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Gregor von Rezzori

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Gregor von Rezzori d’Arezzo[1] (* 13. Mai 1914 in Czernowitz in der Bukowina, Österreichisch-Ungarische Monarchie; † 23. April 1998 in Donnini, Toscana, Italien) war ein deutschsprachiger Schriftsteller und Filmschauspieler.

Leben

Rezzori entstammte einer sizilianischen Familie, die Mitte des 18. Jahrhunderts über Norditalien nach Wien kam. Rezzoris Großvater arbeitete als Architekt im Dienst der österreichisch-ungarischen Monarchie. Die Ahnentafel blieb bei einer Prüfung in den 1950er Jahren durch das Deutsche Adelsarchiv teilweise unbelegt.[2]

Sein Vater war Beamter in Czernowitz, das (nachdem Österreich-Ungarn den Ersten Weltkrieg verloren hatte) im Vertrag von Trianon an Rumänien fiel. Die Angehörigen der Familie erhielten 1919 die rumänische Staatsbürgerschaft. Nachdem Stalin Rumänien am 26. Juni 1940 zwang, die Nordbukowina mit Czernowitz an die Sowjetunion abzutreten (siehe Geschichte Rumäniens#Zweiter Weltkrieg), wurde Gregor von Rezzori 1940 sowjetischer (ukrainischer) Staatsangehöriger. Später lebte er vierzig Jahre lang als Staatenloser. 1982 entschied er sich für die österreichische Staatsangehörigkeit.

Rezzori besuchte Gymnasien in Kronstadt (Siebenbürgen), Fürstenfeld (Steiermark) und Wien. In Leoben, wo er Mitglied des Corps Schacht Leoben wurde, studierte er Bergbau, in Wien Architektur und Medizin sowie an der Kunstakademie Wien Malerei.[3] Er unterbrach diese Studien, um seinen Militärdienst in Rumänien abzuleisten. Anschließend blieb Rezzori vier Jahre lang zeichnend und malend in Bukarest und absolvierte ein Kunststudium in Wien. 1938 kam er nach Berlin und begann zu schreiben.

Mit Unterhaltungsromanen führte sich Rezzori in den Literaturbetrieb ein. Nach Kriegsende arbeitete er vor allem als Journalist und Hörfunkautor. Bis 1948 war er beim NWDR beschäftigt, für den er u.a. von den Nürnberger Prozessen berichtete.[4] Später war er dessen freier Mitarbeiter und erzählte für das Nachtprogramm die ersten seiner Maghrebinischen Geschichten. Diese witzigen, mitunter tolldreisten Anekdoten und Legenden aus dem balkanischen Phantasieland Maghrebinien begründeten Rezzoris Welterfolg als Schriftsteller. Sie erschienen 1952 in Buchform. Nebenher blieb Rezzori als Drehbuchautor tätig und wirkte in rund einem Dutzend Filme als passionierter Gelegenheitsschauspieler mit (z. B. Viva Maria! 1965). Rezzori war seit 1958 Mitglied des PEN-Zentrums der Bundesrepublik Deutschland.[5]

Aus seiner ersten Ehe mit Priska von Tiedemann stammen drei Söhne. Eine zweite Ehe mit der Malerin Hanna Axmann wurde nach kurzer Zeit geschieden. 1967 heiratete er Beatrice Monti della Corte, die in Mailand die Galleria dell'Ariete zu einer namhaften modernen Kunstgalerie machte. Auch befasste Rezzori sich intensiv mit Kunst. Seine private Sammlung, die auf die Wohnsitze in der Toskana, auf Rhodos und in Mailand verteilt wurde, legte davon Zeugnis ab. Das Feuilleton würdigte Rezzori als Chronisten einer versunkenen Epoche, der das Schreiben mit leichter Hand zur Meisterschaft gebracht hatte.

Ab Anfang der 1980er Jahre gestaltete er Beiträge für das ORF-Magazin Jolly Joker, wo er vor allem über Aristokraten, Berühmte und Reiche berichtete. Er war als Autor für den Playboy, Elle und in seinen letzten Lebensjahren regelmäßig für die österreichische Tageszeitung Kurier tätig. Durch seine journalistische Tätigkeit und die Maghrebinischen Geschichten hatte er ein Image als „Schlawiner, Salonlöwe, Lebemann“, wobei er sich in Interviews unzufrieden gegenüber den pauschalen Äußerungen von Kritikern zu seiner Person zeigte.[6][7]

Rezzori ist im Garten seines Anwesens in Santa Maddalena (Toskana) begraben, unter einer kleinen Steinpyramide.[8]

Auszeichnungen und Ehrungen

Literarische Werke

  • Flamme, die sich verzehrt. Roman. Propyläen Verlag, Berlin 1939.
  • Rombachs einsame Jahre. Roman. Deutscher Verlag, Berlin 1942.
  • Rose Manzani. Roman, 1944.
  • Maghrebinische Geschichten. mit 78 Vignetten vom Verfasser. Rowohlt, Hamburg 1953.
  • Ödipus siegt bei Stalingrad. 1954.
  • Männerfibel. mit 24 Zeichnungen vom Verfasser. Rowohlt Verlag, Hamburg 1955.
  • Ein Hermelin in Tschernopol. Ein maghrebinischer Roman. 1958.
  • Idiotenführer durch die deutsche Gesellschaft. 1: Hochadel. 1962.
  • Idiotenführer durch die deutsche Gesellschaft. 2: Adel. 1962.
  • Bogdan im Knoblauchwald. Ein maghrebinisches Märchen. 1962.
  • Idiotenführer durch die deutsche Gesellschaft. 3: Schickeria. 1963.
  • Idiotenführer durch die deutsche Gesellschaft. 4: Prominenz. 1965.
  • Die Toten auf ihre Plätze. Tagebuch des Films Viva Maria. 1966.
  • 1001 Jahr Maghrebinien. Eine Festschrift. mit 78 Zeichnungen vom Verfasser. 1967.
  • Der Tod meines Bruders Abel. Roman. 1976.
  • Greif zur Geige, Frau Vergangenheit. Roman. 1978 (Neuauflage von "Flamme, die sich verzehrt")
  • Memoiren eines Antisemiten. Roman. 1979.
  • Der arbeitslose König. Maghrebinisches Märchen. 1981.
  • Kurze Reise übern langen Weg. Eine Farce. 1986.
  • Blumen im Schnee – Portraitstudien zu einer Autobiographie, die ich nie schreiben werde. Auch: Versuch der Erzählweise eines gleicherweise nie geschriebenen Bildungsromans. 1989.
  • Über dem Kliff. Erzählung. 1991.
  • Begegnungen. 1992.
  • Ein Fremder in Lolitaland. Ein Essay. 1993 (übersetzt aus dem Amerik. von Uwe Friesel)
  • Greisengemurmel. Ein Rechenschaftsbericht. C. Bertelsmann, München 1994, ISBN 3-570-12068-6.
  • Italien, Vaterland der Legenden, Mutterland der Mythen. Reisen durch die europäischen Vaterländer oder wie althergebrachte Gemeinplätze durch neue zu ersetzen sind. 1996.
  • Frankreich. Gottesland der Frauen und der Phrasen. Reisen durch die europäischen Vaterländer oder wie althergebrachte Gemeinplätze durch neue zu ersetzen sind. 1997.
  • Mir auf der Spur. 1997.
  • Kain. Das letzte Manuskript. 2001. (posthum erschienen)

Filmografie

Darstellung

Drehbuch

Literatur

Zu Leben, Werk und Einzelaspekten

  • Valentina Glajar: After Empire: 'Postcolonial' Bukovina in Gregor von Rezzori's 'Blumen im Schnee' (1989). In: The German Legacy in East Central Europe as Recorded in Recent German-Language Literature. Camden House, Columbia, SC 2004, ISBN 1-57113-256-2.
  • Katarzyna Ja´stal: Erzählte Zeiträume. Kindheitserinnerungen aus den Randgebieten der Habsburgermonarchie von Manès Sperber, Elias Canetti und Gregor von Rezzori. Aureus, Kraków 1998, ISBN 83-87887-04-8.
  • Andrei Corbea-Hoisie, Jacques Lajarrige: Irreführung der Dämonen. Acht Essays zu Gregor von Rezzori. Parthenon-Verlag, Kaiserslautern/ Mehlingen 2014, ISBN 978-3-942994-08-8.
  • Gerhard Köpf (Hrsg.): Gregor von Rezzori. Essays, Anmerkungen und Erinnerungen. (= Autoren im Kontext. Duisburger Studienbögen. Band 3). Verlag Karl Maria Laufen, Oberhausen 1999, ISBN 3-87468-159-9.
  • Gerhard Köpf: Vor-Bilder. Tübinger Poetik-Vorlesung. Konkursbuchverlag, Tübingen 1999, ISBN 3-88769-705-7.
  • Jacques Lajarrige: Gregor von Rezzori. Etudes réunies. (= Austriaca. 54). Univ. de Rouen, Centre d'Études et de Recherches Autrichiennes, Mont-Saint-Aignan 2003, ISBN 2-87775-340-9.
  • Fried Nielsen: Gregor von Rezzori auf dem antiquarischen Buchmarkt. Editionsgeschichte und Bibliographie. In: Aus dem Antiquariat. Neue Folge 12, 2014 Nr. 1, S. 18–23.
  • Dietmar Noering: Intimer Nachruf auf Walhalla Fürstin von ***. Niedergeschrieben für ihre Freunde Oswin von Affenpin und Gregor von Rezzori. In: die horen. Zeitschrift für Literatur, Kunst und Kritik. Jg. 35, Ausgabe 159, 1990, S. 93–98.
  • Thorsten Windus: Bibliographie Gregor von Rezzori. In: die horen. Zeitschrift für Literatur, Kunst und Kritik. Jg. 35, Band 3/1990, Ausgabe 159, S. 99–111.
  • Playboy: Alles, was Männern Spaß macht. 5/1982, S. 3.
  • Wolfgang Bittner, Mark vom Hofe: Geboren in der Bukowina. Gregor von Rezzori. In: Ich bin ein öffentlicher Mensch geworden. Persönlichkeiten aus Film und Fernsehen. Horlemann Verlag, Bad Honnef 2009, ISBN 978-3-89502-277-7.
  • П. В. Рихло: Ukrainische Motive in der deutschsprachigen Literatur der Bukowina. In: Zwischenwelt: Zeitschrift fur Kultur des Exils und des Widerstands (Wien). 17. Jg., Nr. 2, Juli 2000, S. 32–36.
  • П. В. Рихло: Чернівці як топос буковинської мультикультури // Збереження й використання культурної спадщини України: Чернівці на шляху до ЮНЕСКО. Чернівці, 2004.
  • І. В. Мусієнко: Витоки особливостей ментальності Грегора фон Реццорі (За книгою «Квіти в снігу») // Питання літературознавства. Науковий збірник. In: Випуск. 6 (63). Рута, Чернівці 2000, S. 121–134.
  • Tilman Spengler: Rezzori d'Arezzo, Gregor Arnulph Herbert Hilarius von. In: Neue Deutsche Biographie (NDB). Band 21, Duncker & Humblot, Berlin 2003, S. 485 f. (Onlinefassung).
  • Hans-Jürgen Froböse: Die schönsten Geschichten aus Maghrebinien, ausgewählt und nacherzählt (frei nach Gregor von Rezzori). 2. Auflage. Bock & Herchen Verlag, Bad Honnef 2009, ISBN 978-3-88347-271-3.
  • Cristina Spinei: Über die Zentralität des Peripheren: Auf den Spuren von Gregor von Rezzori. Frank & Timme, Berlin 2011, ISBN 978-3-86596-337-6.

Interviews und Gespräche

  • Gero von Boehm: Gregor von Rezzori. 15. Juni 1990. Interview in: Begegnungen. Menschenbilder aus drei Jahrzehnten. Collection Rolf Heyne, München 2012, ISBN 978-3-89910-443-1, S. 239–248.

Siehe auch

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Walter Habel (Hrsg.): Wer ist wer? Das deutsche who's who. XV. Ausgabe von Degeners wer ist's?, Berlin 1967, S. 1575.
  2. Der Adel ist keine Elite. Ermittlungen des "Deutschen Adelsarchivs" zur Genealogie Gregor von Rezzoris. In: Der Spiegel. 1/1959.
  3. Walter Habel (Hrsg.): Wer ist wer? Das deutsche who's who. XV. Ausgabe von Degeners wer ist's?, Berlin 1967, S. 1575.
  4. Gregor von Rezzori: Die Toten auf ihre Plätze. Rowohlt, Reinbek bei Hamburg 1966, S. 208.
  5. Walter Habel (Hrsg.): Wer ist wer? Das deutsche who's who. XV. Ausgabe von Degeners wer ist's?, Berlin 1967, S. 1575.
  6. Katarzyna Jaśtal: Erzählte Zeiträume. 1998, S. 155.
  7. Pól Ó Dochartaigh: Jews in German literature since 1945. 2000, S. 600.
  8. Fernsehdokumentation Biotop der Dichter - Santa Maddalena in der Toskana von Gero von Boehm, 2008.
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