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Gerhart Husserl

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Gerhart Adolf Husserl (geb. 22. Dezember 1893 in Halle (Saale); gest. 8. September[1] 1973 in Freiburg im Breisgau) war ein deutsch-amerikanischer Jurist und Rechtsphilosoph. Er war der Sohn des Philosophen Edmund Husserl, des Begründer der Phänomenologie, die ihn tief beeinflusste.[2]

Leben

Gerhart Husserl, ältester Sohn von Edmund und Malvine Husserl, begann 1912 sein rechtswissenschaftliches Studium in Göttingen und ab 1913 in Leipzig. Am 2. August 1914 zusammen mit seinem Bruder Wolfgang meldete er sich freiwillig beim Göttinger Infanterieregiment. Leutnant, Eisernes Kreuz, er wurde durch einen Kopfschuss schwer verwundet und trepaniert, wie seine Schwester Elisabeth erzählte. Im Frühjahr 1918, „zwei Jahre nachdem sein einziger Bruder“ mit 17 vor Verdun gefallen war, „ging Gerhart Husserl wieder freiwillig ins Feld“. Am 30. September 1918 wurde er ein 2. Mal durch Kopfschuss verwundet und verlor die Sehkraft des linken Auges. Trotz einer „immer wieder verzögerten Rekonvaleszenz“ gelang es ihm seine juristische Ausbildung durchzuführen.[3] Er promovierte 1921 in Freiburg, habilitierte 1924 in Bonn und kam 1926 als Professor für Römisches und Bürgerliches Recht und Zivilprozess nach Kiel. Im Jahrzehnt nach seiner Habilitation aber befaßte er sich vor allem mit rechtsphänomenologischen Arbeiten.[4]

Am 29. April 1933 wurde Gerhart Husserl aufgrund seiner jüdischen Abstammung gemäß dem nationalsozialistischen Berufsbeamtengesetz beurlaubt und am 29. Oktober unter Aufhebung der Beurlaubung nach Göttingen versetzt. Die Mehrheit der Kollegen dort aber lehnten den „in Kiel abgebauten“ Professor als „reinen Phänomenologen“ und „Nichtarier“ ab, sodass der Minister ihn zum 1. Mai 1934 an die Universität Frankfurt am Main, die damals als „Sammelbecken für nichtarische Professoren“ vorgesehen war, wieder versetzte.[5] Schließlich ließ sich Husserl zum 1. April 1935 emeritieren.[6] Er wurde zum 31. Dezember 1935 auf Grundlage der Nürnberger Gesetze in den Ruhestand versetzt und im Februar 1936 wurde ihm die Lehrerlaubnis entzogen. Husserl wanderte im Oktober darauf in die Vereinigten Staaten aus, wo er 1941 die amerikanische Staatsbürgerschaft annahm.[7]

Von 1938 bis 1940 war Gerhart Husserl Gastprofessor an der University of Virginia und von 1940 bis 1948 ordentlicher Professor an der National University Law School in Washington, D.C., wo er amerikanisches Recht lehrte. 1946 bis 1947 war er in der Rechtsabteilung der Militärregierung in Berlin unter General Clay, 1948 bis 1952 im amerikanischen auswärtigen Dienst in Berlin und Frankfurt unter McCloy tätig. Von 1952 bis 1953 war er noch Gastprofessor in Köln[8] und 1954 Honorarprofessor in Freiburg. Auf seine Initiative ging die Gründung des „Arbeitskreises für Fragen der Juristenausbildung e.V.“ zurück, dessen Arbeitsstätte in Freiburg er dann geleitete.[9]

Schriften

  • Rechtskraft und Rechtsgeltung: Eine Rechtsdogmatische Untersuchung (Berlin 1925)
  • „Recht und Welt“ in: Festschrift für Edmund Husserl, Halle: Max Niemeyer, 1929. Rechtsphilosophische Abhandlungen, Frankfurt a. M. 1964.
  • Der Rechtsgegenstand, rechtslogische Studien zu einer Theorie des Eigentums (Berlin 1933)
  • „Justice“ in: International Journal of Ethics, vol. 47, 1937.
  • „Reform des deutschen Rechtsstudiums“ (Juristenzeitung Heft 14/15, 1953, S. 453-456 und 1956, S. 634-637)
  • Recht und Zeit: Fünf rechtsphilosophische Essays. (Frankfurt 1955) Enthält: „Recht und Zeit“, „Erfahrung des Rechts“, „Objektivität im Recht“, „Recht und Prozeß“, „Opfer, Unrecht und Strafe“
  • Die Ausbildung der deutschen Juristen. Darstellung, Kritik und Reform (Tübingen 1960)
  • Person, Sache, Verhalten - zwei phänomenologische Studien (Frankfurt a.M. 1969)

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Alexander Hollerbach: Jurisprudenz in Freiburg: Beiträge zur Geschichte der Rechtswissenschaftlichen Fakultät der Albert-Ludwigs-Universität, 2007, S. 399.
  2. Sophie Loidolt: Einführung in die Rechtsphänomenologie, Mohr Siebeck, 2010, S. 183.
  3. Elisabeth Husserl zitiert nach https://sdvigpress.hypotheses.org/232
  4. In: Die Deutsche Universitätszeitung vereinigt mit Hochschuldienst, 1969
  5. Frank Halfmann: „Eine ‚Pflanzstätte bester nationalsozialistischer Rechtsgelehrter‘: Die juristische Abteilung der Rechts- und Staatswissenschaftlichen Fakultät,“ in: Heinrich Becker, Hans-Joachim Dahms, Cornelia Wegeler (Hrsg.): Die Universität Göttingen unter dem Nationalsozialismus, 2. erw. Ausg. Sauer, München 1998, S. 102-155, hier: 109f.
  6. Gottfried Mehnert: Jüdische Wissenschaft im Dialog mit evangelischer Theologie Auseinandersetzung, Münster 2017, S. 101f.
  7. Professor Dr. Gerhart Husserl. Universität Kiel, abgerufen am 19. August 2017.
  8. Göppinger, Horst: Die Verfolgung der Juristen jüdischer Abstammung durch den Nationalsozialismus, 1. Aufl. Villingen 1963, S. 105.
  9. Alexander Hollerbach: Jurisprudenz in Freiburg: Beiträge zur Geschichte der Rechtswissenschaftlichen Fakultät der Albert-Ludwigs-Universität, 2007, S. 340.
Dieser Artikel basiert ursprünglich auf dem Artikel Gerhart Husserl aus der freien Enzyklopädie Wikipedia und steht unter der Doppellizenz GNU-Lizenz für freie Dokumentation und Creative Commons CC-BY-SA 3.0 Unported. In der Wikipedia ist eine Liste der ursprünglichen Wikipedia-Autoren verfügbar.