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Hönnetal

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Dieser Artikel behandelt das Hönnetal als Karstgebiet und Region in Nordrhein-Westfalen. Zu dem gleichnamigen Ortsteil der Stadt Hemer siehe Hönnetal (Hemer).
Felsformation „Sieben Jungfrauen“ (Teilansicht)

Das Hönnetal wird von der Hönne durchflossen, einem Nebenfluss der Ruhr. Es liegt im Sauerland in Nordrhein-Westfalen und zählt zu den bedeutenden Karstgebieten in Deutschland. Mit seinen vielen prähistorischen Höhlen, als jahrhundertelanges Grenzgebiet zwischen Kurköln und der Grafschaft Mark wie auch als Denkmal der menschenverachtenden Ideologie des Nationalsozialismus hat es eine besondere kulturhistorische Bedeutung in Deutschland.

Gegensätzlichste Nutzungsinteressen – wirtschaftliche Nutzung, Nutzung als naturschonender vs. naturbelastender Verkehrsraum, Schutz von Flora und Fauna, Freizeitnutzung (Klettern, Wandern, Radfahren) und touristische Erschließung – prallen im Hönnetal in exemplarischer Weise aufeinander.

Geographie

Hönnetal 1645 – Kartenausschnitt aus Westphalia Ducatus, Blaeu. Beschreibung zum Hönnetal: „Antrum vastissimum incogniti recessus“ (etwa: wüste Höhle, unerforschte Abgründe)

Das Hönnetal verbindet die Ortschaften Neuenrade, Garbeck, Balve, Sanssouci, Binolen, Lendringsen, Menden und Fröndenberg. Der befestigte Fahrweg durch das Hönnetal wurde im Jahr 1814 angelegt. Vorher führten Höhenwege um das unwegsame Hönnetal herum (z. B. „Iserlohner Weg“ über den Balver Wald). Nach jahrzehntelangen Planungen wurde im Jahr 1912 die Hönnetalbahn eröffnet, als eingleisige Strecke mit Endbahnhof Neuenrade. Alternativplanungen sahen den Bau eines Viadukts zwischen Balve und Garbeck vor.

Das Hönnetal bot den Menschen seit der Altsteinzeit einen Besiedlungsraum. Spuren der Besiedlung finden sich aus unterschiedlichen Zeitperioden. Durch Auswaschungen des Kalksteins über Jahrtausende hinweg bildeten sich viele Höhlen, die nur zum Teil erschlossen sind. Die Veränderung der Wasserstände lässt sich an den Felswänden der Reckenhöhle ablesen. Folgende Höhlen sind heute bekannt: Frühlinghauser Höhle, Balver Höhle, Kepplerhöhle, Preuß-Höhle, Dahlmannhöhle, Volkringhauser Höhle, Karhofhöhle, Burschenhöhle, Reckenhöhle, Leichenhöhle, Honert-Höhle, Feldhofhöhle, Friedrichshöhle, Große und Kleine Burghöhle.

Die Balver Höhle wird heute für kulturelle Veranstaltungen genutzt. Die Reckenhöhle ist eine Schauhöhle. In Iserlohn befindet sich das Deutsche Höhlenmuseum.

Das Hönnetal als Grenzland

Burg Klusenstein vom Hönnetal aus gesehen

Quer durch das Hönnetal in Höhe der Burg Klusenstein verläuft die historische Grenze, die die ehemalige Grafschaft Arnsberg, von 1368 bis zur Säkularisation vom katholischen Kurköln aus regiert, vom protestantisch geprägten märkischen Sauerland trennt. Die Grenzlinie verläuft vom heutigen Neuenrade über die Höhenzüge des Balver Waldes und umschließt noch die Burg Klusenstein und die Furt im Hönnetal, bevor sie sich Richtung Iserlohn wendet (vgl. historische Karte „Westfalia Ducatus“: gelb=Kurköln, grau: Mark). Dies erklärt die besondere Rolle der Burg Klusenstein als ‚Grenzfeste‘ (sog. Raubritterburg) und die jahrhundertelangen Streitigkeiten zwischen ‚Märkern‘ und ‚Kurkölnern‘ im Balver Wald, insbesondere um die Eichelmast bei der Schweinehude (Allmende).

Wirtschaftliche Nutzung

Rheinkalk-Steinbruch im Hönnetal
Schachtofenanlage Rheinkalk-Werk Hönnetal
Dampflokomotive Nr. 78 an der Schmalspurbahn in Oberrödinghausen auf dem Rheinkalkgelände

Im Hönnetal und der direktem Umgebung werden seit dem 19. Jahrhundert größere Steinbrüche betrieben. Davon sind aktuell noch die Steinbrüche östlich Balve-Helle und südlich Menden-Oberrödinghausen in Betrieb. Der Steinbruch südlich Menden-Oberrödinghausen gehört zur Rheinkalk GmbH, einem Tochterunternehmen der belgischen Lhoist-Gruppe, dem weltgrößten Hersteller von Kalk- und Dolomit-Erzeugnissen.

Der Steinbruch ist einer der größten Kalksteinbrüche in Deutschland. Die Abbautiefe im Steinbruch ist bis zu 120 m. Im Steinbruch befinden sich aktuell zwei Seen. In Oberrödinghausen befindet sich ein großes Verarbeitungswerk für den gebrochenen Kalkstein. Im Werk Hönnetal verarbeitet Rheinkalk den Kalkstein zu Kalk. Der Steinbruch zwischen Balve-Helle und Balve-Wocklum gehört zur Brühne Gruppe. Der Kalkstein wird im Kalkwerk Sanssouci der Brühne Gruppe zu Kalk verarbeitet.

Mit der wirtschaftlichen Nutzung des Hönnetals ging die verkehrstechnische Erschließung einher. Insbesondere die Eröffnung der Hönnetalbahn im Jahr 1912 diente dem Ziel, Wirtschaft und Wohlstand in dieses abgeschiedene Tal zu bringen.[1]


Die „Schutzaktion des Hönnetals“

Der Erwerb des gesamten sich östlich der Hönnetalstraße bis nach Binolen hinziehenden Geländes durch die Rheinisch-Westfälischen Kalkwerke (RWK) in den Jahren 1912 und 1913 diente dem Ziel der vollständigen industriellen Nutzung des Hönnetals. Mit dem Abbau der „das Hönnetal umsäumenden Felspartien wäre die Schönheit des ganzen Tales für alle Zeiten vernichtet gewesen“.

Eine „Schutzaktion“[2], einberufen vom Arnsberger Regierungspräsidenten von Bake, „erwirkte die Erhaltung einer kulissenartigen Felswand zur Erhaltung der Schönheit des Hönnetals auf alle Zeit“. Begonnen in den Jahren 1921/1913, wurde die Schutzaktion zur Erhaltung des Landschaftsbildes im Hönnetal nach dem Ersten Weltkrieg im Jahr 1919 wieder aufgegriffen und 1920 erfolgreich zu Ende geführt, mit Unterstützung der Provinz Westfalen und ihrer Städte und Landkreise. Zur Durchführung waren mehr als 350.000 Reichsmark erforderlich. Die Besitzrechte gingen an den Kreis Arnsberg als Träger der Schutzaktion, um das Hönnetal „auf alle Zeit als Naturschutzgebiet unberührt“ zu erhalten. Die Schutzaktion umfasste die Strecke von der Asbecker bis zur Eisborner Kreisstraße, in der die besonders schönen Felspartien gelegen sind. Ein Steinbruchgelände von 23,5 Hektar Felspartien wurde im Tausch von der RWK erworben. Mit diesem Verhandlungsergebnis konnte eine kulissenartige 50 bis 100 Meter breite Fassade mit den dominierenden Felspartien vor dem Kalkabbau gerettet werden.[3]

Inschrift: Schutzaktion für das Hönnetal in den Jahren 1919–1920

Zur Erinnerung an diese Schutzaktion, die als ein frühes Vorbild praktizierten Natur- und Landschaftsschutzes in Deutschland gelten kann, wurde eine Bronzetafel kurz vor Klusenstein im Fels angebracht, mit folgendem Hexameter im Pathos der Zeit:

„In der bittersten Zeit gab freudig das Volk der Westfalen
für die Schönheit des Tals reich von kargem Besitz
rettete stolz die uralten die hochaufragenden Felsen:
Seiner Heimat zum Schutz, selbst sich zum dauernden Ruhm.“

Naturschutz

Teil des Naturschutzgebietes Hönnetal bei Burg Klusenstein; oberhalb von Klusenstein ist die Uhuwand zu sehen

Seit 1920 stehen Teile des Hönnetals mit den hohen Felsen als Naturschutzgebiet (NSG) unter Naturschutz. 2015 ist das NSG auf 144,15 ha erweitert worden. In der gleichen Größe und Grenzen ist das Hönnetal auch als europäisches Schutzgebiet nach Natura2000 als FFH-Gebiet (DE-463-301) ausgewiesen. Grund sind erhaltene Schluchtwälder, zahlreiche Felsen mit Kalkpionierrasen und Felsspaltenvegetation, nicht touristisch erschlossene Höhlen mit spezialisierter Fauna, großflächige Waldmeisterbuchenwälder, Orchideen-Kalk-Buchenwald und Vorkommen FFH-relevanter Arten (insbesondere Fledermäuse). Vor allem der lückige Kalk-Pionierrasen und die Schlucht- und Hangmischwälder sind als prioritäre Lebensräume ausgewiesen und unterliegen einem besonderen Schutz. Es wurden die Fledermausarten Teichfledermaus, Großes Mausohr, Große Bartfledermaus, Wasserfledermaus und Fransenfledermaus nachgewiesen.[4]

Das Hönnetal ist ehemaliger Brutplatz von Uhu und Wanderfalke.[5] Schon 1841 findet sich im Buch Das malerische und romantische Westphalen der Nachweis über Uhus im Hönnetal. Die Autoren schreiben über die damalige Burgruine Klusenstein und die umgebenden „Felsriffe“ „… wenn in der Dämmerung die grosse Rehverzehrende Ohreule Schufut sie umkreist.“[6] Schufut war einer der alten Namen für den Uhu.

Das romantische Hönnetal

Klusenstein um 1850
Balver Höhle um 1840

Levin Schücking und Ferdinand Freiligrath schreiben in „Das malerische und romantische Westfalen“ im Jahr 1841 über das Hönnetal:[7]

„Es ist eine romantische Wanderschaft; das Tal klemmt sich immer wilder und düsterer endlich zur engen Schlucht zusammen; die schmale Hönne rauscht pfeilschnell unten über kantige Felsbrocken, aufbrodelnd und Streichwellen über den Fußweg schleudernd, bis endlich aus tiefem Kessel uns das Gebrause und Schäumen einer Mühle entgegen stürmen. Hier ist die Fährlichkeit überwunden, eine kühne und kuppige Felswand springt vor uns auf, drüben ragen die Ringmauern und Trümmer einer alten Burg, aus der ein neues Wohnhaus wie ein wohlhäbiger Pächter einer alten Ritterherrlichkeit hervorlugt. (…) Das Gewölbe ist schön und weit gespannt, ein kühnes Bauwerk; der erste Raum ist gegen 60 m lang. An der Decke und Seitenwänden glänzt hängendes Tropfgestein von rötlicher Farbe und eigenartigen Bildungen; an jeder Spitze ein gräulich glänzender Tropfen der langsam fällt und die Höhle mit einem einförmigen Geräusche einschläfert. Im Hintergrund klaffen zwei dunkle Spalten auf, die man mit Fackellicht, scheu vor dem überall versickernden Wasser, gebückt vor den wie Spieße niederdrohenden Tropfsteinzapfen, betritt, vorsichtig durchschreitet, endlich durchkriecht. Nach mühseliger Fahrt dämmert der Schimmer des Tages uns entgegen, wir stehen wieder in der Eingangshalle, ehe wir’s gedacht und sind verwundert, einen Halbkreis beschrieben zu haben, während wir uns den Eingeweiden der Erde immer mehr zu nähern glaubten.“
„Von Klusenstein führt das Hönnethal weiter hinauf an dem hübsch gelegenen Wirthshaus Sanssouci vorüber nach dem Städtchen Balve, in dessen Nähe die Gegend weniger wild romantisch ist, aber ebenfalls ein merkwürdiges Denkmal schaffender Naturkräfte in der „Balver Höhle“ besitzt – wie das Kalksteingebirge zwischen Ruhr und Lenne überhaupt einen auffallenden Reichthum an Grotten und Höhlen hat. Die Balver Höhle zeichnet sich durch das großartige Thorgewölbe, das ihr zur Einfahrt dient, aus. Sie besitzt viele Reste antediluvianischer Thiere – man findet Zähne urweltlicher Geschöpfe bis zu sieben Pfund Gewicht.“.

Alte Postkarten belegen das frühe touristische Interesse an dieser Region:

Das mystische Hönnetal

Die letzte Postkutsche

Die Ursprünglichkeit des Hönnetals förderte die Bildung von zahlreichen Sagen. Die zahlreichen kleinen und großen Höhlen wurden während der Eisenzeit von den Menschen benutzt, vermutlich als Begräbnisorte und wohl auch als Kultplätze.

Noch in unseren Tagen werden dort menschliche Hinterlassenschaften auch aus der Bronzezeit gefunden, aus denen geschlossen werden kann, dass die Höhlen zum einen als Wohn- aber auch als Grabstätte, z. B. der Germanen, genutzt wurden. Aus der Art und Beschaffenheit der Funde kann nicht sicher auf einen damaligen, eventuell religiös motivierten Kannibalismus geschlossen werden.[8] Beweise dafür will unter anderen Dr. Bruno Bernhard, Assistenzarzt an der psychiatrischen Klinik in Würzburg, gefunden haben, der mit dem Geologen Emil Carthaus und dem Heimatkundler Wilhelm Bleicher als Verfechter der Kannibalismus-These galt. Funde von 1891 wurden zeittypisch in diesem Sinne gedeutet.[9] Zuletzt wurde diese These von Harald Polenz wieder aufgegriffen.

Um 1730 befand sich eine Falschmünzerwerkstatt im hintersten Teil der Honert-Höhle, die bei Ausgrabungen des Privatdozenten Dr. Julius Andree im Sommer 1926 entdeckt wurde.[10]

Rüstungsprojekt und Zwangsarbeit im Hönnetal

Stollenanlage Schwalbe I im Hönnetal
Ehrengrabstätte auf dem Friedhof Lendringsen

In den Steinbrüchen des Hönnetals befindet sich mit Schwalbe I eine gigantische Stollenanlage, eines der größten und geheimsten Bauprojekte der Untertage-Verlagerung des Dritten Reiches.[11] Die Anlage mit dem DecknamenEisenkies“ (der Mineralname ist hier die Kennung für eine neue, eigens eingerichtete Stollenanlage) war kurz vor Kriegsende eines der größten nationalsozialistischen Rüstungsprojekte.[12] Viele renommierte Firmen waren an dem Projekt beteiligt.

Zweck der Projekte war die Errichtung von Hydrieranlagen mangels Flugbenzin. Ab Mitte 1944 wurden mehr als 10 000 Menschen verschiedenster Nationalitäten – Fachkräfte, Arbeiter, Zwangsarbeiter, Gefangene, KZ-Häftlinge – als Arbeitssklaven herangezogen. Die Zahl der Zwangsarbeiter im Lager Sanssouci war die höchste.[13] Untergebracht waren die Arbeitssklaven in mehreren Lagern im Hönnetal, von Balve Helle bis Lendringsen (Biebertal). Zuständig für die Organisation der Zwangsarbeit in diesem Tal des Todes war Gestapo-Mann Karl Gertenbach, Kriminalobersekretär aus Lüdenscheid (er nahm sich am 15. Mai 1945 in der Haft das Leben).[14]

Viele der Zwangsarbeiter wurden getötet, verhungerten oder starben durch Unfälle in den Kalkwerken. Tote aus ganz Europa wurden auf dem Friedhof Lendringsen begraben. Einige Opfer aus westeuropäischen Ländern wurden nach dem Krieg in ihre Heimat überführt. Ein Denkmal auf dem Friedhof Lendringsen nennt 132 Namen, darunter 41 Deutsche. Die tatsächliche Zahl der Opfer dürfte um ein Vielfaches höher liegen, genaue Zahlen sind unbekannt. Meldungen an das Standesamt Balve (mit gefälschten Diagnosen) unterblieben nach dem Jahreswechsel 1944/45.

Die US-Army besetzte am 12. und 13. April 1945 Balve und das Hönnetal und befreite die noch lebenden Zwangsarbeiter. Von 15. April bis Ende Juni kam es immer wieder zu Überfällen durch ehemalige Gefangene, mit einzelnen Toten. Im Buch Heimat unter Bomben – Der Kreis Arnsberg im Zweiten Weltkrieg wurden im Kapitel Terror aus den Lagern im Hönnetal die Zwischenfälle dokumentiert. Ende Juni nahmen die Überfälle ab, da nun die britischen Besatzungsbehörden Maßnahmen dagegen ergriffen. Mit Räumung des Lagers Asbeck gingen die Überfälle zu Ende.[15]

Der Hauptzugang zur Stollenanlage ist relativ leicht zugänglich (Fußweg entlang dem hinteren Zaun des heutigen Polizei-Übungsgeländes). Er enthält Einbauten aus den 60er-Jahren (Brecheranlage).[16]

Bis heute findet sich im Hönnetal – mit Ausnahme der von Polen errichteten Ehrengrabstätte auf dem Friedhof Lendringsen und einer Gedenktafel auf dem für die Öffentlichkeit nicht zugänglichen Polizeigelände – kein öffentlicher Hinweis auf das Rüstungsprojekt und keine Erinnerungsstätte an die Opfer von Schwalbe I. Die Dimension des Projekts ist in der Bevölkerung weitgehend unbekannt. Führungen werden nicht angeboten.

Das Hönnetal als Klettergebiet

Zwei illegale Kletterer 2013 am Bärenstein im Naturschutzgebiet Hönnetal mit Kletterverbot

Das Hönnetal ist eines der historisch bedeutsamen Klettergebiete Deutschlands. Im Hönnetal wurde seit Mitte der 1940er-Jahre geklettert. Eine intensive Erschließung mit Kletterrouten begann 1955. Die Felsen wurden 2012 von der Bezirksregierung Arnsberg ganz für das Klettern gesperrt. Die bis zu 60 m hohen Kalksteinwände bieten überwiegend technisch anspruchsvolle Kletterei. Etwa 500 Routen sind an 40 Felsen erschlossen. Die Kletterfelsen teilen sich auf fünf Bereiche auf. Westlich der Hönne und nördlich von Binolen befinden sich die Felsen Binoler Wand, Feldhofstein, Burgfelsen, Klusenstein, Mooswand und Sirenpfeiler. Östlich der B 515 befinden sich nördlich der Abfahrt nach Eisborn die acht Jungfrauenfelsen, wobei die Nummerierung von Nord nach Süd erfolgt. Dann schließen sich nach Norden die Felsen Dohlenstein, Schluchtstein, Löwenstein (auch Habichtsley genannt), Kreuzfelsen (auch Hosterley genannt), Kanzelstein, Tafelstein, Eulenwand, Uhuturm und Uhuwand an. Nördlich des Binoler Bahnhofs liegen die Felsen Bärenstein, Waldstein, Waldsteinchen, Troll, Gnom und Hausstadtfelsen. Südlich der Reckenhöhle schließen sich nach Süden die Felsen Reckenhöhle, Linker Burschenfelsen, Rechter Burschenfelsen und Loch Näss an. Wobei der Felsen Reckenhöhle und Loch Näss in größerem Abstand zu den anderen Felsen liegen. Südlich der Straße nach Grübeck liegen dann im Gebiet Kleines Hönnevalley die Felsen Der kleine Felsen, Karhoffhöhle, Afrikafels, Offener Felsen und Versteckter Felsen. Aus „Naturschutzgründen“ waren von den Behörden seit den 1970er Jahren die Felsen westlich der Hönne und nördlich der Abfahrt nach Eisborn gesperrt.[17] Obwohl die Felsabbrüche der einstigen Hochfläche durch den Kalkabbau nur noch schmale Kulissen sind, hinter denen sich riesige industrielle Anlagen verbergen, wurden von Naturschützern nicht die Industriebetriebe, sondern die Kletterer als hauptsächliche Gefahr für das NSG Hönnetal ausgemacht. 1995, als bereits die überwiegende Mehrzahl der Felsen mit einem Kletterverbot belegt war, wurden weitgehende Straßensicherungsmaßnahmen durchgeführt, von denen die Felsen zum Teil dramatisch in Mitleidenschaft gezogen wurden. Die IG Klettern Nordrhein-Westfalen und die Autoren der Kletterwebseite Kletterarena.info beschreiben dies so:

Teilweise wurden die Haken aus den Wänden entfernt etc. Im Klartext wurde also der Klettersport als Bedrohung für die Erhaltung der bestehenden Flora und Fauna betrachtet. Den 1995 durchgeführten Straßensicherungs-Maßnamen stand jedoch nichts im Wege. Ohne Rücksicht auf Vegetation und Vogelwelt wurde der vor den Felsen bestehende Wald abgeholzt, ein Sicherungszaun (Schutz vor Steinschlag) errichtet und schlussendlich zahlreiche, straßennahe Felsbereiche mit Mauerankern versehen.

Zusammenfassend ausgedrückt wird also alles nur Denkbare in die Wege geleitet, damit der Verkehr ungehindert und gefahrlos fließen kann. Wohlgemerkt widerrechtlich, denn die durchgeführten Maßnamen stehen im krassen Gegensatz zu den in einem NSG geltenden Schutzzielen.[18][19]

2012 teilte die Bezirksregierung Arnsberg den örtlichen Kletterverbänden, dem DAV und der IG Klettern, sowie der Unteren Landschaftsbehörde des Märkischen Kreises mit, dass im Hönnetal als FFH-Gebiet, einem Schutzgebiet von europäischer Bedeutung, generell ein absolutes Kletterverbot herrsche. Gegenüber der EU sei man in der Pflicht, die gültige Rechtslage umzusetzen. Im Naturschutzbrief der Bezirksregierung vom Januar 2012 stellte diese klar, dass bei Klettern im Hönnetal mit Ordnungswidrigkeitsverfahren und Regressansprüchen zu rechnen sei. Der Deutsche Alpenverein ließ seit 2012 in einer Umweltverträglichkeitsstudie klären, ob das Klettern nicht doch an einzelnen Felsen im Hönnetal umweltverträglich möglich sei. Die Bezirksregierung Arnsberg bot 2012 an, andere Klettergebiete außerhalb des Hönnetals zu erschließen, die dem Naturschutz Rechnung tragen.[20] 2015 wurde das Klettern im Hönnetal bei der 2. Änderung des Landschaftsplanes Nr. 2 „Balve – Mittleres Hönnetal“ im NSG vollständig verboten.[21] Das Betreten der hinsichtlich der Flora besonders empfindlichen Felsköpfe durch Wanderer ist hingegen erlaubt (Stand 2015). Die Umlenkhaken der Kletterer, die dazu dienten, beim Ausstieg aus einer Route die Felsköpfe nicht betreten zu müssen, wurden abgesägt.

Nutzung des Hönnetals als Radstrecke

Das Hönnetal stellt eine natürliche Verbindung zwischen RuhrtalRadweg und Lenneroute dar. Die Ausweisung eines durchgehenden bundesstraßenbegleitenden Radwegs ist seit langem angekündigt und wird von den lokalen Behörden nachdrücklich gefordert und unterstützt[22].

Sie wird jedoch offenkundig seitens der Landesbehörden mit normativen Argumenten verhindert bzw. verschleppt (notwendige Breite des Radwegs auch an den Engstellen: 2,5–3 Meter). Die naturschonende Nutzung eines Radweges kommt somit auch weiterhin nicht zum Tragen.[23]

Andere Freizeitaktivitäten

Das Hönnetal bietet malerische, auch für den ungeübten Wanderer geeignete Strecken (Christine-Koch-Weg). Dabei präsentiert das Hönnetal in seiner Gesamtheit und die Umgebung viele unterschiedliche Sehenswürdigkeiten. Neben den bereits im Text genannten Höhlen und der Burg Klusenstein liegt davon noch der Oberrödinghauser Hammer direkt im Hönnetal.

Verkehrsanbindung

„Uhufelsen“ (Tunnel der Hönnetalbahn)

Das Hönnetal ist für den Individualverkehr durch die Bundesstraße 515 und die Bundesstraße 229 erschlossen, aber auch durch die Hönnetal-Bahn. Zum Schutz der B 229 vor Steinschlag wurden immer wieder großflächige Arbeiten im Fels durchgeführt. So wurden Netze zum Schutz gegen Steinschlag aufgestellt und mit Felsankern gesichert. Die ursprüngliche Gestalt der geschützten Hönnetalfelsen wurde trotz Ausweisung als Naturschutzgebiet stark verändert. Zuletzt wurden im August 2011 massive Sicherungsmaßnahmen durchgeführt. Vorher war aus rund 30 Metern Höhe ein Felsbrocken im Durchmesser von ca. 1,5 Meter auf die Straße gestürzt. Dieser Felsbrocken war über ein Schutzgitter hinweggesprungen und auf die Straße gefallen. Auf der Straße war der Felsbrocken in drei Teile zersprungen und hatte die dortige Leitplanken und ein vorbeifahrendes Auto beschädigt. Danach war die B 515 in diesem Bereich einige Zeit komplett gesperrt, bis Felssicherungsmaßnahmen durchgeführt wurden.[24]

Siehe auch

Literatur

  • Martin Arnswald: Die Felsen im Hönnetal. IG Klettern Nordrhein-Westfalen e. V., 1999, Zweitauflage 2007.
  • Fritz Blach: Land der tausend Berge. Kletterführer Sauerland. Geoquest, Halle 2012, ISBN 978-3-00-038258-1. Kapitel Hönnetal 76–109.
  • Philipp Humpert: Ueber den sauerländischen Dialect im Hönne-Thale. Georgi, Bonn 1876. (Digitalisat der ULB Düsseldorf)
  • Horst Hassel, Horst Klötzer: Kein Düsenjägersprit aus Schwalbe 1. Zimmermann Verlag, Balve 2011, ISBN 978-3-89053-127-4.
  • Fritz Schumacher: Heimat unter Bomben – Der Kreis Arnsberg im Zweiten Weltkrieg, Gebrüder Zimmermann Verlag, Balve, 1969.

Weblinks

 Commons: Hönnetal – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Quellen

  1. Süderländer Volksfreund 1912: Die Eröffnung der Hönnetalbahn
  2. 100 Jahre Schutzaktion zur Rettung des Hönnetals
  3. Balve – Buch vom Werden und Sein der Stadt. Landrat Dr. Haslinde: Die Schutzaktion zur Erhaltung der Schönheit des Hönnetals, p. 406–408. Herausgegeben zur 500-Jahr-Feier der Verleihung der Stadtrechte im Jahr 1930. Hrsg. Hans Menne. Druck: Breer & Thiemann, Hamm 1930. Neudruck durch den Arbeitskreis Rumänienhilfe der Kolpingsfamilie Balve im Jahr 1993, Zimmermann-Druck+Verlag, Balve (Zitat: „Schon seit langen Jahren waren die Heimatbehörden auf die dem Hönnetal drohenden Gefahren aufmerksam geworden; auch die Presse hatte mehrfach ihre warnende Stimme erhoben, und es nicht nur als ein Verbrechen an der Natur, sondern auch als einen Hohn auf den deutschen Heimatschutz bezeichnet, wenn dieses unvergleichlich schöne Tal der Industrie zum Opfer fallen würde. Diese Gefahr wurde in den Jahren 1912 und 1913 besonders drohend und unmittelbar, als es den Rheinisch-Westfälischen Kalkwerken gelungen war, das gesamte östlich der Hönnetalstraße bis nach Binolen sich hinziehende Gelände mit den mächtigen, bis gegen 100 Meter emporragenden weißgrauen Kalksteinfelsen zu erwerben, um es industriell zu nutzen. Da war es der damalige Arnsberger Regierungspräsident von Bake, der in Erkenntnis dieser drohenden unmittelbaren Gefahr eine Konferenz einberief, als deren Ergebnis die einmütige Auffassung zu Tage trat, dass längs der Hönnestraße, vom Asbeckerweg aufwärts, mindestens eine kulissenartige Felswand zur Erhaltung der Schönheit des Hönnetals auf alle Zeit stehen bleiben müsse. Die RWK erklärten entgegenkommenderweise ihre Zustimmung, wenn ihnen der Verlust an Steinbruchgelände im Wege des Austausches vollwertig durch Zuweisung anderweitigen abbauwürdigen Kalkgeländes im Anschluss an ihren Betrieb ersetzt werde. […] Aber gleich nach Kriegsende wurde diese Aktion wieder lebendig, und sie wurde von allen Beteiligten trotz der über das Land hereingebrochenen Not und Trübsal mit um so innerer Wärme und freudiger Tatkraft betrieben, als man gerade in den Kriegsjahren den Wert unserer bedrohten Heimat so recht von neuem erkannt hatte, und nun der Heimat aller Not zum Trotz mit doppelten Kräften dienen wollte. […] Daß dieses Tal in seiner ganzen Naturschönheit erhalten werden konnte, und nun auch weiterhin alljährlich tausenden Wanderern zur Erholung und zum Genuß dienen kann, muß alle mit großer Genugtuung erfüllen, die damals an dieser Schutzaktion mitwirken konnten, und muß alle tief erfreuen, die die deutsche Heimat mit allen Fasern ihres Herzens lieben. Wahrlich, diese Schutzaktion war praktische Heimatpflege, war wahrer Dienst an der Heimat! Daß sie in einem der dunkelsten Zeitpunkte deutscher Geschichte durchgeführt werden konnte, macht sie besonders wertvoll.“)
  4. Märkischer Kreis: 2. Änderung des Landschaftsplanes Nr. 2 „Balve – Mittleres Hönnetal“, Lüdenscheid 2015, S. 23–25.
  5. Martin Lindner: Neues über den ehemaligen Brutplatz im Hönnetal, 2009, JB. AGW-NRW, 17-18
  6. Levin Schücking, Ferdinand Freiligrath: Das malerische und romantische Westphalen. Volckmar, Leipzig 1841, S. 200.
  7. Theo Bönemann, Sauerland, Fotos Friedhelm Ackermann, Zeitschrift des Sauerländer Heimatbundes, Nr. 2/ Juni 2004
  8. Stefan Enste: Kannibalismus in Westfalen Zitat: Der Kannibale, der sich im Laufe des 20. Jahrhunderts in die westfälischen Höhlen eingeschlichen hatte, kann dahin zurückkehren, woher er gekommen ist: Ins Reich der Phantasie oder der Ideologie.
  9. Harald Polenz, Ausgegrabene Geschichte, Klartext Verlag, Essen 2005, ISBN 3-89861-403-4
  10. Balve – Buch vom Werden und Sein der Stadt. Dr. Rennepohl: Eine Falschmünzerwerkstatt im Hönnetal. p. 319-321. Herausgegeben zur 500-Jahr-Feier der Verleihung der Stadtrechte im Jahr 1930. Hrsg. Hans Menne. Druck: Breer & Thiemann, Hamm 1930. Neudruck durch den Arbeitskreis Rumänienhilfe der Kolpingsfamilie Balve im Jahr 1993, Zimmermann-Druck+Verlag, Balve.
  11. Terror unter Tage. Vergessene Nazi-Tunnelanlage
  12. Horst Hassel & Horst Klötzer: Kein Düsensprit aus Schwalbe 1
  13. Antonius Fricke: 10.000 Arbeiter im Tal. Vortrag im Lohgerberhaus der Heimwacht Balve am 28. Oktober 2010
  14. Verstrickung der Polizei in NS-Terror. Matthias Wagner, Der Westen 5. Februar 2009
  15. Fritz Schumacher: Heimat unter Bomben, Balve, 1969.
  16. Schwalbe 1 heute
  17. Fritz Blach: Land der tausend Berge. Kletterführer Sauerland. Geoquest, Halle. Kapitel Hönnetal 76-109.
  18. Karsten Althaus, Martino Peterlongo, Markus Schneider: Klettergebiet Hönnetal. Abgerufen am 1. Mai 2018.
  19. ig-klettern-nrw: Klettergebiete NRW. Abgerufen am 1. Mai 2018.
  20. http://www.derwesten.de/staedte/menden/klettern-ist-ploetzlich-total-verboten-id6444455.html
  21. Märkischer Kreis: 2. Änderung des Landschaftsplanes Nr. 2 „Balve – Mittleres Hönnetal“, Lüdenscheid 2015, S. 24.
  22. Archivlink (Memento vom 7. März 2018 im Internet Archive) Hönnetalradweg – öffentliche Diskussion
  23. http://www.derwesten.de/staedte/menden/radweg-zwischen-menden-und-balve-kommt-aber-es-dauert-id6872050.html Der Westen: Radweg zwischen Menden und Balve kommt – aber es dauert
  24. Hangsicherung im Hönnetal Westfälische Rundschau vom 29. August 2011, abgerufen am 23. Mai 2015.

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