Vorsteher des Eidgenössischen Finanzdepartements nach einer Ämterrochade die bisherige Vorsteherin des Eidgenössischen Polizei- und Justizdepartements Eveline Widmer-Schlumpf.

Familie und Persönliches

Hans-Rudolf Merz ist mit der Künstlerin Roswitha Merz verheiratet. Sie wohnen in Herisau und haben drei erwachsene Söhne. Merz ist Bürger von Beinwil am See im Kanton Aargau.

Er spricht Deutsch, Französisch, Spanisch, Englisch, Italienisch und Russisch.[12]

Am Abend des 20. Septembers 2008 erlitt Merz einen Herz-Kreislauf-Stillstand und wurde ins Spital Herisau gebracht, wo man ihn reanimierte und danach ins Kantonsspital St. Gallen verlegte. Noch am selben Abend wurden ihm von Thierry Carrel im Berner Inselspital fünf Bypässe gelegt.[13] Nach seiner Genesung und einer Kur hat Merz am 3. November 2008 das Eidgenössische Finanzdepartement wieder übernommen.[14]

Trivia

Am 19. September 2010 hatte Merz im Nationalrat einen anschließend international bekannten Lachanfall während einer Rede zum Thema Gewürzfleisch.[15]

Veröffentlichungen

  • Finanz- und Verwaltungsvermögen in öffentlich-rechtlicher und wirtschaftlicher Betrachtungsweise, unter besonderer Berücksichtigung der Staatsrechnungen der Kantone. St. Gallen 1971 (Dissertation)
  • Bis zur Nationalliga. 40 Jahre SC Herisau. Schläpfer, Herisau 1982
  • Die aussergewöhnliche Führungspersönlichkeit: Essay über Elativität und elative Persönlichkeit. Rüegger, Grüsch 1987, ISBN 3-7253-0297-9
  • Der Landammann und weitere Erzählungen aus dem Appenzellerland. Schläpfer, Herisau 1992, ISBN 3-85882-072-5

Literatur

Weblinks

 Commons: Hans-Rudolf Merz – Album mit Bildern und/oder Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. Blocher und Merz: Zwei alte Freunde Südafrikas Work, 11. November 2005
  2. Apartheid-Kontakte umfassend aufklären. Tages-Anzeiger, 7. Dezember 2005
  3. Das kleine Bankgeheimnis des Finanzministers: Warum Hans-Rudolf Merz seine Appenzeller Bankgeschäfte gern verschweigen würde, WOZ, 4. Dezember 2008
  4. Bundesrat Merz als Fluchthelfer, NZZ Online, 18. August 2009.
  5. Die Karriere von Hans-Rudolf Merz zum Nachhören, DRS1
  6. Die Schmidheinys (Teil 2): Gewinne ohne Gewissen, Bilanz, 30. April 2003
  7. Mit 61 Jahren als Quereinsteiger in Bundesrat gewählt – Ein Porträt von Bundesrat Hans-Rudolf Merz, NZZ, 21. September 2008
  8. Hans-Rudolf Merz ist Bundespräsident für 2009, NZZ, 10. Dezember 2008
  9. Demission von Bundesrat Hans-Rudolf Merz auf Oktober, Die Bundesbehörden der Schweizerischen Eidgenossenschaft (admin.ch), 6. August 2010
  10. Medienkonferenz des Bundesrates vom 6. August 2010, Die Bundesbehörden der Schweizerischen Eidgenossenschaft (admin.ch), 6. August 2010
  11. Amtsübergabe an der EFD-Spitze erfolgt am 28. Oktober, Die Bundesbehörden der Schweizerischen Eidgenossenschaft (admin.ch), 28. September 2010
  12. Ein Mann und zwei Leben: Hans-Rudolf Merz – Bundespräsident des Jahres 2009, NZZ, 30. Dezember 2008
  13. Merz ausser Lebensgefahr, TA, 21. September 2008
  14. Bundesrat Hans-Rudolf Merz wieder im Amt, Schweizerische Bundeskanzlei, 3. November 2008
  15. Anna Fischhaber: Lachanfall im Schweizer Parlament: Bü-hü-hündnerfleisch! spiegel-online.de, 25. September 2010, abgerufen am 28. April 2015.


Vorgänger Amt Nachfolger
Kaspar Villiger Mitglied im Schweizer Bundesrat
2004–2010
Johann Schneider-Ammann
Dieser Artikel basiert ursprünglich auf dem Artikel Hans-Rudolf Merz aus der freien Enzyklopädie Wikipedia und steht unter der Doppellizenz GNU-Lizenz für freie Dokumentation und Creative Commons CC-BY-SA 3.0 Unported. In der Wikipedia ist eine Liste der ursprünglichen Wikipedia-Autoren verfügbar.