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Gewächshaus

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Dieser Artikel behandelt den Zweckbau. Siehe auch: Skulptur Gewächshaus, Kunstwerk.
Einfaches Gewächshaus in einem Kleingarten

Ein Gewächshaus, Glashaus oder Treibhaus ist eine lichtdurchlässige Konstruktion, welche das geschützte und kontrollierte Kultivieren von Pflanzen ermöglicht.

Die Eindeckung – traditionell aus Glas, heute oft aber auch aus transparenten Kunststoffplatten oder -folien – erhöht einerseits durch den Glashauseffekt die Temperatur im Gewächshaus, andererseits schützt sie aber auch die Pflanzen vor Niederschlägen oder starken Winden. Durch Regelung verschiedener Faktoren wie z. B. der Lufttemperatur und der Bewässerung ist eine Steuerung des Klimas innerhalb des Gewächshauses möglich. Daher können in Gewächshäusern die erforderlichen Wuchsbedingungen der in ihnen kultivierten Pflanzen optimiert oder gar, wie zum Beispiel für einen ganzjährigen Gemüseanbau im mitteleuropäischen Klima, erst geschaffen werden.

Gewächshaus mit Tischkultur von Topfpflanzen im Erwerbsgartenbau

Gewächshäuser dienen primär der gartenbaulichen Produktion bzw. Zucht, überdies aber auch zu Forschungszwecken oder zur Zurschaustellung, etwa in botanischen Gärten.

Geschichte

Palmenhaus auf der Pfaueninsel im Südwesten Berlins, Gemälde von Carl Blechen, 1832
Treibhäuser nach englischem Vorbild in Berlin-Glienicke von 1839
Serre des cactées im Jardin des Plantes in Paris
Palm House in Kew Gardens
Großes Palmenhaus im alten Botanischen Garten Berlin-Schöneberg, erbaut 1857/58

Den ersten Hinweis auf den Anbau von Pflanzen in Kübeln, deren Überwinterung in eigens dafür konstruierten Gebäuden und der zeitweisen Kultur unter Glas gibt der römisch-antike Landwirtschaftsautor Lucius Iunius Moderatus Columella in seinem Werk De re rustica, Band 11, Kapitel 3 / 52: „Falls es der Mühe wert ist, kann man größere Gefäße auf Räder stellen, um sie mit geringerer Anstrengung hinaus zu befördern und ins Haus zurückzubringen. Aber auch Glasscheiben soll man über sie decken, damit sie selbst bei Kälte an heiteren Tagen ohne Gefahr in die Sonne gestellt werden können.“[1]

Ab dem 16. Jahrhundert entstanden an den europäischen Fürstenhöfen Sammlungen von Orangen-, Pomeranzen und anderen Zitrusbäumen, für die sich der Begriff Orangerie einbürgerte. Anfangs wurden jeden Winter über den Pflanzen Holzgebäude errichtet, ab etwa 1600 wurden die Pflanzen in Pflanzkübeln gepflegt und mit Kübel-Transportwagen (erfunden von André Le Nôtre in Versailles) im Winter in feste Gebäude überführt.

Im Kontext des europäischen Kolonialismus bildete sich die Mode heraus, als exotisch empfundene Zier- und Nutzpflanzen insbesondere aus Asien, Amerika und Australien zu sammeln. Impulse für die Entwicklung des Gewächshauses kamen vor allem aus dem Ananasanbau in Europa. Es war ein Obst, das in seiner ungewöhnlichen Form, Geruch und Geschmack Europäer besonders faszinierte. Während sich die Ananas nach der Entdeckung durch Christopher Kolumbus sehr schnell weltweit in den tropischen Zonen verbreitete, war der Transport von Früchten nach Europa während der Zeit der Segelschifffahrt fast unmöglich.[2]

Schösslinge von Ananaspflanzen waren in Gewächshäusern von botanischen Gärten wie dem Hortus Botanicus Leiden bereits um die Mitte des 17. Jahrhunderts gepflegt und so erfolgreich vermehrt worden, dass Pflanzen des botanischen Gartens von Leiden die Ananaskultur in Südafrika begründeten.[3] Verglichen mit der vegetativen Vermehrung dieser Pflanzen war es jedoch eine wesentlich höhere Herausforderungen an die Gewächshauskultur, einen Schössling so zu pflegen, dass er eine Frucht bis zu deren Reife trug. Dazu benötigte es eine gleichmäßige hohe Temperatur des Bodens und der Luft sowie sehr gute Lichtverhältnisse. Verlässliche Thermometer, mit denen man die Raumtemperatur messen konnte, standen aber beispielsweise erst um 1714 zur Verfügung.[4] Die Niederlande galt im 17. Jahrhundert als das in Gartenkultur führende Land und entsprechend wurden hier die ersten europäischen Erfolge beim Ananasanbau erzielt. Ausschlaggebend war zunächst die Entwicklung entsprechender Gewächshäuser.[5] Das erste Gewächshaus, in dem auf Grund der Lichtverhältnisse und der erzielbaren Bodentemperatur eine Kultivierung von Ananasfrüchten theoretisch möglich war, entstand 1682 im Hortus Botanicus Amsterdam. Drei Seiten des kleinen Hauses waren verglast, der Boden wurde von unten durch Torföfen beheizt und weitere Rohre erwärmten die Luft des Treibhauses.[6] Inspiriert durch die Erfolge in den Niederlanden wurde die Kultivierung dieser tropischen Frucht insbesondere in England im 18. und 19. Jahrhundert zur Mode. Die damals kaum transportierbaren und deshalb seltenen Ananasfrüchte wurden als Status- und Prestigesymbol wohlhabender Gesellschaftsgruppen aufwendig in kleinen Treibhäusern (pinery) oder mit Glasfenstern abgedeckten Gruben (pineapple pit) erzeugt. Trotz der hohen Kosten für Bau und Betrieb solcher Gewächshäuser waren sie um 1725 in England bereits weit verbreitet[7], um 1770 gehörte sie zur Standardausstattung aristokratischer Gärten und Parks.[8] Als Statussymbol wurde der Glashausanbau von Ananas auch in anderen Ländern aufgegriffen und sorgte so in ganz Europa für eine Verbreitung der entsprechenden Techniken. Ludwig XV. ließ 1738 ein tropisches Gewächshaus für 800 Ananaspflanzen bauen. Auch hier fanden sich schnell Nachahmer: Verschwenderischen Luxus zeigte, wer wie der Herzog von Bouillon 4000 Pflanzen pflegen und täglich mehrere Ananas an seiner Tafel servieren ließ.[9]

Den sogenannten Pflanzenjägern, die aus Afrika, Amerika und Asien als exotisch empfundene Pflanzen einführen wollten, ermöglichte das in den 1830er Jahren von Nathaniel Ward entwickelte Miniaturgewächshaus nun auch den Transport empfindlicher Pflanzen nach Europa. Um diese tropischen Pflanzen unter europäischen klimatischen Bedingungen zu erhalten, war eine Weiterentwicklung der Orangerien erforderlich. Bereits Ende des 18. Jahrhunderts waren Treibhäuser als Glas-Holz-Konstruktionen entstanden, allerdings nur vereinzelt mit ersten verglasten Satteldächern, z. B. das „Eiserne Haus“ in Stuttgart-Hohenheim (R. F. Hr. Fischer, 1789 oder 1791). Ein weiterer Bautyp sind die lean-to greenhouses, bei denen sich ein schräges Glasdach an eine nach Norden abschirmende massive Wand „anlehnte“.

Die Industrialisierung eröffnete neue Möglichkeiten der Verwendung von Eisen und Glas als Baustoffe. Anfang des 19. Jahrhunderts experimentierten in England George Steward Mackenzie und John Loudon mit den curvilinear houses, das sind Gewächshäuser mit halbkreisförmig gewölbtem Eisen-Glasdächern, um möglichst viel Sonnenlicht gleichmäßig zu nutzen. Mackenzie entwarf 1812 ein quarter-sphere-hothouse zum Pfirsich- und Weinanbau, das aus einer gläsernen Viertelkugel vor einer gemauerten Wand bestand. Louden errichtete 1818 in Bayswather bei London verschiedene Versuchsgewächshäuser, um die günstigste Konstruktionsform für eine optimale Sonneneinstrahlung experimentell zu finden. Er veröffentlichte 1817 die Remarks on the Construction of Hothouses und 1818 die Sketches Of Curvilinear Houses, welche europaweit rezipiert wurden und die weitere Entwicklung der Glashauskonstruktion maßgeblich beeinflussten.[10]

Ein frühes Beispiel eines Eisen-Glas-Gewächshauses außerhalb Großbritanniens sind die 1834–36 von Charles Rohault de Fleury errichteten Serres im Pariser Jardin des Plantes. In England baute Joseph Paxton 1836–1841 The Great Conservatory (Großes Pflanzenhaus) im Park von Chatsworth House, welches Vorbild war für das 1841–1849 errichtete Palm House in Kew Gardens. 1850 entstand ebenfalls in Chatsworth durch Paxton ein tropisches Seerosenhaus mit beheizbarem Becken, das Victoria-Regia-Gewächshaus. Ein Höhepunkt der Eisen-Glas-Holzkonstruktion war das 1851 errichtete Ausstellungsgebäude Crystal Palace von Paxton.[11]

Die früheste bekannte Warmwasser-Zentralheizung wurde 1716 von Marten Trifvald für ein Treibhaus in Newcastle gebaut. Jedoch fand erst ab etwa den 1830er Jahren die Dampfheizung bei Gewächshäusern größere Verbreitung und löste ältere Einzelöfen ab.

Diese Glashäuser, auch „Pflanzenmuseen“ genannt, die die zusammengetragenen Exponate im Zeichen von Naturbeherrschung und Exotik inszenierten, verbreiteten sich in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts in den Metropolen Europas und Nordamerikas vor allem in den botanischen Gärten als auch in städtischen Parks als kommerzielle Vergnügungsstätten. Beispielsweise wurde in Wien 1882 das Schönbrunner Palmenhaus eröffnet. In Berlin entstand von 1905 bis 1907 das Große Tropenhaus im botanischen Garten. Ein herausragendes Beispiel für die Gewächshausarchitektur des 19. Jahrhunderts sind die Serre du Congo und Grote Wintertuin im Park des Schloss Laken im Norden Brüssels.

Das erste Gewächshaus in Form einer geodätischen Kuppel war das 1960 fertiggestellte Climatron im Botanischen Garten von Missouri in St. Louis. Ein bekanntes Beispiel für diese Konstruktionsform sind die 2001 eröffneten Gewächshäuser des Eden Projects, die derzeitig weltweit größten Gewächshäuser. Ende der 1980er Jahre wurde versucht, ein autarkes Ökosystem im Gewächshaus des Projekts Biosphäre 2 zu verwirklichen.

Aufbau und Komponenten eines Gewächshauses

Gewächshaus in der sogenannten Venlobauweise mit ca. 4 m Stehwandhöhe

Gewächs- bzw. Glashäuser gibt es in sehr verschiedenen Größen von wenigen Quadratmetern bis zu riesigen Palmenhäusern.

Grundbestandteile eines Gewächshauses sind:

  • Das zumeist auf einem (zugleich gegen Bodenfrost schützenden) Fundament ruhende Tragwerk des Gewächshauses aus Mauerwerk, Holz oder, wie im Erwerbsgartenbau üblich, aus einer aus Stahl und/oder Aluminium bestehenden Metallkonstruktion.
  • Die für Licht durchlässige Eindeckung aus Glasscheiben, Kunststoff-Folien (zum Beispiel aus PVC oder PE, teilweise auch in mehrlagiger oder beschichteter Ausführung für bessere Haltbarkeit und Lichtdurchlässigkeit) oder aus Kunststoffplatten (beispielsweise aus Plexiglas (PMMA), Polycarbonat, glasfaserverstärktem Polyester (GUP) oder PVC). Kunststoffplatten werden häufig aufgrund besserer Isolierwirkung in Form von Holmkammerplatten (Stegdoppelplatten – auch kurz SDP genannt – oder Stegdreifachplatten – auch kurz S3P genannt) genutzt.
  • Die Kulturflächen für die anzubauenden Pflanzen. Man unterscheidet zwischen verschiedenen Beetformen, Tischen oder Hängen (Hängekonstruktionen). Das Bodenbeet hat Anschluss an den gewachsenen Boden, beim Grundbeet hingegen ist die kulturtragende Substratschicht vom gewachsenen Boden durch eine Sperrschicht aus Beton oder Folie getrennt. Beim Trogbeet ist das Kultursubstrat in Tröge aus zumeist Beton eingebracht, die Substratschicht hat somit auch in diesen keinen Anschluss an den gewachsenen Boden. Die Kultur auf Tischen findet Anwendung bei getopften Pflanzen; die Tische bzw. Tischplatten sind entweder feststehend oder auch (zur besseren Raumausnutzung durch Entfall von Wegeflächen) verschiebbar ausgeführt. Durch Hängevorrichtungen in Form von Gehängen für Einzeltöpfe, Rinnen u. a. kann zwar die Nutzfläche durch Nutzung von Raum über den Beeten oder Tischen erhöht werden, nachteilig bei Hängekulturen ist aber die Behinderung des Lichteinfalls auf tiefer gelegene Kulturflächen und die umständlichere Kulturpflege.
  • Vorrichtungen zur Lüftung zwecks Beeinflussung des Sauerstoff- und Kohlendioxidgehaltes der Gewächshausluft und zur Temperaturregelung.

Viele Gewächs-/Glashäuser sind überdies ausgestattet mit:

Funktionsweise

Seerosen-Gewächshaus im Botanischen Garten Braunschweig
Kakteen in einem Warmhaus in Kanada

Man unterscheidet bei den Gewächshäusern je nach Innenraumtemperatur

  • Kalthäuser für Temperaturen unter 12 °C,
  • Temperierte Häuser für Temperaturen von 12 bis 18 °C,
  • Warmhäuser (Treibhäuser, engl. Hothouse) für Temperaturen über 18 °C.

Bei Sonneneinstrahlung kommt es im Gewächshaus zu einer raschen und stärkeren Erhöhung der Innentemperatur im Vergleich zur Luft- und Bodentemperatur außerhalb des Gewächshauses. Der Grund hierfür ist eine Art Wärmestau: Die Energie der Sonnenstrahlung erwärmt zunächst den Boden, die Pflanzen und Teile des Gewächshauses, doch die von ihnen wieder abgegebene Wärmestrahlung (Infrarot) wird von der für diese weitgehend undurchlässigen Eindeckung des Gewächshauses zurückgehalten.

Dieser Glashauseffekt (Benennung von J. Fourier) wird auch bei Wohnhäusern (Wintergärten) und Dachflächen (z. B. Ateliers) genutzt, aber auch im Großen bei Orangerien und Schlössern. Die vom aufgeheizten Innenraum erwärmte Luft wird bei geschlossenen Glasflächen von außen aufgrund des geringen Luftaustausches nur wenig abgekühlt. Hingegen wird fast alle Infrarotstrahlung vom Glas und dem Bau selbst in den Raum zurück reflektiert („selektive Transparenz“).

Foliengewächshaus mit Stehwandlüftung

Allerdings kann sich an einem normalen Sonnentag die Innentemperatur auf pflanzenschädliche 35 °C und mehr erhöhen. Daher muss man Gewächshäuser auch lüften können, was meist mit Dach- oder Stehwandlüftung erfolgt, auch bekannt als „First- und Seitenwand-Lüftungsklappen“.

Neuere Bauweisen

Moderne Treibhäuser in den Niederlanden

Neuere Typen, sogenannte Cabrio-Gewächshäuser, können ihre Dachfläche weitgehend zusammenschieben. Damit kann die Innentemperatur so gesteuert werden, dass sie fast der Außentemperatur entspricht. Dies führt zu einer deutlichen Qualitätsverbesserung bei Kaltkulturen und während der Sommermonate.

Für den gewerbsmäßigen Gemüsebau werden heute vielfach Kunststofffolien verwendet, die teilweise große Flächen und ganze Talböden bedecken. In El Ejido stehen so viele mit Plastikplanen gedeckte Gewächshäuser wie nirgends sonst in Europa.

Modernste Technik wird häufig zunächst in Forschungsgewächshäusern eingesetzt. In der Pflanzenexperimentieranlage PhyTec des Forschungszentrum Jülich werden beispielsweise Gläser aus der Solarindustrie eingesetzt, die maximale Transparenz und mechanische Stabilität aufweisen.

Völlig neu entwickelt ist das Seawater Greenhouse (Meerwassergewächshaus), das in den 1990er Jahren für aride Regionen entwickelt wurde und dessen Wasserbedarf von Meerwasser gedeckt wird, das im Gewächshaus selbst entsalzt wird. Es nutzt das Wasser gleichzeitig zur Kühlung und erzeugt nebenher Trinkwasser.

Geschlossene Gewächshäuser

In eine andere Richtung gehen geschlossene Gewächshäuser, so zum Beispiel das Projekt „Watergy“ (ein Schachtelwort aus ‚water‘ [engl. Wasser] und ‚energy‘ [engl. Energie]). Die Idee eines geschlossenen Systems ist simpel und wurde schon bei der Wardschen Flasche (auch Wardsche Kiste) genutzt:[12] Ist das System geschlossen, kann kein Wasserdampf entweichen und so kann Wasser eingespart werden; außerdem ergeben sich weitere Vorteile (s. u.).

Durch Wässern und Atmung der Pflanze entsteht Wasserdampf. Dieser wird in einem zentralen, hohen Kühlturm gesammelt und über Kühlung wird die relative Luftfeuchte erhöht, sodass der Dampf kondensiert und das (destillierte) Wasser gesammelt werden kann. Das Wasser kann nun wieder zur Bewässerung oder als Trinkwasser gebraucht werden, das heißt, das System lässt sich auch zur Aufbereitung von Grauwasser nutzen.[13]

Der Wasserdampf wird mit Hilfe von kaltem Wasser über einen Wärmetauscher kondensiert. Dieses erwärmte Wasser kann gespeichert werden, um es später zum Heizen des Gewächshauses wieder zu gebrauchen. Diesbezüglich gibt es zwei Varianten: Entweder man braucht es über Nacht oder während kalten Jahreszeiten. Erstere wird relativ einfach über Wassertanks realisiert, für die letztere Möglichkeit können Lager von bis 200 Meter Tiefe (im Boden) benötigt werden. So können extreme Temperaturen geglättet werden, was für manche Kulturen – und wenn man diese ganzjährlich anbauen will – unerlässlich ist. Diese Art von „Heizung“ ist auch aus ökonomischer und ökologischer Sichtweise sinnvoll, im Gegensatz zu konventionellen Heizungen, die mit Strom betrieben werden.

Das geschlossene System bringt zudem den Vorteil mit sich, dass weniger CO2 entweichen kann, das von den Pflanzen zur Fotosynthese benötigt wird. Mit erhöhter CO2-Konzentration, die bis zu dreimal so hoch sein kann wie in offenen Systemen, kann ein deutlich höherer Ertrag erzielt werden.[14] CO2 kann ins Gewächshaus „importiert“ werden, zum Beispiel über Pipelines von CO2-emittierenden Industrien, durch das Verbrennen von Erdgas oder direkt im Gewächshaus hergestellt werden, zum Beispiel über Kompostieren.

Durch das geschlossene System ist es auch unwahrscheinlich, dass Krankheiten oder Schädlinge eindringen können.

Wirtschaftliche Bedeutung

Kommerzieller erdfreier Unterglasgemüsebau (hier: Tomaten) auf Steinwolle mit Tropfbewässerungssystem

Die Europäer waren bis in die 1970er Jahre daran gewöhnt, saisonales Gemüse einzukaufen und für den Winter die klassischen Wintergemüse wie Kohl und Kartoffeln zu verwenden. Durch Konservierung und später durch Tiefkühlschränke blieb auch in Winter und Frühling der Speisezettel abwechslungsreich. Dann allerdings bauten zuerst niederländische und später südeuropäische Unternehmen Obst und Gemüse in immer umfangreicheren Glashauskomplexen an und konnten bis Ende der 1980er Jahre eine ganzjährige Versorgung mit den wichtigsten Obst- und Gemüsesorten gewährleisten. Der Preis der Ware ist außerhalb der jeweiligen Saison natürlich höher. Durch den standardmäßigen Einsatz von Nützlingen kann der Besatz mit Schadinsekten und -milben meist unter die Schadschwelle für einen (nützlingsschonenden) Insektizideinsatz gehalten werden. Zudem weisen heutige Gewächshausanlagen mit Stehwandhöhen um 4 m ein optimales Klima auf, so dass es zu weniger Befall mit Pilzen kommt.

Der Erfolg der Treibhauskulturen hat auch im deutschsprachigen Raum zum Ausbau derartiger Anlagen geführt. In Österreich beispielsweise liegt das Zentrum des Gemüseanbaues für Paprika und Tomaten im südlichen Seewinkel.

Hors-sol-Produktion

Hauptartikel: Hydrokultur

Die Hors-sol-Produktion (frz. hors sol ‚außerhalb des Bodens‘), auch erdelose Kultur, Substratkultur, Hydrokultur oder Hydroponie genannt, ist ein Anbauverfahren ohne Verwendung von Bodenmaterial oder erdeähnlichen Substraten. Die Kulturen, mehrheitlich Gemüse, werden dabei in einem erdefreien Material wie Steinwolle oder Kokosfaser angepflanzt, unter genau definierter Nährstoff- und Wasserversorgung in einem Gewächshaus oder in einer Halle, die auch beheizt werden kann. Diese Art von Produktion ist wirtschaftlich effektiv, erfordert aber, je nach Bedingung, einen hohen Energieeinsatz.

Ein Vorteil der Hors-sol-Produktion ist die Unabhängigkeit von Witterung, Klima und Boden. Das macht diese Art von Produktion vor allem für empfindliche Pflanzen wie Tomaten beliebt. Unverzichtbar sogar ist sie bei Pilzen, da diese sehr enge Anbaugrenzen haben.

In den meisten EU-Ländern ist die bodenfreie Produktion für Bioprodukte nicht gestattet, wobei es Ausnahmen für (Bio-)Pilze, Jungpflanzen, Zierpflanzen und Topfkräuter gibt. In Schweden, Finnland und Dänemark wird die EU-Öko-Verordnung hingegen so ausgelegt, dass Hors-sol-Produktion mit natürlichen Substraten zulässig ist. Auch in Kanada und den USA, deren Biostandards von der EU als gleichwertig anerkannt wurden, müssen Biopflanzen nicht im Boden wachsen. (Stand: 2012)[15]

In Nährlösung gewachsenen Pflanzen und dessen Früchten wird oft Geschmacklosigkeit nachgesagt[16] bzw. der Unterschied von Qualität und Geschmack zwischen natürlichem und Hors-Sol-Anbau ist umstritten.[17][18] Zu beachten ist die Sorte, welche oft zulasten des Geschmacks auf maximalen Ertrag optimiert wurde, und die Herkunft des Produkts. In Exportländern muss aus Rücksicht auf die Haltbarkeit früher geerntet werden, was sich ebenfalls auf den Geschmack auswirkt.[19] Es ist aber nicht auszuschließen, dass manche Stoffe, die eine Pflanze (in geringen Mengen) herstellt und für den Menschen relevant sind, noch nicht entdeckt wurden und bei einer bodenfreien Anbauweise im Produkt fehlen.

Hors-sol muss zwingenderweise auch in vertikalen Gewächshäusern angewendet werden. Pilotprojekte und Pläne sind in Anwendung und werden als zukünftige alternative Lösung in urbanen Gegenden angesehen.

Gewächshausbeheizung

Gewächshaus in Wuppertal-Herbringhausen
Gewächshäuser mit künstlicher Beleuchtung

Gewächshäuser werden auch mit Heizkanonen direkt beheizt, bei denen die Abgase direkt in den Gewächshausraum geleitet werden. Mithilfe von Porenbrennern oder anderen katalytischen Brennern kann die Verbrennungstemperatur einer Flamme unter 1200 °C gesenkt werden, wodurch weniger Stickoxide im Rauchgas gebildet werden.

In der Nähe des Braunkohlekraftwerks Neurath bei Köln nutzt seit Sommer 2011 ein Gewächshauspark einen Teil der anfallenden Abwärme. Auf 11 Hektar werden z. B. Tomaten angebaut.[20]

Ist eine Beheizung vorgesehen, dann muss der Sockel des Gewächshauses auch im Boden wärmegedämmt werden: entweder außen („Perimeterdämmung“) oder innen mit wurzelfesten porenlosen Platten (zum Beispiel aus Polystyrol oder aus Polyurethan). Andernfalls ist der Sockel eine Wärmebrücke.

In Wuppertal-Herbringhausen werden Gewächshäuser mit Holzpelletheizung temperiert, wobei ein großer Boiler das erwärmte Wasser speichert, das dann über ein Rohrsystem verteilt wird, um das Klima zu steuern.

Kleingewächshäuser

Im Kleingewächshaus geht es nicht um Massenproduktion, sondern um die Liebe zu Pflanzen und die Möglichkeit das Gartenjahr zu verlängern. Ein Kleingewächshaus ermöglicht je nach Klimatisierung über Heizung, Lüftung, Schattierung unterschiedliche Nutzungsarten:

  • den verlängerten oder ganzjährigen Anbau von Gemüse und Kräutern im eigenen Garten
  • eigene Jungpflanzenanzucht
  • Überwinterung von Kübelpflanzen, Obstgehölzen in Kübeln
  • Treiberei (Schnittlauch, Schnittblumen)
  • Weinanbau auch im weniger geeigneten Klima
  • Beherbung von kälteempfindlichen bzw. wärmebedürftigen Pflanzensammlungen: Kakteen, Bromelien, Bonsai, Farne, Palmen, Orchideen.

Für den Hobbygärtner gibt es ein großes Sortiment an Kleingewächshäusern. Sie unterscheiden sich z. B. hinsichtlich Größe, Konstruktion, Eindeckungsmaterial, technische Ausstattung (Temperierungseinrichtungen, Bewässerungseinrichtungen).

Je nach Nutzungsart und dem daraus resultierenden Wärmebedarf ist in den Wintermonaten eine Heizung notwendig. Um Heizkosten zu sparen und auch aus Umweltschutzgründen sollte beim Kauf eines zu beheizenden Gewächshauses auf Wärmedämmung durch entsprechende Konstruktion und Eindeckmaterialien geachtet werden. Andererseits sind die Sommermonate oft sehr heiß – entsprechend wichtig können ausreichende Lüftungsmöglichkeiten und Schattierung werden.

In einem Kleingarten genügen manchmal aber auch schon ein bis zwei ausrangierte Fenster, um ein niedriges Gewächshaus (Frühbeet) zu bauen, dessen Klima sich durch Öffnen der Glasflächen regeln lässt.

Siehe auch

Literatur

Allgemein

  • Friedrich Otto; Friedrich K. Schramm: Kurze Anleitung zum Bau der Gewächshäuser mit Angabe der inneren Einrichtung derselben u. der Construktion ihrer einzelnen Theile. Berlin 1826 Digitalisat der ULB Düsseldorf
Glaskuppel des Kibble Palace in den Botanischen Gärten in Glasgow
  • Ulrich Sachweh (Herausgeber): Der Gärtner, Band 1, Grundlagen des Gartenbaues. 5. Auflage, Ulmer, Stuttgart 1984, 2001, ISBN 3-8001-1184-5, Abschnitt 3 „Gewächshäuser“, S. 509 ff.
  • Eva Schumann, Gerhard Milicka: Das Kleingewächshaus – Technik und Nutzung. 4. Auflage, Ulmer-Verlag, Stuttgart 2014, ISBN 978-3-8001-8064-6
  • Karla Krieger: gewächshäuser. Franckh-Kosmos, 2007, ISBN 978-3-440-11027-0
  • Jörn Pinske: Gewächshäuser: der Praxis-Ratgeber. Materialien und Bauformen, Einrichtung und Technik, Praxis rund ums Jahr. blv, München 2005, ISBN 3-405-16835-X
  • Christian von Zabeltitz: Gewächshäuser: Planung und Bau. 65 Tabellen, 2., neubearb. und erw. Aufl., Ulmer-Verlag, Stuttgart 1986, ISBN 978-3-8001-5130-1

Geschichte

Weblinks

Wiktionary: Gewächshaus – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen
 Commons: Gewächshaus – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. Lucius Iunius Moderatus Columella: De Re Rustica, Liber XI, III. DE CULTU HORTORUM. Abgerufen am 13. Dezember 2015.
  2. Fran Beauman: The Pineapple: King of Fruits. Random House, London 2005, ISBN 0-7011-7699-7. S. 25.
  3. Fran Beauman: The Pineapple: King of Fruits. Random House, London 2005, ISBN 0-7011-7699-7. S. 58.
  4. Fran Beauman: The Pineapple: King of Fruits. Random House, London 2005, ISBN 0-7011-7699-7. S. 56.
  5. Fran Beauman: The Pineapple: King of Fruits. Random House, London 2005, ISBN 0-7011-7699-7. S. 72.
  6. Fran Beauman: The Pineapple: King of Fruits. Random House, London 2005, ISBN 0-7011-7699-7. S. 59.
  7. Fran Beauman: The Pineapple: King of Fruits. Random House, London 2005, ISBN 0-7011-7699-7. S. 76.
  8. Fran Beauman: The Pineapple: King of Fruits. Random House, London 2005, ISBN 0-7011-7699-7. S. 97.
  9. Beauman: The Pineapple – King of Fruit. S. 89.
  10. Helga Stoverock: Der Poppelsdorfer Garten. Dissertation, Universität Bonn 2001, S. 232–237 (urn:nbn:de:hbz:5-02427)
  11. Complojer, Ingrid und Raffeiner, Kurt: [ (Link nicht mehr abrufbar) Historische Glaskonstruktionen]
  12. Wardsche Kiste, abgerufen am 7. Februar 2012
  13. Watergy.de über Produktionsweise und Anwendung des Projekts (Memento vom 23. Februar 2007 im Internet Archive)
  14. Bericht über geschlossenes Gewächshaus
  15. IFOAM EU: Die Europäischen Öko-Verordnungen, 2012, Abschnitt „4.6. Aussichten für neue europäische Vorschriften für Gewächshäuser“
  16. Hors-sol-Tomaten schmecken nach nichts.“ unter complemedis.ch
  17. Landwirtschaft.ch bestreitet Unterschied (beruft sich auf gewisse „Studien“, allerdings ohne Referenzen zu nennen)
  18. Raslafraise.ch bekräftigt Unterschied (beruft sich auf gewisse „Studien“, allerdings ohne Referenzen zu nennen)
  19. Foodnews.ch Artikel Schweizer Beeren schmecken besser!
  20. Offizieller Erntestart im Gewächshauspark Grevenbroich-Neurath
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