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Grundsteuer (Deutschland)

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Die Grundsteuer ist in Deutschland eine Steuer auf das Eigentum, aber auch auf Erbbaurechte an Grundstücken und deren Bebauung (Substanzsteuer). Gesetzliche Grundlage der Grundsteuer ist das Grundsteuergesetz (GrStG). Auf den von der Finanzbehörde festgestellten Einheitswert wird nach Feststellung des Grundsteuer-Messbetrags ein je Gemeinde individueller Hebesatz angewendet. Durch Anwendung verschiedener Hebesätze fällt die Grundsteuerbelastung trotz gleicher Einheitswerte in verschiedenen Gemeinden unterschiedlich hoch aus. Die Grundsteuer ist eine der ältesten bekannten Steuerarten.[1]

Am 10. April 2018 erklärte das Bundesverfassungsgericht die Ermittlung der für die Grundsteuer maßgeblichen Einheitswerte in Westdeutschland für Häuser und unbebaute Grundstücke auf Basis der Hauptfeststellung von 1964 für verfassungswidrig und forderte eine Neuregelung bis Ende 2019.[2][3]

Geschichte

Grundsteuergesetz (GrStG) vom 1. Dezember 1936

Die Grundsteuer gehört zu den ältesten direkten Steuern und wurde als kirchlicher und grundherrlicher Grundzehnt und Grundzins eingetrieben.

Im 18. Jahrhundert begann die Erstellung der Grundkataster und die Verfeinerung der Bemessung nach Kulturart und Bodenqualität. Entsprechende Gesetze wurden 1811 in Bayern, 1821 in Württemberg, 1854 in Baden und 1861 in Preußen erlassen. Durch die Miquel’sche Steuerreform erhielten die Gemeinden in Preußen ab 1893 die Einnahmen aus der Grundsteuer. Nach der Reichsfinanzreform 1920 waren alle Länder zur Ausschöpfung der Grundsteuer verpflichtet.

1936 wurden die unterschiedlichen Regeln reichsweit vereinheitlicht und die Einnahmen aus der Steuer den Gemeinden überlassen. 1951 wurde in der Bundesrepublik das Grundsteuergesetz erlassen.[4]

Wesen und rechtliche Zuständigkeiten

Die Grundsteuer ist eine Realsteuer im Sinne von § 3 Abs. 2 AO (auch: Objekt- oder Sachsteuer). Im Mittelpunkt der Grundsteuer steht nicht eine natürliche bzw. juristische Person, sondern ein Objekt: der Grundbesitz. Da die Grundsteuer nach Art. 106 Abs. 6 GG den Gemeinden zufließt, handelt es sich um eine Gemeindesteuer.

Das Grundgesetz sieht für die Grundsteuer gemäß Art. 105 Abs. 2 GG die konkurrierende Gesetzgebung vor. Da der Bund von seinem Gesetzgebungsrecht Gebrauch gemacht hat, ist die Grundsteuer eine bundeseinheitliche Steuer. Der Bundesrat muss jedoch Änderungen am Gesetz zustimmen. Die Verwaltungshoheit wurde über Art. 108 Abs. 2 GG sowohl den Ländern (Feststellung des Einheitswertes) als auch über Art. 108 Abs. 4 GG den Gemeinden (Festsetzung der Grundsteuer) zugewiesen. Gemeindefreie Länder (z. B. Berlin) nehmen dabei sowohl die Feststellung des Einheitswerts als auch die Festsetzung der Grundsteuer vor. Dort wird die Steuer von den Finanzämtern festgesetzt und erhoben.

Aufkommen und lokalpolitische Bedeutung

Bundesweit betrug das Aufkommen der Grundsteuer im Jahr 2014 circa 11,3 Mrd. Euro. Davon entfallen 10,9 Mrd. Euro auf die Grundsteuer B und 0,4 Mrd. Euro auf die Grundsteuer A. Für die Finanzplanung ist sie allerdings als Substanzsteuer von Bedeutung, da die Grundsteuer eine verlässliche Größe ist. Die Einheitswerte der Grundstücke sind wenig veränderlich bzw. entwickeln sich durch weitere Bebauung eher nach oben. Zudem gibt es durch dingliche Haftung und persönliche Haftung praktisch keine Steuerausfälle zu beklagen. Das Aufkommen der Grundsteuer B macht in den Ländern zwischen 10 % in Bayern und 16 % in Sachsen des gemeindlichen Steueraufkommens aus. Seit 2009 ist der bundesdurchschnittliche Hebesatz bis 2014 deutlich von 400 auf 440 Punkte gestiegen. [5] Das Aufkommen stieg parallel um 23 %. Im Bundesdurchschnitt vereinnahmen die Gemeinden der Flächenländer 2014 146 Euro je Einwohner. Das Spektrum bewegt sich zwischen 99 Euro in Sachsen-Anhalt und 159 Euro in Niedersachsen. Auf einzelgemeindlicher Ebene vereinnahmen die Gemeinden im Kreis Bamberg mit 75 Euro die geringsten und in Frankfurt am Main mit 302 Euro je Einwohner die höchsten Beträge. Generell lässt sich feststellen, dass das Aufkommen mit der Größe der Städte steigt. Im Gegensatz zur Einkommen- und Gewerbesteuer ist jenes aber nicht von der lokalen Wirtschaftskraft abhängig. Die in Bezug auf die Steuerkraft zu beobachtenden wachsenden Disparitäten sind nicht auf diese Steuerquelle zurückzuführen. [6] Unterschiedliche Aufkommensniveaus resultieren hingegen aus Immobilienwerten und den durch die Gemeinde festgelegten Hebesätzen. Der Großteil der Gemeinden hat die Hebesätze in den vergangenen Jahren angehoben. Damit gleichen sie auch die statischen Bemessungsgrundlagen der Immobilienwerte aus. Obgleich das Aufkommen pro Einwohner oder gemessen am Haushalte relativ gering erscheint, hat sich die Grundsteuer B zu einer sehr prominenten Konsolidierungsmaßnahme der Gemeinden entwickelt. [7] Eine Ursache hierfür ist, dass das Aufkommen den Gemeinden ausschließlich zusteht und keine Umlage an Bund und Bundesländer existiert. Darüber hinaus lässt sich diese Steuererhöhung gegenüber den Bürgern gut kommunizieren.

Bundesland Aufkommen der Grundsteuer B in Mio. € Pro-Kopf-Aufkommen der Grundsteuer B in €/Ew. Grundsteuerkraft bei Hebesatz 100 % in €/Ew. gewogener Durchschnittshebesatz
Baden-Württemberg 1.490 138,57 36,88 376 %
Bayern 1.543 123,24 32,56 379 %
Berlin 0.747 216,94 26,78 810 %
Brandenburg 0.230 091,71 24,18 379 %
Bremen 0.155 234,27 40,97 572 %
Hamburg 0.423 237,72 44,02 540 %
Hessen 0.739 121,83 36,61 333 %
Mecklenburg-Vorpommern 0.145 088,30 23,82 371 %
Niedersachsen 1.121 141,33 36,45 388 %
Nordrhein-Westfalen 2.657 148,86 33,54 444 %
Rheinland-Pfalz 0.446 111,29 32,48 343 %
Saarland 0.111 108,44 31,26 347 %
Sachsen 0.431 103,80 23,05 450 %
Sachsen-Anhalt 0.204 086,83 22,84 380 %
Schleswig-Holstein 0.341 120,30 35,77 336 %
Thüringen 0.175 077,94 22,52 346 %
Deutschland ∑ 10.956 ∅ 134,02 ∅ 32,71 ∅ 410 %

Quelle: Statistisches Bundesamt Fachserie 14 Reihe 10.1 – 2010[8]

Einzelaspekte zur Steuerfestsetzung

Einheitswert

Man unterscheidet zwischen Grundsteuer A (agrarisch – für Grundstücke der Land- und Forstwirtschaft) und Grundsteuer B (baulich – für bebaute oder bebaubare Grundstücke und Gebäude). Berechnungsgrundlage der Grundsteuer ist der vom Finanzamt festgestellte Einheitswert. In Hamburg ist der Einheitswert von den Faktoren Grundstücksart, dem Alter des Hauses und der Ausstattung des Hauses abhängig.[9] In den neuen Bundesländern sind für land- und forstwirtschaftliches Vermögen sog. Ersatzwirtschaftswerte Berechnungsgrundlage; für bestimmte Mietwohngrundstücke und Einfamilienhäuser erheben die Gemeinden selbst ohne Mitwirkung der Steuerverwaltung auf der Grundlage einer Ersatzbemessungsgrundlage die Grundsteuer. Historisch bestand 1960 bis 1961 auch eine Grundsteuer C für baureife Grundstücke.

Am 10. April 2018 verkündete das Bundesverfassungsgericht, dass die bisherige Berechnung der Einheitswerte für Grundstücke und Häuser in Westdeutschland auf dem Stand von 1964 verfassungswidrig ist. Dem Gesetzgeber wurde eine Frist bis Ende 2019 zur Neuregelung der Einheitswertermittlung gegeben.[3]

Grundsteuermesszahl

Die Grundsteuermesszahl wird als Anteil vom Einheitswert angegeben und dient zur Berechnung des Grundsteuermessbetrages. Sie richtet sich nach der jeweiligen Grundstücksart und beträgt nach § 14 und § 15 GrStG für die alten Bundesländer:

  • 6,0 ‰ für Betriebe der Land- und Forstwirtschaft,
  • 2,6 ‰ für Einfamilienhäuser für die ersten 38.346,89 Euro (75.000 DM) des Einheitswerts, 3,5 ‰ für den Rest des Einheitswerts,
  • 3,1 ‰ für Zweifamilienhäuser und
  • 3,5 ‰ für alle restlichen Grundstücke, einschließlich Einfamilienhäuser im Wohnungs-/Teilerbbaurecht.

Für die neuen Bundesländer – ausgenommen für Betriebe der Land- und Forstwirtschaft – gelten die höheren Steuermesszahlen (von 5 ‰ bis 10 ‰) auf der Grundlage der alten Einheitswerte nach den Wertverhältnissen zum 1. Januar 1935 fort.

Altbauten (bei Einfamilienhäusern nur für den Teil des Einheitswerts, der 15.338,76 Euro übersteigt)
  • 10 ‰ in allen Gemeinden
Einfamilienhäuser der Altbauten für die ersten angefangenen oder vollen 15.338,76 Euro des Einheitswerts
  • 10 ‰ in Gemeinden bis 25.000 Einwohnern
  • 8 ‰ in Gemeinden > 25.000 und < 1.000.000 Einwohnern
  • 6 ‰ in Gemeinden mit mehr als 1 Mio. Einwohner
Neubauten (bei Einfamilienhäusern nur für den Teil des Einheitswerts, der 15.338,76 Euro übersteigt)
  • 8 ‰ in Gemeinden bis 25.000 Einwohnern
  • 7 ‰ in Gemeinden > 25.000 und < 1.000.000 Einwohnern
  • 6 ‰ in Gemeinden mit mehr als 1 Mio. Einwohner
Einfamilienhäuser der Neubauten für die ersten angefangenen oder vollen 15.338,76 Euro des Einheitswerts
  • 8 ‰ in Gemeinden bis 25.000 Einwohnern
  • 6 ‰ in Gemeinden > 25.000 und < 1.000.000 Einwohnern
  • 5 ‰ in Gemeinden mit mehr als 1 Mio. Einwohner
Unbebaute Grundstücke
  • 10 ‰ einheitlich

Für die Frage, wie viele Einwohner einer Gemeinde zuzurechnen sind, ist das Ergebnis der allgemeinen Volkszählung vom 16. Juni 1933 maßgebend. Altbauten im Sinne dieser Verordnung sind Gebäude, welche vor dem 31. März 1924 bezugsfertig geworden sind, Neubauten alles danach.

Berechnung

Der Einheitswert wird mit der Grundsteuermesszahl und mit dem von der Gemeinde festgesetzten Hebesatz multipliziert. Der Hebesatz wird durch Beschluss des Gemeinderates festgelegt. Die Hebesatz-Festsetzung geschieht in der Regel im Rahmen der Haushaltssatzung oder einer speziellen Hebesatzsatzung. Die Höhe der Grundsteuer kann aber, wenn auch in einem bescheidenen Rahmen, Einfluss auf die Bevölkerungsentwicklung (durch Zuzug bzw. Wegzug) haben.

Für Verwunderung bei Verkäufern von Grundstücken sorgt immer wieder die Jahressteuerregelung in § 9 Abs. 1 GrStG. Wird ein Grundstück im Laufe eines Jahres verkauft, ändert das Finanzamt den Einheitswertbescheid mit Wirkung zum folgenden 1. Januar. Die steuererhebende Gemeinde darf davon nicht abweichen und wird somit die Grundsteuer für das laufende Jahr vom Alteigentümer fordern und sich erst ab dem folgenden Jahr an den neuen Eigentümer wenden. Trotz fehlender gesetzlicher Grundlage gibt es aber einige Kommunen, die aus Gründen der Verwaltungsvereinfachung die Steuerpflicht z. B. auf den der Grundstücksübergabe folgenden Monatsersten umschreiben.

Beispiel

Die Gemeinde Zweibrücken hat zum Beispiel im Jahr 2013 für die Grundsteuer A einen Hebesatz von 300 %, für die Grundsteuer B einen Hebesatz von 400 % festgesetzt. Für eine Eigentumswohnung wird die Grundsteuer B wie folgt berechnet:

Beispielrechnung Grundsteuer
Zweibrücken Bergneustadt Hamburg[9]
Einheitswert der Eigentumswohnung 10.000 EUR 100.000 EUR 200.000 EUR
x Steuermesszahl 3,5 ‰ 3,5 ‰ 3,5 ‰
= Grundsteuermessbetrag 35 EUR 350 EUR 700 EUR
x Hebesatz (Grundsteuer B) 400 % 959 % 540 %
= Jahresgrundsteuer 140 EUR 3.356,50 EUR 3.780 EUR

Da die Grundsteuer-Hebesätze von den Städten festgesetzt werden, unterscheidet sich die Höhe der Grundsteuer regional. Deshalb würde für die gleiche Wohnung in Duisburg, welches hinsichtlich der Grundsteuerhöhe in Deutschland einer der teuersten Orte ist, bei einem Hebesatz von 695 % für die Grundsteuer B (2013) eine Grundsteuer von jährlich 243,25 Euro anfallen. Nach einer zum 1. Januar 2015 erfolgten weiteren Erhöhung des Grundsteuer-Hebesatzes[10] ergibt sich für dieselbe Wohnung ab 2015 in Duisburg bei einem Hebesatz von 855 % eine Grundsteuer B von 299,25 Euro pro Jahr. Die Grundsteuer ist also in Duisburg um etwa 114 % höher als in Zweibrücken.

Bundesweites Aufsehen ergab sich, als die Verwaltung der Stadt Bergneustadt, Nordrhein-Westfalen eine Erhöhung des örtlichen Hebesatzes für die Grundsteuer B auf mehr als dreimal über dem Bundesdurchschnitt liegende 1255 % durchsetzen wollte. Nach Bürgerprotesten wurde der Hebesatz letztlich auf 959 % erhöht, was Bergneustadt trotzdem weiterhin hinsichtlich der Grundsteuer B zum teuersten Standort in Deutschland machte (Stand 2016).[11]

Betrachtet man nur Kommunen mit mindestens 20.000 Einwohnern, finden sich (Stand Januar 2018) neun der zehn höchsten Hebesätze in Nordrhein-Westfalen. Den Spitzenwert weist Witten auf (910 Prozent). Hattingen mit 875 % und Duisburg mit 855 % liegen auf den Plätzen zwei und drei. Die erste Stadt im Ranking, die nicht in NRW liegt, ist auf Platz neun Berlin (Hebesatz 810 %). Den niedrigsten Hebesatz bietet Ingelheim am Rhein (Rheinland-Pfalz) mit 80 %.[12]

Kirchengrundsteuer

In einigen Regionen Deutschlands wird als Annexsteuer zur Grundsteuer A zusätzlich Kirchensteuer erhoben, sofern der Grundstückseigentümer kirchensteuerpflichtig ist. Rechtsgrundlage sind die Kirchensteuergesetze der Länder. Die Entscheidung, ob und in welcher Höhe Kirchengrundsteuer erhoben wird, liegt bei den jeweiligen Landeskirchen bzw. Diözesen. Kirchengrundsteuer wird nur in den alten Bundesländern, mit Ausnahme von Bremen, als Zuschlag zu den Grundsteuermessbeträgen erhoben. Üblich sind 10 % des Grundsteuermessbetrages. In Bezug auf das gesamte Kirchensteueraufkommen hat die Kirchengrundsteuer eine untergeordnete Bedeutung. So trug sie bei der EKD im Jahr 2008 nur zu 0,04 % zum gesamten Steueraufkommen bei.[13]

Erlass

Unter bestimmten Voraussetzungen kann die Grundsteuer auf Antrag erlassen werden. Näheres regeln §§ 32 bis § 34 GrStG. Diese Regelung ist besonders interessant für Eigentümer von Objekten, die dem Denkmalschutz unterliegen. Wenn hier die Kosten höher sind als die Erträge, besteht ein Rechtsanspruch auf einen Erlass. Wegen unterschiedlicher Auffassungen über die Zuordnung von Kosten und Erträgen, aber auch aus Unkenntnis, kommt es häufig zu Prozessen vor den Verwaltungsgerichten. Weitere (kostenlose) Informationen zu dieser Thematik erteilen Vereine und Institutionen, die sich mit dem Denkmalschutz befassen, wie z. B. die Interessengemeinschaft Bauernhaus (IGB).

Anträge müssen immer bis zum 31. März für das Vorjahr gestellt werden. Ein dauerhafter Erlass ist möglich. Voraussetzung für den Erlass ist, dass der Mietausfall ohne Verschulden des Vermieters entstanden ist, wie zum Beispiel Leerstand, strukturelle Nichtvermietbarkeit oder allgemeiner Mietpreisverfall. Außerdem können unvorhersehbare Ereignisse wie ein Wohnungsbrand oder Wasserschaden einen Steuererlass begünstigen. Dabei gilt: wenn die Mieterträge mehr als 50 % hinter den üblichen Rohertrag zurückbleiben, kann der Vermieter einen Erlass von 25 % erhalten. Sollten keine Einnahmen verzeichnet werden, werden 50 % gewährt.[14]

Steuererhebung

Die Grundsteuer als objektbezogene Steuer ist verfahrens- und sachenrechtlich gegenüber anderen Steuerarten privilegiert:

Verfahrensrechtlich

Haftung

Wird gemäß § 11 Abs. 2 GrStG ein Grundstück ganz oder zu einem Teil einer anderen Person übereignet, so haftet der Erwerber neben dem früheren Eigentümer für die auf den Steuergegenstand oder Teil des Steuergegenstandes entfallende Grundsteuer, die für die Zeit seit dem Beginn des letzten vor der Übereignung liegenden Kalenderjahres zu entrichten ist. Die Inanspruchnahme erfolgt gemäß § 191 Abs. 1 AO durch Haftungsbescheid.

Dingliche Haftung = Duldung

Gemäß § 12 GrStG ruht die Grundsteuer auf dem Steuergegenstand als öffentliche Last. Damit ist die Sicherung des Steueranspruchs durch Eintragung einer Zwangssicherungshypothek entbehrlich. Der Grundsteuergläubiger kann kraft gesetzlicher Anordnung zur Durchsetzung seines Anspruchs wie ein dinglich gesicherten Gläubiger i. d. R. mit dem Rangprivileg gemäß § 10 Abs. 1 Nr. 3 ZVG auf das Grundstück zugreifen. Insbesondere bei mehreren Eigentümerwechseln an einem Grundstück in der jüngeren Vergangenheit empfiehlt es sich aus Vorsorgegründen für Kaufinteressenten, bei der Kommune nach der vollständigen Bezahlung der Grundsteuer zu diesem Grundstück nachzufragen bzw. den Verkäufer zu veranlassen, über die Vollzahlung der Grundsteuer eine Bescheinigung vorzulegen. Die Inanspruchnahme erfolgt gemäß § 191 Abs. 1, § 77 AO durch Duldungsbescheid. Gemäß § 48 AO oder § 268 Abs. 3 BGB kann die Inanspruchnahme durch (Dritt-)Zahlung abgewendet werden.

Sachenrechtlich

Gemäß § 10 Abs. 1 Nr. 3 ZVG hat der Grundsteuergläubiger ein Vorrecht auf Befriedigung aus dem Grundstück wegen der Ansprüche auf Grundsteuern für die laufenden Beträge und für die Rückstände aus den letzten zwei Jahren. Praktisch bedeutet das, dass bei Zwangsversteigerungantragstellung innerhalb von zwei Jahren nach Fälligkeit der vollstreckungsrückständig gewordenen Grundsteuer ein Rangausfall ausgeschlossen ist.

Miete

Der Vermieter von Wohnraum darf die Grundsteuer als Betriebskosten im Rahmen der Nebenkostenabrechnung auf den Mieter umlegen (§ 2 Nr. 1 Betriebskostenverordnung).

Der Vermieter darf die verausgabte Grundsteuer als Werbungskosten bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung abziehen. Die im Rahmen der Nebenkostenabrechnung von den Mietern vereinnahmte Grundsteuer gehört zu den Einnahmen aus Vermietung und Verpachtung.

Rechtsschutz

Die Grundsteuer wird mit Ausnahme der Stadtstaaten von den Gemeinden festgesetzt. In den Gemeinden ist das zulässige Rechtsmittel gegen den Grundsteuerbescheid der Widerspruch und/oder die direkte Klage vor den Verwaltungsgerichten (z. B. in Bayern Art. 15 Abs. 1 BayAGVwGO) nach jeweiligem Landesrecht und nicht der Einspruch nach § 347 ff. AO. Dementsprechend ist außerhalb der Stadtstaaten der Rechtsweg vor dem Verwaltungsgericht und nicht vor dem Finanzgericht zu beschreiten. Liegt die Ursache dagegen in einer fehlerhaften Festsetzung der Grundsteuermesszahl, die das Finanzamt festsetzt, ist hiergegen der Einspruch statthaft.

Verfassungsmäßigkeit und Reformüberlegungen

Mehrere Verfassungsbeschwerden gegen die Erhebung von Grundsteuern auf selbstgenutztes Grundeigentum wurden vom Bundesverfassungsgericht nicht zur Entscheidung angenommen, so 2006 und 2009.[15][16]

Der Bundesfinanzhof (BFH) hatte in zwei Urteilen die Verfassungsmäßigkeit der für Grundsteuer maßgebenden Einheitswerte in Zweifel gezogen, ohne allerdings die Frage zunächst dem Bundesverfassungsgericht vorzulegen.[17][18] Auch das Bundesverfassungsgericht hat bereits angeregt, die Einheitsbewertung einer genauen verfassungsrechtlichen Prüfung zu unterziehen.[19] Mit Beschluss vom 22. Oktober 2014 hat der BFH die Verfassungswidrigkeit spätestens ab dem Stichtag 1. Januar 2009 in Frage gestellt und dem Bundesverfassungsgericht zur Prüfung vorgelegt.[20] Nachdem das Bundesverfassungsgericht zunächst im Februar 2017 angekündigt hatte, sich mit den Vorlagen zur Einheitsbewertung im Laufe des Jahres 2017 zu befassen, setzte es für den 16. Januar 2018 die mündliche Verhandlung an.[21]

Aufgrund verfassungsrechtlicher Zweifel und weil die Einheitswerte seit 1997 nur noch für Zwecke der Grundsteuer festgestellt werden (für die Erbschaft- und Schenkungsteuer gelten seither sog. Bedarfswerte), fordern Fachkreise eine grundlegende Reform der Grundsteuer. Angestrebt wird eine Rechts- und Verwaltungsvereinfachung und eine den heutigen Erfordernissen angepasste Lenkungswirkung der Grundsteuer. Die Finanzministerkonferenz der Länder (FMK) beauftragte im Januar 2010 eine Arbeitsgruppe mit der Untersuchung möglicher Reformansätze. Nach Vorlage des Arbeitsgruppenberichts im Januar 2011 beauftragte die FMK die Arbeitsgruppe mit der näheren Untersuchung von drei Reformmodellvarianten, die zuvor bereits von verschiedenen Ländern zur Diskussion gestellt wurden, und zwar

  • einer „Grundsteuer auf Basis von Verkehrswerten“, vorgelegt im Jahr 2010 von Berlin, Bremen, Niedersachsen, Sachsen und Schleswig-Holstein,[22]
  • einer „Vereinfachten Grundsteuer nach dem Äquivalenzprinzip“, ebenfalls vorgelegt 2010 von den Ländern Baden-Württemberg, Bayern und Hessen,[23] sowie
  • dem Thüringer „Gebäudewertunabhängigen Kombinationsmodell“ (2011).[24]

Ein Bericht der Arbeitsgruppe mit den Untersuchungsergebnissen zu diesen drei Modellvarianten wurde bislang nicht veröffentlicht. Eine Zusammenstellung von Vor- und Nachteilen der drei Modelle hat jedoch der Zentralverband des Deutschen Handwerks publiziert.[25]

Im Juni 2015 hat die Finanzministerkonferenz der Länder mehrheitlich beschlossen, die bisher untersuchten drei Modelle nicht weiter zu verfolgen und stattdessen ein weiteres, neues Modell auf der Basis pauschalisierter Sachwerte zu konzipieren und zu untersuchen.[26] Dieses Modell hat eine Mehrheit der Länder-Finanzminister am 3. Juni 2016 beschlossen (gegen die Stimmen von Bayern und Hamburg).[27] Einen diesem Beschluss entsprechenden Gesetzesantrag haben die Länder Hessen und Niedersachsen am 23. September 2016 in den Bundesrat eingebracht.[28]

Allen erwähnten Modellvarianten gemeinsam ist, dass der reformierten Grundsteuer wie bisher eine verbundene Bemessungsgrundlage zugrunde gelegt wird, d. h. als Besteuerungsgrundlage dienen sowohl das Grundstück (Land, Boden) als auch das aufstehende Gebäude. Zwei bekannte Modellvarianten mit unverbundener Bemessungsgrundlage, d. h. alleinige Besteuerung des Bodens, wurden von der FMK bisher nicht näher untersucht. Ein im Dezember 2012 u. a. von mehreren Bürgermeistern publizierter und seitdem von zahlreichen weiteren Bürgermeistern, Verbänden, Organisationen und Privatpersonen unterstützter Aufruf „Grundsteuer: Zeitgemäß!“[29] bemängelt dies und appelliert an die Finanzministerkonferenz, die Modelluntersuchungen um die „Reine Bodenwertsteuer“ und die „Kombinierte Bodenwert- und Bodenflächensteuer“ zu ergänzen. Die bisher von der FMK untersuchten und präsentierten Modellvarianten seien nicht die richtige Antwort auf die heutigen Herausforderungen (Klimaschutz, demografischer Wandel, Sicherung von Lebensqualität und kommunalen Finanzen). Der Aufruf verweist u. a. auf einen kommunalen Praxistest, aus dem die „Reine Bodenwertsteuer“ und die „Kombinierte Bodenwert- und Bodenflächensteuer“ als vorzugswürdig hervorgegangen seien, sowie auf deren positive Wirkungen auf den Umgang mit dem knappen Gut Fläche, die innerörtliche Aktivierung von Flächen für Wohnen und Gewerbe, die mit der Angebotserhöhung im Zusammenhang stehende Senkung der Mieten, und auf die notwendigen Investitionen in den Gebäudebestand. Im Oktober 2015 wurden die genannten Vorteile bestätigt durch eine Studie des Instituts der deutschen Wirtschaft (IW) Köln, welches im Ergebnis ebenfalls die Ausgestaltung der Grundsteuer als Bodensteuer empfiehlt.[30] Demgegenüber wird der von den Ländern Hessen und Niedersachsen am 23. September 2016 vorgelegte Gesetzesantrag von mehreren Seiten teils stark kritisiert oder grundsätzlich in Frage gestellt.[31] Der Gesetzesantrag des Bundesrates erreichte im Dezember 2016 den Bundestag, wurde dort aber nicht behandelt. Mit den Wahlen zum 19. Deutschen Bundestag und gemäß dem geltenden Diskontinuitätsprinzip, liegt es nun wieder am Bundesrat, dem Bundestag denselben oder einen neuen, veränderten Gesetzantrag vorzulegen.

2018 befasste sich das Bundesverfassungsgericht mit drei Vorlagen des Bundesfinanzhofs und zwei Verfassungsbeschwerden.[32] Mit Urteilsverkündung vom 10. April 2018 erklärte das Bundesverfassungsgericht die Ermittlung der für die Grundsteuer maßgeblichen Einheitswerte in Westdeutschland für Häuser und unbebaute Grundstücke auf Basis der Hauptfeststellung von 1964 für verfassungswidrig, da diese völlig überholt sind und keine Gleichbehandlung zulassen. Die Richter forderten eine Neuregelung bis Ende 2019. Von dem Urteilsspruch sind rund 35 Millionen Grundstücke betroffen. Die in Ostdeutschland gelegenen Grundstücke waren zwar mangels Verfassungsbeschwerde kein Verfahrensgegenstand, sind aber aufgrund des noch früheren Hauptfeststellungszeitpunkt per 1. Januar 1935 ebenfalls als vom Urteil betroffen anzusehen.[3]

Einzelnachweise

  1. Horschitz/Groß/Schnur (Blaue Reihe) – Bewertungsrecht, Erbschaftsteuer, Grundsteuer, Rz. 2501.
  2. bundesverfassungsgericht.de: Leitsätze zum Urteil vom 10. April 2018
  3. 3,0 3,1 3,2 Bemessung der Grundsteuer ist verfassungswidrig
  4. https://www.bundestag.de/blob/547158/1505a97cf1e0b67bda46b2cf67855731/wd-4-026-18-pdf-data.pdf
  5. Statistisches Bundesamt. Realsteuervergleich 2014 Fachserie 14. Reihe 10.1. Wiesbaden 2015.
  6. René Geißler und Florian Boettcher: Disparitäten in der Entwicklung der Gemeindesteuern. In: Wirtschaftsdienst, Nr. 3/2016.
  7. Entschuldungsprogramme der Länder (Memento vom 13. Mai 2016 im Internet Archive) Website der Bertelsmann Stiftung. Abgerufen am 153 Mai 2016.
  8. Statistisches Bundesamt Realsteuervergleich – Fachserie 14 Reihe 10.1 – 2010 (Memento vom 10. November 2012 im Internet Archive), abgerufen am 26. Mai 2012.
  9. 9,0 9,1 Die Grundsteuer. Handelskammer Hamburg, März 2012, abgerufen am 7. Februar 2017.
  10. Grundsteuer-Hebesätze in Duisburg (Memento vom 27. September 2015 im Internet Archive)
  11. Höchste Grundsteuer in Bergneustadt, Bericht der Tageszeitung Rheinische Post am 27. November 2015, abgerufen am 29. Mai 2016
  12. https://www.focus.de/immobilien/wohnen/umstrittene-steuer-hebesatz-von-910-prozent-das-sind-deutschlands-teuerste-grundsteuer-kommunen_id_8318703.html
  13. EKD-Statistik Kirchensteuer 2008. (Nicht mehr online verfügbar.) Evangelische Kirche in Deutschland, archiviert vom Original am 25. August 2014; abgerufen am 6. Januar 2010. i Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe den Link gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/www.ekd.de
  14. https://www.gesetze-im-internet.de/grstg_1973/__33.html
  15. BVerfG, Beschluss vom 21. Juni 2006, Az. 1 BvR 1644/05
  16. BVerfG, Beschluss vom 18. Februar 2009, Az. 1 BvR 1334/07.
  17. BFH, Urteil vom 30. Juni 2010, Az. II R 60/08, abgerufen am 13. September 2011.
  18. BFH, Urteil vom 30. Juni 2010, Az. II R 12/09, abgerufen am 13. September 2011.
  19. BVerfG, Urteil vom 13. April 2010, Az. 1 BvR 3515/08, abgerufen am 13. September 2011.
  20. II R 16/13, BStBl 2014 II 957
  21. Pressemitteilung BVerfG vom 15.11.2017
  22. Grundsteuer auf Basis von Verkehrswerten, abgerufen am 23. Oktober 2015
  23. Vereinfachte Grundsteuer nach dem Äquivalenzprinzip, abgerufen am 23. Oktober 2015
  24. Gebäudewertunabhängiges Kombinationsmodell, abgerufen am 23. Oktober 2015
  25. Grundsteuer-Variantenvergleich (Link nicht mehr abrufbar), abgerufen am 23. Oktober 2015
  26. Meldung: Länder nähern sich bei Grundsteuerreform an, abgerufen am 23. Oktober 2015
  27. Pressemitteilung der FMK vom 3. Juni 2016, abgerufen am 8. Juni 2016
  28. Bundesrats-Drucksache 515/16 vom 12. September 2016, in Verbindung mit Bundesrats-Drucksache 514/16 vom 12. September 2016, jeweils abgerufen am 4. Oktober 2016
  29. Aufruf „Grundsteuer: Zeitgemäß!“, abgerufen am 23. Oktober 2015
  30. „Mehr Boden für die Grundsteuer“, Simulationsanalyse verschiedener Grundsteuermodelle, IW Köln, abgerufen am 23. Oktober 2015
  31. BID warnt: Folgen des Gesetzentwurfs zur Grundsteuerreform gleichen einer Black Box, Presseinformation vom 22. September 2016, IW-Kurzbericht vom 12. September 2016, Immobilienverband IVD: Etliche Schwachstellen beim Gesetz zur Grundsteuerreform, NABU, Mieterbund und OB Boris Palmer: Aus Grundsteuer muss reine Bodensteuer werden, Presseinformation vom 20. September 2016, Dirk Löhr: Zum neuen Grundsteuer-Reformmodell der Länderfinanzminister – gerecht und verlässlich? In: BetriebsBerater Nr. 35/2016, jeweils abgerufen am 4. Oktober 2016. Siehe ferner die Beiträge verschiedener Autoren in: ifo Schnelldienst 18/2016.
  32. http://www.faz.net/aktuell/wirtschaft/grundsteuer-urteil-bemessung-laut-bverfg-verfassungswidrig-15535191.html

Literatur

  • Friedrich Ludwig Freiherr von Berlepsch, »Über Grundsteuer in Deutschland und vollständiger Abriß der westfälischen Finanzgeschichte und der Verwaltung des Staatsvermögens im Königreich Westfalen«, Göttingen 1814, 2 Bände
  • Reinhard Stöckel: Grundsteuerrecht. 2. Auflage. Deutscher Gemeindeverlag, Stuttgart 2011, ISBN 978-3-555-01440-1.

Weblinks

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