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Galionsfigur

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Frauendarstellung auf der Christian Radich
Galion der Victory
Galionsfigur am Schiffsmodell (18. Jhd.) der Artésien (frz. Marinemuseum)

Eine Galionsfigur ist eine meist aus Holz geschnitzte Figur, die auf Schiffen, vornehmlich Segelschiffen, unter dem Bugspriet angebracht wird. Der Begriff leitet sich vom Galion (spanisch für „Balkon“) ab, dies war ein Vorbau vor dem Vordersteven einer Galeone, der den Bugspriet stützte. Zunächst wurden Figuren auf dem Galion von Spaniern und Portugiesen aufgestellt, später wurden sie an dessen Außenseite befestigt.[1] Obwohl spätere Schiffstypen kein echtes Galion mehr besaßen, blieb der Name Galionsfigur erhalten. Im Aberglauben von Seeleuten soll die Figur den Kurs des Schiffes beobachten und es vor Unglück bewahren.

Eine Alternative zu Galionsfiguren war und ist die Krull – auch Krullgalion oder Bugkopf –, eine spiralförmige Verzierung ähnlich einer Geigenschnecke.

Geschichte

Die Felsritzungen Leirfall in Stjørdal im Nord-Trøndelag bestehen aus etwa 1200 Zeichen, die aus der norwegischen Bronzezeit stammen (etwa 500 v. Chr.). Bemerkenswert ist die Form der Schiffe, die über originell gestaltete Steven verfügen. Die Steventradition der Wikinger und der Galionsfigur hat hier ihre Wurzeln.

Krullgalion der Statsraad Lehmkuhl
Seitlich angebrachte Tierfiguren auf der Great Britain

Die große Zeit der Galionsfiguren begann im 17. Jahrhundert und dauerte bis zum Anfang des 20. Jahrhunderts. Im 18. Jahrhundert nannte man die Galionsfigur Bild des Schiffes.

Die Galionsfigur wird oft so gestaltet, dass sie einen Bezug zum Schiffsnamen hat. Zum Teil diente sie auch als Schutzpatron, der Einfluss auf das Gelingen einer Reise hatte; ihre Beschädigung oder gar Zerstörung war ein böses Omen und signalisierte großes Unglück.

Die Formen der Galionsfiguren wandelten sich im Laufe der Zeit. Außer dem Löwen (auf holländischen Schiffen findet man immer einen Löwen, als Wappen des Landes) wurden Meerfrauen und Nixen bevorzugt, aber auch Krieger, Ritter, Fürsten, Reeder, Kaufleute mit Zylinder und zarte und kraftvolle Frauengestalten. In Italien besitzen bis heute viele Schiffe der italienischen Marine die Stella d’Italia, den italienischen Stern, als Galionsfigur.

Personendarstellungen können von Kopf bis Fuß reichen oder bilden vor allem auf einigen jüngeren Schiffen – sofern sie überhaupt noch Galionsfiguren erhalten – nur den Kopf oder ein Porträt von der Hüfte aufwärts ab. Der Formenreichtum wurde auch bei Tierdarstellungen dezenter.

Die Krullgalion bzw. der Bugkopf – eine spiralförmige Verzierung ähnlich einer Geigenschnecke – hatte auf US-amerikanischen Schiffen (engl. billethead oder billet head) seine Hochzeit von ca. 1830 bis 1880.[2] Erhaltene Beispiele einer Krullgalion finden sich auf der 1887 in England gebauten, heute unter deutscher Flagge fahrenden Amphitrite und der 1914 in Deutschland gebauten und heute unter norwegischer Flagge fahrenden Statsraad Lehmkuhl.

Legenden

Galionsfiguren wird häufig eine mystische Bedeutung zugeschrieben: Der Galionsfigur der britischen Fregatte Brunswick, die den Herzog von Braunschweig in schottischer Nationaltracht darstellte, sei am 1. Juni 1794 der Hut vom Kopf geschossen worden. „Es schickt sich nicht“, so meinten einige Seeleute, „dass der edle Lord seinen Feinden barhäuptig entgegentritt“. Der Kapitän stellte als Ersatz seinen goldbetressten Galahut zur Verfügung, worauf die britische Flotte gegen die Franzosen gewonnen habe.[3]

Das amerikanische Kaperschiff General Armstrong führte eine Galionsfigur von großer Ähnlichkeit mit dessen Porträt. Als das Schiff 1814 bei Faial versenkt werden musste, um nicht in die Hände des Feindes zu fallen, habe die Mannschaft darauf bestanden, die Figur zu retten. Trotz Kanonenfeuers sei die Galionsfigur abgesägt und in einem Boot an Land in Sicherheit gebracht worden.[4]

Als einmal ein Segelschiff nicht nach dem Willen des Kapitäns gelaufen war, habe dieser einem Matrosen befohlen, der Galionsfigur, einer Frauengestalt, mit dem Schwabber sanft das Gesicht zu kitzeln und dabei zu sagen: „Loop, min Deern, loop to!“ Nach wenigen Augenblicken sei ein günstigerer Wind aufgekommen und das Schiff habe gute Fahrt gemacht.

Der Wahrheitsgehalt solcher Geschichten der Romantischen Seefahrt bleiben spekulativ. Für die Seeleute war das Bild der Galionspopp (-puppe) die Verkörperung des Schiffes selbst, die Seele des Schiffes, das sie trug und dem sie sich anvertraut hatten.

Sonstiges

Eine umfangreiche Sammlung von Galionsfiguren ist im Altonaer Museum (Hamburg) und im Deutschen Schiffahrtsmuseum in Bremerhaven zu besichtigen.

Es existieren auch die Schreibweisen „Galeonsfigur“ und „Galleonsfigur“, deren Ableitung von dem reich verzierten Segelschiffstyp Galeone herrührt. Ebenso populär wie falsch ist die Schreibweise „Gallionsfigur“.

Symbolische Wortbedeutung

Im übertragenen Sinne verwendet man den Begriff „Galionsfigur“, um konkrete Personen zu bezeichnen, die ein „lebendes Aushängeschild“ eines Vereines oder einer Interessengruppe sind oder eine Führungs- oder Vorreiterfunktion innehaben. Im abwertenden Sinn spricht man von Frühstücksdirektor.

Siehe auch

Bildergalerie

Literatur

  • L. G. Carr Laughton: Old Ship Figure-Heads and Sterns. Dover Publications, 2001, ISBN 978-0486415338 (englisch).
  • Giancarlo Costa: Die hölzernen Engel – Galionsfiguren aus fünf Jahrhunderten. Verlag Delius Klasing & Co., Bielefeld 1980, ISBN 3-7688-0330-9.
  • Margaret Baker: Folklore of the sea. David & Charles PLC, 1979, ISBN 978-0715375686 (englisch).
  • Hendrik Busmann: Galionsfigur. In: RDK Labor, 2016.

Weblinks

 Commons: Galionsfiguren – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. Jean Randier: Nautische Antiquitäten. Delius Klasing, Bielefeld 1976, ISBN 978-3-7688-0187-4, Seite 184.
  2. Billethead from Ship "Favorite". From the Tour: Woodcarving from the Index of American Design. Object 4 of 26 auf den Internetseiten der National Gallery of Art, abgerufen am 17. März 2008 (englisch).
  3. Margaret Baker: Folklore of the sea. 1979, Seite 19.
  4. Joseph C. Abdo: On the Edge of History. Tenth Island Editions, 2006, ISBN 978-9729985805, Seite 74.
Dieser Artikel basiert ursprünglich auf dem Artikel Galionsfigur aus der freien Enzyklopädie Wikipedia und steht unter der Doppellizenz GNU-Lizenz für freie Dokumentation und Creative Commons CC-BY-SA 3.0 Unported. In der Wikipedia ist eine Liste der ursprünglichen Wikipedia-Autoren verfügbar.