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Fidelio

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Der Titel dieses Artikels ist mehrdeutig. Weitere Bedeutungen sind unter Fidelio (Begriffsklärung) aufgeführt.
Fidelio – Anschlagzettel zur Uraufführung der dritten Fassung am 23. Mai 1814 im Kärntnertortheater
Werkdaten
Originaltitel: Fidelio
Form: Nummernoper mit gesprochenen Dialogen
Originalsprache: deutsch
Musik: Ludwig van Beethoven
Libretto: Sonnleithner, von Breuning, Treitschke
Uraufführung: 20. November 1805
Ort der Uraufführung: Theater an der Wien, Wien
Spieldauer: ca. 2 1/2 Stunden
Ort und Zeit der Handlung: Staatsgefängnis in der Nähe Sevillas, 18. Jahrhundert
Personen
  • Don Fernando, Minister (Bariton)
  • Don Pizarro, Gouverneur eines Staatsgefängnisses (Bariton)
  • Florestan, Gefangener (Tenor)
  • Leonore, dessen Frau unter dem Namen „Fidelio“ (Sopran)
  • Rocco, Kerkermeister (Bass)
  • Marzelline, dessen Tochter (Sopran)
  • Jaquino, Pförtner (Tenor)
  • erster Gefangener (Tenor)
  • zweiter Gefangener (Bass)
  • Wachsoldaten, Staatsgefangene, Volk (Chor)

Fidelio ist die einzige Oper von Ludwig van Beethoven. In der Endfassung besteht die Oper aus zwei Akten, in der Urfassung – unter dem Titel „Leonore“ – aus drei Akten. Das Libretto schrieben Joseph Ferdinand von Sonnleithner, Stephan von Breuning und Georg Friedrich Treitschke; als Vorlage diente ihnen die Oper Léonore ou L'amour conjugal (1798; Libretto: Jean Nicolas Bouilly, Musik: Pierre Gaveaux).

Die Uraufführung der ersten Fassung des Fidelio fand am 20. November 1805 am Theater an der Wien statt (Zweite Fassung, ebenda: 29. März 1806, endgültige Fassung: 23. Mai 1814, Kärntnertortheater Wien).

Befreiungsoper

Beethovens Oper liegt ein Auftrag Peter von Brauns zugrunde, der zu diesem Zeitpunkt Intendant des Theaters „an der Wien“ war. Beethovens ursprüngliche Idee war es, eine Vorlage Emanuel Schikaneders, Vestas Feuer, zu bearbeiten. Doch schließlich entschloss er sich, eine „Rettungs- und Befreiungsoper“ zu schreiben, die Ende des 18. und auch noch Anfang des 19. Jahrhunderts in Frankreich große Erfolge feierte. In ihr sah Beethoven die Möglichkeit, die gegen jede Tyrannei gerichteten Prinzipien der politischen Freiheit, der Gerechtigkeit und der Brüderlichkeit oder einfach die Rettung eines unschuldigen Helden aus höchster Not zum Ausdruck zu bringen.

Jean Nicolas Bouillys Libretto für die Oper „Léonore ou L'amour conjugal“, an die sich Beethovens „Fidelio“ anlehnt, soll die Geschichte einer Madame de Tourraine zugrunde liegen, die als Mann verkleidet ihren Gatten aus der Gefangenschaft der Jakobiner in Tours befreit.

„Fidelio“ war die allererste Opernaufführung, als die Wiener Staatsoper am 5. November 1955 wiedereröffnet wurde. Die Staatsoper war im März 1945, kurz vor dem Ende des Zweiten Weltkriegs, zerbombt worden. Die Wiedereröffnung traf zeitlich mit dem Abzug der letzten Besatzungssoldaten nach mehr als zehn Jahren Besatzung durch die USA, Großbritannien, Frankreich und die Sowjetunion, und der damit verbundenen Unabhängigkeit Österreichs am 26. Oktober 1955 zusammen. Die Wahl fiel daher bewusst auf die „Befreiungsoper Fidelio“. Karl Böhm dirigierte.

Handlung

Erster Akt

Fidelio oder das Staatsgefängnis (1830) Erster nachweisbarer Theaterzettel einer Bonner Aufführung
Florestan (Günther Treptow) und Leonore (Karina Kutz); September 1945, Deutsche Oper Berlin
Szene mit Wilhelm Schirp als Kerkermeister Rocco und Karina Kutz als Leonore, Deutsche Oper Berlin 1945

Florestan wird von Don Pizarro, der sich vor kompromittierenden Enthüllungen Florestans fürchtet, widerrechtlich in Kerkerhaft gefangengehalten. Florestans Frau Leonore schleust sich unter dem Namen Fidelio als Bursche verkleidet beim Kerkermeister Rocco ein. Roccos Tochter Marzelline verliebt sich in Fidelio, wobei sie ihren Bräutigam Jaquino vernachlässigt. Fidelio nutzt Roccos Vertrauen aus, um mit ihm den Kerker zu besuchen. Dieser macht jedoch zur Bedingung, dass Fidelio nicht zu einem besonders gehüteten Gefangenen gehen darf. Leonore ahnt, dass es sich dabei um ihren Gatten handelt.

Pizarro erscheint zur Inspektion, weil er erfahren hat, dass der Minister zur Untersuchung des Kerkers erscheinen will, und stellt deshalb Wachen auf. Er kann Florestan nun nicht mehr am Leben lassen, da der Minister diesen sonst entdecken würde. Deshalb befiehlt er Rocco, Florestan zu töten. Dieser lehnt ab, kommt jedoch nicht umhin, ein Grab für Florestan zu schaufeln, wobei er sich von Fidelio helfen lässt. Angstvolle Unruhe breitet sich in Leonore aus. Sie bittet Rocco darum, dass die Gefangenen ans Tageslicht gelassen werden, erkennt ihren Gatten unter diesen jedoch nicht. Pizarro ist verärgert über Roccos Eigenmächtigkeit.

Zweiter Akt

Florestan hat eine Fiebervision, in der er Leonore, einem Engel gleich, zu sehen glaubt. Leonore bittet Rocco, dem Gefangenen Wein und Brot geben zu dürfen; sie erkennt dabei ihren Gatten, er sie aber nicht. Als Pizarro erscheint, stellt Florestan ihn – den Urheber seiner Leiden – zur Rede. Pizarro, mit einem Dolch in der Hand, geht auf Florestan zu. Da wirft sich Fidelio zwischen die beiden, zieht eine Pistole und bedroht Pizarro. Gerade in diesem Moment kündigt Trompetenschall die Ankunft des Ministers an. Pizarro will fliehen. Florestan und Leonore sinken einander in die Arme. Der Minister tritt auf und erkennt in Pizarros Gefangenem seinen Freund Florestan. Die Kerker werden geöffnet; alle Gefangenen sind frei. Leonore und Florestan werden durch den Chor hoch gelobt.

Überarbeitungen

Die Uraufführung von „Leonore“ – nach mehrfacher Verschiebung und zwischenzeitlichem Verbot – am 20. November 1805 in Wien (mit der Ouvertüre Nr. 2) war recht erfolglos. Die Uraufführung dieser ersten Fassung erfolgte jedoch ebenfalls unter dem Namen „Fidelio“. Daraufhin erfuhr die Oper mehrfache Revisionen und wurde – zunächst mit leichten Änderungen am Text und der Ouvertüre Nr. 3 – uraufgeführt am 29. März 1806. Später erfolgte eine weitere Umarbeitung. Von diesem für Beethoven mühsamen Arbeitsprozess zeugt ein 250 Seiten starkes Skizzenbuch. Sonnleithners Text wurde von Treitschke überarbeitet, die Handlung straffer gestaltet (dadurch wurden aus drei Akten zwei), die tragischen Züge der Hauptpersonen wurden verstärkt, und die Grundidee des Werkes trat nun deutlicher hervor, nämlich die Überhöhung der konkreten edlen Tat Leonores ins Allgemein-Menschliche. Die Uraufführung der nun in „Fidelio“ umbenannten Oper erfolgte am 23. Mai 1814, also neun Jahre später, zunächst noch mit der Ouvertüre Die Ruinen von Athen Op. 113 (weil die neue noch nicht fertig war), drei Tage später mit der „Fidelio“-Ouvertüre.[1]

Insgesamt existieren vier Ouvertüren. Die erste wurde vermutlich nie gespielt (sie war für eine Aufführung in Prag gedacht, die nicht stattfand), die zweite leitete die Uraufführung ein, die dritte, die „Große Leonoren-Ouvertüre“, erschien Beethoven später als zu umfangreich; heute wird sie oft vor dem letzten Bild als Zäsur und Übergang zum Finale eingesetzt (diese Tradition begründete Gustav Mahler). Der Dirigent Ferenc Fricsay dagegen ließ die dritte Ouvertüre zum Schluss der Oper als „dramatisches Resumé“ (F. Herzfeld) spielen. Die vierte Ouvertüre, die „Fidelio-Ouvertüre“, schrieb Beethoven für die endgültige Fassung der Oper; sie leitet seither das Werk ein.

Besetzung der ersten Aufführungen

Rolle Stimmlage Besetzung der Uraufführung,
20. November 1805
(Dirigent: Ignaz von Seyfried)
Premierenbesetzung
der endgültigen Fassung,
23. Mai 1814
(Dirigent: Michael Umlauf)
Florestan, Gefangener Tenor Carl Demmer Julius Radichi
Leonore, dessen Frau Sopran Anna Milder Anna Milder-Hauptmann
Rocco, Kerkermeister Bass Joseph Rothe Carl Weinmüller
Marzelline, dessen Tochter Sopran Louise Müller Anna Bondra
Jaquino, Pförtner Tenor Joseph Caché Joseph Frühwald
Don Pizarro, Gouverneur des Gefängnisses Bass-Bariton Sebastian Mayer Johann Michael Vogl
Don Fernando, Minister Bass Johann Michael Weinkopf Ignaz Saal
Zwei Gefangene Tenor und Bass Unbekannt Unbekannt
Soldaten, Gefangene, Stadtbewohner

Die Besetzung bei der Uraufführung der zweiten Fassung am 29. März 1806 war dieselbe wie am 20. November 1805, nur dass Joseph August Röckel diesmal den Florestan verkörperte, ebenso bei der einzigen Wiederholung am 10. April 1806.

Musik

„Fidelio“ ist eine Nummernoper mit gesprochenen Dialogen. Besonders deutlich tritt dieser Charakter in den ersten Szenen hervor, in denen die kleinbürgerliche Welt um Kerkermeister Rocco beschrieben wird. (Die Dialoge werden in modernen Aufführungen jedoch häufig stark gekürzt.) Die Arien und Duette Roccos, Marzellines und Jaquinos im ersten Akt klingen so auch eher liedhaft, schlicht und scheinbar heiter. Das Quartett, das diese mit Leonore singen, ist ein musikalischer Höhepunkt der Oper. Ebenfalls im ersten Akt findet sich eine der berühmtesten und ergreifendsten Szenen der Operngeschichte, der Gefangenenchor.

In der Szene, in der Fidelio und Rocco Florestans Grab ausheben, unterhalten sich die beiden, während das Orchester das Gespräch musikalisch untermalt und gleichsam erläutert. Dies bezeichnet man als „Melodram“. Die Musik, die während der Binnenhandlung um Leonore und Florestan erklingt, wird fühlbar von Beethovens symphonischem Geist beherrscht, wobei er wenig Rücksicht auf die Eigenart der menschlichen Stimme nahm. Daraus ergeben sich bisweilen große Schwierigkeiten für die Sänger. Die orchestrale Untermalung gestaltet sich nach den Anfangsszenen zunehmend grell und erregt (besonders in der Rachearie Pizarros und im Duett zwischen Pizarro und Rocco). Den beiden großen Arien Leonores (1. Akt) und Florestans (2. Akt) gehen längere Rezitative voran.

Bemerkenswert ist die Einführung des Kontrafagotts ins Opernorchester, welches hier auch solistische Aufgaben übernimmt (Grabduett).

Wirkung

Bei der Uraufführung der ersten Fassung hielt sich die Begeisterung sehr in Grenzen. Erst die dritte Fassung wurde zu einem Erfolg.

Für eine rasche Verbreitung im Ausland sorgte die deutsche Sopranistin Wilhelmine Schröder-Devrient, die 1822 die Partie der Leonore übernahm. Sie verhalf Richard Wagner zu einem Hörerlebnis der Oper, das seine künstlerische Entwicklung nach eigenen Angaben maßgeblich prägte.

Auch auf Künstler späterer Generationen wie den Filmregisseur Stanley Kubrick hatte das Werk erheblichen Einfluss, wie sich insbesondere im Film Eyes Wide Shut zeigt: Das Passwort für den Zugang zu einer okkulten Orgie lautet ebenfalls „Fidelio“ und charakterisiert das Spannungsverhältnis zwischen Sexualität (Trieb) und Liebe (Treue), in dem der Mensch gefangen ist, dessen Bewältigung dieser aber auch selbst in der Hand hat. Bezeichnenderweise „opfert“ sich auch hier eine Frau für den Protagonisten, um dessen Flucht zu ermöglichen.[2]

Inszenierungen

Entscheidend für die Rezeptionsgeschichte war die Inszenierung Gustav Mahlers im Jahre 1904.

Großes Aufsehen erregte die „Proletkult“-Inszenierung im Jahre 1928 in Leningrad. Nach dem Trompetensignal, das die Ankunft des Ministers verkündet, leuchtete an der Leinwand die Inschrift auf: „Der weiteren Handlung des Stücks nach befreit der König die Gefangenen. Das widerspricht unserem Klassenbewußtsein und wir reißen die Masken ab“. Die Aufführung der Oper wurde an dieser Stelle abgebrochen.

Eine der politisch brisantesten Inszenierungen dürfte diejenige gewesen sein, die unter der Regie von Christine Mielitz am 7. Oktober 1989 - zum vierzigsten und letzten Jahrestag der DDR - in der Semperoper Dresden Premiere hatte. Diese Premiere fiel in die Tage, in denen in Dresden hunderte Demonstranten, die friedlich für Meinungs- und Reisefreiheit demonstrierten, zusammengeknüppelt, auf LKW verladen und in Gefängnisse abtransportiert wurden. Die Regisseurin bringt ein solches DDR-Gefängnis mit Stacheldrahtzaun und Sichtbeton als Bühnenbild für ihren „Fidelio“ auf die Bretter. In der Schlußszene tritt das „Volk“ in normaler Alltagskleidung auf die Bühne, so, als wären die Mitglieder des Chores gerade eben von der Demo auf der Straße in die Oper marschiert - und in der szenischen Umsetzung bedrängt dieses „Volk“ den Minister, die Gefangenen freizulassen, so wie draußen auf der Straße die Demonstranten die Freilassung der eingesperrten Kollegen und Freunde einfordern. Das Publikum verstand die Botschaft, nach dem Gefangenenchor im ersten Akt gab es, wie Martin Walser, der die zweite Aufführung am 8. Oktober 1989 besuchte, beschrieb, einen „fast den Abend unterbrechenden Beifall“ und dann „noch einmal solche Ovationen am Schluss“ [3].

Martin Kušej fügte dem Werk in seiner Fidelio-Inszenierung 1998 in Stuttgart einen entscheidenden Bruch zu: Nach dem Trompetensignal während des Kerkerquartetts kommt es nicht etwa zur Lösung des Konflikts, sondern Pizarro tötet Florestan, woraufhin Leonore Pizarro erschießt. Daraufhin folgt eine Pause und die Inszenierung mit der feierlichen Schlussszene – unter Beteiligung der toten Figuren – läuft nur mechanisch weiter, doch hier erscheint der Mythos Leonore als Ausstellungsstück einer Gesellschaft.

Im Herbst 2008 inszenierte Johannes Felsenstein am Anhaltischen Theater Dessau Beethovens Oper, die in einer Massenerschießung aller Beteiligten direkt im Anschluss an das Finale endet, um damit auf noch bestehende Ungerechtigkeiten des Weltgeschehens hinzuweisen und somit die Eindringlichkeit der Befreiungsbotschaft Beethovens zu steigern.[4]

Literatur

Weblinks

 Commons: Fidelio – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Aufnahmen (Auswahl)

Einzelnachweise

  1. „Nach zeitgenössischen Berichten von Treitschke und Bertolini (s. Thayer-D.-R. III, 425) schrieb Beethoven die neue Ouverture in den Tagen unmittelbar vor der Erstaufführung der dritten Fassung der Oper (23. Mai 1814), konnte sie aber nicht rechtzeitig beenden, so daß sie – nach Seyfried – durch die Ouverture zum Festspiel ‚Die Ruinen von Athen‘ (Opus 113) ersetzt werden mußte. Zum ersten Male gespielt wurde sie bei der zweiten Vorstellung am 26. Mai lt. folgendem Vermerk auf dem Theaterzettel: ’Die das vorige Mal wegen Hindernissen weggebliebene neue Ouverture dieser Oper wird heute zum ersten Mal vorgetragen werden.’“ (Georg Kinsky / Hans Halm, Das Werk Beethoven – Thematisch-Bibliographisches Verzeichnis seiner sämtlichen vollendeten Kompositionen, München: Henle 1955, S. 193)
  2. Bob Mielke: Stanley Kubrick at the Fin de Siecle
  3. „Die Zeit“, Ausgabe vom 20. Oktober 1989, „Kurz in Dresden“
  4. http://www.anhaltisches-theater.de/index.php?id=18,0,0,1,0,0&str=2&monat=11&jahr=2009&tag=0&textfilter=36763&details=36763&k=1
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