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Eurabien

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Datei:Eurabia Flag.svg
Karikaturen: Grüne Europaflagge mit Scimitaren und arabischem Schriftzug …
Datei:Flag of Eurabia.svg
… und Flagge der Türkei in Europafarben (vgl. Hilal (Mondsichel)) (Zur fehlerhaften Gleichsetzung von Arabern und Muslimen siehe hier)

Eurabien (Eurabia) ist ein politischer Begriff, der von der britischen Autorin Gisèle Littman unter ihrem Pseudonym Bat Yeʾor geprägt wurde. Er beschreibt eine als bedrohlich empfundene Zukunftsvision, wonach Europa unter muslimischer Fremdherrschaft stehen werde und dass dies eine unausweichliche Folge der Einwanderung muslimischer Menschen in die europäischen Staaten sei.

Herkunft des Ausdrucks in Europa und den USA

Angebliche letztendliche Ausdehnung von Eurabien
Tatsächliche Verbreitung des Islam in Europa im Jahr 2011. Legende

Der Neologismus „Eurabia“, im englischen Original zusammengesetzt aus den Wörtern Europe und Arabia, war in den 1970ern der Titel eines Mitteilungsblattes über europäisch-arabische Beziehungen, das vom „Europäischen Komitee für die Koordination von freundschaftlichen Verbindungen mit der arabischen Welt“ (Comité Européen de Coordination des Associations d'Amitié avec le Monde Arabe, Paris, oder Association pour la Coopération Euro-Arabe APCEA, engl. PAEAC) herausgegeben wurde.[1] Es wurde in Zusammenarbeit mit Middle East International, London, France-Pays Arabes, Paris und der Groupe d’Etudes sur le Moyen-Orient in Genf veröffentlicht.

Der Titel des Mitteilungsblattes war nach Angaben von Bat Ye'or Vorbild für ihr Buch Eurabia: The Euro-Arab Axis. Dort zeichnet die Autorin den demografischen Wandel als Ergebnis einer ihrer Ansicht nach seit dreißig Jahren von Frankreich forcierten EU-Politik. Die Franzosen würden sich laut Ye'or dem in Frankreich bald herrschenden Islam ergeben und unterwerfen. Dies treffe auch auf Europa zu, und die Zukunft Europas sei somit Eurabien, in dem Christen Bürger zweiter Klasse seien.[2] Kirchen und Kathedralen würden durch Moscheen ersetzt,[3] und die Verbindungen Europas zu den USA und Israel werde untergraben.[4][5] Diese Entwicklung sei dabei kein Zufall, sondern von europäischen und arabischen Politikern gewollt.[6] Der Begriff wird oftmals von Autoren wie Oriana Fallaci, Robert Spencer, Daniel Pipes, Hans-Peter Raddatz (siehe auch die Literaturliste), Bruce Bawer und Bloggern wie Fjordman benutzt. Er wird auch häufig von Rechtsextremisten verwendet.[7] Anders Behring Breivik, der Täter hinter den Anschlägen in Norwegen 2011, begründete seine Morde damit, „Eurabien“ aufhalten zu wollen.[8][9]

In diesem Zusammenhang dient Eurabia auch als polemische Bezeichnung für das unter anderem vom damaligen Bundesaußenminister Joschka Fischer angeregte Konzept einer euro-mediterranen Freihandelszone (EUROMED), das nicht verwirklicht wurde. Im erklärten Gegensatz zu Gisèle Littman[10] sieht Georg Meggle das von ihr beschworene Szenario Eurabien als „eine Vision“ zur Stärkung arabischer und europäischer Identität und als Ausweg aus der gegenwärtigen Krise dieser Räume.[11]

Kritik

Wegen seiner politischen und gesellschaftlichen Überspitzung wird der Begriff Eurabien als polemisch kritisiert. Thorsten Gerald Schneiders zum Beispiel betrachtet ihn als ein Mittel, um islamfeindliche Angstszenarien zu zeichnen.[12] Laut anderen Einschätzungen ist aus dem Begriff ein neuer „Schlachtruf gegen den Islam und die Muslime“ geworden.[13]

Die These einer europäisch-arabischen Achse gilt als anti-arabische und anti-islamische Verschwörungstheorie, die den demokratischen Regierungen Europas außen- und innenpolitische Täuschungsabsichten unterstellt. Auch wird darauf hingewiesen, dass beispielsweise nicht Europa, sondern die USA zu den engsten wirtschaftlichen wie militärischen Verbündeten Saudi-Arabiens gehören – von einer pauschalen Achsenbildung Muslime-EU gegen die USA mithin keine Rede sein könne.

Auch wird kritisiert, dass der Begriff Europas Muslime pauschal mit Arabien verknüpft. Die meisten in Europa lebenden Muslime stammen jedoch aus der Türkei und dem Balkan, tragen säkulare Staatsformen mit (Türkei, Bosnien-Herzegowina, Albanien) und legen auch Wert auf eine eigene, europäische Identität.

Der Zusammenhang von Religiosität und höherer Geburtenzahl entspringe ebenfalls keinem islamistischen Plan, sondern gelte ebenso für Anhänger anderer Religionen; auch religiöse Christen und Juden haben mehr Kinder als säkulare. Die Geburtenzahlen europäischer Muslime gleichen sich nach Meinung vieler Kritiker bei erfolgreicher Integration dem jeweiligen Umfeld durchaus an. Neben unbezweifelbaren Mängeln der Integrationspolitik gebe es in Europa auch eine Zahl von erfolgreich integrierten Muslimen. Gerade polemische Ausgrenzung, wie durch den Begriff nahegelegt, bekräftige dagegen Diskriminierung und Parallelgesellschaften.

Ferner weist Doug Saunders in seinem Buch Mythos Überfremdung. Eine Abrechnung darauf hin, dass Muslime in den meisten europäischen Ländern laut seriösen Umfragen auch bei ihren Ansichten zu konfliktträchtigen Themen (wie Frauenrechte, Homosexualität, Abtreibung oder Israel) sich prozentual immer weniger von den vorherrschenden Ansichten der Gesamtbevölkerung des jeweiligen Landes, in dem sie leben, unterscheiden. Außerdem seien früher (z. B. in den USA oder Großbritannien) gegen irische Katholiken und Juden ganz ähnliche Vorwürfe hinsichtlich angeblicher hoher Geburtenraten, Religionsfanatismus, Unterwanderung und Integrationsunwilligkeit erhoben worden.

Literatur

Die These von Eurabien vertretende Artikel

Bezug genommen wird dabei insbesondere auf: Oswald Spengler: Der Untergang des Abendlandes.

Wissenschaftliche Literatur über Begriff und Thema

Kritische Literatur zur These

  • Jonathan Laurence and Justin Vaïsse, Integrating Islam Political and Religious Challenges in Contemporary France, Washington, DC, Brookings Institution Press, 2006, ISBN 0-8157-5151-6

Siehe auch

Weblinks

 Commons: Eurabien – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Quellen

  1. siehe französische Wikipedia: fr:Eurabia (revue)
  2. David Aaronovitch: the latest disease: sensible people saying ridiculous things about Islam, The Times 2005
  3. Matt Carr: You are now entering Eurabia; In: Race & Class Copyright& 2006 Institute of Race Relations Vol. 48(1): 1–22 rac.sagepub.com AGE Publications New Delhi, Thousand Oaks, London 2006
  4. Bat Ye'or (2005). Eurabia: The Euro-Arab Axis. New Jersey, USA: Fairleigh Dickinson University Press. ISBN 978-0-8386-4077-7.
  5. Marján, Attila; André Sapir (2010). Europe's Destiny. Johns Hopkins University Press. p. 161. ISBN 0-8018-9547-2.
  6. Johann Hari, "Amid all this panic, we must remember one simple fact - Muslims are not all the same", The Independent, London, 2006
  7. Zúquete, José Pedro (October 2008). "The European Extreme Right and Islam: New directions?". Journal of Political Ideologies 13 (3): 321–344. Abgerufen am 22. April 2012.
  8. Nicolas Richter: Das Ende vom Anfang. In: Süddeutsche Zeitung, 26. Juli 2011, abgerufen am 28. Juli 2011
  9. Oriana Fallaci: Eurabien, Kolonie des Islam. In: Cicero, 23. November 2004.
  10. Lehre WS 2007/08, Universität Leipzig
  11. Meine Vision: EURABIA (PDF; 69 kB), Georg Meggle, 4. Februar 2003
  12. Thorsten Gerald Schneiders: Islamfeindlichkeit: Wenn Die Grenzen Der Kritik Verschwimmen. Springer, Wiesbaden 2010, ISBN 978-3-531-92385-7, S. 195 (Eingeschränkte Vorschau in der Google Buchsuche).
  13. Stefan Schreiner: Das „christliche Europa“– eine Fiktion. In: Interkulturelle Beiträge. Band 24– Vom christlichen Abendland zum abrahamischen Europa, Verlag Otto Lembeck, Frankfurt am Main 2008, ISBN 978-3-87476-561-9, S. 143 (Eingeschränkte Vorschau in der Google Buchsuche).
Dieser Artikel basiert ursprünglich auf dem Artikel Eurabien aus der freien Enzyklopädie Wikipedia und steht unter der Doppellizenz GNU-Lizenz für freie Dokumentation und Creative Commons CC-BY-SA 3.0 Unported. In der Wikipedia ist eine Liste der ursprünglichen Wikipedia-Autoren verfügbar.