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Höhere Töchterschule

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Als höhere Töchterschule, höhere Mädchenschule und regional auch Lyzeum nach dem griechischen Lykeion bezeichnete man eine Mädchenschule als Vorläufer der späteren Mädchengymnasien. Von den Schulstufen waren diese Schulen vergleichbar mit der Sekundarstufe I, also der fünften bis zehnten Klasse des heutigen deutschen Schulwesens.

Begriff

Der Begriff höhere Töchterschule ist eine Zusammensetzung aus höhere Schule und Töchter oder Mädchen. Als höhere Schulen bezeichnete man damals Schulen, deren Unterricht über den der Elementarschule und Volksschulen hinausging und eine allgemeinere „geistige Bildung“ (Brockhaus 1896/1897) zum Ziel hatte. Höhere Töchter- oder Mädchenschulen waren demnach höhere (weiterführende) Schulen für Mädchen.

Die Bezeichnung höhere Töchterschule wurde oft missverstanden als Schule für höhere Töchter – ein Missverständnis, das durch die Praxis der Mädchenschulbildung um 1900 allerdings mehr als nahelag. Denn der Besuch einer höheren Töchterschule war zwar durch die allgemeine Schulpflicht (meist bis zum 14. Lebensjahr) halbwegs garantiert, das veranschlagte Ziel der allgemeineren „geistigen Bildung“ wurde jedoch nicht in allen höheren Mädchenschulen gleich ausgelegt. Dieser Auffassung, wonach „höhere“ sich auf die Art der Bildung und nicht auf die Zielgruppe bezog, widerspricht jedoch zum Beispiel die Schulgeschichte des Mariengymnasiums Papenburg, das um 1835 von einem „Fräulein Julia Brabant“ aus Neuenkirchen in Oldenburg als eine höhere Töchterschule ausdrücklich für „die weibliche Jugend höherer Stände“ eingerichtet wurde. In dieser Schule übernahm die Gründerin selbst die Leitung und den Unterricht.[1]

Geschichte

In Deutschland findet sich eine derartige Mädchenschule spätestens ab 1802 mit der „städtischen höheren Töchterschule“ in Hannover, die auch gleichzeitig die erste städtische höhere Mädchenschule gewesen ist. Bereits 1793 gründete ein reformierte Einwohner, Johann Daniel Dessmann, in Halle eine Schule für wohlhabende Töchter. Auch an der Buhlenschen Anstalt erteilte man ab 1797 höheren Töchtern Unterricht. Die Institutionen fächerten sich im 19. Jahrhundert deutlich auf. 1806 gründete Johann Heinrich Meier, der zunächst an der Schule in Hannover tätig war, eine private Bildungsanstalt für Mädchen in Lübeck, die bis 1871 bestand.[2] Im Jahr 1808 wurde zum Beispiel von einer „Madame Wippermann“, der Frau des Kaufmanns und Fabrikanten Wippermann aus Quedlinburg, die in Quedlinburg erste Private Höhere Töchterschule für 40 Schülerinnen gegründet. Diese Schule ging im März 1863 als „Städtische Höhere Töchterschule“ in den Besitz Quedlinburgs über.[3] Aus der bis ins Jahr 1820 nachweisbare privat geführten Erlanger „Höhere Töchterschule“, die im Mai 1877 von der Stadtgemeinde übernommen wurde und Anfang des 20. Jahrhunderts zu einer „Höheren weiblichen Bildungsanstalt“ mit angeschlossenem Lehrerinnenseminar erweitert wurde, gingen zwei der heutigen Erlanger Gymnasien, das Marie-Therese-Gymnasium und das Christian-Ernst-Gymnasium hervor.[4]

Als weiteres Beispiel kann das Gymnasium am Rotenbühl in Saarbrücken dienen. Als gemischte „Vereinsschule“ mit einer Klasse mit 25 Jungen und Mädchen im Jahr 1832 gegründet, wurde sie 1835 zur reinen Mädchenschule, vor Ort bekannt als „Höhere Töchterschule“, umgewandelt.[5] Ebenfalls 1835 wurde die höhere Mädchenschule in Halle (Saale) durch Hermann Agathon Niemeyer in den Franckeschen Stiftungen gegründet.

Bereits ab Beginn des 18. Jahrhunderts gab es „einzelne öffentliche Anstalten von festerer Prägung“, so zum Beispiel die katholischen Töchterinstitute der Englischen Fräulein in Bamberg, gegründet 1717.[6] Zuvor war die Erziehung von Mädchen eher privaten Bemühungen überlassen. Es gab Privatlehrer, Institute und Pensionate. Inhalte waren unter dem Einfluss der französischen Bildung auch Tanzen, Umgangsformen, Handarbeiten und französische Literatur. Auch Basedow formulierte unter dem Einfluss von Rousseaus „Emile“ die Bestimmung der Frau als Unterstützerin des Manns und Erzieherin der Kinder.

Das Hauptziel war die Vorbereitung der jungen Mädchen auf ihre späteren häuslichen Pflichten als Gattin und Mutter. Wohlhabendere (groß)bürgerliche und adlige Familien, die sich ein Schulgeld leisten konnten und denen es um eine etwas ernster zu nehmende Bildung ihrer Töchter zu tun war, schickten sie deshalb lieber in private Bildungsinstitute oder Mädchenpensionate, die den Anforderungen einer „höheren Schule“ eher gerecht wurden. Töchter weniger gut gestellter Familien verließen die höhere Mädchenschule häufig schon vorzeitig, sobald sie ihre Schulpflicht erfüllt hatten, weil andere häusliche Aufgaben auf sie warteten und Bildung in Bezug auf junge Frauen keinen hohen Stellenwert hatte.

Im Unterschied zu Gymnasien, den höheren Schulen für Knaben, fehlte in den höheren Mädchenschulen die studiumsvorbereitende Oberstufe, wie sie die heutige Sekundarstufe II bezweckt und der zu einem Hochschulstudium qualifizierende Abschluss des Abiturs. Die höhere Töchterschule endete etwa mit dem 15. bis 16. Lebensjahr. Der Besuch eines Lehrerinnenseminars war lange Zeit die einzige Möglichkeit einer weiterführenden und berufsqualifizierenden Schulbildung für junge Frauen. Erst in den 1890er Jahren wurden vereinzelt spezielle Mädchengymnasien und -gymnasialkurse eingerichtet, die als Ersatz für die fehlende Oberstufe der Mädchenschule eintreten konnten.

Verwendung von „Lyzeum“

Nicht nur in Deutschland wird der Begriff Lyzeum für Schulen benutzt, wobei es sich um Schulen mit anderen Organisationsformen und Bildungszielen handeln kann. So ist beispielsweise ein Lyzeum in Polen eine Oberschule für beide Geschlechter, die zum Abitur führt.

Siehe auch

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Aufsatz in der Festschrift zum 300jährigen Bestehen der Gemeinde St. Antonius in Papenburg im Jahr 1980. In: Chronik des Mariengymnasiums Papenburg. Abgerufen am 30. Oktober 2010.
  2. Claus-Hinrich Offen; Schule in einer hanseatischen Bürgergesellschaft: zur Sozialgeschichte des niederen Schulwesens in Lübeck (1800-1866), 1990
  3. Die 130-jährige Schulgeschichte der Neustädter Grundschule in Quedlinburg. In: Chronik der Neustädter Grundschule Quedlinburg. Abgerufen am 30. Oktober 2010.
  4. Emmy Noethers Schulzeit in Erlangen: Aus den Anfängen der städtischen Höheren Töchterschule. In: Heinrich Hirschfelder: Erlangen im Kaiserreich 1871–1918. C.C. Buchners Verlag, Bamberg 2007. Kapitel 6.: „Frauen und Schulgeschichte(n).“ Auf der Website des SeniorenNetz Erlangen. Abgerufen am 30. Oktober 2010.
  5. Zeittafel zur Geschichte unserer Schule. In: Chronik des Gymnasium am Rotenbühl in Saarbrücken. Abgerufen am 30. Oktober 2010.
  6. Mädchenschulen. In: Meyers Großes Konversations-Lexikon, 1905 (auf Zeno.org). Abgerufen am 30. Oktober 2010.
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