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Friedrich Wilhelm Retz

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Friedrich Wilhelm Retz (* 29. März 1845 in Neuenstadt; † 16. Juni 1923 in Yokohama) war ein deutscher Unternehmer der ersten Stunde nach Öffnung Japans und Honorar-Konsul für Holland, Norwegen und Schweden in Japan.

Berufliche Entwicklung

Nach einer fundierten kaufmännischen Ausbildung, die mit der Sprachbeherrschung in Englisch und Französisch verbunden war, arbeitete Friedrich Wilhelm Retz vor 1870 in Paris. Jedoch musste er mit Beginn des deutsch-französischen Krieges 1870 Frankreich verlassen und sich der preußischen Armee zur Verfügung stellen. Hier war er die gesamte Zeit des Krieges bis 1871 eingesetzt. Nach Kriegsende kehrte er wieder nach Paris zurück. In dieser Zeit bereitete er sich bereits auf eine neue berufliche Herausforderung vor, die darin bestand, mit produzierenden Unternehmen aus der Schweiz, sich gut entwickelnden Märkten zuzuwenden. Dabei hatte er in Erfahrung gebracht, dass der Bedarf an Uhren in Japan außerordentlich im Wachsen begriffen war und unternehmerische Chancen bot. Daher entschied er sich, in Japan ein eigenes Unternehmen für den Verkauf von Uhren, damit verbundenen Präzisionsinstrumenten und Schmuck zu gründen.

Im Oktober 1872 kam Friedrich Wilhelm Retz in Japan an und fand relative schnell eine Anstellung bei Eulogius Schwartz, der das Uhrmacher- und Juwelierunternehmen Schwartz & Co. der seinen Geschäftssitz in Yokohama hatte. Bereits nach zwei Jahren gründete er 1874 seine eigene Firma unter dem Namen „F.Retz & Co.“, ebenfalls mit Geschäftssitz in Yokohama. Unmittelbar danach begann er mit der Einfuhr von Uhren aus der Schweizer Fabrikation. Das Geschäft entwickelte sich auf Grund des Bedarfes in Japan gut und als Schwartz 1876 sein Geschäft aufgab übernahm Retz dessen Verkaufsbereich in Yokohama.[1] In dieser Zeit lebte er im Stadtteil „Nak-ku“, einem typischen Fremdenwohnviertel, das auch im Englischen als „The Bluff“ bezeichnet wurde. Zwischenzeitlich hatte Retz ein Geschäfts- und Wohnhaus aus Stein bauen lassen. Um das Jahr 1881 begann er sein Geschäfts- und Tätigkeitsfeld zu erweitern. Dazu benannte er seine bisherige Firma in „Retz, Gröhser & Co“ um. In dieser Zeit wurde er Generalvertreter der Actien-Bierbrauerei Coburg für Japan.[2] Sein Bruder Carl Ludwig Retz leitete als Braumeister den Braubetrieb in Coburg. Daraus sollte sich eine deutsch-japanische Wirtschaftskooperation entwickeln. Deshalb baute Retz diesen Geschäftszweig in Yokohama mit seinem Partner Leon Jacuet auf. Für den Verkauf eröffneten sie 1882 eine Bar im Stadtteil Nak-ku und kurze Zeit die Gaststätte „Cave du Madoc“, in einem anderen Stadtbezirk von Yokohama. Ein weiterer neuer Geschäftszweig, dem Retz sich um 1881 zuwandte betraf die Dampfschifffahrt. Hier fungierte er als Agent der österreichisch-ungarischen Lloyds Dampfschifffahrtsgesellschaft[3]. Mit dieser Partnerschaft verfolgte er das Ziel, sich im Bereich des überseeischen Export-/Importgeschäftes zwischen Ungarn-Österreich und Japan etablieren zu können. Zu seinen wichtigen Unterstützern zählte von Beginn seiner Geschäftstätigkeit das deutsche Konsulat in Yokohama. Hier suchte er rechtlichen Beistand und diese Institution war ihm wichtig, um den offiziellen Kontakt nach Deutschland nicht zu verlieren.

Da sich der Geschäftszweig als Vertreter im Bierbraugeschäft gut entwickelte, ab 1882 auch noch die Löwenbrauerei Freiburg und 1887 die Radbrauerei Aalen Vertragspartner wurden, plante Friedrich Wilhelm Retz gemeinsam mit seinem Buder Carl Ludwig um 1891, eine eigene Brauerei in Yokohama aufzubauen. Jedoch schlug die kurz darauf eingeleiteten Schritte zur Eröffnung einer Mälzerei, als Ausgangspunkt dieses Zieles, bereits fehl, da der japanische Bierhersteller Brewery & Co. immer mehr auf den Markt drängte. Nachdem weitere Schritte der Expansion in anderen Branchen ebenfalls nicht den erwarteten Erfolg brachten trennte sich Retz 1892 von seinen Teilhabern und kehrt zu seinem ursprünglichen Firmennamen Retz & Co. zurück. Dieser Schritt war gleichfalls mit einem Wohnungswechsel innerhalb Yokohamas verbunden, denn mit der Rückkehr seiner Ehefrau nach Japan wurde das bisher genutzte Geschäftsgebäude im Stadtteil Nak-ku zu klein. Das Hauptgeschäft des Unternehmens bestand aber nach wie vor im Bereich Uhren und Schmuck. Im Jahre 1891 kaufte er die Uhrenfabrik von Fritz Denni im schweizerischen La Caux-de-Fonds (Neuenburg). Da sich Retz nunmehr wieder deutlicher auf die damit verbundenen Branchenschwerpunkte konzentrieren konnte eröffnete er 1895 in Kobe eine Niederlassung seines Unternehmens. Die Leitung des Geschäftsbereiches legte er in die Hand von Wilhelm Retz, dem Sohn seines Bruders Wilhelm. Zeitnah erwarb er eine Villa in Kamakura, die nun der Familie als Zweitwohnsitz diente, um der immer größer werdenden Stadt Yokohama bei Bedarf zu entfliehen. Hier hielten sie sich als Familie auch sehr häufig auf. Dennoch blieb Retz immer ein aktives Mitglied der „Yokohama-Gemeinde“. Seine besonderen Verdienste bestanden hier darin, dass er sich über viele Jahre an der Entwicklung der Deutschen Schule von Yokohama aktiv beteiligte. Außerdem gehörte er zu den aktiven Mitgliedern der Deutschen Gesellschaft für Deutsche Gesellschaft für Natur- und Völkerkunde Ostasiens (OAG), die ihm vor allem wegen des kommunikativen Austausches und der Möglichkeiten zur Begegnung mit Persönlichkeiten aus Politik, Wirtschaft und internationalen Netzwerken wichtig war.[4]

Mit Ausbruch des russisch-japanischen Krieges 1904 sah Friedrich Wilhelm Retz seine Verantwortung darin, auch einen persönlichen Beitrag für Japan zu leisten. So unterstützte er mit finanziellen Mittel die Arbeit des Japanischen Roten Kreuzes. Während des Krieges hatte Retz die als deutsche Militärbeobachter in Japan weilenden Karl Anton von Hohenzollern (1868–1919) und Major Friedrich Bronsart von Schellendorf (1864–1950), mit denen er eine Freundschaft pflegte, als Gäste in seinem Haus. Für diese finanzielle Hilfeleistungen erhielt er nach dem Krieg das Verdienstkreuz der Organisation des Japanischen Roten Kreuzes verliehen. Mit dem Einsetzen wieder ruhigerer Zeiten für die Wirtschafts- und Handelsbeziehungen übernahm Retz, neben der eigenen Geschäftstätigkeit ab Februar 1905 die Verantwortung für die Konsulate von Holland, Norwegen und Schweden in Japan. In Anerkennung seiner Verdienste bei der Festigung der Geschäftsbeziehungen zwischen den Ländern erhielt er 1908 die Auszeichnung als „Ridder van Oranja-Nassau“ und fast zeitgleich den „Preußischen Kronenorden 3. Klasse“ in Würdigung seines Engagements für Deutschland. Zu Retz Beratern in rechtlichen und wirtschaftlichen Angelegenheiten über die Grenzen Japans hinaus gehörte der Vizekonsul Hans Kühne (1875–1963), tätig zu dieser Zeit im deutschen Konsulat von Yokohama.[5]

In den 1920er Jahren erkrankte Friedrich Wilhelm Retz und verstarb nach schwerem Krankheitsverlauf am 16. Juni 1923 in Yokohama.[6] Seine Beisetzung erfolgte auf dem Ausländer-Friedhof von Yokohama.

Familie

Friedrich Wilhelm Retz war verheiratet mit der ungarischen Staatsbürgerin Adelheid geborene Vanek (* 1854), die aus Budapest kam. Sie lebte seit 1874 in Yokohama. Aus der Ehe gingen vier Kinder hervor: Adele Marie (* 1875), Luise (* 1876), Friedrich Wilhelm Karl (1880–1891)[7] und Paula Sophie (* 1882), die alle in Yokohama geboren wurden. Kurz nach der Geburt des 4. Kindes reiste Adelheid Retz, oder Adele wie sie genannt wurde, 1883 mit den Kindern nach Deutschland. Hier hielt sie sich etwa 10 Jahren auf und kehrte 1892 nach Yokohama zurück. Seine Tochter Paula Sophie (1882–1964) heiratete 1905 den in Japan tätigen Kaufmann Richard Schmidt-Scharff (1871–1954).

Ehrungen

1890 erfolgte Retz' Ernennung zum Ritter des Kaiserlich-Österreichischen Franz-Joseph-Ordens.[8]

Literatur

Einzelnachweise

  1. Biografie über Friedrich Wilhelm Retz, Meiji-Projekt, in: http://www.meiji-portraits.de/meiji_portraits_r.html#20090527093450609_1_2_2_46_1
  2. Christian Boseckert: Das Coburger Hofbrauhaus – Der älteste Industriebau der Vestestadt wurde 150 Jahre alt. In: Coburger Geschichtsblätter, 17. Jahrgang, Heft 1–2, 2009, ISSN 0947-0336.
  3. Georg Pawlik, Dieter Winkler: Der Österreichische Lloyd 1836 bis heute. Weishaupt Verlag, Wien 1989, ISBN 3-900310-55-6.
  4. Biografische Daten über Friedrich Retz, OAG, in: Archiv der OAG Nr. 1600
  5. Nana Miyata, Dr. Hans Kühne., deutscher Konsul in Yokohama 1908–1914, Mitteilungen der OAG Nr. 6/2018 S. 42f.
  6. Biografie über Friedrich Wilhelm Retz, Meiji-Projekt, in: http://www.meiji-portraits.de/meiji_portraits_r.html#20090527093450609_1_2_2_46_1
  7. Grabstelle Nr. 18714 auf dem Friedhof von La Chaux-de-Fonds
  8. Handbuch des allerhöchsten Hofes und des Hofstaates seiner K. und K. Apostolischen Majestät für 1911. Wien: K. K. Hof- und Staatsdruckerei, 1911 (S. 381)
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