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Evolutionäre Anpassung

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Eine evolutionäre Anpassung, in der wissenschaftlichen Terminologie als Adaptation bezeichnet, ist ein Merkmal in der Population eines Organismus, das für sein Überleben bzw. seine Fortpflanzungserfolg vorteilhaft ist, und das durch natürliche Selektion für seinen gegenwärtigen Zustand entstanden ist.[1] Ein Merkmal kann in diesem Zusammenhang sowohl eine morphologische Besonderheit als auch eine Verhaltensweise sein. Damit ein Merkmal adaptiv ist, muss es erblich sein, d. h. eine genetische Basis besitzen.

Merkmale, die für den Organismus vorteilhaft sind, aber deren Ursprung auf einen anderen Zweck zurückgeht, werden als Exaptationen bezeichnet.[2] Der alternativ dafür gebrauchte Ausdruck Präadaptation wird heute vielfach vermieden, weil er den falschen Eindruck einer zielgerichteten Entwicklung auf den neuen Zweck hin vermittelt. Eine Exaptation wäre z. B. die Feder im Flügel der Vögel, die bei flugunfähigen Reptilien (ursprünglich zur Wärmeisolation) entstanden ist, d. h. bei der Evolution der Vögel bereits vorhanden war und für den neuen Zweck umgestaltet wurde. Evolutionär neutrale bzw. schädliche Merkmale werden manchmal als „Anaptation“ bzw. „Disaptation“ bezeichnet; diese Begriffe sind aber nicht allgemein gebräuchlich.

Erläuterung

Zwar ist die Evolution im Prinzip nicht zielgerichtet, sondern beruht auf zufälligen Änderungen im Erbgut, die zu Abänderungen der Phänotypen führen, die sich wiederum in einer gegebenen Umwelt zu bewähren haben. Da aber neben der zufälligen Mutation auch eine gerichtete Selektion wirksam ist, ist es sinnvoll, von Anpassungen zu sprechen.

Die Summe der Anpassungen der Organismen einer Art definiert ihre ökologische Nische. Über Akklimatisation können sich Lebewesen in den durch das Erbgut gesetzten Grenzen an bestimmte Umweltfaktoren anpassen. Die verschiedenen möglichen Phänotypen eines Genotyps werden als seine Reaktionsnorm bezeichnet. Adaptationen erfolgen immer an die gegenwärtige Umwelt (wenn man es ganz genau nimmt: an die Umwelt der jeweiligen Elterngeneration[3]). Das hat zur Folge, dass ein Merkmal seinen adaptierten Charakter auch dadurch verlieren kann, dass sich die Umwelt verändert. Ursprünglich adaptive Merkmale, die in einer veränderten Umwelt nun nachteilig werden, werden auch als Fehlanpassung (auch: Maladaptation) bezeichnet. Lebt ein Organismus in einer unvorhersagbaren, veränderlichen Umwelt, kann eine hohe genetische Variabilität oder eine weite Reaktionsnorm selbst ein adaptives Merkmal sein.

Umwelt eines Organismus sind nicht nur die abiotischen Bedingungen und Faktoren, sondern auch die anderen Lebewesen, mit denen er jeweils zusammenlebt - einschließlich seiner Artgenossen. Organismen entwickeln dementsprechend auch Adaptationen in Reaktion auf diese Lebewesen, z. B. schnelles Laufvermögen, um Prädatoren zu entkommen. Da der andere Organismus ebenfalls adaptieren kann, kann es zu einer Rückkoppelung führen. Man spricht hier von Koadaption. Koadaptionen können zu Symbiose oder Mutualismus führen, wenn sie für beide Partner vorteilhaft sind. In anderen Fällen führen sie oft zu einem evolutionären „Wettrüsten“ (siehe auch Koevolution).

Ein Organismus in seiner natürlichen Umgebung muss sich in der Regel nicht an einen einzigen Faktor adaptieren, sondern an zahlreiche gleichzeitig. Diese Anforderungen können in Konflikt miteinander geraten. Die tatsächlichen Adaptationen entsprechen deshalb meist nicht dem technischen Optimum für die jeweilige Funktion, sondern gehen auf Kompromisse zurück. Innerhalb des Lebensraums einer Population können durchaus mehrere ökologische Optima existieren, an die eine Adaptation vorteilhaft wäre. Adaptationen auf die eine Funktion führen hier zu Nachteilen bei der anderen. Da die jeweilige Population genetisch zusammenhängt, können die Kompromisse bei der Adaptation hier sogar dazu führen, dass die tatsächliche Population beide Optima verfehlt. Sind einige Organismen besonders gut an eine Faktorenkombination adaptiert, geht dieser Vorteil durch die Paarung mit anders adaptierten in der nächsten Generation wieder verloren (der Faktor wird in der Populationsgenetik als Genfluss bezeichnet). Man spricht in diesem Falle davon, das auf die Population „disruptive“ Selektion einwirkt. Disruptive Selektion kann zur Aufspaltung einer Population in mehrere Teilpopulationen, und so letztlich zur Bildung neuer Arten führen.

Grafische Darstellung in der Fitness-Landschaft

Skizze einer Fitness-Landschaft. Die Pfeile bezeichnen den durch Selektion präferierten Weg einer Population in der Landschaft. Die Punkte A, B und C sind lokale Optima. Der rote Ball steht für eine Population, die sich von einem sehr niedrigen Fitnesswert in Richtung eines lokalen Gipfels bewegt.

Evolutionäre Anpassung kann grafisch in den von Sewall Wright eingeführten Fitness-Landschaften dargestellt werden. Dabei handelt es sich um eine Form grafischer Darstellung der Fitness (Reproduktionserfolg) unterschiedlicher Genkombinationen, die sowohl ein bestimmtes phänotypisches Merkmal (z. B. Auge, Kiemen, Außenskelett) als auch den gesamten Phänotyp repräsentieren können. Täler in diesen Landschaften bedeuten geringeren Reproduktionserfolg der Genkombinationen, Hügel repräsentieren günstigere Genkombinationen. Die natürliche Selektion verschiebt das Merkmal bzw. den Phänotyp als evolutionäre Anpassung auf die Gipfel der Hügel. Dort ist das Merkmal an seine Umwelt adaptiert. Zufälligen Bewegungen in anderen Richtungen der Fitness-Landschaft werden als genetische Drift bezeichnet. Eine Anpassung, ausgehend von einem lokalen Gipfel auf dem Weg bergab und wieder bergauf zu einem anderen, höheren Gipfel ist evolutionär in der Regel nicht möglich. So kann etwa ein Wal etwa keine Kiemen mehr entwickeln, die er in einer phylogenetisch früheren Phase einmal hatte.[4][5]

Adaptionismusstreit

Seit dem Ende der 1970er Jahre wird unter dem Schlagwort adaptationist program eine Auseinandersetzung darüber geführt, in welchem Ausmaß Organismen in ihren Populationen tatsächlich adaptiert sind. In einem einflussriechen Papier wehrten sich Stephen Jay Gould und Richard Lewontin [6] gegen eine aus ihrer Sicht überzogene Einzelbetrachtung ("Atomisierung") von Merkmalen, die einzeln der Selektion unterliegen und adaptiert würden. Tatsächlich seien zahlreiche Merkmale nicht selektierte Nebenprodukte anderer, adaptierter Merkmale. Somit könnten Eigenschaften eines Organismus auch ohne direkten Funktionsbezug und damit ohne selektive Vorteile überleben. Ernst Mayr bezog Stellung zu diesem Angriff auf die evolutionäre Anpassung.[7] Mayr betonte, dass Anpassung zu keinem perfekt optimierten Prozess führe, da „stochastische Prozesse und andere Constraints“, auch Pleiotropie, perfekte Adaptation verhindern. In diesen Zusammenhang passen Exaptationen. Bereits Darwin hatte darauf hingewiesen, dass es perfekte Anpassung nicht gibt.[8] Der Streit um Grad und Umfang evolutionärer Anpassung wird heute offen geführt.

Beispiele für ursächliche Faktoren der Anpassung

Hitze

Das Ausweichen auf eine ökologischen Nische umfasste auch das Leben in besonders warmen Gebieten, wie z. B. Vulkanseen. Dadurch entwickelten die dort vorkommenden Bakterien verschiedene Mechanismen um sich diese Gebiete zu nutzen zu machen. Dazu gehörten unter anderem hitzeresistente Proteine. Ein weiterer Mechanismus ist in mehrzelligen bzw. höheren Organismen die Vermeidung der Hitzeeinstrahlung durch eine Nachtaktivität. Dieses findet vor allem in Wüstengebieten Anwendung.

Kälte

Neben der Hitze ist auch die Kälte ein wichtiger Faktor. Fällt die Außentemperatur, so muss von Tieren mehr Energie aufgebracht werden um ihre Körpertemperatur zu erhalten und so eine Funktionalität der lebenswichtigen Proteine zu gewährleisten. Dieses gilt jedoch nur für gleichwarme Tiere. Als Schutz vor Kälte kann Säugetieren oder Vögeln ein dichtes Fell/Federkleid dienen. Für viele Säugetiere in den gemäßigten und polaren Breiten ist der Fellwechsel wichtig, da ein dichteres Winterfell diese Tiere vor Wärmeverlust schützt. Einigen Säugetiere wie dem Hermelin dient der Fellwechsel aber auch zur Tarnung. Die meisten Meeressäuger und Pinguine dagegen haben eine Speckschicht, die sie gegen kaltes Meerwasser isoliert. Bei den Walen und Robben wird diese Schicht Blubber genannt. Fellrobben aber dienen Lufteinschlüsse zur Isolation, dies gilt auch für Seeotter, die keine isolierende Fettschicht haben, dafür sehr feines, dichtes Fell. Andere Tiere nutzen die Kälte um ihren Metabolismus herunterzufahren und fallen in einen sogenannten Winterschlaf oder bauen eine Höhle.

Ein ähnlicher Schutzmechanismus ist bei Pflanzen zu beobachten. So nutzen mehrjährige Laubbäume den Winter um ihre Baumkrone abzustoßen und so im Winter Energie zu sparen, da in dieser Jahreszeit ohnehin der Energiegewinn durch solare Strahlung gering ist. Dabei spricht man von einem periodischen Laubfall. Nadelbäume hingegen behalten ihre Blätter bzw. Nadeln und benutzen ein Frostschutzmittel.

Fressfeinde

Detail aus einem Schmetterlingsflügel, hier werden Augen größerer Tiere vorgetäuscht
Eine Schwebefliege täuscht vor, eine gefährliche Wespe zu sein

Trockenheit

  • Resistenz gegen Austrocknen (Moose)
  • periodischer Laubfall
  • Wasserspeicherung (Sukkulenten)
  • Wasserundurchlässige Körperhülle
  • Bildung konzentrierten Harns oder Harnsäure

Wind

Starker Wind birgt vor allem die Gefahr, vom Lebensraum weggeweht zu werden.

Strömung

Starke Strömungen bergen vor allem die Gefahr, vom Lebensraum weggespült zu werden.

Dunkelheit

Dunkelheit macht einen der wichtigsten Sinne, den Gesichtssinn, wertlos. Trübes Wasser hat eine ähnliche Wirkung.

Nahrungsmangel

Eine fleischfressende Venusfliegenfalle

Mangel an Nahrung vermindert – neben der Existenzbedrohung – auch die Fortpflanzungsrate

Schwermetalle

Antibiotika

Siehe auch

Weblinks

Quellen

  1. Ernst Mayr. Das ist Evolution. Goldmann 2. Aufl. 2005, S.187f
  2. Stephen Jay Gould, Elisabeth S. Vrba (1982): Exaptation - a missing term in the science of form. Paleobiology 8 (1): 4–15.
  3. Bernard J Crespi. The evolution of maladaptation. Heredity (2000) 84, 623–629; doi:10.1046/j.1365-2540.2000.00746.x
  4. S. Wright: The roles of mutation, inbreeding, crossbreeding, and selection in evolution. In: Proceedings of the Sixth International Congress on Genetics, S. 355–366 1932
  5. Richard Dawkins: Gipfel des Unwahrscheinlichen: Wunder der Evolution. rororo, 2008. S. 85ff
  6. Gould, S. J. and Richard Lewontin (1979). "The spandrels of San Marco and the Panglossian paradigm: a critique of the adaptationist programme". Proc. R. Soc. Lond., B, Biol. Sci. 205 (1161): 581–98. DOI PMID; for background see Gould's "The Pattern of Life's History" in John Brockman The Third Culture. New York: Simon & Schuster. 1996, pp. 52–64. ISBN 0-684-82344-6
  7. Ernst Mayr. How to Carry Out the Adaptationist Program? The American Naturalist, Vol. 121, No. 3. (Mar., 1983), pp. 324-334
  8. Charles Darwin: On the Origin of Species. 1. Auflage, John Murray, London 1859. S. 199-201
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