Jewiki unterstützen. Jewiki, die größte Online-Enzy­klo­pädie zum Judentum.

Helfen Sie Jewiki mit einer kleinen oder auch größeren Spende. Einmalig oder regelmäßig, damit die Zukunft von Jewiki gesichert bleibt ...

Vielen Dank für Ihr Engagement! (→ Spendenkonten)

How to read Jewiki in your desired language · Comment lire Jewiki dans votre langue préférée · Cómo leer Jewiki en su idioma preferido · בשפה הרצויה Jewiki כיצד לקרוא · Как читать Jewiki на предпочитаемом вами языке · كيف تقرأ Jewiki باللغة التي تريدها · Como ler o Jewiki na sua língua preferida

Geschichte der Juden in Freiburg im Breisgau

Aus Jewiki
Zur Navigation springen Zur Suche springen

Die Geschichte der Juden in Freiburg beginnt im Spätmittelalter mit der Erwähnung eines Ghetto im Freiburger Bereich Wasserstraße/Weberstraße. Im Jahr 1328 ist eine Synagoge in der Weberstraße Nr. 6 belegt. Bereits kurz danach ist in der Folge einer Pestwelle 1348 die Verfolgung und die Ermordung von Juden als Brunnenvergifter belegt. Im Jahr 1360 wird die Ansiedlung von Juden wieder erlaubt, unter der Bedingung, dass diese Judenhut und Judenmantel tragen sowie während der Karwoche ein Ausgangsverbot einhalten. 1401 erfolgt der Beschluss, dass auf "ewige Zeiten" keine Juden mehr in Freiburg leben dürfen. Der Aufenthalt in der Stadt durfte nur in Begleitung eines Stadtknechtes und mit einer stündlich zu zahlenden Gebühr erfolgen.[1]

Eine Veränderung der Situation erfolgte im Rahmen des Toleranzpatents Kaiser Joseph II im Jahr 1782. Es hob zwar formal die bestehenden "Judengesetze" auf, im Alltag bestanden dennoch Einschränkungen für Juden. Für Freiburg wurde Juden der Besuch höherer Schulen, sowie der Universität möglich. Eine Niederlassung als Vollbürger war dennoch nicht möglich. Im Jahr 1809 wurde Juden in der Grünwälderstraße Nr. 12 ein Judengasthaus zugewiesen. Der erste Pächter des Gasthauses wurde der erste jüdische Vollbürger Freiburgs.[2] 1835 hob Großherzog Leopold zu Baden alle Sonderabgaben für Juden auf.[3] 1846 waren 20 Juden in Freiburg registriert. In den Jahren 1869/1870 wurde die Synagoge, u.a. mit Beteiligung des Freiburger Unternehmens Brenzinger & Cie. am Werthmannplatz, heute Platz der Alten Synagoge erbaut. Im Rahmen der Novemberpogrome 1938 wurde sie zerstört.

Die Emanzipation der Juden stieß in der Freiburger Geschäftswelt im Jahr 1862 auf Widerstand. Teile der Geschäftsleute reichten dagegen eine Petition an den Badischen Landtag ein. Im Jahr 1870 wurde der noch heute genutzte Jüdische Friedhof Freiburg gegründet.

Mahnmal in der Form eines Verkehrshinweises zur Erinnerung an die Deportation Freiburger Juden in das Konzentrationslager Gurs in Südfrankreich

Zeit des Nationalsozialismus

Die „Machtergreifung“ der Nationalsozialisten Ende Januar 1933 in Berlin setzte sich auch in Freiburg rasch durch. Am 6. März hissten die Nazis ohne Zustimmung des Oberbürgermeisters Karl Bender die Hakenkreuzfahne am Freiburger Rathaus, wobei der Kreisleiter und Herausgeber des Kampfblatts der Nationalsozialisten Oberbadens Der Alemanne Franz Kerber sowie SA-Oberführer Hanns Ludin vom Balkon aus Reden hielten.[4] Am 16. März wurden Bürgermeister Josef Hölzl und Stadtrat Franz Geiler, beide SPD, im Rathaus verhaftet. Am 17. März zwischen 4 und 5 Uhr sollte der jüdische sozialdemokratische Landtagsabgeordnete und Stadtverordnete Christian Daniel Nußbaum festgenommen werden, der daraufhin bei einem Schuss durch die Wohnungstür einen Polizeibeamten tödlich verletzte.[5] Am 18. März wurden in Freiburg sämtliche örtliche Organisationen der SPD und KPD einschließlich ihrer Hilfs- und Nebenorganisationen aufgelöst.[6] Am 20. März erklärten fünf NSDAP-Abgeordnete und ein DNVP-Abgeordneter den Stadtrat für abgesetzt und setzten sich selbst als Kommissare ein, die mit Oberbürgermeister Bender zusammenarbeiten wollten.

Am 28. März 1933 legt der jüdische SPD-Stadtrat Max Mayer und am 31. März 1933 der Stadtrat Robert Grumbach, ebenfalls SPD, in der Folge des Vorläufigen Gesetzes zur Gleichschaltung der Länder mit dem Reich ihr Mandat nieder.[7] Den nationalen Boykott jüdischer Geschäfte am 1. April befolgten die Freiburger nur halbherzig. Die am 17. Mai vor den Stufen des Münsters geplante Bücherverbrennung fiel wegen Regens aus.[8] An der Freiburger Universität verkündete der neue Rektor Martin Heidegger die Größe des nationalsozialistischen Aufbruchs und den Führerkult und beschwor in seiner Antrittsrede die bluthaften Kräfte als einzige Bewahrer deutscher Kultur.[9] Wie vielerorts in Deutschland ging auch in Freiburg im Zuge der Novemberprogrome am 10. November 1938 die Synagoge in Flammen auf. Von einer größere Anzahl in Schutzhaft genommener Juden wurden 100 männliche Personen über 18 Jahre als Schüblinge ins KZ Dachau nördlich von München verbracht.[10] Am 22. Oktober 1940 kam es in Freiburg, wie in ganz Baden, im Rahmen der Wagner-Bürckel-Aktion zur Deportation der Juden. Diese kamen zunächst in das französische Konzentrationslager Camp de Gurs in der Nähe der spanischen Grenze, später von dort in die Vernichtungslager.

Neuzeit

Am 7. September 1945 fand der erste Gottesdienst der jüdischen Gemeinde nach Kriegsende statt. Ende des Jahres gründet sich als Israelitische Landesgemeinde Baden wieder eine jüdische Gemeinde. Am 11. November 1947 wurde dem ehemaligen Stadtrat Robert Grumbach stellvertretend für alle Juden Freiburgs die Ehrenbürgerwürde der Stadt verliehen. Am 16. Juni 1985 erfolgt die Grundsteinlegung für die neue Synagoge, die am 5. November 1985 eingeweiht wurde. Zur Zeit sind die orthodoxe Israelitische Gemeinde Freiburg mit ca. 750 Mitgliedern und die egalitäre Jüdische Chawurah Gescher Gemeinde aktiv.

Literatur

  • Else R. Behrend-Rosenfeld (Elsbeth Rachel): Ich stand nicht allein. Erlebnisse einer Jüdin in Deutschland 1933-1944. 1979. (Erstauflage Zürich 1945)
  • Gabriele Blod: Die Entstehung der israelitischen Gemeinde Freiburg 1849-1941. In: Stadt und Geschichte. (Neue Reihe des Stadtarchives Freiburg, 12). 1988.
  • Ernst Otto Bräunche: Die "Reichskristallnacht" Freiburg. In: Schau-ins-Land. 103 (1984).
  • Andrea Brucher-Lembach: ...wie Hunde auf ein Stück Brot. Die Arisierung und der Versuch der Wiedergutmachung in Freiburg. Hg. vom Arbeitskreis Regionalgeschichte Freiburg e.V. (Reihe Alltag und Provinz Bd. 12). Donzelli-Kluckert Verlag, Bremgarten 2004, ISBN 3-933284-12-0.
  • Kathrin Clausing: Leben auf Abruf. Zur Geschichte der Freiburger Juden im Nationalsozialismus. Freiburg 2005, ISBN 3-923272-33-2.
  • Germania Judaica. II S. 253–257; III,1, S. 395ff.
  • Joachim Hahn, Jürgen Krüger: "Hier ist nichts anderes als Gottes Haus...". Synagogen in Baden-Württemberg. Theiss, Stuttgart 2007, ISBN 978-3-8062-1843-5.
  • Franz Hundsnurscher, Gerhard Taddey: Die jüdischen Gemeinden in Baden : Denkmale, Geschichte, Schicksale. Hrsg. von d. Archivdirektion Stuttgart. 1968, S. 86–74.
  • Reiner Haehling von Lanzenauer: Gertrud Luckner-Helferin der Bedrängten. In: Reinhold Schneider Blätter. Mitteilungen der Reinhold-Schneider-Gesellschaft. Heft 17. Mai 2005, S. 35–57.
  • Adolf Lewin: Juden in Freiburg i.Br. Trier 1890.
  • David Maier: Geburtsort Freiburg. Erinnerungen eines deutsch-jüdischen Engländers. Stadtarchiv, Stadt Freiburg 2001.
  • Lotte Paepcke: Ein kleiner Händler, der mein Vater war. Heilbronn 1972.
  • Lotte Paepcke: "Ich wurde vergessen". Bericht einer Jüdin, die das Dritte Reich überlebte. 1979.
  • Berent Schwineköper, Franz Laubenberger: Geschichte und Schicksal der Freiburger Juden. Aus Anlass des 100jährigen Bestehens der israelitischen Gemeinde in Freiburg. (Freiburger Stadthefte 6). Rombach, 1963, DNB 454814674.
  • Franz-Josef Ziwes (Hrsg.): Badische Synagogen. Braun, Karlsruhe 1997, ISBN 3-7650-8177-9, S. 42–43.
  • Festschrift zum 20-jährigen Bestehen der neuen Synagoge Freiburg. zusammengestellt von Alexander Kim und Christoph Bier
  • Das Schicksal der Freiburger Juden am Beispiel des Kaufmanns May Mayer und die Ereignisse des 9./10. November 1938. Mit Beiträgen von R. Böhme und H. Haumann. Schillinger, 1989, ISBN 3-89155-073-1.

Einzelnachweise

  1. Astrid Fritz, Bernhard Thill: Unbekanntes Freiburg. Spaziergänge zu den Geheimnissen einer Stadt. Rombach Verlag, Freiburg 2005, ISBN 3-7930-0879-7, S. 45.
  2. Astrid Fritz, Bernhard Thill: Unbekanntes Freiburg. Spaziergänge zu den Geheimnissen einer Stadt. Rombach Verlag, Freiburg 2005, ISBN 3-7930-0879-7, S. 45f.
  3. Dieser Schritt wurde von Karl von Rotteck kritisiert, der dafür war, den 'bisherigen Rechtszustand beizubehalten', so: Astrid Fritz, Bernhard Thill: Unbekanntes Freiburg. Spaziergänge zu den Geheimnissen einer Stadt. Rombach Verlag, Freiburg 2005, ISBN 3-7930-0879-7, S. 45f.
  4. Ulrich P. Ecker, Christiane Pfanz-Sponagel: Die Geschichte des Freiburger Gemeinderats unter dem Nationalsozialismus. Schillinger Verlag, Freiburg 2008.
  5. Diethard H. Klein (Hrsg.): Freiburg. Ein Lesebuch. Husum Verlag, Husum 1987.
  6. Hans und Inge Kaufmann: Verfolgung, Widerstand, Neubeginn in Freiburg 1933 -1945. Verlag Armbruster, Brändle, Hubert, Freiburg im Breisgau 1989.
  7. Ulrich P. Ecker, Christiane Pfanz-Sponagel: Die Geschichte des Freiburger Gemeinderats unter dem Nationalsozialismus. In: Neue Reihe des Stadtarchivs Freiburg im Breisgau. Heft 21, 2008, ISBN 978-3-89155-336-7, S. 20.
  8. Gerhard M. Kirk: Das Bücherfeuer fiel ins Wasser. In: Badische Zeitung. 10. Mai 2008.
  9. Ulrike Rödling: Griff nach der Macht und Die Nazis auf dem Campus. In: Badische Zeitung. 30. Januar 2003.
  10. Wolf Middendorff: Als die Synagogen im Breisgau brannten. In: Freiburger Almanach. 30, 67, 1979.


Dieser Artikel basiert ursprünglich auf dem Artikel Geschichte der Juden in Freiburg im Breisgau aus der freien Enzyklopädie Wikipedia und steht unter der Doppellizenz GNU-Lizenz für freie Dokumentation und Creative Commons CC-BY-SA 3.0 Unported. In der Wikipedia ist eine Liste der ursprünglichen Wikipedia-Autoren verfügbar.