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Erinyen

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Furie ist eine Weiterleitung auf diesen Artikel. Weitere Bedeutungen sind unter Furie (Begriffsklärung) aufgeführt.
Zwei Rachegöttinnen
(Zeichnung aus dem 19. Jahrhundert nach einer antiken Vase)

Die Erinyen oder Erinnyen (griechisch Ἐρīνύς , Pl.: Ἐρινύες)  – bei den Griechen auch als Maniai, „die Rasenden“, später als Eumeniden (Εὐμενίδες), bei den Römern als Furien bezeichnet – sind in der griechischen Mythologie drei Rachegöttinnen:

  • Alekto (Ἀληκτώ), „die (bei ihrer Jagd) Unaufhörliche“
  • Megaira (Μέγαιρα, deutsch auch „Megäre“), „der neidische Zorn“.
  • Tisiphone (Τισιφόνη, auch: Teisiphone), „die Vergeltung“ oder „die den Mord Rächende“. Sie wird auf griechischen Amphoren häufig mit Hundekopf und Fledermausschwingen dargestellt.

Sie stellen die personifizierten Gewissensbisse dar. Im matriarchalen Kontext gelten sie als Verteidigerinnen mutterrechtlicher Prinzipien. Sie stehen im Zusammenhang mit Totenkult und Fruchtbarkeitsthematik.

Der Name Eumeniden, die Wohlmeinenden, wurde ihnen nach Aischylos Die Eumeniden im Ergebnis des Verfahrens gegen Orestes verliehen, nachdem sie ihr Amt und ihre Macht verloren hatten. Diese Umbenennung wird als beschwichtigend - abwehrender Euphemismus betrachtet, der auf den in der Orestie vollzogenen historischen Umbruch zum patriarchalen Prinzip hindeute.

Als „Furie“ oder seltener „Megäre“ wird im übertragenen Sinn eine rasend wütende Frau bezeichnet.

Mythologischer Ursprung

Die Rachegöttin Tisiphone schwingt die Fackel des Wahnsinns und entleert den Krug mit Gift über das glückliche Königspaar Athamas und Ino.[1]
(Kupferstich von Bernard Picart, 18. Jahrhundert)
Les Remords d’Oreste – Orestes wird von Furien gehetzt.
(William Adolphe Bouguereau, 1862, Chrysler Collection, Norfolk)
  • Nach Hesiod wurden die Erinyen von Gaia geboren, nachdem der Titan Kronos seinen Vater Uranos mit einer Sichel entmannt hatte. Aus dem Zeugungsglied, das ins Meer fiel, erwuchs Aphrodite; aus dem Blut aber, das auf die Erde tropfte, entstanden außer Giganten und melischen Eschennymphen auch die Erinyen.[2]
  • Nach anderen Erzählungen waren sie Töchter der Nacht (Nyx)[3] oder aber auch Töchter der Gaia und des Skotos[4], der „Dunkelheit“. Den Orphikern galten Hades und Persephone als Eltern der Erinyen.
  • Bei Homer und in der späteren griechischen Mythologie stellten die Erinyen Rachegöttinnen bzw. Schutzgöttinnen der sittlichen Ordnung dar. Zu furchtbaren Werkzeugen der Rache wurden sie insbesondere, wenn es zu Mord (v. a. an Blutsverwandten), zu Verbrechen an Eltern oder älteren Menschen[5] zu Meineid, aber auch, wenn es zu Verletzungen der geheiligten Bräuche gekommen war: als Personifizierungen der Verfluchungskraft (besonders der Verfluchung durch Vater und Mutter) und des Racheanspruchs Ermordeter. So verfolgten sie Orestes nach seinem Muttermord und trieben ihn in die Raserei. Die Ansprüche der Mütter wurden unter allen Umständen und zuerst von ihnen verteidigt, aber auch die der Väter und der älteren Brüder, so dass es Orestes nicht half, Klytaimnestra auf Befehl des Gottes Apollon umgebracht zu haben – hätte er es nicht getan, hätte Apollon trotz allem die Erinyen auf Orestes gehetzt. Apollon unterstützt all die Charaktere, die durch ihre Mutter leiden mussten (nicht nur Orestes, ein weiteres Beispiel ist König Ödipus). Erst durch Pallas Athene und die Unterstützung Apollons wurde Orestes auf dem Athener Gericht freigesprochen, ohne dass das der allgemeinen Verehrung der Erinyen Abbruch getan hätte. Seither verehrte man die Erinnyen in Athen – jedoch nicht unter ihrem alten Namen, sondern als die Eumeniden („Wohlgesinnten“).
  • Die in der Unterwelt hausenden Erinyen werden als alte, aber jungfräuliche Vetteln beschrieben, deren Hautfarbe schwarz war; sie kleideten sich in graue Gewänder, die Haare waren Schlangen, ihr Geruch war unerträglich und aus ihren Augen floss giftiger Geifer oder Blut.
  • Die Erinyen konnten auch als eine einzige – Erinys, „Rache“ – angerufen werden. Diese war damit zusammen mit Dike, „Gerechtigkeit“, und Poine, „Strafe“, eine der drei Helferinnen der Nemesis.
  • In der Orestie des Aischylos spielen die Erinyen als Rachegöttinnen der Unterwelt eine wichtige Rolle. (Dritte Tragödie der Trilogie: Die Eumeniden)

Die Erinyen in der nachantiken Kulturgeschichte

  • Die Erinyen (« le feroci Erine » v. 45) treten in Dantes Die Göttliche Komödie (IX. Gesang, vv. 37-42) (Jahr 1307) auf, als Dante sich im Inferno der unteren Hölle nähert:
    Bluttriefend beieinander, hoch erhoben,
    An Wuchs und Haltung Weibern gleich, so standen
    Die höllischen drei Furien stracks dort oben.
    Giftgrüne Hydern ihre Gürtel banden,
    Als Haupthaar Nattern sich den Unholdinnen
    Und Vipern um die Schläfen dräuend wanden.
  • Auch in John Miltons Epos Paradise Lost (1667) begegnen uns die Erinyen als „harpyienfüßige Furien“ wieder.
  • In Goethes Iphigenie auf Tauris (1786) verfolgen die Erinyen/Furien/Rachegöttinnen Orest in seinen Wahnvorstellungen.
  • In Goethes Faust II (1832) treten die Erinyen in Akt 1 auf.
  • In der Ballade Die Kraniche des Ibykus (1797) von Friedrich Schiller werden kraft ihres Chorgesangs die Mörder des Sängers Ibykus überführt.
  • In Schillers Ballade Der Ring des Polykrates (1798) wirft der König Polykrates, um sich vor der Rache des Schicksals zu bewahren, seinen kostbaren Ring ins Meer, mit den Worten:
    Ihn will ich den Erinnyen weih’n,
    Ob sie mein Glück mir dann verzeih’n
  • Im Roman Berlin Alexanderplatz (1929) von Alfred Döblin fühlt sich die Hauptperson Franz Biberkopf von Erinyen verfolgt, weil er seine Freundin erschlagen hat.
  • Im Roman Schloss Gripsholm (1931) von Kurt Tucholsky bezeichnet Lydia, die Freundin des Protagonisten, die cholerische Widersacherin Frau Adriani als "Megäre".
  • Im Drama Die Fliegen (1943) von Jean-Paul Sartre treten drei Erinyen als Fliegen auf.
  • Im Roman Tauben im Gras (1951) von Wolfgang Koeppen, schlagen die Flügel der Erinnyen mit dem Wind und dem Regen gegen das Hotelfenster (S. 15 Taschenbuchausgabe).
  • Im Roman Der Tod in Rom (1954) von Wolfgang Koeppen, ein junger Priester besucht das Museo Nazionale in Rom, wo er auch die schlafende Eumenide (Erinye) sieht.
  • Im Roman Homo faber. Ein Bericht (1957) von Max Frisch erscheint die „Schlafende Erinnye“ (die sogenannte Medusa Ludovisi). Faber begeht unwissentlich Inzest mit seiner Tochter Elizabeth und ruft damit die Rachegöttinnen herauf.
  • Sie sind Figuren in der Comic-Geschichte The Sandman (1988–1996) von Neil Gaiman.
  • Der Titel des Romans Les Bienveillantes (Die Wohlgesinnten, 2008) von Jonathan Littell bezieht sich auf die Erinyen.
  • Im Science Fiction Roman Der Zorn der Gerechten (2009) von David Weber wird die Furie Tisiphone zum Verbündeten im Rachefeldzug der Protagonistin.
  • Im Kriminalroman Tiefer Schmerz von Arne Dahl rächt eine Gruppe von Frauen, die als „die Erinyen“ bezeichnet wird ihre ermordeten Angehörigen an den dafür verantwortlichen KZ-Verbrechern.
  • In der von Josephine Angelini verfassten Buchreihe Göttlich spielen die drei Furien in Göttlich verdammt und Göttlich verloren eine Rolle.
  • Im PlayStation-3-Spiel God of War: Ascension treten die drei Erinyen (hier als Furien bezeichnet) als Hauptantagonistinnen auf.

Literatur

  • Karl Kerényi: Die Mythologie der Griechen – Die Götter- und Menschheitsgeschichten, dtv, ISBN 3-423-30030-2
  • Dante: Die Göttliche Komödie. Deutsch von Friedrich von Falkenhausen. Frankfurt am Main 1974, S. 46.

Einzelnachweise

  1. Ovid, Metamorphosen iv.508–509
  2. Hesiod, Theogonie 183 ff
  3. Aischylos, Die Eumeniden 321
  4. Sophokles, König Ödipus
  5. Homer, Ilias xxi.412 und ix.571; Homer, Odyssee xi.279

Weblinks

 Commons: Erinyen – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien
Dieser Artikel basiert ursprünglich auf dem Artikel Erinyen aus der freien Enzyklopädie Wikipedia und steht unter der Doppellizenz GNU-Lizenz für freie Dokumentation und Creative Commons CC-BY-SA 3.0 Unported. In der Wikipedia ist eine Liste der ursprünglichen Wikipedia-Autoren verfügbar.