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Endstation Sehnsucht

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Endstation Sehnsucht (im engl. Original A Streetcar Named Desire) ist ein Drama von Tennessee Williams.

Marlon Brando 1948 als er am Broadway Endstation Sehnsucht spielte.

In diesem stark von den Lehren Sigmund Freuds beeinflussten Stück geht es um den Übergang von der aristokratischen Kultur der alten Südstaaten zum neuen Amerika, in dem das Gesetz des Dschungels herrscht. Dargestellt wird dies durch die Auseinandersetzung zwischen dem ordinären Kraftprotz Stanley Kowalski und der anscheinend wohlerzogenen Blanche DuBois.

Für Endstation Sehnsucht, das am 3. Dezember 1947 am Ethel Barrymore Theater in New York uraufgeführt wurde, erhielt Tennessee Williams den Pulitzer-Preis. Das Stück wurde mit Marlon Brando in einer der Hauptrollen verfilmt. Regie führte Elia Kazan, der bereits die Uraufführung am Broadway inszeniert hatte. Der Spielfilm hatte am 19. September 1951 Premiere.

Die deutschsprachige Erstaufführung (in der Übersetzung von Berthold Viertel) fand am 10. November 1949 am Schauspielhaus Zürich statt, die deutsche Erstaufführung am 17. März 1950 am Stadttheater Pforzheim in der Regie von Hanskarl Zeiser.

Inhalt

Das Stück erzählt die Geschichte der Blanche DuBois, einer alternden Schönheit aus den US-amerikanischen Südstaaten. Blanche erlebt die Auflösung ihrer Familie und die Versteigerung des einstmals stolzen Familienbesitzes Belle Rêve (fr. „Schöner Traum“). Als sie auch noch ihre Arbeit als Lehrerin verliert, besucht sie verzweifelt ihre Schwester Stella, die in New Orleans lebt. Stella ist ihrem Ehemann, dem Arbeiter Stanley Kowalski, der als Sohn polnischer Einwanderer von Blanche unverhohlen verachtet wird, sexuell verfallen. Blanches kultiviertes, aber leicht affektiertes Verhalten und die Betonung ihrer vornehmen Herkunft wirken wie ein rotes Tuch auf Kowalski. Es entstehen in den beengten Wohnverhältnissen schnell Spannungen. Schließlich kommt es vor allem wegen Blanches Missverhältnis zwischen Realität und Illusion zur Katastrophe.

Geschichtlicher Hintergrund des Dramas ist der Untergang des alten Südstaaten-Geldadels und der gleichzeitige Aufstieg der durch Einwanderer geprägten Industrienation, wie sie die Nordstaaten verkörperten.

Tennessee Williams wusste bis kurz vor Fertigstellung des Stücks nicht, wie er es nennen sollte. Er erinnerte sich dann an die desire line, eine in den frühen fünfziger Jahren aufgegebene Straßenbahnlinie in New Orleans, deren eine Endstation sich desire (engl. „Verlangen, Sehnsucht“) nannte. Das gefiel ihm so gut, dass er das Stück nach der Straßenbahnlinie benannte.

Charaktere

Blanche DuBois ist Stellas ältere Schwester (die vorgaukelt, die jüngere zu sein) und High-School-Lehrerin für Englisch in Laurel, Mississippi. Später stellt sich heraus, dass sie nach einer Affäre mit einem Schüler entlassen wurde. Sie ist eine kultivierte, aber fragile Dame um die 30. Blanche und Stella sind die letzten Abkömmlinge eines Clans des alten Südstaaten-Geldadels. Die Familie ist jedoch seit Generationen unfähig, das Geld zusammenzuhalten, und lebt nur noch von der Substanz. Blanche konnte den Verlust des Stammhauses Belle Rêve nicht verhindern. Sie geht nach New Orleans zu ihrer jüngeren Schwester Stella und deren Mann Stanley Kowalski und offenbart, dass sie unvermögend ist. Auf der Suche nach Freundlichkeit und Schutz, aber auch aufgrund ihres starken sexuellen Drangs hat sie viele Affären hinter sich. Sie geht der Realität aus dem Weg und lebt in einer von ihrer Einbildungskraft geprägten Welt. Ihr finanzieller und gesellschaftlicher Abstieg nagt an ihrer inneren Stabilität.

Sie ist entsetzt über die bescheidenen Lebensumstände ihrer Schwester und über das animalische Benehmen des Umfelds, allen voran Stanley. Sie hält Stanley für primitiv und setzt ihn auf eine Stufe mit Tieren. Sie versucht, Stella an ihre Herkunft zu erinnern und sie Stanley zu entfremden, was ihr auch ansatzweise immer wieder gelingt. Das macht ihr Stanley zum Feind. Um Blanche loszuwerden, erkundigt sich Stanley über ihre Vergangenheit und erfährt von ihren Fehltritten. Diese Informationen benutzt er, um Blanche zu vernichten. Erst verdirbt er ihr die Beziehung zu ihrem neuen Freund Mitch, dann vergewaltigt er Blanche, der nach all den Enthüllungen niemand mehr glauben will. Die Erniedrigungen und die Vergewaltigung zerstören ihr Gemüt. Einige Wochen darauf wird sie in eine psychiatrische Heilanstalt eingewiesen. Stanley hat sein Ziel erreicht. Weiterhin interessant ist die Charakterisierung von Blanche in den Regieanweisungen. Sie wird gleich bei ihrem ersten Auftreten als Motte beschrieben. Die Absicht des Dramatikers ist es, einen „Eindruck des Zerbrechlichen und Flüchtigen” zu erzeugen, der mit Hilfe von „Symbolen, Musik, Farben und Lichteffekten” weiterhin verstärkt wird. Alles was Blanche sagt oder tut, ist damit, wie Oppel in seiner Interpretation des Dramas ausführt, „Ausdruck eines stets latenten Verlangens nach Bestätigung ihrer äußeren wie inneren Unversehrtheit.“[1] In der fünften Szene beschreibt Blanche sich selber jedoch in einer enthüllenden Selbsteinschätzung als Schmetterling. Dies bringt ihren Realitätsverlust und Zwang zum Ausdruck, sich hinter einer Maske zu verbergen.

Stella Kowalski ist Blanches jüngere, etwa 24-jährige Schwester. Ihre sanfte Art grenzt sie von ihrem vulgären Umfeld ab. Sie hat denselben aristokratischen Hintergrund wie Blanche, doch als das Schiff ihrer Herkunft zu sinken begann, tauschte sie Belle Rêve gegen New Orleans ein. Dort heiratet sie Stanley, mit dem sie eine robuste, sexuell geprägte Beziehung führt. Ihre Vereinigung mit Stanley ist einerseits spiritueller Natur, andererseits aber auch animalisch. Stella empfindet dies sowohl als erfrischend wie auch als gewaltsam. Als Blanche bei ihnen ankommt, steht Stella zwischen zwei Fronten, nämlich Blanche und Stanley. Sie kann Blanches Anschuldigung, Stanley möge sie nicht, nicht glauben, und auch gegen Ende schenkt sie Blanche keinen Glauben, als diese ihr berichtet, Stanley habe sie sogar vergewaltigt. Stellas Realitätszweifel gegen Ende des Stückes zeigen, dass sie mehr mit ihrer Schwester gemeinsam hat, als sie denkt. Auch sie bringt nicht die Kraft auf, „die Wirklichkeit als solche einschränkungslos zu akzeptieren und der Wahrheit ins Gesicht zu sehen“.[2]

Stanley Kowalski ist Stellas Ehemann. Er gibt sich seinen Freunden gegenüber loyal, führt eine leidenschaftliche Ehe mit seiner Frau, ist aber herzlos und kalt gegenüber Blanche. Mit seiner polnischen Herkunft repräsentiert Stanley das neue, heterogene Amerika. Er sieht sich selbst als einen „Gleichmacher“ aller sozialen Schichten. Stanley ist etwa 30 Jahre alt, hat den Zweiten Weltkrieg erlebt und arbeitet nun als Automechaniker. Seine körperliche Stärke ist für ihn Programm, und er bringt keine Geduld für Blanches Verformungen der Wirklichkeit auf. Wie roh Stanleys Verhalten auf Blanche wirkt, lässt sich daraus ablesen, dass sie ihn als „Überlebenden der Steinzeit“ bezeichnet. Am Ende des Stücks ist Stanley der besser an seine Umwelt Angepasste, da Blanche die finanziellen Mittel für ihren aristokratischen Lebensstil fehlen und sie auch, im Gegensatz zu Stanley, keinerlei Geschäftssinn hat. Obwohl Stanley, wie Blanche richtig erkennt, „eher auf der primitiven Seite anzusiedeln“ ist – er schlägt seine Frau, vergewaltigt Blanche und zeigt keine Reue – wird Blanche eine gesellschaftliche Außenseiterin und Stanley ein stolzer Familienvater. Mit dieser Figurenkonstellation scheint Tennessee Williams Gesellschaftskritik aufzuwerfen; so antwortete er auf die Frage nach dem Sinn des Stückes: „Pass lieber auf, sonst übernehmen die Affen das Ruder! (You better watch out or the apes take over!)“

Harold Mitchell („Mitch“) ist Stanleys Armeekamerad, Mitarbeiter und Pokerfreund. Er ist ungefähr 30 Jahre alt. Seine Erscheinung ist schwerfällig, er ist stets verschwitzt und widmet sich Hobbys wie Bodybuilding. Trotzdem ist er sensibler und vornehmer von Gemüt als Stanley und all seine anderen Freunde. Er lebt zusammen mit seiner Mutter, von der er in starkem Maße abhängig ist und die im Sterben liegt. Mitch wirbt um Blanche. Obwohl er nicht annähernd den gesellschaftlichen Status hat und die Konversation führen kann, die Blanche von einem angemessenen Partner erwartet, sieht sie in ihm dennoch ihre letzte Chance, ihre Lebenssituation einigermaßen erträglich zu gestalten, Schutz und ein Heim zu finden. Als Mitch aber durch Stanley von Blanches Vergangenheit erfährt, will er sie nicht mehr heiraten. Betrunken fordert er dennoch Intimitäten von der ebenfalls Alkoholisierten und erniedrigt sie damit derart, dass sie ihn aus dem Haus wirft, indem sie laut „Feuer“ aus dem Fenster schreit. Blanche und Mitch sind eine ungewöhnliche Konstellation: Mitch ist nicht der ritterliche Held, der in Blanches Träumen vorkommt, um sie zu retten. Als Blanche vom Doktor abgeholt wird, sind Stella und Mitch die Einzigen, die über dieser Tragödie verzweifeln.

Eunice Hubbel ist Stellas Freundin und wohnt eine Etage über ihr. Ihr Ehemann Steve Hubbel ist ein weiterer Pokerfreund von Stanley, sie repräsentieren das unterklassige Leben, das Stella sich selbst ausgesucht hat und das besonders Sex in den Mittelpunkt einer Partnerschaft stellt. So wie Stella akzeptiert auch Eunice die ans Animalische grenzenden, sexuellen Annäherungen ihres Mannes, abgesehen von den körperlichen Missbräuchen, die er an ihr zu verüben versucht. Am Ende des Stücks verbietet Eunice Stella, ihre Entscheidung zu hinterfragen, und fügt hinzu, dass sie keine andere Wahl habe, als Stanley zu glauben. Die Realität, verkörpert in Stanleys und Stellas gemeinsamem Kind, wiegt schwerer als die Aufklärung der angeblichen Vergewaltigung Blanches durch Stanley.

Sonstiges

Literatur

Verfilmungen

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Horst Oppel: Tennessee Williams · A Streetcar Named Desire. In: Paul Goetsch (Hrsg.): Das amerikanische Drama. Bagel Verlag, Düsseldorf 1974, ISBN 3 513 02218 2, S. 195
  2. Horst Oppel: Tennessee Williams · A Streetcar Named Desire. In: Paul Goetsch (Hrsg.): Das amerikanische Drama. Bagel Verlag, Düsseldorf 1974, ISBN 3 513 02218 2, S. 193
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