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Eidgenössische Volksinitiative «Für die Ausschaffung krimineller Ausländer (Ausschaffungsinitiative)»

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Die eidgenössische Volksinitiative «Für die Ausschaffung krimineller Ausländer (Ausschaffungsinitiative)» war eine Volksinitiative der Schweizerischen Volkspartei (SVP). Sie kam zusammen mit einem direkten Gegenentwurf am 28. November 2010 zur Abstimmung und wurde mit einer Mehrheit von 52,9 Prozent der Stimmenden und 17,5 Ständen angenommen.[1]

Die Initiative verlangt die Ausweisung von rechtmässig in der Schweiz anwesenden ausländischen Staatsbürgern, die rechtskräftig für eines aus einer Liste von Delikten verurteilt wurden (schwere Delikte gegen Leib und Leben sowie Sozialhilfemissbrauch, Drogenhandel und Einbruch). Sie bezog sich damit auf Ausländerkriminalität.

Bereits das Ausländergesetz von 2005 (AuG) sah die Möglichkeit der Ausweisung von Straftätern vor, diese Entscheidung lag aber in jedem Fall im Ermessen der zuständigen Behörden. Die Initianten wollten erreichen, dass bei bestimmten Delikten eine Verurteilung automatisch mit einer Ausweisung verbunden wird. Der eigentliche Vollzug der Ausweisung durch Ausschaffung wird (trotz des Titels) von der Initiative nicht berührt, sondern bleibt wie bisher durch Art. 69–71 AuG geregelt.

Der Gegenentwurf sah wie die Initiative die zwingende Ausweisung bei rechtskräftiger Verurteilung für schwere Delikte vor. Er schwächte aber die Forderung der Initiative nach zwingender Ausweisung bei Sozialhilfemissbrauch ab, indem in solchen Fällen eine Ausweisung erst bei Verhängung einer Freiheitsstrafe von mindestens 18 Monaten zwingend wird. Dagegen ging der Gegenvorschlag über die Forderungen der Initiative hinaus, wo er eine zwingende Abschiebung bei Verhängung einer Freiheitsstrafe von mindestens zwei Jahren (auch bei Kumulation kürzerer Freiheitsstrafen innerhalb einer Zeitspanne von zehn Jahren) vorsah, unabhängig von der Art des bestraften Delikts.

Am 15. Oktober 2007 teilte die SVP mit, dass innert drei Monaten bereits 200'000 Unterschriften gesammelt werden konnten.[2] Im Februar 2008 verkündete die SVP, dass die Ausschaffungsinitiative mit rund 211'000 Unterschriften bei der Bundeskanzlei eingereicht wurde.[3] Am 15. Februar 2008 bestätigte die Bundeskanzlei, dass die Initiative mit 210'919 gültigen (von 212'028 total eingereichten) Unterschriften zustande gekommen ist.[4]

Die Initiative

Inhalt und Wortlaut

Die Initiative sah vor, dass in der Schweiz ansässige Ausländer ihr Aufenthaltsrecht verlieren, wenn sie rechtlich für schuldig befunden wurden, ein schweres Delikt begangen zu haben (Gewaltdelikte, Drogenhandel oder Einbruch), oder wenn sie missbräuchlich Sozialhilfe oder Leistungen der Sozialversicherungen bezogen haben. Wie die 2009 angenommene Volksinitiative «Gegen den Bau von Minaretten» kam diese Initiative von der Schweizerischen Volkspartei (SVP).

Die Volksinitiative hatte folgenden Wortlaut:[5]

(I)  Die Bundesverfassung vom 18. April 1999 wird wie folgt geändert:

Art. 121 Abs. 3-6 (neu)
  1. Sie (= die Ausländerinnen und Ausländer) verlieren unabhängig von ihrem ausländerrechtlichen Status ihr Aufenthaltsrecht sowie alle Rechtsansprüche auf Aufenthalt in der Schweiz, wenn sie:
a. wegen eines vorsätzlichen Tötungsdelikts, wegen einer Vergewaltigung oder eines anderen schweren Sexualdelikts, wegen eines anderen Gewaltdelikts wie Raub, wegen Menschenhandels, Drogenhandels oder eines Einbruchsdelikts rechtskräftig verurteilt worden sind; oder
b. missbräuchlich Leistungen der Sozialversicherungen oder der Sozialhilfe bezogen haben.
  1. Der Gesetzgeber umschreibt die Tatbestände nach Absatz 3 näher. Er kann sie um weitere Tatbestände ergänzen.
  2. Ausländerinnen und Ausländer, die nach den Absätzen 3 und 4 ihr Aufenthaltsrecht sowie alle Rechtsansprüche auf Aufenthalt in der Schweiz verlieren, sind von der zuständigen Behörde aus der Schweiz auszuweisen und mit einem Einreiseverbot von 5 – 15 Jahren zu belegen. Im Wiederholungsfall ist das Einreiseverbot auf 20 Jahre anzusetzen.
  3. Wer das Einreiseverbot missachtet oder sonstwie illegal in die Schweiz einreist, macht sich strafbar. Der Gesetzgeber erlässt die entsprechenden Bestimmungen.

Staatsrechtliche Bedenken

Einige Staatsrechtler hatten Zweifel an der Gültigkeit der Ausschaffungsinitiative geäussert, da sie zwingendes Völkerrecht verletze.[6] Verletzt eine Initiative zwingendes Völkerrecht, so ist sie gemäss Art. 139 Abs. 3 Bundesverfassung[7] von der Bundesversammlung für ungültig zu erklären. Zum zwingenden Völkerrecht wird unter anderem das Non-Refoulement-Prinzip gezählt.

Das Initiativkomitee vertrat die Ansicht, dass seine Initiative mit dem zwingenden Völkerrecht vereinbar sei.[8]

Der Bundesrat vertrat die Meinung, die Volksinitiative verstosse nicht gegen zwingendes Völkerrecht. Sie würde aber zu erheblichen Kollisionen mit dem übrigen Völkerrecht und der Bundesverfassung führen.[9]

Kontroverse um juristische Mängel

Die Gegner der Initiative bemängelten, dass die Tatbestände «Einbruch» und «missbräuchlicher Leistungsbezug der Sozialversicherungen oder der Sozialhilfe» keine Tatbestände gemäss Schweizer Strafrecht seien. Die Befürworter hielten indessen fest, dass ohnehin ein Ausführungsgesetz zu erlassen und es Aufgabe des Gesetzgebers sei, die Initiative zu konkretisieren.

Anwendung auf EU-Bürger

Neben staatsrechtlichen Bedenken wurden auch Einwände geäussert, die die Kompatibilität mit dem bestehenden Freizügigkeitsabkommen mit der Europäischen Union betreffen.

Die Freizügigkeit ist eines der sieben sektoriellen Abkommen der Bilateralen I. Am 1. Juli 2002 trat sie in Kraft, und alle geltenden Bestimmungen des Europäischen Gerichtshofes (EuGH) im Bereich der Personenfreizügigkeit bis zu diesem Zeitpunkt wurden übernommen. Dies gilt aber nicht für die danach verfügten Bestimmungen.

Die Personenfreizügigkeit vermittelt einen individuellen Anspruch auf Einreise und Aufenthalt für alle Bürger der Europäischen Union in der Schweiz. Dieser Anspruch kann unter bestimmten Voraussetzungen gemäss dem Abkommen beschränkt werden. Mögliche Voraussetzungen sind:

  • der Schutz der öffentlichen Ordnung,
  • die Sicherheit und
  • die Gesundheit.

Die Ausweisung entzieht das Recht auf freie Einreise und Aufenthalt. Sie ist eine Beschränkung dieses individuellen Anspruchs.

Die Definition des Begriffs «Schutz der öffentlichen Ordnung» kann für jedes Land eine andere Bedeutung haben. Für die Schweiz wurden diese Interpretationen bis zum 1. Juli 2002 durch die Judikative (EuGH) überprüft und festgelegt. Der «Schutz der öffentlichen Ordnung» entspricht dabei unter anderem dem Schutz der Art. 8–11 der Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK).

Gemäss Interpretation von «Foraus»[10] muss eine Ausweisung aufgrund eines individuellen Fehlverhaltens eines EU-Ausländers verfügt werden. Sie darf aber nicht generalpräventiv eingesetzt werden.

Gemäss Art. 3 Abs. 2 der Richtlinie 64/221/EWG (welche jedoch für die Schweiz als Nicht-EU-Mitglied nicht verbindlich ist und nicht in die Bilateralen übernommen wurde) reicht eine strafrechtliche Verurteilung nicht, um sich auf den Begriff «Schutz der öffentlichen Ordnung» zu berufen. Dazu braucht es zusätzlich:

  • die Schwere der Straftat und
  • das Vorliegen einer Wiederholungs- bzw. Rückfallgefahr für eine «Gefährdung der öffentlichen Ordnung».

Nach Foraus[10] stellt Sozialhilfemissbrauch keine ausreichende Gefährdung für eine Ausweisung dar.

Ein Ausweisungsautomatismus wurde vom Europäischen Gerichtshof im Jahre 2007[11] für EU-Mitgliedstaaten verboten (Fall C-50/06 Kommission gegen die Niederlande). Gemäss Bilateralen ist die Rechtsprechung des EuGH nur bis 1. Juli 2002 für die Schweiz gültig. Somit ist das Verbot des Ausweisungsautomatismus für die Schweiz im Rahmen der Bilateralen nicht bindend.

Gegenvorschlag

Direkter Gegenvorschlag

Der Bundesrat hatte beschlossen, die Volksinitiative «Für die Ausschaffung krimineller Ausländer (Ausschaffungsinitiative)» und als direkten Gegenentwurf den «Bundesbeschluss über die Aus- und Wegweisung krimineller Ausländerinnen und Ausländer im Rahmen der Bundesverfassung» am 28. November 2010 zur Abstimmung zu bringen.[12][13]

Der Gegenvorschlag enthielt einen neuen Art. 121b «Aus- und Wegweisung» im Ausländer- und Asylrecht. Im Unterschied zur Initiative machte der Gegenvorschlag die zwingende Ausweisung teilweise vom verhängten Strafmass abhängig:

  • für schwere Delikte, die von einer Freiheitsstrafe von mindestens einem Jahr bedroht sind, zwingende Ausweisung bei rechtskräftiger Verurteilung (kein Unterschied zur Initiative)
  • für Betrug oder andere Straftaten im Bereich der Sozialhilfe zwingende Ausweisung bei einer Freiheitsstrafe von mindestens 18 Monaten (Abschwächung der Initiative)
  • für beliebige andere Delikte zwingende Ausweisung bei einer Freiheitsstrafe von mindestens zwei Jahren (Verschärfung gegenüber der Initiative)
  • Drogenhandel und Einbruchsdelikte werden nicht mehr gesondert genannt (das Delikt Einbruch existiert im Schweizer Strafrecht ohnehin nicht) und fallen unter die allgemeine Bestimmung von Ausweisung ab Freiheitsstrafen von zwei Jahren (Abschwächung der Initiative)
1. Ausländerinnen und Ausländer können aus der Schweiz ausgewiesen werden, wenn sie die Sicherheit des Landes gefährden.
2. Ausländerinnen und Ausländer verlieren ihr Aufenthaltsrecht und werden weggewiesen, wenn sie:
a) einen Mord, eine vorsätzliche Tötung, eine Vergewaltigung, eine schwere Körperverletzung, einen qualifizierten Raub, eine Geiselnahme, einen qualifizierten Menschenhandel, einen schweren Verstoss gegen das Betäubungsmittelgesetz oder eine andere mit einer Freiheitsstrafe von mindestens einem Jahr bedrohte Straftat begangen haben und dafür rechtskräftig verurteilt wurden;
b) für einen Betrug oder eine andere Straftat im Bereich der Sozialhilfe, der Sozialversicherungen oder der öffentlich-rechtlichen Abgaben oder für einen Betrug im Bereich der Wirtschaft zu einer Freiheitsstrafe von mindestens 18 Monaten rechtskräftig verurteilt wurden; oder
c) für eine andere Straftat zu einer Freiheitsstrafe von mindestens zwei Jahren oder zu mehreren Freiheitsstrafen oder Geldstrafen von insgesamt mindestens 720 Tagen oder Tagessätzen innerhalb von zehn Jahren rechtskräftig verurteilt wurden.
3. Beim Entscheid über die Aus- und Wegweisung sowie den Entzug des Aufenthaltsrechts sind die Grundrechte und die Grundprinzipien der Bundesverfassung und des Völkerrechts, insbesondere der Grundsatz der Verhältnismässigkeit, zu beachten.

Daneben führte der Bundesbeschluss einen Art. 121a ins Ausländer- und Asylrecht, der den Begriff der «Integration» definiert.

Ursprünglicher indirekter Gegenvorschlag des Bundesrates

Der Bundesrat liess zur Initiative zunächst einen indirekten Gegenvorschlag auf Gesetzesstufe erarbeiten, welcher die Bedenken gegenüber dem Völkerrecht und der Verfassung respektierte. Zusätzlich sollten einheitliche Integrationsstandards definiert werden, was auf Forderungen der Nationalräte Philipp Müller und Gerhard Pfister zurückzuführen war.[14] Die Vernehmlassung wurde vom Eidgenössischen Justiz- und Polizeidepartement (EJPD) unter Bundesrätin Eveline Widmer-Schlumpf durchgeführt. Die Frist für Stellungnahmen durch Kantone und Parteien war auf den 15. April 2009 angesetzt.[15] Der indirekte Gegenvorschlag veränderte die Kriterien für eine Ausweisung (weder Initiative noch Gegenvorschlag betreffen die eigentliche «Ausschaffung») gegenüber der Initiative. Er enthielt die zwingende Ausschaffung für Freiheitsstrafen ab zwei Jahren. Unter dieses Kriterium fielen in der Schweiz 2007 ca. 200 Ausländer.[16]

Auf den indirekten Gegenvorschlag wurde schliesslich zugunsten des direkten Gegenvorschlags verzichtet.

Politische Debatte und Abstimmungskampf

Unterschriftensammlung (2007)

Die mit der Unterschriftensammlung verbundene Kampagne koinzidierte mit dem Wahlkampf der SVP zu den Schweizer Parlamentswahlen 2007. Das für die Initiative werbende umstrittene Schäfchenplakat zeigte, wie ein schwarzes Schaf von seinen weissen Artgenossen von dem als Schweizerfahne dargestellten Weidegrund gestossen wird. Das Bildmotiv wurde zum Teil als rassistisch bzw. fremdenfeindlich aufgefasst und sorgte für internationale Schlagzeilen; der UN-Sonderberichterstatter für Rassismus Doudou Diène richtete diesbezüglich eine Anfrage an den Schweizer Bundesrat.

Am 18. September 2007 führte eine Demonstration gegen die Initiative anlässlich der Anwesenheit von Christoph Blocher in Lausanne zu gewalttätigen Ausschreitungen.

In den Wochen vor den Parlamentswahlen verschärften sich die Proteste linker und linksautonomer Gruppen gegen die Ausschaffungsinitiative und gegen die SVP.[17] Am 6. Oktober 2007 versuchten «Autonome» in Bern, einen Umzug von etwa 10'000 SVP-Anhängern aufzuhalten. Bei den nachfolgenden Strassenkrawallen wurden 18 Polizisten und drei Demonstranten verletzt.[18] Die Ausschreitungen in Bern sorgten weltweit für Aufmerksamkeit und erschienen sogar auf der Titelseite der New York Times, welche rassistische Tendenzen in der Schweiz ins Zentrum ihrer Berichterstattung stellte.[19]

Stellungnahme des Bundesrates

Der Bundesrat, vertreten durch Justizministerin Eveline Widmer-Schlumpf, empfahl den Gegenvorschlag des Parlaments über die Initiative mit dem Argument, die Liste der Delikte sei «eher zufällig»; entscheidend über den Verlust des Aufenthaltsrechts solle die Schwere der Tat sein. Der Gegenentwurf des Parlaments nehme die Anliegen der Initiative auf, indem er den Entzug des Aufenthaltsrechts straffälliger Ausländer verbindlich regle und damit den Ermessensspielraum der Gerichte einschränke, er sei aber klarer und umfassender als die Initiative.[20] Staatsrechtler verschiedener Schweizer Universitäten kritisierten die bundesrätlichen Stellungnahmen gegen die Initiative, namentlich den Vorwurf, dass auch für geringfügige Delikte wie Einbruch eine Ausschaffung verfügt werden müsse, als unzutreffend.[21]

Ergebnisse

Nur in den französischsprachigen Kantonen Genf, Waadt, Freiburg, Neuenburg, Jura und im deutschsprachigen Kanton Basel-Stadt wurde die Initiative abgelehnt.

Die Initiative wurde mit einer Mehrheit von 52,9 % der Stimmen angenommen. Am höchsten war die Zustimmung in den ländlich geprägten Kantonen Schwyz (66,3 %), Appenzell Innerrhoden (65,7 %), Tessin (61,3 %), Uri (61,3 %), Thurgau (61,1 %), Glarus (60,8 %), Nidwalden (60,8 %) und Obwalden (60,3 %). In der Romandie (französischsprachige Schweiz) wurde die Initiative mehrheitlich abgelehnt. Als einziger mehrheitlich deutschsprachiger Kanton lehnte Basel-Stadt ebenfalls die Initiative ab.[22]

Die Auslandschweizer lehnten die Ausschaffungsinitiative dagegen mehrheitlich ab, nämlich in 7 von 8 Kantonen in denen ihre Stimmen separat erfasst werden. Dabei ist zum Beispiel die Diskrepanz im Kanton Appenzell Innerrhoden eklatant: Während die Schweizer Bevölkerung die Initiative mit 65,7 % annahm, waren es nur 39,3 % der Auslandschweizer.[23]

  • Ja (15 5/2 Stände)
  • Nein (5 1/2 Stände)
  • Chancenlos war der von der CVP, der FDP, der BDP, den Grünliberalen und Teilen der SP sowie vom Bundesrat unterstützte Gegenvorschlag, der von 54,2 % der Stimmenden und sämtlichen Kantonen abgelehnt wurde. Die Nein-Quoten lagen zwischen 50,6 (Zug) und 60,9 % (Schwyz).[22] Interessanterweise erhielt der Gegenvorschlag jedoch in der Stichfrage, die bei einem doppelten Ja wirksam geworden wäre, mit 50,4 % eine Mehrheit der Volksstimmen. Bei den Standesstimmen schwang aber ebenfalls die Initiative mit 15:8 obenaus.[24]

    Ausschaffungsinitiative – amtliche Endergebnisse[25]
    Kanton Ja (%) Nein (%) Beteiligung (%)
    Kanton AargauKanton Aargau Aargau 57,3 42,7 52,9
    Kanton Appenzell AusserrhodenKanton Appenzell Ausserrhoden Appenzell Ausserrhoden 56,0 44,0 57,4
    Kanton Appenzell InnerrhodenKanton Appenzell Innerrhoden Appenzell Innerrhoden 65,7 34,3 50,6
    Kanton Basel-LandschaftKanton Basel-Landschaft Basel-Landschaft 53,5 46,5 51,7
    Kanton Basel-StadtKanton Basel-Stadt Basel-Stadt 43,4 56,6 56,2
    Kanton BernKanton Bern Bern 53,7 46,3 50,8
    Kanton FreiburgKanton Freiburg Freiburg 48,6 51,4 47,3
    Kanton GenfKanton Genf Genf 44,2 55,8 54,3
    Kanton GlarusKanton Glarus Glarus 60,8 39,2 45,2
    Kanton GraubündenKanton Graubünden Graubünden 52,6 47,4 45,5
    Kanton JuraKanton Jura Jura 42,7 57,3 42,1
    Kanton LuzernKanton Luzern Luzern 55,9 44,1 57,2
    Kanton NeuenburgKanton Neuenburg Neuenburg 44,0 56,0 47,8
    Kanton NidwaldenKanton Nidwalden Nidwalden 60,8 39,2 61,0
    Kanton ObwaldenKanton Obwalden Obwalden 60,3 39,7 58,5
    Kanton SchaffhausenKanton Schaffhausen Schaffhausen 56,3 43,7 67,9
    Kanton SchwyzKanton Schwyz Schwyz 66,3 33,7 57,9
    Kanton SolothurnKanton Solothurn Solothurn 58,1 41,9 55,1
    Kanton St. GallenKanton St. Gallen St. Gallen 59,6 40,4 53,7
    Kanton TessinKanton Tessin Tessin 61,3 38,7 46,1
    Kanton ThurgauKanton Thurgau Thurgau 61,1 38,9 51,6
    Kanton UriKanton Uri Uri 61,3 38,7 49,4
    Kanton WaadtKanton Waadt Waadt 41,8 58,2 51,9
    Kanton WallisKanton Wallis Wallis 51,8 48,2 54,3
    Kanton ZugKanton Zug Zug 55,0 45,0 57,9
    Kanton ZürichKanton Zürich Zürich 50,8 49,2 55,8
    Eidgenössisches Wappen ÜÜÜSchweizerische Eidgenossenschaft 52,9 47,1 52,9

    Umsetzung

    Das Bundesgericht hat im Oktober 2012 einen Entscheid gefällt, nach dem die Verfassungsbestimmung, welche durch die Initiative eingeführt wurde, nicht unmittelbar anwendbar ist, sondern zuerst vom Parlament konkretisiert werden muss.[26]

    Nach einigen Diskussionen[27] hat das Parlament in der Schlussabstimmung vom 20. März 2015 eine Umsetzungsvorlage verabschiedet (Anpassung des Strafgesetzbuches und des Militärstrafgesetzes)[28]. Die Referendumsfrist ist am 9. Juli 2015 abgelaufen.

    Schon früh während der Parlamentsdebatten zur Ausarbeitung eines Gesetzestextes zur Umsetzung der Initiative war die SVP jedoch der Meinung, dass die Mehrheit des Parlaments nicht die Absicht hatte, die Initiative wort- und sinngetreu umzusetzen.[29] Deshalb lancierte die SVP die eidgenössische Volksinitiative «Zur Durchsetzung der Ausschaffung krimineller Ausländer (Durchsetzungsinitiative)», welche am 28. Dezember 2012 zustande kam, jedoch am 28. Februar 2016 von Volk und Ständen verworfen wurde.

    Seit dem 1. Oktober 2016 sind die Gesetzesbestimmungen zur Ausschaffungsinitiative in Kraft. Die Schweizerischen Staatsanwälte-Konferenz (SSK) hat dazu eine Empfehlung zur einheitlichen Anwendung abgegeben[30]. Darin wird explizit auf die kontroverse Härtefallklausel eingegangen und für Haftanträge ab einem Jahr die Ausschaffung gefordert (als Regelfall).

    Siehe auch

    Weblinks

    Einzelnachweise

    1. Volksabstimmung vom 28.11.2010. In: Website der Bundesverwaltung (der hier angegebene Anteil der Ja- und Nein-Stimmen in Prozent geht von der Anzahl gültiger Stimmzettel aus; die gültige Prozentzahl ist die in der Kantonsübersicht genannte, die vom Total der Ja- und Nein-Stimmen ausgeht)
    2. Endlich Sicherheit schaffen! (Link nicht mehr abrufbar) In: Website der SVP
    3. SVP lanciert Abstimmungskampf «Ja zur Ausschaffungsinitiative». In: Website der SVP Seeland
    4. Eidgenössische Volksinitiative «für die Ausschaffung krimineller Ausländer (Ausschaffungsinitiative)». In: Website der Bundesverwaltung (Bekanntmachungen der Departemente und der Ämter; PDF; 474 kB)
    5. Wortlaut der Volksinitiative. In: Website der Bundeskanzlei
    6. Ausschaffungsinitiative eingereicht. (Memento vom 2. Januar 2011 im Internet Archive) In: Tages-Anzeiger Online. 15. Februar 2008
    7. Wortlaut von Art. 139 BV. In: Website der Bundesverwaltung
    8. Volksinitiative für die Ausschaffung krimineller Ausländer (Ausschaffungsinitiative) Argumentarium, SVP Schweiz
    9. sda: Bundesrat will Gegenvorschlag zum SVP-Begehren. In: 20 Minuten. 15. Oktober 2008
    10. 10,0 10,1 Ausschaffungsinitiative (Memento vom 28. November 2010 auf WebCite) (PDF; 593 kB)
    11. Case C-50/06. Commission of the European Communities v Kingdom of the Netherlands. In: EUR-Lex
    12. Vorlagen zur Eidgenössischen Volksabstimmung vom 28. November 2010. In: Website der Bundesverwaltung. 30. Juni 2010
    13. Bundesbeschluss über die Aus- und Wegweisung krimineller Ausländerinnen und Ausländer im Rahmen der Bundesverfassung (Gegenentwurf zur Volksinitiative «für die Ausschaffung krimineller Ausländer (Ausschaffungsinitiative)») vom 10. Juni 2010. In: Website der Bundesverwaltung (PDF; 486 kB)
    14. Ausschaffung: SPK NR wartet indirekten Gegenentwurf ab und lehnt FDP-Vorschlag ab. (Link nicht mehr abrufbar) In: Website des Vereins «Unser Recht – Notre Droit – Nostro Diritto – Noss Dretg». 20. November 2008
    15. Änderung des Schweizerischen Strafgesetzbuches (Online-Zugriffe VOSTRA). In: Website der Bundesverwaltung (Änderung des BG über die Ausländerinnen und Ausländer als indirekter Gegenvorschlag zur «Ausschaffungsinitiative»)
    16. Bericht zur Änderung des Bundesgesetzes über die Ausländerinnen und Ausländer als indirekter Gegenvorschlag zur «Ausschaffungsinitiative». In: Bundesamt für Migration (heute Staatssekretariat für Migration). Januar 2009 (PDF; 219 kB)
    17. Proteste und ein netter Christoph Blocher. In: Neue Zürcher Zeitung. 18. September 2007
    18. Straßenschlachten in Bern. In: ARD-Tagesschau. 6. Oktober 2007
    19. Elaine Sciolino: Immigration, Black Sheep and Swiss Rage. In: New York Times. 8. Oktober 1970
    20. «Ausschaffungsinitiative wäre schwer umsetzbar» – Justizministerin Widmer-Schlumpf lanciert Abstimmungsdebatte. In: Neue Zürcher Zeitung. 4. Oktober 2010
    21. Andrea Sommer: Professoren üben harte Kritik am Bundesrat – und verstecken sich. In: Tages-Anzeiger. 18. November 2010.
    22. 22,0 22,1 Olivia Kühni: Ja zur SVP-Initiative – Desaster für Gegenvorschlag. In: Tages-Anzeiger. 28. November 2010
    23. Resultate der eidgenössischen Abstimmung vom 28. November 2010. (Memento vom 3. April 2013 im Internet Archive) In: Website der Auslandschweizer-Organisation. 6. Dezember 2010, abgerufen am 11. Februar 2013
    24. Vorlage Nr. 552, Übersicht, Detailangaben. In: Website der Bundesverwaltung (der hier angegebene Anteil der Ja- und Nein-Stimmen in Prozent geht von der Anzahl gültiger Stimmzettel aus; die gültige Prozentzahl ist die in der Kantonsübersicht genannte, die vom Total der Ja- und Nein-Stimmen ausgeht)
    25. Vorlage Nr. 552, Resultate in den Kantonen. In: Website der Schweizerischen Bundeskanzlei, abgerufen am 29. November 2010
    26. SVP-Ausschaffungsinitiative ist nicht anwendbar. In: Tages-Anzeiger. 12. Oktober 2012, abgerufen am 14. Dezember 2012
    27. sda: Zank um die Ausschaffungsinitiative. Bundesrat verlangt neuen Vorschlag zur Umsetzung. In: Neue Zürcher Zeitung. 25. April 2012, abgerufen am 14. Dezember 2012
    28. Schweizerisches Strafgesetzbuch und Militärstrafgesetz (Umsetzung von Art. 121 Abs. 3–6 BV über die Ausschaffung krimineller Ausländerinnen und Ausländer). In: Website der Bundesverwaltung. 20. März 2015 (Umsetzungsvorlage zur Ausschaffungsinitiative; PDF; 161,5 kB)
    29. Andrea Geissbühler (Nationalrätin): Selbstbestimmungs-Initiative als Rettungsanker der Volksrechte. In: Website der SVP. 9. Juli 2015
    30. Empfehlungen zu Art. 66a bis 66d StGB vom Vorstand der Schweizerischen Staatsanwälte-Konferenz. In: Website vom SSK
    Dieser Artikel basiert ursprünglich auf dem Artikel Eidgenössische Volksinitiative «Für die Ausschaffung krimineller Ausländer (Ausschaffungsinitiative)» aus der freien Enzyklopädie Wikipedia und steht unter der Doppellizenz GNU-Lizenz für freie Dokumentation und Creative Commons CC-BY-SA 3.0 Unported. In der Wikipedia ist eine Liste der ursprünglichen Wikipedia-Autoren verfügbar.