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Elischa ben Abuja

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Elisa ben Abuja (auch: Elischa ben Abuja, hebräisch: אלישע בן אבויה; Beiname: Acher, „der Andere“, genannt, weil man ihn nach seinem Abfall nicht nennen wollte; geb. vor 70 in Jerusalem) war ein als "Ketzer" verrufener Tannait der sogenannten 2. Generation.

Leben und Wirken, Spekulationen zu seinem Abfall vom Judentum

Er war Lehrer des Rabbi Meir, befreundet mit Akiba, war einer der grössten Kenner des Religionsgesetzes, der es dann aber nicht mehr einhalten wollte, Freidenker wurde und von seinen Zeitgenossen daher allgemein mit dem Apostatennamen "Acher", "der Andere", "der Abtrünnige", belegt wurde (bChag. 15a).

Über die Gründe für seinen "Abfall" wird verschiedentlich spekuliert: Einige meinen, nach Beschäftigung mit mystischen (und gnostischen) Fragen, nach seinem "Eindringen" in den "Pardes" (hebräisch פרדס, "Paradies", als Umschreibung für den Bereich der Mystik) habe er "die Pflanzungen des Paradiesgartens zerstört" (= Abkehr vom Religionsgesetz, Tosefta Chag. II., 3; bChag. 14b). Allgemein galt das Verständnis, dass ein Eindringen in die jüdische Mystik hochgefährlich war und nur absolute Ausnahmeerscheinungen (als einziger Rabbi Akiba!) dies überstanden, ohne geisteskrank zu werden. Genau so beschäftigte sich Elisa aber auch mit griechischer Philosophie und führte angeblich ständig griechische Gesänge im Mund.

Elisa selbst machte geltend, dass sein Vater Abuja ihn eher aus Ehrgeiz als aus reiner Liebe zur Tora veranlasst habe, die jüdischen Schriften zu studieren. Abuja hatte Elisa schon am Tage der Beschneidung dem Tora-Studium geweiht und zu dieser pompösen Feier die hervorragendsten Gelehrten, Jochanan ben Sakkai, Elieser ben Hyrkanos, Josua ben Chananja und andere, sowie die in gesellschaftlicher Stellung hervorragendsten Männer seiner Zeit, Nakdimon ben Gorjon, Kalba Sabua, Ben Zizith Hakessass, überhaupt alle Reichen Jerusalems, eingeladen. Deshalb habe die Tora ihn nicht dauerhaft an sich binden können (jChag. 77b).

Eine dritte Theorie für seine Abwendung von der Gesetzestreue vermutet Zweifel des Elisa an der Gerechtigkeit Gottes nach falsch verstandenen Schlussfolgerungen über Betrachtungen bezüglich Vergeltung, Lohn und Strafe.

Elisa wurde wegen seines freien Denkens unter seinen Kollegen immer mehr zum Aussenseiter und Verachteten, nur Meir hielt seinem ehemaligen Lehrer, nicht zuletzt wegen dessen ausserordentlichen Geistesgaben, weiter unverbrüchlich die Treue, gab aber zur Verteidigung seines eigenen Verhaltens folgende Rechtfertigung: "Einen Granatapfel fand ich, das Innere verzehrte ich, die Schale aber warf ich weg" (bChag. 15b). Noch am Sterbebett versuchte Meir, der von seinem Lehrer Elisa nicht hatte ablassen können, diesen zur Umkehr zu veranlassen, Elisa starb aber, bevor er sich definitiv dazu noch hätte äussern können; Elisas Weinen während dieser Diskussion deutete Meir als Umkehr in letzter Sekunde und war darüber sehr glücklich.

In der jüdischen Traditionsliteratur (z. B. Abot IV., 25) sind einige Aussprüche pädagogischer Natur von Elisa erhalten, die wohl noch aus der Zeit stammten, bevor er zum "Acher" wurde, danach allerdings kritisierte Elisa das Torastudium, machte sich sogar darüber lustig und wurde in der Zeit der hadrianischen Religionsverfolgung ein Bundesgenosse des Kaisers, so soll er bei einem Rundgang durch jüdische Schulen, in denen die Knaben lernten, ausgerufen haben: "Was treiben die denn hier? Wozu all dieses Studieren? Soll lieber der eine Zimmermann, der andere ein Tischler, der dritte ein Schneider werden" (jChag. 1c).

Fortleben in der Literatur

  • Max Letteris (1800-1871) behandelte Elisa in einem hebräischen Drama (1865) als den "Faust" des Judentums.
  • Der österreichische Früh-Zionist Nathan Birnbaum wählte sich in der noch zionistischen Phase seines Lebens (er wurde später Territorialist, Jiddischist und Aguda-Toratreuer) in Anlehnung an Elisa ben Abuja das Schriftsteller-Pseudonym Mathias Acher.
  • Jacob Gordin (1853-1909) schrieb 1906 ein Theaterstück in jiddischer Sprache, Elisa ben Abuja, das zu Lebzeiten Gordins ohne Erfolg in New York, nach Gordins Tod aber mehrfach erfolgreich aufgeführt wurde.
  • Der konservative amerikanische Rabbiner Milton Steinberg (1903-1950) schrieb einen umstrittenen (fiktionalen) Roman über Elisa ben Abuja: As A Driven Leaf (1939).
  • Im Jahr 2007 publizierte der irakisch-israelische Autor Shimon Ballas (* 1930 in Bagdad, nach Israel eingewandert 1951) einen englischsprachigen Roman mit dem Titel Outcast, in welchem eine Elisa ben Abuja ähnliche Figur beschrieben wird, ein jüdischer Konvertit, der Muslim wird, und sich am Ende weder in seiner alten noch in seiner neuen Heimat zurechtfinden kann und von allen Freunden verlassen ist. Dieser - übrigens auch ins Hebräische übersetzte (we hu acher) - Roman wurde dann leider zu Zeiten des Saddam-Regimes zu antijüdischer Propaganda missbraucht.

Literatur

  • Adolf Jellinek, Elischa ben Abuja, 1847
  • M. D. Hoffmann, Tolĕdot Elischa ben Abuja, 1880
  • Samuel Bäck, Elischa ben Abuja-Acher, quellenmässig dargestellt, Frankfurt am Main 1891
  • Albert Assaraf, L'hérétique : Elicha ben Abouya ou l'autre absolu, Paris, Balland, 1991
  • Alon Goshen-Gottstein, The Sinner and the Amnesiac: the rabbinic invention of Elisha ben Abuya and Eleazar ben Arach, Stanford University Press (California), 2000
  • Bernard Barc, Les Arpenteurs du Temps, le Zèbre, Lausanne 2000
  • John W. McGinley, "The Written" as the vocation of conceiving jewishly, 2006

Andere Wikis

Dieser Artikel basiert ursprünglich auf dem Artikel Elischa ben Abuja aus der freien Enzyklopädie Wikipedia und steht unter der Doppellizenz GNU-Lizenz für freie Dokumentation und Creative Commons CC-BY-SA 3.0 Unported. Hauptautor des Artikels (siehe Autorenliste) war Michael Kühntopf. Weitere Artikel, an denen dieser Autor maßgeblich beteiligt war: 2.655 Artikel (davon 1.531 in Jewiki angelegt und 1.124 aus Wikipedia übernommen). Bitte beachten Sie die Hinweise auf der Seite Jewiki:Statistik.