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Esriel Hildesheimer

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Esriel Hildesheimer

Esriel Hildesheimer (auch: Azriel oder Israel Hildesheimer; geb. 20. Mai 1820 in Halberstadt, Sachsen-Anhalt; gest. 12. Juli 1899 in Berlin - Jahrzeit: 5. Aw) war ein deutscher Rabbiner und gilt - neben S. R. Hirsch, von dem er sich aber trotz des gemeinsamen Lehrers Jakob Ettlinger in wesentlichen Punkten unterschied - als Begründer der modernen Orthodoxie. Er kämpfte energisch gegen alle Bestrebungen der Vertreter des liberalen Judentums. Durch seine Schüler wirkte er weit über Deutschlands Grenzen hinaus. Wie Samson Raphael Hirsch vertrat er den programmatischen Grundsatz „talmud tora im derech eretz“, übersetzt in etwa: „Tora-Studium in Verbindung mit Weltklugheit/praktischer Lebensführung“.

Leben und Wirken

Hildesheimer studierte Talmud und klassische Sprachen in Hamburg, an der Universität Berlin semitische Sprachen, Geschichte, Philosophie und Mathematik, 1842 Fortsetzung der Studien in Halle (u. a. bei Gesenius), dort Promotion („Über die rechte Art der Bibelinterpretation“); kehrte dann nach Halberstadt zurück.

In Halberstadt heiratete er Henrietta Hirsch und wurde dadurch finanziell unabhängig, verlangte zukünftig nie mehr eine Entschädigung für seine Tätigkeiten als Rabbiner und seine sonstigen jüdischen Engagements.

1851 wurde er Rabbiner in Eisenstadt (Ungarn, heute Österreich), gründete dort eine jüdische Schule, an der jüdisches ebenso wie weltliches Wissen vermittelt, aber auch auf korrektes Deutsch großer Wert gelegt wurde. Bald gründete er auch eine Jeschiwa, die 1851 mit 6 Schülern begann; 1868 wurden dort bereits 128 Schüler unterrichtet.

Obwohl Hildesheimer selbst ein orthodoxer Rabbiner war, wurde er von den meisten ungarischen orthodoxen Rabbinern wegen seiner unangepassten Art angefeindet. 1868 bis 1869 fand ein Kongress der ungarischen Juden statt, um die Gründung eines ungarischen Rabbinerseminares zu beraten; Hildesheimer und seine Anhänger mussten sich gegenüber den Reformern und den Orthodoxen behaupten. Wahrscheinlich hätten seine Kompromissvorschläge die Einheit des ungarischen Judentums bewahrt, der Kongress endete jedoch mit einer Spaltung.

Zu dieser Zeit war die ca. 200 Familien umfassende orthodoxe Minderheit der Berliner Juden, die mit dem Engagement des „Reformers“ Abraham Geiger unzufrieden war, auf der Suche nach einer geistlichen Führungsfigur. Die Wahl fiel auf Hildesheimer, der den Ruf annahm und 1869 als Rabbiner und Vorsitzender des Beth Midrasch nach Berlin wechselte. Auch dort gründete er eine Jeschiwa und wurde der eigentliche Gründer und Rabbiner der Adass-Jisroel-Gemeinde. Er nahm nunmehr, unterstützt von Marcus Mayer Lehmann, dem Herausgeber des Blattes „Der Israelit“ in Mainz, den Kampf gegen das Reformjudentum auf.

1873 etablierte er in Berlin ein orthodoxes Rabbinerseminar, das die wichtigste Ausbildungsstätte für Rabbiner aus ganz Europa werden sollte. Hildesheimers Studenten erhielten die auf Samson Raphael Hirsch beruhende Idee vermittelt, Orthodoxie sei vereinbar mit dem wissenschaftlichen Studium der jüdischen Quellen. Hildesheimer trat für eine Zusammenarbeit innerhalb der Gemeinde ein, um das jüdische Volk als Gesamtheit zu stärken. Gemeinsam mit seinen Reformkollegen kämpfte er gegen den deutschen Antisemitismus, gleichzeitig lehnte er jedoch die Reformbewegung ab, da sie seiner Meinung nach das Judentum untergrub,

Im persönlichen Auftreten wird Hildesheimer als bescheiden beschrieben, aber gleichzeitig bestimmt und furchtlos, arbeitsam, fleißig, barmherzig und freigebig gegen die Armen und aktiv für die bedrängten jüdischen Gemeinden weltweit, für die er überall Mittel erbat.

Er engagierte sich für die Opfer der russischen Pogrome und befürwortete deren Ansiedlung in Eretz Israel statt einer Flucht nach Amerika. Sein Leben lang war Hildesheimer ein begeisterter Unterstützer der Juden Palästinas und des Aufbaus des Jischuw.

1870 rief er in Berlin die Jüdische Presse ins Leben, die die einzige Zeitung war, die damals für die Auswanderung der deutschen Juden nach Palästina eintrat. 1872 gründete er den Palästina Verein, um das erzieherische und berufliche Niveau der Juden in Jerusalem zu heben. 1879 wurde ein Waisenhaus gegründet; dies zog ihm die Gegnerschaft der Ultraorthodoxie des alten Jischuw zu, die Hildesheimer unter einen Bann stellte.

Er unterstützte die Chowewei-Tzijon-Bewegung und die Besiedlung von Erez Israel. Aus formalrechtlichen Gründen wurde das Land, das für die Errichtung von Gedera gekauft worden war, auf seinen Namen eingetragen.

Auch seine Beiträge zur jüdischen Gelehrsamkeit waren bedeutend: Er gab die Halachot Gedolot heraus, ein Manuskript aus dem Vatikan, das ein bis dahin unbekanntes gaonäisches Werk darstellte.

Sein Traum, eine Übersetzung der Tora zu veröffentlichen, blieb unerfüllt. Er starb 1899 in Berlin.

Nachfolger Hildesheimers am Berliner Rabbinerseminar wurde dessen Schüler David Hoffmann (1843–1921).

Werke

  • Gesammelte Aufsätze. Hrsg. von Meier Hildesheimer, Frankfurt a. M.: Hermon A.-G., 1923.

Briefe

  • Esriel Hildesheimer: Briefe. Ausgewählt und herausgegeben von Mordechai Eliav, Jerusalem: Mass, 1965 (in Hebräisch).

Literatur

  • N. N. (=Gustav Karpeles): Dr. Israel Hildesheimer. Eine biographische Skizze, Frankfurt am Main: J. Kauffmanns Verlagsbuchhandlung, 1870 (Zweite Auflage: Frankfurt am Main 1870)
  • Mordechai Breuer: Jüdische Orthodoxie im Deutschen Reich: 1871 - 1918. Sozialgeschichte einer religiösen Minderheit, Frankfurt am Main: Jüdischer Verlag bei Athenäum, 1986
  • David Ellenson: Rabbi Esriel Hildesheimer and the Creation of a Modern Jewish Orthodoxy, University of Alabama Press, 1990
  • Julius H. Schoeps (Hrsg.): Neues Lexikon des Judentums. Gütersloh/München 1992, S. 197
  • Mordechai Eliav / Esriel Hildesheimer: Das Berliner Rabbinerseminar 1873-1938. Seine Gründungsgeschichte, seine Studenten. Aus dem Hebräischen übersetzt, überarbeitet und mit Ergänzungen versehen von Jana Caroline Reimer. Herausgegeben von Chana Schütz und Hermann Simon, Teetz/Berlin: Hentrich & Hentrich, 2008
  • Adolf Brüll: Hildesheimer, Israel. In: Allgemeine Deutsche Biographie (ADB). Band 50, Duncker & Humblot, Leipzig 1905, S. 329 f.

Weblinks

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