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Endokarditis

Aus Jewiki
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Klassifikation nach ICD-10
I01.1 Akute rheumatische Endokarditis
I09.1 Rheumatische Krankheiten des Endokards, Herzklappe nicht näher bezeichnet
- Chronische rheumatische Endokarditis
I33 Akute und subakute Endokarditis
I38 Endokarditis, Herzklappe nicht näher bezeichnet
ICD-10 online (WHO-Version 2013)

Die Endokarditis ist eine Entzündung der Herzinnenhaut (Endokard), die die Herzhöhlen und den herznahen Anteil der Arterien und Venen auskleidet und auch die Struktur der Herzklappensegel bildet. Grundsätzlich kann jeder Mensch an einer Endokarditis erkranken, und unbehandelt ist der Krankheitsverlauf meist tödlich. In Westeuropa ist die Endokarditis bei herzgesunden Menschen selten geworden und seit der Einführung von Antibiotika auch behandelbar. Seit einigen Jahren steigt die Zahl der Todesfälle durch Endokarditis infolge der Ausbreitung von nosokomialen Infektionen mit multiresistenten Erregern allerdings wieder an. Eine erhöhte Gefahr, an einer Endokarditis zu erkranken, besteht ferner bei Menschen mit angeborenen oder erworbenen Herzfehlern (insbesondere nach Herzklappenersatz).

Sektionspräparat einer von Haemophilus parainfluenzae verursachten Endokarditis der Mitralklappe

Morphologische Einteilung

  • verruköse Endokarditis
  • ulceröse Endokarditis
  • Endocarditis polyposa/ulceropolyposa
  • Endocarditis fibroplastica

Klinische Einteilung

Abakterielle Endokarditis

Infektiöse Endokarditis

  • Bakterielle Endokarditis

- hochakut verlaufende bakterielle Endokarditis (Erreger: Staphylococcus aureus, Streptococcus, Enterococcus)

- subakut verlaufende bakterielle Endokarditis = Endocarditis lenta (Erreger: Viridans-Streptokokken, wie Streptococcus sanguinis (früher als S. sanguis bezeichnet), S. equinus (früher als S. bovis bezeichnet), S. mutans, S. mitis)

  • Virale Endokarditis
  • Mykotische Endokarditis

Die Endokarditis bei angeborenen Herzfehlern

Bei allen Herzfehlern, bei denen der Blutstrom im Herzen nicht „normal“ ist, kann es durch Verwirbelungen des Blutstromes an immer wieder den gleichen Stellen zu kleinsten Verletzungen der Herzinnenhaut kommen. Diese Stellen sind dann anfällig für eine Entzündung, wenn (meistens) Bakterien ins Blut kommen und von dort aus eine Infektion beginnt, die auf weitere Anteile der Herzinnenhaut und eine oder mehrere Herzklappen übergreift.

Auslösende Keime

Die häufigsten auslösenden Keime einer Endokarditis sind Bakterien (Brucella melitensis, Streptokokken, Staphylokokken, Enterokokken, Bakterien der sog. HACEK-Gruppe u.a.), gelegentlich Pilze. Hinweise auf die Möglichkeit einer viralen Endokarditis gibt es außerhalb weniger tierexperimenteller Studien nicht.[1][2]

Infektionsmöglichkeiten

Durch Wunden (darunter auch invasive ärztliche Maßnahmen), Verletzungen innerhalb der Mundhöhle, fieberhafte Erkrankungen (z. B. Bronchitis, Lungenentzündung, Mandelentzündung und Harnwegsinfekte) können Bakterien ins Blut gelangen und die Basis für eine Endokarditis bilden, die bei herzgesunden Menschen durch das lymphoretikuläre System (Leber, Milz, Lymphknoten, Fresszellen) rechtzeitig verhindert wird. Häufig treten auch Endokarditiden bei i.v.-Drogenabhängigen auf, bei denen dann meist eine hochakute bakterielle Endokarditis zu finden ist.

Seit einigen Jahren wird die Infektion mit nosokomialen Keimen auch in Bezug auf Endokarditis ein zunehmend ernstes Problem. Inzwischen ist in Deutschland für fast jede zweite Endokarditis S. aureus verantwortlich, von denen etwa 50 % nosokomial erworben werden und verschiedene Multiresistenzen aufweisen. Infolge dieser Entwicklung steigt die Letalität bei Endokarditis wieder deutlich an, in Deutschland von 1105 (1990) auf 1790 Todesfälle im Jahre 2013. [3]

Prophylaxe

Bei planbaren Eingriffen (Zahnmedizin, Endoskopie, Operation s. o.) ist bei Patienten mit erhöhtem Endokarditisrisiko an eine Prophylaxe zu denken, die beispielsweise aus der Gabe eines Antibiotikums ca. eine Stunde vor der Behandlung und ggf. einer zweiten Gabe einige Stunden danach besteht. Eine gute Mundhygiene ist grundsätzlich vorteilhaft; sie reduziert die Keimzahl ständig und nicht nur bei Zahnarztbesuchen.

Neue Richtlinien zur Prophylaxe einer bakteriellen Endokarditis einschließlich einer umfassenden Diskussion über deren Entstehungsmöglichkeiten wurden 2007 von der American Heart Association (AHA) veröffentlicht.[4] Die AHA bewertete das Risiko einer Endokarditisinfektion deutlich zurückhaltender als bisher und hielt die bisher geübte Prophylaxe in einem Großteil der Fälle für verzichtbar. Auch die Europäische Gesellschaft für Kardiologie beschränkte in ihren Leitlinien 2009 die prophylaktische Gabe von Antibiotika auf Hochrisikopatienten.[5]

Eine Endokarditisprophylaxe ist bei folgenden Gegebenheiten derzeit notwendig:[6]

  • Patienten mit Herzklappenersatz
  • Patienten mit Herztransplantaten
  • Patienten mit angeborenen Herzfehlern
  • Patienten, die eine Endokarditis bereits durchgemacht haben
  • Patienten mit rekonstruierten Herzklappen aus Fremdmaterial (max. sechs Monate nach OP)

Behandlung von fieberhaften Erkrankungen

Bei allen Erkrankungen, die durch eine bakterielle Infektion (s. o.) ausgelöst wurden, ist eine Behandlung mit einem Antibiotikum über ausreichend lange Zeit erforderlich, um die Entstehung einer Endokarditis zusätzlich oder als Folge der Grunderkrankung zu verhindern. Auch bei einem primär viralen Infekt (gegen die ein Antibiotikum nicht wirkt) kann eine Antibiotikagabe zur Vermeidung einer bakteriellen Superinfektion sinnvoll sein.

Endokarditis-Risiko

Das Risiko für eine infektiöse Endokarditis wird wie folgt angegeben:

Hohes Risiko

Mittleres Risiko

Geringes Risiko

Patienten mit mittlerem und hohem Endokarditisrisiko haben in aller Regel von ihrem Kardiologen einen Endokarditispass bekommen, den sie z. B. bei Zahnarztbehandlungen vorlegen.

Diagnose

  • Klinische Zeichen:
    • intermittierendes Fieber in 90 % der Fälle
    • Allgemeine Symptome: Schwäche, Appetitlosigkeit, Gewichtsverlust, Arthralgien
    • Kardiale Symptome: Herzgeräusche (neu oder geändert im Klang), Herzinsuffizienzzeichen (Wassereinlagerungen, Lebervergrößerung), EKG: Unspezifisch, Blockbilder: AV-Block, Linksschenkelblock (bei Myokardabszess), T-Negativierung
    • Kutane Symptome: Petechien (in 30 % der Fälle), Osler-Knötchen = linsengroße schmerzhafte rötliche Knötchen, besonders an Finger und/oder Zehen (= immunkomplexbedingte Vaskulitis), Janeway-Läsion: Hämorrhagische Läsion im Bereich der Handfläche/Fußsohle (nicht schmerzhaft)
    • Milzvergrößerung (CAVE: septische Milzruptur!)
    • Nierenbeteiligung: Hämaturie, Proteinurie, fast regelmäßig glomeruläre Herdnephritis (Löhlein), Mikrohämaturie (= Spuren von Blut im Urin)
    • Augen: Roth’s Spots = Roth-Flecken: Retinablutung
  • Labor:
    • Entzündungszeichen BSG und CRP erhöht
    • Anämie (Blutarmut) in 80 % der Fälle
    • Nachweis von Bakterien in Blutkulturen
  • Sonografie:
    • Evtl. sind Vegetationen (= „Wucherungen und Auflagerungen“, die der Körper an der entzündeten Stelle im Herzen als „Reparaturvorgang“ bildet) sichtbar.

Komplikationen

  • Zerstörung von Herzklappen
  • Vegetationen (s. o.) werden durch das pumpende Herz losgerissen und verstopfen bei ihrem Fluss durch den Blutkreislauf Blutgefäße in den Organen. Die gefürchteten Komplikationen daraus können sein: ein Gehirnschlag, eine Nierenembolie oder eine Lungenembolie, wobei vor allem der Gehirnschlag gefürchtet ist, da bei ihm ein großes Risiko von Entzündungen des Gehirns oder der Hirnhäute besteht.[7]
  • Verschleppung von Keimen in andere Organe, wo sich dann Abszesse bilden können.

Im Zuge der Blutvergiftung (Sepsis) und dem septischen bzw. toxischen Schock bei giftbildenden Bakterien kann es zu einem akuten Organausfall kommen (Nierenversagen, sog. Schockniere und/oder Lungenversagen, sog. Schocklunge).

Diagnostik und Therapie

Einen zentralen Stellenwert in der Diagnostik der Endokarditis nehmen die Duke-Kriterien ein. Für die Diagnostik einer Endokarditis stehen die Echokardiografie, Blutkultur und die klinische Untersuchung zur Verfügung, zum Teil mit weiteren bildgebenden Methoden. Der Nachweis von Herzklappenveränderungen oder neu aufgetretenen Vegetationen im Herzen oder der Nachweis von Keimen in der Blutkultur sind sichere Zeichen. Beide Nachweise sind aber manchmal schwer zu erbringen, weil sich trotz vorliegender Endokarditis noch keine Klappenveränderungen/Vegetationen gebildet haben oder der Nachweis von Keimen in der Blutkultur nicht gelingt, weil der Patient vorher schon Antibiotika bekommen hat. Gelingt der Nachweis von Bakterien in der Blutkultur nicht (5 bis 10 % der Fälle), dann muss beim Vorliegen der klinischen Zeichen „blind“ behandelt werden. Man führt klinisch unter anfänglich strenger Bettruhe eine breit wirksame intravenöse antibiotische Therapie über eine Zeit von vier bis sechs Wochen durch. Danach folgt eine ein- bis zweiwöchige kritische Beobachtung. Trotzdem bleibt eine einmal durchgemachte Endokarditis ein erhöhtes Risiko für eine weitere Erkrankung. Deshalb sollte die Prophylaxe (s. o.) sehr ernst genommen werden.

Einzelnachweise

  1. Medizinische Mikrobiologie und Infektiologie, herausgegeben von Sebastian Suerbaum,Helmut Hahn,Gerd-Dieter Burchard,Stefan H. E. Kaufmann,Thomas F. Schulz, Springer-Verlag, 2012, S. 309 [1]
  2. W. Hort (Hrsg), Pathologie des Endokard, der Kranzarterien und des Myokard, Springer 2000]
  3. cardiovasic, Februar 2015, S.23-24.
  4. Prevention of Infective Endocarditis. Guidelines From the American Heart Association, 2007
  5. [2] (PDF; 869 kB)Endokarditisprophylaxe nach den neuen Guidelines der Europäischen Kardiologischen Gesellschaft, Journal für Kardiologie 2011, abgerufen 19.Juni 2011.
  6. [3] Endokarditisprophylaxe nach Deutscher Herzstiftung e. V.
  7. D. Kühn, J. Luxem, K. Runggaldier: Rettungsdienst (3. Auflage). Urban & Fischer Verlag, München 2004, ISBN 3-437-46191-5.

Siehe auch

Weblinks

  • Westphal, N. et al.: Endokarditis – Prophylaxe, Diagnostik und Therapie. In: Dtsch Arztebl Int. Nr. 106(28-29), 2009, S. 481-490 (Abstract).


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