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Friedrich Stampfer

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Friedrich Stampfer (geb. 8. September 1874 in Brünn; gest. 1. Dezember 1957 in Kronberg im Taunus) war ein sozialdemokratischer Journalist und Politiker.

Leben

Als Sohn eines jüdischen Rechtsanwalts geboren, machte er schon als Gymnasiast beim sozialdemokratischen Volksfreund in Brünn die ersten journalistischen Versuche. Nach dem Studium der Volkswirtschaft in Wien und Leipzig war er von 1900 bis 1902 Redakteur der Leipziger Volkszeitung. Seit 1902 lebte er dann als Schriftsteller in Berlin. Dort war er unter anderem ständiger Mitarbeiter des sozialdemokratischen Parteiorgans Vorwärts. Daneben war er von September 1903 bis 1915 Herausgeber einer täglich erscheinenden „Privatkonferenz“, einer Art sozialdemokratisch orientierten Presseagentur. Er heiratete in London, da er seine erste Frau, eine österreichische Katholikin, nach den im Habsburgerreich geltenden Gesetzen wegen seiner jüdischen Herkunft nicht heiraten durfte.

In den Jahren 1915 bis 1916 war Stampfer Kriegsteilnehmer in der österreichischen Armee. Im November 1916, also noch während des Ersten Weltkrieges, wurde er nach Absetzung der vorherigen, der Parteilinken zuneigenden Redaktion Chefredakteur des Vorwärts. Mit einer kurzen Unterbrechung in den Jahren 1919/20 blieb er in dieser Position bis zum Verbot der Zeitung durch die Nationalsozialisten nach dem Reichstagsbrand.

Stampfer stellte die sozialdemokratische Politik der Weimarer Zeit nicht nur als Journalist dar, sondern bestimmte sie als Politiker auch nicht unerheblich mit: Er war von 1920 bis 1933 Mitglied des Reichstages, von 1925 bis 1928 Mitglied des zentralen Parteivorstandes sowie von 1922 bis 1928 Mitglied der Programmkommission.

Ab Ende 1931 versuchte Stampfer zusammen mit Rudolf Breitscheid, ein besseres Verhältnis zur KPD herzustellen. Das Ziel war ein Defensivbündnis, das die „selbstmörderische Taktik des gegenseitigen Sichbekämpfens" (Sozialfaschismusthese) ablösen sollte. Um das zu erreichen enthielt sich der „Vorwärts" aller Angriffe auf Sowjetrußland und dämpfte seine antikommunistische Polemik. Diese publizistischen Kampagne wurde noch bis ins Frühjahr 1933 hinein verfolgt. Im Herbst 1932 nahm Stampfer (mit Kenntnis des SPD-Parteivorstandes) sogar Verbindung zur sowjetischen Botschaft in Berlin auf, um auf dem Umweg über Moskau zu einem sozialdemokratisch-kommunistischen Ausgleich zu kommen. Er traf in den folgenden Monaten mehrmals mit dem 1. Botschaftssekretär zusammen, bis dieser ihm bei der letzten Unterredung, einige Tage vor dem Reichstagsbrand, unzweideutig zu verstehen gab, daß Moskau mit dem deutschen Faschismus als einem unvermeidlichen Entwicklungs- und Übergangsstadium rechne.[1]

Im Mai 1933 begab sich Stampfer während der Terrorzeit nach der Machtübernahme der NSDAP auf Weisung des Parteivorstands nach Saarbrücken im noch französisch besetzten Saargebiet. Wenig später gehörte er in Prag dem Exilvorstand der SPD an.[2] Im August 1933 veröffentlichten die Nationalsozialisten die erste Ausbürgerungsliste des Deutschen Reichs, in welcher sein Name gelistet war. Stampfer gab einige Zeit den Neuen Vorwärts heraus und spielte eine wichtige Rolle bei Aufbau, Leitung und Theoriebildung der Partei im Exil. Er blieb Antikommunist, wie er nach seiner Flucht aus Deutschland in Prag öffentlich verkündete: „Kommunismus und Faschismus sind feindliche Brüder. Ihrer beider Mutter ist die Demokratie - die liegt in Deutschland erschlagen“.[3] Vor dem Einmarsch deutscher Truppen in Prag 1939 ging Stampfer mit dem Exilvorstand nach Paris und schließlich in die USA. Dort engagierte er sich unter anderem für die German Labour Delegation. Im August 1948 kehrte er nach Deutschland zurück. Seit 1950 gab er erneut eine eigene Pressekorrespondenz heraus. Außerdem war er von 1948 bis 1955 Dozent an der gewerkschaftsnahen Akademie der Arbeit in Frankfurt am Main.

Hauptwerke

  • Grundbegriffe der Politik, 1910 (mehrere Auflagen)
  • Die ersten 14 Jahre der Deutschen Republik, 1936 (mehrere Auflagen)
  • Erfahrungen und Erkenntnisse. Aufzeichnungen aus meinem Leben, Köln 1957

Literatur

  • Wilhelm Heinz Schröder: Sozialdemokratische Parlamentarier in den deutschen Reichs- und Landtagen 1867–1933. Biographien, Chronik und Wahldokumentation. Ein Handbuch. Düsseldorf 1995, ISBN 3-7700-5192-0, S. 749.
  • Marianne Loring: Flucht aus Frankreich 1940. Die Vertreibung deutscher Sozialdemokraten aus dem Exil. Fischer Taschenbuchverlag, Frankfurt am Main 1996. (Bei der Autorin handelt es sich um Friedrich Stampfers Tochter, die nach der Ankunft in New York den Fluchtbericht verfasste, ihn aber erst 1992 der Öffentlichkeit zugänglich machte.)

Einzelnachweise

  1. Ernst Matthias: Der Untergang der alten Sozialdemokratie 1933 in: Vierteljahrshefte für Zeitgeschichte, 3. Heft/Juli 1956 (online), S. 250–286.
  2. Susanne Miller, und Heinrich Potthoff: Kleine Geschichte der SPD. Darstellung und Dokumentation 1848 - 1990, Dietz, Bonn 1991, ISBN 3878313500, S. 146
  3. Jens Reimer Prüß: 1916–1938 beim Vorwärts: Friedrich Stampfer - Egomane und Parteisoldat. In: vorwärts. 10/2001

Weblinks

Dieser Artikel basiert ursprünglich auf dem Artikel Friedrich Stampfer aus der freien Enzyklopädie Wikipedia und steht unter der Doppellizenz GNU-Lizenz für freie Dokumentation und Creative Commons CC-BY-SA 3.0 Unported. In der Wikipedia ist eine Liste der ursprünglichen Wikipedia-Autoren verfügbar.