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Gau

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Der Titel dieses Artikels ist mehrdeutig. Weitere Bedeutungen sind unter Gau (Begriffsklärung) aufgeführt.

Gau war die Bezeichnung für eine landschaftlich geschlossene und von natürlichen Grenzen bestimmte politische Siedlungsgemeinschaft der Germanen. Das Wort diente als allgemeine Bezeichnung von Regionen als Landschaft oder Verwaltungseinheit.

Etymologie

Die Etymologie des althochdeutschen Wortes gouwe, gouwiLandstrich“ konnte noch nicht abschließend geklärt werden. Das Wort ist im Gotischen, im Althochdeutschen, im Altfriesischen und im Altenglischen als Neutrum bezeugt. Lange Zeit wurde die Herkunft aus germanisch *ga-agwia „das am Wasser gelegene [Land]“ mit einer Bedeutungserweiterung „Offenlandschaft, Ackerbaugegend, Siedlungslandschaft“ vermutet. Der Duden legt das germanische Wort *awjo in der Bedeutung „Insel, Au, zum Wasser gehörig“ zugrunde, aus dem die gemeingermanische Kollektivbildung *gaawja „Land am Wasser“ hervorging.[1]

Gegenwärtig stehen zwei neue Vorschläge zur Diskussion:

  • die Herleitung von der urindogermanischen Wurzel *ghew „gähnen, klaffen“ mit einer Bedeutungsentwicklung zu „freier Raum, Gegend, Landschaft“;
  • die Rückführung auf urgermanisch *ga-aw-ja (die Gesamtheit der Wohnungen oder Dörfer), eine Kollektivbildung zu germanisch *awja „Wohnung, Dorf“ mit einer althochdeutschen Ableitung inouwa „Wohnung, Wohnsitz“.

Die Bezeichnung der Gau für eine bestimmte Landschaft ist eine Historikerbildung des 17.−19. Jahrhunderts, die durch die Aufnahme in die Terminologie des Dritten Reiches in Misskredit geraten ist, allerdings in den (als Ortsnamenzusätze auch offiziellen) Bezeichnungen der Salzburger Bezirke weiterlebt.

Die Umlautform das Gäu (seltener die Gäu) ist in deutschen Mundarten und auch in der Namensüberlieferung gebräuchlich, zum Beispiel im zusammengesetzten Wort Allgäu. Der Umlaut erklärt sich durch den alten Lokativ (Ortsfall): ahd. gewi (im Gau). In den bairischen Dialekten gibt es den Ausdruck ins Gei gehn für „aufs Land fahren“ oder „in der ländlichen Gegend herumfahren“.

Begriffsgeschichte

Gaugrafschaft im Mittelalter

Es gibt keine Hinweise für die Annahme, dass das Wort Gau schon in germanischer Zeit einer Verwaltungsgliederung entsprochen hätte. Hierbei dürfte es sich um eine Fehldeutung der historischen Forschung des 18. und 19. Jahrhunderts handeln.[2]

Karl der Große etablierte nach der Niederwerfung der einheimischen Bevölkerung des Südostens seines Reiches dort das Grafschaftsprinzip, übernahm aber wohl vorhandene Regionalkonzepte. Der neue Zentralherrscher setzte Grafen als seine Stellvertreter vor Ort ein. Zur Abstützung seiner Herrschaft führte er das Römische Recht ein, das zentrale Macht und zentrale Gerichtsbarkeit legitimierte. Im Fränkischen Reich bezeichnete der comitatus im Wesentlichen den Amtsbezirk eines Grafen (comes, grafio), des so genannten Gaugrafen. Dieser war gleichzeitig oberster Richter und Führer eines Heerbanns. Dem Gau zugeordnet waren Zentmarken oder Hundertschaften, die oft durch Zentgrafen verwaltet wurden. Im Zent(grafen)gericht fungierten diese als Schöffen. Den süddeutschen Zentgerichten entsprachen in Norddeutschland die Gogerichte.

Auch die lateinische Bezeichnung pagus, die spätestens mit der Spätantike zu einem festen Bestandteil der römischen Regionalverwaltung geworden ist, wird traditionell mit Gau wiedergegeben. Diese Gleichsetzung geht bereits auf die merowingisch-fränkische Verwaltungspraxis zurück (als Beispiel: 768 pagus Aregaua, heutiger Kanton Aargau).

Gaue als Bezirke der NSDAP

Die Bezirke der NSDAP im Deutschen Reich 1925–1945 waren in Gaue gegliedert, geführt von einem Gauleiter, siehe Struktur der NSDAP. Die dem Deutschen Reich zwischen 1938 und 1939 eingegliederten Gebiete Österreichs (→ Ostmarkgesetz), des Sudetenlandes und Westpolens wurden als Reichsgaue verwaltet.

Heutige Verwendung des Begriffs

Ortsnamensbestandteile

In Flur- und Siedlungsnamen ist die Etymologie eines Wortendes ...gau unklar, weil es sich auch um eine Zusammensetzung mit -au (Aue) handeln kann:

  • Burgau, aus Burg-Gau (Verwaltungsraum eines Burgherrn) oder Burg-Aue (dem nahen Burgherrn gehörendes Auland)
  • Lengau in Oberösterreich, möglicherweise entstanden aus ahd. *bi zuo demo langin/lengin gouue „im langgestreckten Gau(ort)“ oder aber ahd. *bi zuo dero langin/lengin ouwa „in der langgestreckten Au“[3]

Landschaftsnamen

In folgenden Staaten hat sich -gau, -gäu als Teil von Bezeichnungen für Landschaften erhalten:

Salzburg: Flachgau, Tennengau, Pongau, Pinzgau, Lungau
Vorarlberg: Walgau
Historisch: Traungau[4]
Historisch: Augstgau, Buchsgau, Frickgau, Sisgau, Züri(ch)gau

Regionalgruppen von Vereinen

Turnerbünde (siehe Turngau), Gruppen der Bündischen Jugend und der Pfadfinderbewegung, Trachtenverbände und Schützenbünde (zum Beispiel bei Gaumeisterschaften) verwenden den Begriff. Auch beim ADAC findet er Verwendung für die Regional-Clubs gem. Satzung von 2012 in § 8).[5] In Österreich hat der Österreichische Turnerbund (ÖTB) teilweise eine Gliederung in Turngaue, der Deutsche Turner-Bund spricht von Gau.

Bezirke

Die Bezirke des Bundeslandes Salzburg heißen zwar offiziell nach ihrem Hauptort, allgemein werden sie aber nach ihrer alten Bezeichnung Gaue genannt, etwa Gebirgsgaue für das Innergebirg (Pongau, Pinzgau, Lungau, Flachgau, Tennengau). Diese Bezeichnungen werden auch als Unterscheidungszusatz im offiziellen Ortsnamen für mehrfach vorkommende Namen verwendet, wie beispielsweise bei St. Johann im Pongau.

Gau für fremdsprachliche Begriffe

Das Wort wird auch für folgende fremdsprachliche Begriffe verwendet:

Für Margaret Carroux, die erstmals Herr der Ringe ins Deutsche übersetzte, war der „Gau“ zwar die eheste Übersetzung von The Shire (engl. „die Grafschaft“), der Heimat der Hobbits, aufgrund der Verwendung von „Gau“ im Nationalsozialismus wählte sie jedoch die Übersetzung „Auenland“.

Weblinks

Siehe auch

Einzelnachweise

  1. Das Herkunftswörterbuch, im Duden Band 7, Mannheim 1989
  2. Jürgen Finger: Gau, Abschnitt Gau, in der historischen Forschung des 18. und 19. Jahrhunderts, Historisches Lexikon Bayerns, 2008
  3. Elisabeth Bertol-Raffin, Peter Wiesinger: Die Ortsnamen des politischen Bezirkes Braunau am Inn. Wien 1989., Band 1, S. 49; nach Ute Maurnböck-Mosser: Altheim. (Diplomarbeit) In: Die Haus- und Hofnamen im Gerichtsbezirk Mauerkirchen. 2002, abgerufen am 24. Juli 2008.
  4. Ludwig Edlbacher: Die Entwicklung des esitzstandes der bischöflichen Kirche von Passau in Oesterreich ob und unter der Enns vom 8. bis zum 11. Jahrhundert. In: Neunundzwanzigster Bericht über das Museum Francisco-Carolinum. Eigenverlag, Linz 1870. S. 14 (Online; PDF; 3,3 MB)
  5. Satzung des ADAC, eingesehen am 26. August 2013 (PDF; 130 kB)
  6. United Nations Economic and Social Commission for Asia and the Pacific UN ESCAP (Hrsg.): Country paper: Fiji. In: Local Government in Asia and the Pacific: A Comparative Study. Brief Description of the Country and its National/State Government Structure –Fijian administration (Webdokument).
Dieser Artikel basiert ursprünglich auf dem Artikel Gau aus der freien Enzyklopädie Wikipedia und steht unter der Doppellizenz GNU-Lizenz für freie Dokumentation und Creative Commons CC-BY-SA 3.0 Unported. In der Wikipedia ist eine Liste der ursprünglichen Wikipedia-Autoren verfügbar.