Jewiki unterstützen. Jewiki, die größte Online-Enzy­klo­pädie zum Judentum.

Helfen Sie Jewiki mit einer kleinen oder auch größeren Spende. Einmalig oder regelmäßig, damit die Zukunft von Jewiki gesichert bleibt ...

Vielen Dank für Ihr Engagement! (→ Spendenkonten)

How to read Jewiki in your desired language · Comment lire Jewiki dans votre langue préférée · Cómo leer Jewiki en su idioma preferido · בשפה הרצויה Jewiki כיצד לקרוא · Как читать Jewiki на предпочитаемом вами языке · كيف تقرأ Jewiki باللغة التي تريدها · Como ler o Jewiki na sua língua preferida

Fred Mayer (Spion)

Aus Jewiki
Zur Navigation springen Zur Suche springen

Friedrich „Fred“ Mayer (geb. 28. Oktober 1921 in Freiburg im Breisgau, Baden; gest. 15. April 2016 in Charles Town, Jefferson County, Virginia[1]) war ein in Deutschland geborener jüdischer Amerikaner, der während des Zweiten Weltkrieges als OSS-Agent aktiv war. Als Mitglied der Operation Greenup verhinderte er 1945 die Zerstörung Innsbrucks.

Leben

Jugend und Flucht

Friedrich Mayer wurde 1921 in einer jüdischen Familie in Freiburg geboren und ging auf dem Freiburger Rotteck-Gymnasium zur Schule. Sein Vater Heinrich Mayer diente in der kaiserlichen deutschen Armee im Ersten Weltkrieg und wurde mit dem Eisernen Kreuz zweiter Klasse für Tapferkeit in der Schlacht um Verdun ausgezeichnet. Mayers Vater hoffte, dass seine Verdienste seine Familie schützen würden, aber seine Frau bestand darauf, Deutschland zu verlassen. Die Familie floh 1938, ein Jahr vor Beginn des Zweiten Weltkrieges, in die USA. Nach Abschluss der High School arbeitete Fred Mayer als Diesel-Mechaniker bei Ford.

Militärische Ausbildung

Nach dem japanischen Angriff auf Pearl Harbor meldete sich Mayer freiwillig zum Militär, jedoch empfand er den Dienst als langweilig und monoton.[2] Aufgrund seiner guten Sprachkenntnisse, seiner Herkunft und seiner Bereitschaft, hochriskante Aufträge zu übernehmen, wurde man schnell auf ihn aufmerksam und bot ihm eine Ausbildung beim Office of Strategic Services (OSS) an. Der OSS war kurz zuvor aus dem OCI hervorgegangen und war ein Nachrichtendienst, der sich für Spionage und Sabotage im Ausland verantwortlich zeigte.[3] Die OSS-Agenten waren zwar unterschiedlicher Herkunft, doch der gemeinsame Wille, das nationalsozialistische Deutschland zu besiegen, einte sie und stellte eine besondere Motivation dar. Die einjährige Ausbildung eines OSS-Agenten bestand vorwiegend aus den Methoden des Guerillakrieges wie Messerkampf, Nahkampf, Fallschirmspringen, Umgang mit Sprengstoff, Morsen, Schlösser öffnen und Umgang mit Handfeuerwaffen. Die Überlebenschancen der eingesetzten OSS-Agenten wurden als gering eingestuft.

Operation Greenup

Zum Zeitpunkt der alliierten Landungen in der Normandie am 6. Juni 1944 war Mayer in Nordafrika stationiert. Der ‚bürokratische Sumpf‘ verhinderte zunächst den Einsatz des OSS-Agenten, woraufhin Mayer eine Versetzung zum Militärischen Aufklärungsdienst beantragte.[4] So gelangte Mayer zur Zentrale des Militärischen Aufklärungdienstes in Bari, Italien, von wo aus Geheimoperationen in Südeuropa und der Alpenregion geplant wurden. Dort wurde die Operation Greenup ins Leben gerufen.

Ziele

Die Ziele der Operation Greenup lassen sich in zwei Stoßrichtungen gliedern. Zum einen sollte der Eisenbahnverkehr über den Brennerpass beobachtet werden, der die Hauptversorgungsader der deutschen Truppen in Italien darstellte, da die Bahnlinie zuvor immer wieder vergeblich bombardiert worden war und der Nachschub somit nicht zum Erliegen kam. Zum anderen sollten Informationen über die tatsächliche Stärke der „Alpenfestung“ gesammelt und an die Amerikaner weitergeleitet werden.

Weitere Mitglieder

Zur Operation Greenup gehörten neben Mayer noch Hans Wijnberg, ein weiterer OSS-Agent, und Franz Weber, ein desertierter Wehrmachtsoffizier im Rang eines Leutnants.

Hans Wijnberg

Hans Wijnberg wurde am 28. November 1922 in Amsterdam geboren. 1939 schickte sein Vater ihn zusammen mit seinem Zwillingsbruder nach Amerika, wo sie bei einem Geschäftspartner lebten und ihre Ausbildung an der Brooklyn Technical High School fortsetzten. 1943 trat Wijnberg der US-Armee bei. Zur gleichen Zeit wurden sein Vater, seine Mutter und sein jüngerer Bruder von der SS gefangen genommen und nach Auschwitz gebracht. Sie überlebten den Holocaust nicht.

Auch Wijnberg wurde vom OSS rekrutiert. Während der Ausbildung wurden Mayer und Wijnberg enge Freunde. Zum Zeitpunkt der amerikanischen Landung in der Normandie dienten sie gemeinsam in Nordafrika. Die Versetzung von Mayer zum Militärischen Aufklärungsdienst schloss auch Wijnberg mit ein.

Franz Weber

Franz Weber wurde im Dezember 1920 in Oberperfuss in der Nähe von Innsbruck geboren. Weber hatte acht Geschwister und wuchs in einer streng katholischen Familie auf. Er besuchte fünf Jahre lang eine örtliche Grundschule und wurde anschließend im Alter von 12 Jahren am Gymnasium in Schwaz aufgenommen. Als im März 1938 deutsche Truppen in Österreich einmarschierten, veränderte sich zunächst wenig für Weber. Die Gymnasiasten durften weiter zur Schule gehen, jedoch legte der Direktor ihnen einen freiwilligen Eintritt in die SS nahe. Daraufhin meldete er sich zum Dienst und wurde schließlich dem 133. Infanterie Regiment der 45. Infanterie-Division der Wehrmacht zugeordnet, die zu diesem Zeitpunkt in Polen stationiert war und sich auf Kämpfe mit der Sowjetunion vorbereitete. Dort erlebte er die unfassbare Grausamkeit gegenüber den Juden aus nächster Nähe.[5] Bis zum Sommer 1944 war die Einheit, in welcher Weber diente, relativ unbeeinflusst durch die NSDAP geblieben. Dies änderte sich nach dem Attentatsversuch auf Hitler jedoch drastisch. Bis dahin fühlte sich Weber seiner Einheit verpflichtet. Ende 1944 wurde Webers Einheit nach Italien verlegt, wo sich ihm die Möglichkeit bot, zu den Amerikanern überzulaufen. Die Desertation war ein großer Schritt für ihn. Als er seine Mitschuld an den schweren Verbrechen der Nationalsozialisten erkannte, übernahm er willentlich riskante Aufgaben.

Ablauf

Die Operation Greenup umfasste die drei Männer Mayer, Wijnberg und Weber, wobei Mayer die Führungsrolle einnahm und Wijnberg als Funker aktiv werden sollte. Weber wurde rekrutiert, da er sich in der Region hervorragend auskannte und über viele persönliche Beziehungen verfügte. Gemeinsam beschlossen sie, mit dem Fallschirm in der Nähe von Innsbruck abzuspringen. Da alle ebenen Flächen vom Militär besetzt waren, brachte Mayer den Vorschlag ein, über einem kleinen See zwischen zwei Gletschern, der im Februar zugefroren war, abzuspringen und zu landen. Der Anflug galt als äußerst schwierig, doch schließlich meldete sich ein Pilot namens Billings freiwillig: „Wenn sie verrückt genug sind, dort abzuspringen, werde ich verrückt genug sein, sie dorthin zu bringen.“ Von dort wollten sie sich nach Oberperfuss, Webers Heimatort, durchschlagen. Dieser Ort sollte die Basis für Operationen rund um Innsbruck, dem Amtssitz von Gauleiter Franz Hofer, sein.

Am 26. Februar 1945 startete die Operation. Die Wetterverhältnisse waren zu diesem Zeitpunkt sehr schlecht, wodurch sich der Absprung als äußerst riskant erwies. Trotzdem entschlossen sich die drei Männer im Dunklen abzuspringen. Unglücklicherweise landeten sie auf dem Kamm des 3000 Meter hohen Gletschers und nicht auf dem See. Dort fanden sie die abgeworfenen Container, allerdings war der Container mit den Skiern nicht aufzufinden, sodass sie den Abstieg im Tiefschnee zu Fuß in Angriff nehmen mussten. Während des Abstieges entdeckten die Agenten eine Bergbauernsiedlung, gaben sich als verirrte deutsche Gebirgsjäger aus und liehen sich einen Schlitten, mit dem sie den Abstieg fortsetzten.

Als die drei Männer Oberperfuss erreichten, nahm Weber Kontakt zu seiner Verlobten auf. Ihre Mutter, eine strikte Nazi-Gegnerin, willigte ein, Mayer und Weber bei sich unterzubringen und zu verstecken. Hans Wijnberg wurde im Dachstuhl des Hauses eines befreundeten Bauern versteckt. Von dort baute er eine Funkverbindung zum Hauptquartier in Bari auf. Auch Webers drei Schwestern nahmen im weiteren Verlauf der Operation eine wichtige Rolle ein. Luise Weber, örtliche Krankenschwester, verschaffte Mayer die perfekte Tarnung: Sie stahl aus dem Lazarett die Uniform eines verstorbenen Offiziers, wodurch Mayer in die Rolle eines Offiziers auf Genesungsurlaub schlüpfen konnte. Die nötigen Papiere fälschte ebenfalls Luise Weber.[6] Schließlich konnte sich Mayer in das regionale Offizierkasino einquartieren und erlangte Zugang zu geheimen Informationen, die er über Eva Weber an Wijnberg weitergeben ließ. Diese enthielten umfassende Erkenntnisse über die Aktivitäten deutscher Truppen an der Grenze zu Italien, insbesondere Zugfahrpläne, Nachrichten über Waffentransporte und technische Einzelheiten.[7]

Nach drei Monaten, als er aus Bari einen Sonderauftrag erhielt, entschloss sich Mayer seine Tarnung zu ändern. Er besorgte sich Papiere, die ihn als einen französischen Elektriker namens Frederick Mayer auswiesen, der vor den anrückenden sowjetischen Truppen flüchtete. So verschaffte er sich Zugang zur Fabrik für Düsenflugzeuge. Sein Auftrag war es zu überprüfen, über wie viele moderne Düsenjets die Deutschen verfügten, da diese den amerikanischen Luftstreitkräften bei weitem überlegen waren. Mayer bekam heraus, dass die Produktion still stand, da alliierte Bomben den Nachschub unterbrochen hatten und meldete dies nach Bari. Bei einem Gespräch mit dem Bahnhofsvorsteher erfuhr er darüber hinaus, wann 26 Waggons, beladen mit wichtigem Kriegsmaterial (Panzer, Munition etc.),[8] den Bahnhof Innsbruck Richtung Italien verlassen würden. Die gesamte Fracht konnte daraufhin durch einen Luftangriff der Alliierten zerstört werden.

Gefangennahme und Folter

Am 20. April 1945, als sich der Krieg dem Ende zuneigte, wurde in Innsbruck verstärkt nach „verdächtigen Elementen“ gefahndet.[9] Dabei wurde auch Mayer festgenommen, nachdem zuvor ein Schwarzmarkthändler, mit dem Mayer gehandelt hatte, von der Gestapo verhaftet worden war und ihn unter Folter enttarnte. Mayer sprach nur Französisch und versuchte die Gestapo davon zu überzeugen, dass er war, wer zu sein er vorgab. Die Gestapo interessierte sich vor allem für seinen Funker, den Mayer jedoch auch unter Folter nicht preisgab. Ein Deutscher bemerkte, dass Mayer beschnitten war, aber die übrigen Verhörteilnehmer weigerten sich zu glauben, dass ein Jude als Agent der Alliierten nach Europa zurückkehren würde. Nach einer Gegenüberstellung gab Mayer seinen Widerstand teilweise auf und gab zu, ein Amerikaner zu sein. Zur gleichen Zeit wurde Hermann Matull, ein weiterer amerikanischer Agent, von der Gestapo verhört. Dieser sagte aus, Mayer sei ein „hohes Tier“ und solle nur von Gauleiter Hofer persönlich verhört werden. Der anwesende Arzt, ein Freund von Gauleiter Hofer, ließ das Verhör daraufhin unterbrechen und rettete Mayer so das Leben.

Kapitulation Innsbrucks

Gauleiter Franz Hofer (Foto: 1939) ließ Innsbruck auf Mayers Rat hin kapitulieren, um es vor der Zerstörung zu retten.

Hofer glaubte, dass die Niederlage unausweichlich sei und suchte nach einem Weg, mit den Amerikanern zu kooperieren. Aus diesem Grunde befahl er, Mayer zu ihm zu bringen. Dort wurde er Hofers Frau und dem deutschen Botschafter in Italien, Rudolf Rahn, vorgestellt. Rahn versprach nach Bern zu gehen, um eine Nachricht an den dortigen OSS-Offizier zu übermitteln. So gelang es Mayer, seinen Zustand an den OSS zu melden, ohne Wijnberg zu verraten. Mayer nutzte die Gelegenheit und bot Hofer an, sich zu ergeben, Innsbruck zur offenen Stadt zu erklären und im Gegenzug als Kriegsgefangener behandelt zu werden.

Am Morgen des 3. Mai 1945, als sich die 103. Infanterie-Division der amerikanischen 7. Armee Innsbruck näherte, sahen die Soldaten ein Auto mit einer weißen Flagge auf sich zu fahren. Ein junger Mann sprang aus dem Auto, stellte sich als Lt. Mayer des OSS vor und erklärte, er werde den Befehlshaber mitnehmen, damit dieser die Kapitulation Innsbrucks entgegennehmen könne. Innsbruck kapitulierte, wurde zur offenen Stadt und entging so jeglicher Zerstörung. Der frühere Direktor der CIA William J. Casey bezeichnete die Operation Greenup als die „bei weitem erfolgreichste OSS-Operation, die von Bari aus geleitet wurde.“

Weiterer Werdegang

Mayer kehrte nach dem Zweiten Weltkrieg nicht nach Deutschland zurück, sondern lebte weiter in Amerika. Er wurde durch die Regierung der Vereinigten Staaten mit dem Orden Legion of Merit und mit dem Purple Heart ausgezeichnet.

Ein Fernsehfilm, der auf der Operation Greenup basiert, wurde auf History Television ausgestrahlt. Unter dem Filmtitel The Real Inglorius Bastards wird eine Diskussion zwischen Mayer und Wijnberg gezeigt, in der sie das Erlebte schildern. Wijnberg starb einen Tag nach der Produktion. Auf dem Yorkton Film Festival 2013 gewann der Film in der Kategorie „Historische Dokumentation“.

Am 25. April 2013 schrieb Senator Jay Rockefeller (West Verginia) einen Brief an den Präsidenten, in dem er Obama darum bat, weitere Anerkennungen für Mayers heroischen Dienst für das Land zu prüfen. Am 3. November 2013 nahm Mayer an einem von Rockefeller geleiteten Programm teil. Bei der Ehrung von US-Veteranen an der Parkersburger High School wurde ihm ein Brief Obamas überreicht, in dem dieser seine Leistungen würdigte. Später twitterte Rockefeller, er arbeite daran, dass Mayer die Congressional Medal of Honor erhalte.

Veröffentlichungen

  • Fred Meyer: Moment of Truth, Guideposts, 2010

Literatur

  • Tom Moon: This Grim and Savage Game: OSS and the Beginning of U.S. covert Operations. Da Capo Press, 2000, ISBN 978-0-306-80956-9.
  • Patrick K. O'Donnell: They Dared Return: The True Story of Jewish Spies Behind the Lines in Nazi Germany. Da Capo Press, 2009, ISBN 978-0-306-81800-4.
  • Gerald Schwab: OSS Agents in Hitler’s Heartland: Destination Innsbruck. Praeger Publishers, 1996, ISBN 978-0-275-95470-3.

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Daniel Desrochers: WV Veteran known vor spying in Germany in WWII dies. In: wvgazettemail.com. Gazette-Mail, 15. April 2016, abgerufen am 16. April 2016 (english).
  2. Gerald Schwaab: OSS Agents in Hitler’s Heartland: Destination Innsbruck. S. 18.
  3. Gerald Schwaab: OSS Agents in Hitler’s Heartland: Destination Innsbruck. S. 29.
  4. Gerald Schwaab: OSS Agents in Hitler’s Heartland: Destination Innsbruck. S. 37.
  5. Gerald Schwaab: OSS Agents in Hitler's Heartland: Destination Innsbruck. S. 23.
  6. Gerald Schwaab: OSS Agents in Hitler’s Heartland: Destination Innsbruck. S. 85.
  7. Gerald Schwaab: OSS Agents in Hitler’s Heartland: Destination Innsbruck. S. 88/89.
  8. Gerald Schwaab: OSS Agents in Hitler’s Heartland: Destination Innsbruck. S. 92.
  9. Gerald Schwaab: OSS Agents in Hitler’s Heartland: Destination Innsbruck. S. 110.
Dieser Artikel basiert ursprünglich auf dem Artikel Fred Mayer (Spion) aus der freien Enzyklopädie Wikipedia und steht unter der Doppellizenz GNU-Lizenz für freie Dokumentation und Creative Commons CC-BY-SA 3.0 Unported. In der Wikipedia ist eine Liste der ursprünglichen Wikipedia-Autoren verfügbar.