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Herzogtum Warschau

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Herzogtum Warschau
Księstwo Warszawskie
1807–1815
Flagge des Herzogtums Warschau Wappen des Herzogtums Warschau
Flagge Wappen
Flag of the Kingdom of Prussia (1803-1892).svg

Flag of the Habsburg Monarchy.svg

Navigation Military ensign of Vistula Flotilla of Congress Poland.svg
Verfassung Verfassung des Herzogtums Warschau
Amtssprache Polnisch
Hauptstadt Warschau
Staatsform Herzogtum
Regierungssystem Konstitutionelle Monarchie
Staatsoberhaupt Herzog Friedrich August I.
Regierungschef Vorsitzender des Ministerrates (de jure)
Französische Botschafter (de facto)
Fläche 155.000 km²
Einwohner 4.300.000
Bevölkerungsdichte 27,7 EW/km²
Währung 1 Złoty = 30 Groszy
Gründung 9. Juli 1807
Auflösung 9. Juni 1815 (Wiener Kongress)
Nationalhymne Mazurek Dąbrowskiego
Zeitzone UTC+1 MEZ
Das Herzogtum Warschau in den Grenzen von 1809

Das Herzogtum Warschau war ein 1807 von Kaiser Napoléon errichteter polnischer Rumpf- und Satellitenstaat, der bis 1815 existierte. Er bestand im Wesentlichen zunächst aus dem Teil Polens, der von Preußen bei der Zweiten und Dritten Teilung Polens annektiert worden war und wurde 1809 um das von Österreich in der Dritten Teilung annektierte polnische Gebiet erweitert.

Entstehung

Um 1806 Preußen vollständig zu bezwingen, setzte Napoleon auf einen Aufstand in dem Teil Preußens, der bis zur Auflösung 1795 noch zum Königreich Polen gehört hatte. Bereits vage Versprechungen auf eine Wiederherstellung eines polnischen Staates genügten den polnischen Magnaten, der Bevölkerung und den Soldaten der polnischen Legionen im Dienst Napoleons, um nicht nur zügig zu revoltieren, sondern auch engagiert für den neuen polnischen Staat zu arbeiten. In kürzester Zeit war eine polnische Administration entstanden. Seit Januar 1807 stand der ehemalige Marschall des Vierjährigen Sejms, Stanisław Małachowski (1736–1809), an der Spitze einer vorläufigen Regierungskommission. Bereits im Frühjahr waren 30.000 Soldaten einsatzbereit und in drei Legionen formiert. Diese standen unter dem Kommando von Generälen der alten polnischen Armee, Józef Zajączek (1752–1826) und Jan Henryk Dąbrowski (1755–1818), sowie des ehemaligen Kriegsministers und Neffen des letzten polnischen Königs, Stanisław August Poniatowski, Józef Poniatowski (1763–1813).

Im Frieden von Tilsit (7./9. Juli 1807) zwischen Russland und Frankreich beziehungsweise dem Franko-Preußischen Abkommen wurde die Gründung eines Herzogtums Warschau festgehalten. Die Verfassung des Herzogtums wurde am 22. Juli 1807 verabschiedet[1]. Es entstand ein napoleonischer Satellitenstaat von 104.000 km² Ausdehnung und einer Bevölkerung von 2,6 Millionen Einwohnern. Das Territorium umfasste Gebiete, die Preußen nach der Zweiten und Dritten Polnischen Teilung besetzt hatte, sowie aus den südlichen Teilen aus der Ersten Teilung. Mit der Elbinger Konvention vom 10. November 1807 wurde die Gebietsaufteilung abgeschlossen. Das Gebiet um Danzig wurde zur Republik Danzig erklärt.

Verwaltung

Bereits 1791 hatte die polnische Adelsrepublik dem sächsischen Kurfürsten Friedrich August III. (1750–1827) als Nachfahren zweier polnischer Könige die erbliche polnische Königswürde angeboten. Als Napoleon seinem Verbündeten, den er 1806 in den Königsstand erhoben hatte, 1807 das Herzogtum Warschau übertrug, konnte Friedrich August dieses Mal nicht ablehnen. Am 22. Juli 1807 oktroyierte Napoleon dem Herzogtum eine in wenigen Stunden von ihm in Dresden diktierte Verfassung nach französischem Vorbild, obwohl die polnische Regierung, bestehend aus Ministerrat, Präsident Stanisław Kostka Potocki (1755–1821) und Staatsrat die Verfassung vom 3. Mai 1791 in Kraft setzen wollte.

In der Verfassungswirklichkeit war dafür gesorgt, dass die Macht de facto nicht beim König, sondern beim französischen Botschafter lag, dessen Organ der Ministerrat war. Zudem wurden Klerus und Adel in dieser Verfassung deutlich privilegiert und behielten ihre Besitzrechte. Auf dem Land wurden Großgrundbesitzer in Verwaltungspositionen eingesetzt und blieben damit in ihren Machtstellungen. Weil die Abschaffung der Leibeigenschaft nicht mit einer Regelung der Besitzverhältnisse auf dem Land verbunden war, hatte sie eine weitere Entrechtung der Bauern zur Folge[2].

Der Staat wurde nach französischem Vorbild in sechs Departements gegliedert – Posen, Bydgoszcz, Kalisz, Warschau, Płock und Łomża.

Ministerpräsidenten

Vorsitzende des Ministerrates des Herzogtums Warschau
Nr. Name Beginn der Amtszeit Ende der Amtszeit
1 Stanisław Małachowski 5. Oktober 1807 14. Dezember 1807
2 Ludwik Szymon Gutakowski 14. Dezember 1807 November 1808
3 Józef Poniatowski November 1808 25. März 1809
3 Stanisław Kostka Potocki 25. März 1809 Mai 1813

Bedeutung

Kaiser Napoleon bei der Verleihung der neuen Verfassung an Stanisław Małachowski

Napoleon schuf sich mit dem Herzogtum Warschau einen Pufferstaat zwischen seinen ehemaligen und potentiellen Kriegsgegnern Österreich und Russland und schwächte das besiegte Preußen durch die umfangreichen Gebietsabtretungen erheblich. Im Gegenzug dazu stärkte er Sachsen als potienziellen Mittelstaat gegenüber Preußen und Österreich. Vor allem aber schuf er einen Konflikt zwischen Sachsen einerseits und dessen früheren Verbündeten Russland und Preußen andererseits, der Sachsen auch gegenüber Österreich isolierte und umso mehr an Napoleon band.

Proclamation – Friedrich August
Leipzig, den 24. April 1809

Als Österreich während des Fünften Koalitionskrieges im Frühjahr 1809 versuchte, das Herzogtum als Faustpfand zu besetzen, um es Preußen oder Russland als Preis für ein Bündnis anzubieten, gestaltete sich sein Feldzug zu einem Fiasko.

Friedrich August veröffentlichte am 24. April 1809 eine Proklamation, worin er seinem Volk die politische Lage, speziell zu den kriegerischen Aktivitäten Österreichs, ausführlich erklärte (siehe Bild links).

Die Kampfhandlungen dauerten bis zum Abschluss des Znaimer Waffenstillstandes Mitte Juli 1809, als die österreichischen Truppen nur noch die Gegend südlich von Krakau besetzt hielten, das, wie beinahe das gesamte „Galizien“ genannte österreichische Teilungsgebiet, von russischen und polnischen Truppen besetzt war. In Ungarisch-Altenburg begannen Friedensverhandlungen, die im Oktober mit dem Frieden von Schönbrunn endeten.

In den ausschließlich von Napoleon oder seinen Bevollmächtigten und dem amtierenden österreichischen Außenminister geführten Gesprächen wurde auch die Zugehörigkeit Galiziens und die Möglichkeit einer Wiederherstellung Polens behandelt. Die polnischen Hoffnungen wurden enttäuscht. Beide Probleme lösten die Verhandlungspartner zugunsten des umworbenen Russlands. Es durfte sich noch einmal auf Kosten Polens vergrößern, indem Österreich ihm den galizischen Bezirk Tarnopol abtreten musste. Österreich blieb, von symbolischen Verkleinerungen abgesehen, weiter im Besitz des Gewinns aus der Ersten Teilung Polens. Das Herzogtum Warschau erhielt Westgalizien sowie Zamosc und Umgebung. Ferner fiel fortan die Hälfte der Einnahmen der Salzmine von Wieliczka an Friedrich August. Seine Schatullengelder stiegen von 0,167 auf 1,5 Millionen Taler an. Dem Herzogtum wurden vier neue Departements angeschlossen, Krakau, Radom, Siedlce und Lublin. Damit wuchs das Territorium auf 155.430 km² mit insgesamt 4,4 Millionen Einwohnern an.

Niedergang

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Aufruf des Königs von Sachsen an die Bewohner Warschaus am 21. Januar 1813

Das Herzogtum stellte für den bevorstehenden Krieg mit Russland die größte Armee eines Verbündeten, von 200.000 Soldaten standen aber nur 115.000 unter polnischer Fahne. Um Russlands Zar Alexander I. nicht zu reizen, durfte diese Truppe aber nicht „polnisch“ genannt werden. Sie wurde unter dem Namen „Nordische Legion“ aufgestellt. Der Rest musste in französischen Regimentern der Kaisergarde, der Weichsel-Legion und der Donau-Legion dienen. In wirtschaftlicher Hinsicht wurde der kleine Staat für den Krieg mit Russland hemmungslos durch den französischen Kaiser in die Pflicht genommen. Die Aufmarschbasis für den Russlandfeldzug 1812 lag im Wesentlichen auf polnischem Gebiet. Die Soldaten mussten auch in diesen Gebieten ernährt und ausgestattet werden. Aus dem Feldzug kehrten von 90.000 polnischen Soldaten nur etwa 30.000 zurück.

Obwohl Friedrich August noch am 21. Januar 1813 die Bewohner Warschaus zum Durchhalten aufrief (siehe rechts den Aufruf), konnte Warschau nicht gehalten werden. Am 6. Februar 1813 besetzten russische Truppen Warschau und die Regierung wich nach Krakau aus. Dort schaffte es Poniatowski bereits bis April 1813, eine kleine, aber schlagkräftige neue Armee von 18.000 Soldaten aufzubauen. Obwohl bis Juni 1813 bereits das ganze Territorium bis auf die Festungen Modlin und Zamosc durch russische Truppen besetzt worden war, existierte ein Status quo, der das politische Gebilde des Herzogtums noch eine Weile am Leben erhielt.

Österreich, Russland und auch Napoleon bemühten sich um diese Armee, die zu diesem Zeitpunkt den Vormarsch der Verbündeten stoppen oder aber das Ende Napoleon beschleunigen konnte. Die politisch einflussreiche Magnatengruppe der „Familia“ bemühte sich, ein relativ souveränes Königreich Polen mit dem russischen Zaren als König durch Verhandlungen zu erreichen. Das war zu diesem Zeitpunkt auch der überwiegende Wunsch jenes Teils der Bevölkerung, der den Glauben an Napoleon und an seine Aufrichtigkeit in der Polenfrage bereits verloren hatte. Friedrich August schätzte die politische Lage anders ein, und so war er der letzte Vasall Napoleons in Deutschland.

Poniatowski folgte mit der polnischen Armee seinem Souverän nach Sachsen, um noch ein letztes Mal dem Kaiser der Franzosen in der Völkerschlacht bei Leipzig (Oktober 1813) militärisch beizustehen. Wieder wurde die polnische Armee fast vollständig vernichtet, als sie an den Brennpunkten und zur Deckung des Rückzuges Napoleons eingesetzt wurde. Fürst Józef Poniatowski wurde nach dem ersten Schlachttag Marschall von Frankreich, dem Napoleon den Marschallstab und damit verbunden die französische Staatsbürgerschaft schenkte. Bei der Flucht der geschlagenen Truppen Napoleons ertrank er in der Weißen Elster.

Auflösung

Der sächsische König wurde in Leipzig gefangen genommen, während seine Fürstenkollegen zum Teil noch gegen Ende der Schlacht die Seiten gewechselt hatten. Er aber konnte sich zu nichts entschließen, weder zur Flucht noch zum Seitenwechsel. Auf dem Wiener Kongress verlor Sachsen große Gebietsteile an Preußen. Sachsen als Staat blieb aber erhalten.

Am 22. Mai 1815 verzichtete Friedrich August I., König von Sachsen, auf das Herzogtum Warschau (nachdem er noch im Jahre 1814 als „rex sax. dux Varsov.“ in Dresden Taler hatte prägen lassen) und entband seine polnischen Untertanen vom Treueeid.

Staatsname: Großherzogtum oder Herzogtum Warschau?

Entgegen einer heute weit verbreiteten Meinung war das Herzogtum Warschau niemals Großherzogtum. Im Friedensvertrag von Tilsit (1807) ist ausdrücklich von einem Duché de Varsovie (frz. Herzogtum Warschau) die Rede, ebenso der Text der Verfassung vom 22. Juli 1807, und auch Art. 2 der Wiener Kongress-Akte (1815) kennt nur ein Herzogtum Warschau (Quellen siehe „Links“). Sachsens König Friedrich August, der Warschau in Personalunion regierte, nannte sich auf seinen für Polen geprägten Talern FRID.AUG.REX SAX.DUX VARSOW. („König Sachsens. Herzog Warschaus“). Der 1808 in Paris publizierte Atlas historique von A. Le Sage (alias Emmanuel de Las Cases) bezeichnet in einer Karte auf Seite 26 den neuen Staat als Duché De Varsovie Donné Au Roi De Saxe Par Le Traité De Tilsit („Herzogtum (!) Warschau, das dem König von Sachsen durch den Vertrag von Tilsit übertragen worden ist“) [3]. Auch die deutschsprachige verwaltungswissenschaftliche Literatur spricht vom Herzogtum Warschau (Jaffé 1909, S. 85–147).

Dennoch ist noch heute der Begriff „Großherzogtum Warschau“ vielfach zu finden – selbst in der renommierten Fachliteratur und in historischen Atlanten. Möglicherweise beruht der Irrtum auf einer fortgesetzten Verwechslung mit dem polnischen Landesteil Großpolen oder dem 1815 begründeten (damals preußischen) Großherzogtum Posen.

Siehe auch

Über die territoriale Aufteilung des Herzogtums Warschau siehe unter: Wiener Kongress, Kongresspolen, Republik Krakau, Königreich Galizien und Lodomerien und Provinz Posen.

Literatur

  • Jerzy B. Flatt: Topographie des Herzogtums Warschau nebst einem kurzen Abriss der polnischen Geschichte bis auf die neuesten Zeiten. Böhme, Leipzig 1810 (online).
  • Moritz Jaffé: Die Stadt Posen unter preußischer Herrschaft. Ein Beitrag zur Geschichte des deutschen Ostens. Verfassung und Verwaltungsorganisation der Städte. Dritter Band. Königreich Preußen. Zweiter Teil (= Schriften des Vereins für Socialpolitik. Bd. 119,2). Leipzig 1909.
  • Samuel G. Laube (Übers.): Gesetzsammlung des vormaligen Herzogtums Warschau. Mehwald, Posen 1816.
  • Marian Gumowski: Handbuch der polnischen Numismatik. ADEVA, Graz 1960.
  • Monika Senkowska-Gluck: Das Herzogtum Warschau. In: Heinz-Otto Sieburg (Hrsg.): Napoleon und Europa. Köln/Berlin 1971, S. 221–230.
  • Gotthold Rhode: Geschichte Polens. 3. Auflage, Wissenschaftliche Buchgesellschaft, Darmstadt 1980, ISBN 3-534-00763-8.
  • Jerzy Topolski: Die Geschichte Polens. Interpress, Warschau 1985, ISBN 83-223-1956-8.
  • Ingo Zimmermann: Sachsens Markgrafen, Kurfürsten und Könige. Die Wettiner in der meißnisch-sächsischen Geschichte. Koehler & Amelang, München 1997, ISBN 3-7338-0217-9.

Weblinks

 Commons: Herzogtum Warschau – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. http://www.verfassungen.eu/pl/verf07-i.htm
  2. Monika Senkowska-Gluck: Das Herzogtum Warschau, in: Heinz-Otto Sieburg (Hrsg.): Napoleon und Europa, Köln, Berlin 1971, S. 225f.
  3. Atlas historique, généalogique, chronologique et géographique, A. Le Sage (Las Cases), Paris, 1808, Seite 26
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