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Geschichte der Juden in Krems

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Die Kremser Judengasse

Seit dem 13. Jahrhundert gibt es Juden in Krems, wo sich in Folge eine der bedeutendsten jüdischen Gemeinden auf dem Gebiet des heutigen Niederösterreich entwickelte.

Anfänge im Mittelalter

Der erste Jude, welcher im Gebiet Österreichs unter der Enns auftaucht, ist der im Jahre 1239 auftretende Bibas, der wohl in Krems ansässig war. Ob es schon davor zu einer jüdischen Besiedlung kam ist ungewiss, Krems war aber damals ein bedeutender Handelsplatz in der babenbergischen Mark, der wohl auch jüdische Familien anzog. Im selben Jahr wurden auch zum ersten Mal Juden in Wiener Neustadt erwähnt, welche neben Wien die älteste überlieferte Gemeinde Österreichs beherbergte.[1]

1264 trat der erste Judenrichter im Gebiet des heutigen Österreichs in Krems auf. 1270 scheint in einer Kremser Zeugenliste ein Jude namens Smoiel auf und ist 1291 als Judenmeister (deutsche Bezeichnung für einen Rabbiner oder einem anderen jüdischen Funktionär innerhalb der Gemeinde) nachweisbar. Im frühen 14. Jahrhundert wirkte der Judenmeister Israel, er hinterließ zahlreiche Schriften und wurde Begründer einer jüdischen Gelehrtenfamillie Österreichs. Israels Sohn, Herschel von Herzogenburg war in der zweiten Hälfte des 14. Jahrhunderts ein bekannter Geldverleiher (Juden durften außer dem Geldgeschäft keinen anderen Berufszweig ausüben) und ein prominenter Toragelehrter. Als Rabbiner amtierte ein gewisser Aharon Blümlein, er war ein Enkel des Israel, wurde aber im Zuge der Wiener Gesera 1420/21 ermordet. Der wohl berühmteste Nachfahre Israels war der in Wiener Neustadt und in Marburg tätige Rabbiner Israel Isserlein (starb 1460). Die Nennung des Judenmeisters Smoiel im Jahr 1291 lässt also auf das Vorhandensein einer Gemeinde im späten 13. Jahrhundert schließen.[1]

Die mittelalterliche Gemeinde

Eine jüdische Gemeinde stellte eine Gemeinde in der Stadtgemeinde selbst dar und war mit gewisser rechtlicher Autonomie versehen, vergleichbar etwa mit den Zünften der Städte, denen ebenfalls gewisse Autonomien zugestanden und gewisse Aufgaben zugeteilt wurden. Die Hauptaufgaben der Gemeinde bestanden neben einer Vertretung der Juden nach außen, also gegenüber der christlichen Welt und der Steuereinhebung, vor allem in innerorganisatorischen Aufgaben religiöser oder auch weltlicher Art. Darunter fiel die Sorge für Recht und Ordnung nach halachischen Gesetzen, das rabbinisches Gericht Beth Din behandelte vor allem Probleme zu Ehe- und Erbrecht oder Fragen des Miteinanderlebens. Der Schutz der Ehre der Gemeindemitglieder, aber auch die Verwaltung des Gemeindebesitzes sowie soziale Aufgaben (Zedaka), also die Bereitstellung eines sozialen Auffangnetzes, das sowohl gemeindeinternen Armen ohne ausreichende Steuergrundlage, mittellosen Studenten, aber auch Durchreisenden zugutekam, zählten zu den Aufgaben der Gemeinde. Jedes Gemeindemitglied hatte regelmäßig einen bestimmten Betrag, berechnet an der Höhe des Vermögens, an die Gemeinde abzuliefern, dazu kamen als potentielle Einnahmen Strafgelder sowie freiwillige Spenden.

Die Kremser Gemeinde hatte eine Synagoge und einen Friedhof, 1878 wurde in der Gaswerkgasse 30 ein Goldmünzenfund gemacht, und Knochenreste von rund 20 Skeletten gefunden, man vermutet den Friedhof dort. Die Synagoge befand sich im Bereich des Bürgerspitals zwischen Oberer Landstraße und Judengasse, in diesem Raum ließen sich die meisten Juden nieder. Primäre Berufsbetätigung blieb der Geldverleih.[2] Juden aus Krems zählten zu den Geldgebern des Adels und Klöster, aber den größten Teil des Einkommens machten die Darlehen an einfachen Bürgern und Bauern aus. Es bestanden zudem enge Verbindungen zur Wiener Judengemeinde, oft lassen sich Kremser Juden in Wien nachweisen.

1293 kam es hier, nach einem Ritualmordvorwurf, zu ersten Verfolgungen. Ein Pestpogrom geschah in Krems 1349, als die Massen der gesamten Umgebung über die Juden herfielen.

Eine Heiratsurkunde von 1392, die Kremser Ketubba,[3][4] die zahlreichen bekannten Rabbiner und eine funktionierende Gemeinde bezeugen die Wichtigkeit der Gemeinde in Krems. Sie blieb bis zur Vertreibung 1420 eine der bedeutendsten in Österreich.

Vertreibung im 15. Jahrhundert

Das 15. Jahrhundert ist durch ein anschwellen der Judenfeindlichkeit bei kirchlichen Seiten als auch bei weltlichen Seiten geprägt. Dank antijüdischen predigten der Kirche erreichte der Judenhass die breite Masse und wurde auch oft durch Dichtungen oder Abbildungen verstärkt. Auch die Schutzherren sahen es nicht mehr für nötig Juden zu beschützen, meist wurden Verfolgungen geduldet oder sogar gefördert. Meist kam mit der Verfolgung die gezielte Vertreibung der Juden und im heutigen österreichischen Gebiet betraf dies die Juden im Herzogtum Österreich. Sie fielen der Wiener Gesera von 1420/21 zum Opfer. Die schon aufgeheizte Stimmung durch die Hussitenkriege und die Behauptungen die Juden hätten angebliche Verbindungen zu den Hussiten wurden zum Verhängnis für die jüdischen Gemeinden. Die Rechtfertigung für die Verfolgungen aber, war demnach eine Hostienschändung. Diese Rechtfertigung wurde erst nach der Vertreibung erhoben. Die sehr widersprüchlichen Quellen oder auch ein jiddischer Bericht erwähnen keine Hostienschändung, sondern erklären die Abläufe der Gefangennahme, Zwangstaufe und der brutalen Vertreibung. Mitte Juni bis Anfang August fand die Vertreibung der Kremser Juden statt. Sie wurden zuallererst gefangen genommen. Anschließend wurden manche getauft, die die sich weigerten blieben in Gefangenschaft, falls sie wohlhabend waren, die ärmeren wurden vertrieben. Die restlichen reichen Juden wurden gefoltert und aufgefordert zu erklären wo sie ihr Vermögen hielten. Der gesamte mobile Besitz wurde Beschlagnahmt, Pfand- und Schuldurkunden entweder verbrannt oder eingezogen (letzteres war wohl ein wichtiges Anliegen für viele Adelige, Geistliche und Bürger, da sie meist ihre Schulden nicht zurückzahlen konnten und sich durch die Gefangennahme der Juden einer Zurückzahlung entziehen konnten). Während der Folter starb der Rabbiner von Krems, Aaron Blümlein. Die Überlebenden siedelten sich in Ungarn und Böhmen an.

Informationstafel auf der Bürgerspitalkirche, 1470 wurden die Häuser der Vertriebenen Juden abgerissen.

Im Herzogtum Österreich beendete die Gesera die jüdische Besiedlung für den Rest des Mittelalter. Krems hatte zwar kein erzwungenes Ghetto, dennoch siedelten sich die meisten Juden um die Synagoge an, die ein symbolischen und geografisches Zentrum des Judenviertels war. Nach der Vertreibung wurden die Häuser und die Synagoge abgerissen und an der Stelle eine Kirche erbaut.

Einzelnachweise

  1. 1,0 1,1 Eveline Brugger: Von der Ansiedlung bis zur Vertreibung; in : Geschichte der Juden in Österreich. Ueberreuter, Österreich, S. 172-173.
  2. Aus der Geschichte der jüdischen gemeinden im Deutschsprachigem Raum; Krems an der Donau. Abgerufen am 28. Mai 2020.
  3. Österreichische Nationalbibliothek: Cod. Hebr. 218.
  4. Krems Ketubbah auf The Center for Jewish Art.
Dieser Artikel basiert ursprünglich auf dem Artikel Geschichte der Juden in Krems aus der freien Enzyklopädie Wikipedia und steht unter der Doppellizenz GNU-Lizenz für freie Dokumentation und Creative Commons CC-BY-SA 3.0 Unported. In der Wikipedia ist eine Liste der ursprünglichen Wikipedia-Autoren verfügbar.