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Ernst Lissauer

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Gustinus Ambrosi: Ernst Lissauer

Ernst Lissauer (geb. 16. Dezember 1882 in Berlin; gest. 10. Dezember 1937 in Wien) war ein deutscher Dramatiker, Lyriker und Publizist. Bei vielen seiner Zeitgenossen galt er als Deutschester aller jüdischen Dichter.

Leben

Ernst Lissauer stammte aus einer alteingessenen Berliner Fabrikantenfamilie und war der Sohn von Hugo Lissauer und dessen Ehefrau Zerline Friedeberger. Sein Vater gehörte bei der Revolution von 1848 zur Berliner Bürgerwehr und war Mitbegründer der Berliner Reformgemeinde. Diese Vereinigung setzte sich für die vollständige Anpassung an die deutsche Kultur ein und vertrat die damit einhergehende Enthebraisierung des Judentums.

Lissauer wurde in dieser „Gesinnung“ als Deutscher erzogen, lehnte aber als 15-Jähriger den Wunsch der Eltern ab, sich christlich taufen zu lassen. Er begründete dies anfänglich damit, er wolle den Glauben nicht um besserer Vorteile wegen wechseln. Später meinte er, er hätte einen Wechsel als „Verrat am Judentum“ empfunden. Trotz dieses Festhaltens am jüdischen Glauben war Lissauer ein Kind der wilhelminischen Zeit und ein glühender Anhänger der „treudeutschen Euphorie“ jener Zeit.

Nach dem Besuch des Gymnasiums und einigen Semestern Literaturgeschichte an den Universitäten Leipzig und München kehrte Lissauer nach Berlin zurück und ließ sich dort als Literaturkritiker und freier Schriftsteller nieder. Der Verleger Eugen Diederichs berichtete, nachdem er die ersten Manuskripte Lissauers gelesen hatte ... er habe den größten deutschen Dichter der Gegenwart entdeckt.

Lissauer war von starker Begeisterung für die preußische Geschichte, für Friedrich den Großen und die Freiheitskriege geprägt, die er 1913, kurz vor dem Ersten Weltkrieg in seinem 1813. Ein Zyklus als Hommage zur 100 Jahre-Feier der Befreiungskriege ausdrückte. Sein Erstlingswerk Der Acker war 1907 erschienen. Weiterhin gab er die Zeitschrift „Front“ heraus.

Hassgesang gegen England

Ganz im Sinne vieler jüdischer Vereine und seiner eigenen Überzeugung[1], meldete Lissauer sich zum Kriegsdienst, wurde jedoch als untauglich eingestuft. Daher versuchte er, mit anderen Mitteln „der Sache“ zu dienen und verfasste nationale Gedichte, wie sein Haßgesang gegen England[2] von 1914 -

Ausschnitt:

Dich werden wir hassen mit langem Hass,
wir werden nicht lassen
von unserem Hass […],
drosselnder Hass von 70 Millionen,
sie lieben vereint, sie hassen vereint[…].

Teile dieses Werks, wie

Wir haben nur einen einzigen Hass, wir lieben vereint, wir hassen vereint, wir haben nur einen einzigen Feind.

wurden von der deutschen Kriegspropaganda offiziell verwendet, somit entsprechend populär und brachten Lissauer die Verleihung des Roten Adlerordens durch den Kaiser ein.

Gott strafe England!

Postkarte aus dem Jahr 1916

Aus diesem Hassgesang entstand während des Ersten Weltkrieges der Schlachtruf des deutschen Heers „Gott strafe England“. Es gab sogar eine eigene Grußformel:

Grußformel: „Gott strafe England.“
Erwiderung des Grußes: „Er strafe es.“

Lissauer und sein Hassgesang werden im übrigen in Stefan Zweigs autobiografischem Werk Die Welt von Gestern beschrieben.

Das Ende des ersten Weltkrieges (1918) und die dadurch sinkende nationalistische Euphorie wirkten sich negativ auf seine Karriere aus. Ihm wurde vorgeworfen u.a. von Robert Bodanzky, den „Haßgesang“ bewusst als Hetzgedicht und Propaganda verfasst zu haben. Aus dem ehemals deutschesten aller jüdischen Dichter wurde fortan ein jüdischer Dichter, der kritisch beobachtet und vor allem antisemitisch reflektiert wurde.

Diese Haltung ihm gegenüber entzog Lissauer jegliche Hoffnung auf weitere Anerkennung als Lyriker. Er wandte sich nun dem Drama zu und schrieb Werke über historische Persönlichkeiten, unter anderem über Thomas Münzer, sowie Essays und Aufsätze zur Dichtung und anderem. In den derauffolgenden Jahren scheiterte er jedoch immer wieder, sich im deutschsprachigen Raum wieder zu etablieren. Enttäuscht übersiedelte er 1924 nach Wien. Dort erschien 1936 sein letztes Werk Zeitenwende. Dieser lyrische Band zeigte autobiographische Züge, indem er Themen zum Deutschsein und dem Verlust der Identität als Ausgestoßener beschrieb.

Auszeichnungen

Am 27. Januar 1915 verlieh der preußische König und deutsche Kaiser Wilhelm II. den deutschen Dichtern Richard Dehmel, Rudolf Presber, Cäsar Flaischlen, Paul Warncke, Richard Nordhausen, Gustav Falke, Ferdinand Avenarius, Will Vesper, Walter Flex, Rudolf Alexander Schröder und Ernst Lissauer für ihre Kriegsdichtkunst den Roten Adlerorden mit der königlichen Krone.

Einzelnachweise

  1. Siehe hierzu aber auch die Habilitationsschrift [1] „Jüdische Intellektuelle im Ersten Weltkrieg. Kriegserfahrungen, weltanschauliche Debatten und kulturelle Neuentwürfe“ von Ulrich Sieg
  2. http://www.hschamberlain.net/kriegsaufsaetze/hassgesang.html

Werke (Auswahl)

  • Der Acker. (1907)
  • Der Strom. (1912)
  • 1813. Ein Zyklus. (1913)
  • Gott strafe England. (1916)
  • Zeitenwende. (1936)
  • Flammen und Winde. (1923)
  • Eckermann. Ein Drama. (1921)
  • Yorck. Drama. (1921)
  • Die Steine reden. (1936)

Literatur

  • Thomas Anz, Joseph Vogl (Hrsg.): Die Dichter und der Krieg. Deutsche Lyrik 1914/18. Hanser, München 1982, ISBN 3-446-13470-0.
  • Julius Bab: Die deutsche Kriegslyrik 1914/18. Eine kritische Bibliographie. Norddeutscher Verlag für Literatur und Kunst, Stettin 1920.

Weblinks

Dieser Artikel basiert ursprünglich auf dem Artikel Ernst Lissauer aus der freien Enzyklopädie Wikipedia und steht unter der Doppellizenz GNU-Lizenz für freie Dokumentation und Creative Commons CC-BY-SA 3.0 Unported. In der Wikipedia ist eine Liste der ursprünglichen Wikipedia-Autoren verfügbar.