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Farinelli

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Der Titel dieses Artikels ist mehrdeutig. Weitere Bedeutungen sind unter Farinelli (Begriffsklärung) aufgeführt.
Farinelli, Gemälde von Corrado Giaquinto

Farinelli, eigentlich Carlo Broschi, (* 24. Januar 1705 in Andria/Königreich Neapel; † 16. September 1782 in Bologna) war ein italienischer Kastratensänger.

Leben

Carlo Broschis österreichischer Vater Salvatore[1] († 1717) betätigte sich als Musiklehrer und unterrichtete seinen Sohn Carlo ab dessen fünftem Lebensjahr. 1706 wurde der Vater auch Gouverneur von Maratea und 1709 für kurze Zeit von Cisternino.[2][1]

Farinelli (1735)

Auf Wunsch seines Vaters wurde Carlo 1714 kastriert[1] und anschließend für die Karriere eines Kastraten am Conservatorio Sant’Onofrio in Neapel vorbereitet, wo er der Magistratsfamilie Farina anvertraut wurde. Er erwarb sich als Schüler des Komponisten Nicola Antonio Porpora eine Stimme von angeblich wunderbarer Schönheit und war bald überall in Süditalien als il ragazzo (der Junge) bekannt. Da Carlo, möglicherweise ein Neffe des mit Arcangelo Corelli befreundeten Komponisten und Violinisten Farinelli, nicht der erste Schüler von Porpora war, musste er sich einen anderen als dessen Bühnennamen suchen, denn der Kastratensänger Antonio Uberti hatte bereits den Namen seines Lehrers angenommen und nannte sich Porporino. Carlo Broschi entschied sich daher zu Ehren der Familie Farina, insbesondere der Brüder Farina, die als große Kenner und Liebhaber der Musik galten und bei denen er während seiner Ausbildungszeit bei Porpora öfter gesungen hatte, für den Künstlernamen Farinelli.[3]

1722 hatte er seinen ersten Auftritt in der Oper Eumene seines Lehrers. Mit seiner Stimme übertraf er einen beliebten deutschen Trompeter sowohl im Halten und Schwellen eines Tones in erstaunlicher Länge als auch in Reinheit und Kraft, Variationen und Trillern. Das erwies sich bei einem von Porpora für den Jungen geschriebenen Obligato in einer der Arien und erregte weithin Enthusiasmus.

1724 trat er erstmals in Wien auf und im folgenden Jahr in Venedig, worauf er nach Neapel zurückkehrte. In Mailand sang er 1726 und in Bologna 1727. Dort traf er das erste Mal den Sänger Antonio Bernacchi (geboren 1690) und musste sich ihm geschlagen geben; seinem Unterricht verdankte er viel. Mit stetig steigendem Erfolg trat Farinelli in fast allen großen Städten Italiens auf und kehrte 1731 ein drittes Mal nach Wien zurück.

Er änderte nun seinen Stil – wie es heißt, auf den Rat von Karl VI. – von der bloßen Bravour der Porpora-Schule zu mehr Pathos und Schlichtheit. Darin wurde er unter anderem von seinem Freund Pietro Metastasio bestärkt. 1734 besuchte er London, gerade rechtzeitig, um die einflussreiche Partei der Händel-Gegner zu unterstützen, die mit Porpora als Komponisten und Senesino als erstem Sänger eine konkurrierende Oper gegründet hatten. Aber selbst seine mächtige Hilfe konnte dem Unternehmen auf Dauer nicht zum Erfolg verhelfen. Sein erster Auftritt am Theater Lincoln’s Inn Fields erfolgte in der Oper Artaserse, deren Musik größtenteils von seinem Bruder Riccardo Broschi stammte. Er erntete triumphalen Erfolg; der Prinz von Wales sowie der Hof überschütteten ihn mit Wohlwollen und Geschenken. Nach drei Jahren in England reiste er 1737 nach Spanien. Auf dem Weg verbrachte er einige Monate in Frankreich, wo er vor Ludwig XV. sang.

In Spanien, das er ursprünglich nur für fünf Monate hatte besuchen wollen, blieb er schließlich fast fünfundzwanzig Jahre (1737–1759). Seine Stimme wurde von der Königin eingesetzt, um die Schwermut von Philipp V. von Spanien zu kurieren. Damit erlangte er Einfluss auf den Prinzen, der ihm die Macht – wenn auch nicht das Amt – eines Premierministers verlieh. Er war klug und bescheiden genug, diese Macht nur diskret einzusetzen. Zehn Jahre lang musste er dem König Nacht für Nacht stets die gleichen sechs Lieder vorsingen. Unter Ferdinand VI. hatte er eine ähnliche Position inne. Farinelli wurde 1750 für seine Verdienste mit dem Kreuz von Calatrava ausgezeichnet. Er nutzte seinen Einfluss auf den König, um eine italienische Oper zu etablieren. Als Karl III. von Spanien den Thron bestieg, setzte sich Farinelli mit seinem Vermögen in Bologna zur Ruhe und verbrachte den Rest seiner Tage in melancholischer Pracht.

Farinellis Stimmumfang reichte vom Bariton bis zum hohen Sopran und war nahezu eine Oktave größer als der anderer Sänger. Seine Stimme war klangvoll, gleichmäßig und klar.

Nachwelt

Büste von Farinelli (R.A.B.A.S.F., Madrid).

Farinellis Leben wurde in zahlreichen Opern verarbeitet. Angefangen mit einem Werk von John Barnett, aufgeführt 1839 in London nach der anonymen Pariser Vorlage Farinelli, ou le Bouffe du Roi (…oder der Buffo des Königs) über Aubers La part du diable (Des Teufels Anteil, 1843) bis zu zeitgenössischen Komponisten wie Matteo d’Amicos (* 1955) Farinelli, la voce perduta (…die verlorene Stimme) und Siegfried MatthusFarinelli, oder die Macht des Gesanges.

Auch in Operetten wurde Farinellis Leben verarbeitet – z. B. Hermann Zumpes Operette Farinelli auf eine Vorlage von Friedrich Wilhelm Wulff.[4]

1964 wurde in Schwabing die Farinelli-Grundschule gegründet.

1994 drehte der belgische Regisseur Gérard Corbiau den Film Farinelli, der Kastrat über die Lebensgeschichte Farinellis mit Stefano Dionisi in der Titelrolle. Drehort des Films war u. a. das Markgräfliche Opernhaus in Bayreuth. Der vielgelobte Kinofilm wurde mit dem Golden Globe als „bester nicht englischsprachiger Film“ ausgezeichnet und auch für den Oscar in dieser Kategorie nominiert.

Im Jahre 1998 öffnete in Bologna das Farinelli-Studienzentrum seine Tore, gewidmet der geschichtlichen Erinnerung an die Figur des berühmten Kastraten, der in Bologna von 1761 bis 1782 lebte und auch dort verstarb. Die Kernprojekte des Zentrums beinhalten die Restaurierung des Grabmals Farinellis in der Certosa von Bologna (2000) und die Öffnung von Farinellis Grab (2006). Die Graböffnung wurde durch den florentinischen Antiquitätenhändler Alberto Bruschi und durch Luigi Verdi, Sekretär des Farinelli-Studienzentrums, ermöglicht. Die Anthropologin Maria Giovanna Belcastro von der Universität von Bologna, der Paleoanthropologe Gino Fornaciari von der Universität von Pisa und der Ingenieur David Howard von der Universität von York zeichnen als Wissenschaftler für die Analyse der sterblichen Überreste Farinellis verantwortlich. Die Exhumierung Farinellis fand am 12. Juli 2006 statt. Ziel der Ausgrabungen ist es, Erkenntnisse über mögliche Krankheiten oder Fehlbildungen des Sängers und deren Auswirkungen auf seine Stimme zu gewinnen.

Diskographie

Literatur

  • Patrick Barbier: Farinelli. Le castrat des Lumières. Grasset, Paris 1995, ISBN 2-246-48401-4 (deutsche Ausgabe: Farinelli. Der Kastrat der Könige. Die Biographie. Econ, Düsseldorf 1995, ISBN 3-430-11176-5).
  • Sandro Cappelletto: La voce perduta. Vita di Farinelli, evirato cantore (= Biblioteca di cultura musicale. Improvvisi 9). EDT, Turin 1995, ISBN 88-7063-223-7.
  • Johanna Dombois: Farinellis gehäutete Stimme. Voice-Design als Kulturtechnik. In: Musik & Ästhetik. Heft 51 = 13. Jahrgang, Heft 3, 2009, ISSN 1432-9425, S. 54–72.
  • Hubert Ortkemper: Engel wider Willen. Die Welt der Kastraten.Henschel, Berlin 1993, ISBN 3-89487-006-0.
  • Reinhard Strohm: Wer ist Farinelli? Begleitheft zur CD Arias for Farinelli. Vivica Genaux, Harmonia mundi (2002/2003, HMC 801778), S. 38–44.
  • Angelika Tasler: Carlo Broschi (Farinelli). In: Jürgen Wurst, Alexander Langheiter (Hrsg.): Monachia. Städtische Galerie im Lenbachhaus, München 2005, ISBN 3-88645-156-9, S. 78 ff.

Belletristik

  • Marc David: Farinelli. Mémoires d’un castra. Récit. Perrin, Paris 1994, ISBN 2-262-01086-2 (deutsche Ausgabe: Farinelli. Roman. Limes, München 1996, ISBN 3-8090-2404-X).
  • Franzpeter Messmer: Der Venusmann. Fretz & Wasmuth, Bern/ München/ Wien 1997, ISBN 3-502-11905-8.

Weblinks

 Commons: Farinelli – Album mit Bildern und/oder Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. 1,0 1,1 1,2 Patrick Barbier: Farinelli. Le castrat des Lumières. Paris 1995.
  2. Christian von Deuster: Wie sangen die Kastraten? Historische Betrachtungen. In: Würzburger medizinhistorische Mitteilungen. Band 25, 2006, S. 140.
  3. Christian von Deuster: Wie sangen die Kastraten? Historische Betrachtungen. 2006/ Hubert Ortkemper: Engel wider Willen. Die Welt der Kastraten. Berlin 1993/ Reinhard Strohm: Wer ist Farinelli? Begleitheft zur CD Arias for Farinelli. Vivica Genaux, Harmonia mundi (2002/2003).
  4. Farinelli. Operette von Hermann Zumpe in der Deutschen Digitalen Bibliothek
Dieser Artikel basiert ursprünglich auf dem Artikel Farinelli aus der freien Enzyklopädie Wikipedia und steht unter der Doppellizenz GNU-Lizenz für freie Dokumentation und Creative Commons CC-BY-SA 3.0 Unported. In der Wikipedia ist eine Liste der ursprünglichen Wikipedia-Autoren verfügbar.