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Gesetz zur Wiederherstellung des Berufsbeamtentums

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Das Gesetz zur Wiederherstellung des Berufsbeamtentums, kurz Berufsbeamtengesetz, wurde am 7. April 1933 erlassen und erlaubte es den nationalsozialistischen Machthabern, jüdische und politisch missliebige Beamte aus dem Dienst zu entfernen. Zwecke des unter Federführung von Wilhelm Frick veröffentlichten Gesetzes waren die Verwirklichung der rassenpolitischen Ziele der NSDAP und die Gleichschaltung des öffentlichen Dienstes. Das Gesetz wurde durch das alliierte Kontrollratsgesetz Nr. 1 betreffend die Aufhebung von NS-Recht vom 20. September 1945 aufgehoben.

Reichsgesetzblatt vom 7. April 1933: Gesetz zur Wiederherstellung des Berufsbeamtentums

Inhalt

Politische Gegner des Nationalsozialismus („Beamte, die nach ihrer bisherigen politischen Betätigung nicht die Gewähr dafür bieten, dass sie jederzeit rückhaltlos für den nationalen Staat eintreten“) konnten in den Ruhestand versetzt oder aus dem Dienst entlassen werden.

Ferner waren Beamte zu entlassen, die nach 1918 in ihren Beruf eingetreten waren, ohne die für die Laufbahn übliche Vorbildung nachweisen zu können. Diese wurden im Sprachgebrauch als „Parteibuch-Beamte“ bezeichnet.

§ 3 ist eines der bekanntesten Beispiele eines „Arierparagraphen“. Als „Beamte nicht arischer Abstammung“ galten nach § 3 (1) der „Ersten Verordnung zur Durchführung des Gesetzes zur Wiederherstellung des Berufsbeamtentums“ schon diejenigen, die nur einen jüdischen Großelternteil im Stammbaum hatten. Sie konnten nunmehr entlassen oder vorzeitig in den Ruhestand versetzt werden. Nach § 3 (2) sollten jedoch „nicht arische“ Beamte im Dienst belassen werden, wenn sie schon vor August 1914 verbeamtet worden waren, oder die im Weltkrieg an der Front für das Deutsche Reich oder für seine Verbündeten gekämpft haben oder deren Vater oder Söhne im Weltkrieg gefallen sind. Die Ausnahmeregelung für Frontkämpfer wurde als Frontkämpferprivileg bezeichnet.

Alle im Beamtenstatus befindlichen Personen mussten von nun an den sogenannten Ariernachweis erbringen, der belegen sollte, dass der Beamte keine Vorfahren jüdischer Religionszugehörigkeit hatte. Als Dokumente vorzulegen waren: Die Geburtsurkunde, die Geburts- oder Taufurkunden der Eltern und Großeltern, die Heirats- oder Trauurkunden der Eltern und Großeltern sowie gegebenenfalls Militärpapiere. Diese Unterlagen mussten die Beamten binnen 14 Tagen beim Behördenleiter einreichen. Konnte der Beamte die erforderlichen Urkunden nicht beibringen, dann musste er versichern, dass er alle Mittel und Wege versucht hatte, und zum Beweis alle Antwortschreiben der von ihm angeschriebenen Standes- und Pfarrämter beifügen.[1] Für Zweifelsfälle sollte dann eine neu eingerichtete Dienststelle des Sachverständigen für Rasseforschung beim Reichsinnenministerium in Berlin zu Rate gezogen werden.

Die Ausnahmeregelungen wurden durch die Nürnberger Gesetze aufgehoben. Jüdische Beamte, die noch ihren Beruf ausüben konnten, wurden spätestens zum 31. Dezember 1935 gekündigt.

Nach § 6 des Gesetzes konnten Beamte außerdem „zur Vereinfachung der Verwaltung“ ohne Angabe von Gründen in den Ruhestand versetzt werden. Die freiwerdenden Planstellen sollten nicht wieder besetzt werden. Dieser Paragraph wurde „extensiv dazu benutzt“, jene Nichtarier zu entlassen, die als „Altgediente, Kriegsteilnehmer oder Angehörige von Gefallenen“ angeblich ausgenommen werden sollten.[2]

In rascher Folge wurden zahlreiche Durchführungsverordnungen erlassen, durch die auch Angestellte und Arbeiter im Öffentlichen Dienst sowie bei Reichsbank und Reichsbahn einbezogen wurden.[3]

Ein Ruhegehalt wurde nicht allen Gruppen der Zwangspensionierten zugestanden.[4] Die gewährten Ruhestandsbezüge wurden 1938 durch die „Siebente Verordnung zum Reichsbürgergesetz“ reduziert.

Auswirkung

Die Bedeutung dieses Gesetzes reichte - soweit es Juden betraf - weit über den öffentlichen Dienst hinaus und diente als Richtmaß für die Ausübung von „Berufen, mit öffentlich-rechtlicher oder öffentlicher Wirksamkeit” wie Notaren und Patentanwälten.[5]

Das im Paragraf 3 verankerte Frontkämpferprivileg hatte der Reichspräsident Paul von Hindenburg in einem Schreiben an Adolf Hitler als Ausnahmeregelung eingefordert.[6] Entgegen der Erwartungen der Nationalsozialisten erfüllte eine erhebliche Anzahl jüdischer Beamter diese Bedingungen. Vermutlich konnte daher zunächst fast die Hälfte der rund 5.000 jüdischen Beamten noch im Dienst verbleiben.[7] Später wurde mit der Ersten Verordnung zum Reichsbürgergesetz vom 14. November 1935 der Beamtenstatus an eine neugeschaffene Reichsbürgerschaft gebunden, die „Deutschblütigen“ vorbehalten war: Damit mussten restlos alle jüdischen Beamten Ende 1935 ausscheiden.

Schon in der Weimarer Republik hatte es Maßnahmen gegeben, um durch Stellenabbau die öffentlichen Haushalte zu entlasten. Die Nationalsozialisten nutzten als Entlassungsgrund diese im Paragrafen 6 vorgesehene Möglichkeit in größerem Ausmaß. So wurde in Hamburg bis zum Jahre 1935 die Entlassung bei 555 von 637 Lehrkräften unter Berufung auf § 6 ausgesprochen. Im gleichen Zeitraum wurden jedoch 468 dieser Stellen wieder besetzt, so dass die angebliche Einsparungsmaßnahme eher Vorwand war, um nationalsozialistisch gesinnte Lehrkräfte einstellen zu können.[8]

Reaktionen

Vor allem im Justizbereich waren nationalsozialistische Parteianhänger seit März 1933 gewaltsam gegen Beamte vorgegangen. Richter und Staatsanwälte waren tätlich angegriffen und aus ihren Dienstzimmern vertrieben worden; Landesjustizminister hatten Zwangsbeurlaubungen ausgesprochen und Hausverbote erteilt. Bürgerliche Kreise und der noch nicht von den Nationalsozialisten kontrollierte Teil der Presse zeigten sich daher erleichtert, dass die Ausschreitungen und der „Radau-Antisemitismus“ durch eine gesetzliche Regelung der „Judenfrage“ ein Ende fanden. Die Ansicht, der angeblich übermächtige Einfluss der jüdischen „Fremdkultur“ solle beschnitten werden, war über den Kreis der Parteianhänger hinaus weit verbreitet.[9]

Deutungen

Saul Friedländer schreibt: „Dieses Gesetz zielte in seiner allgemeinsten Intention darauf, die gesamte Regierungsbürokratie umzugestalten, um ihre Loyalität gegenüber dem neuen Regime sicherzustellen. Seine Ausschließungsmaßnahmen, die für mehr als zwei Millionen staatlicher und städtischer Beschäftigte galten, waren gegen die politisch Unzuverlässigen, hauptsächlich Kommunisten und andere Gegner der Nationalsozialisten, und gegen Juden gerichtet.“[10]

Der Historiker Uwe Dietrich Adam nennt den die Bezeichnung „Gesetz zur Wiederherstellung des Berufsbeamtentums“ eine „zynische Umkehrung des eigentlichen Sachverhalts“. Das Gesetz setze zudem eine Zäsur und sei unübersehbarer Anfangspunkt einer formalrechtlich abgesicherten Strategie, die auf die Ausschaltung der jüdischen Minderheitsbevölkerung abziele.[11]

Peter Longerich stellt heraus, dass die beiden ersten antijüdischen Gesetze vom 7. April 1933 „einen massiven Eingriff in die seit 1871 im Deutschen Reich geltende staatsbürgerliche Gleichberechtigung der Juden“ bedeute.[12]

Daniel Goldhagen wertet die frühen antijüdischen Maßnahmen wie folgt: „Die Eliminierung der Juden war von Anfang an Hitlers Ziel. Es begann schon 1933 mit dem Ausschluss von Juden aus der Gesellschaft.“[13]

Vergleichbare Regelungen

Ebenfalls am 7. April 1933 wurde das „Gesetz über die Zulassung zur Rechtsanwaltschaft“ ausgefertigt, das entsprechende Regelungen enthielt. Zur Enttäuschung der Antisemiten mussten reichsweit „nur“ rund 40% der jüdischen Rechtsanwälte ihre Berufstätigkeit beenden, da viele durch das „Frontkämpferprivileg“ geschützt waren.[14]

Literatur

  • Uwe Dietrich Adam: Judenpolitik im Dritten Reich. Unv. Nachdruck von 1972, Düsseldorf 2003, ISBN 3-7700-4063-5.
  • Horst Göppinger: Juristen jüdischer Abstammung im „Dritten Reich“. Entrechtung und Verfolgung, 2. Auflage, Verlag C. H. Beck, München 1990, ISBN 3-406-33902-6.

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Diana Schulle: Das Reichssippenamt. Eine Institution nationalsozialistischer Rassenpolitik. (Diss. 1999) Berlin 2001, ISBN 3-89722-672-3, S. 86.
  2. Raul Hilberg: Die Vernichtung der europäischen Juden. Frankfurt/m. 1990, ISBN 3-596-10611-7, Bd. 1, S. 90.
  3. Dokumentarchiv / Günter Plum: Wirtschaft und Erwerbsleben. In: Wolfgang Benz (Hrsg.): Die Juden in Deutschland 1933-1945. München 1988, ISBN 3-406-33324-9, S. 286.
  4. Höhe der Bezüge in: Bernhard Müller: Alltag im Zivilisationsbruch… München 2003, ISBN 3-935877-68-4, S. 86.
  5. Günter Plum: Wirtschaft und Erwerbsleben. In: Wolfgang Benz (Hrsg.): Die Juden in Deutschland 1933-1945. München 1988, ISBN 3-406-33324-9, S. 286.
  6. Peter Longerich: Politik der Vernichtung… München 1998, ISBN 3-492-03755-0, S. 42 und 600.
  7. Peter Longerich: Politik der Vernichtung. S. 42–43.
  8. Hans-Peter de Lorent: Nazibiographien. In: Hamburger Lehrerzeitung (hlz) Heft 01/02 2007, S. 48.
  9. Peter Longerich: „Davon haben wir nichts gewusst…“ Pantheon, München 2006 ISBN 3-88680-843-2, S. 63–66.
  10. Saul Friedländer: Das Dritte Reich und die Juden: Bd. 1., Die Jahre der Verfolgung: 1933–1939, durchgeseh. Sonderausgabe München 2007, ISBN 978-3-406-56681-3, S. 40.
  11. Uwe Dietrich Adam: Judenpolitik im Dritten Reich. unv. Nachdruck von 1972, Düsseldorf 2003, ISBN 3-7700-4063-5, S. 48–49.
  12. Peter Longerich: „Davon haben wir nichts gewusst“…, München 2006, ISBN 3-88680-843-2, S. 63.
  13. Unter „Eliminierung“ versteht er in diesem Kontext den Holocaust; er hält das Wort jetzt sachlich für richtiger als „Genozid“. Quelle: DER SPIEGELT, Spiegel-Gespräch. „Mörder dürfen ermordet werden“ 2009 Nr. 41, S. 134-140
  14. Peter Longerich: Politik der Vernichtung. S. 43 / In Hamburg wurden von 189 jüdischen Rechtsanwälten 69 ausgeschlossen - vergl. Heiko Morisse: Jüdische Rechtsanwälte in Hamburg… Hamburg 2003, ISBN 3-7672-1418-0, S.31–32.
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