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Efraim Yehoud-Desel

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Rabbiner Yehoud-Desel (l.) und Dr. Tzvi C. Marx

Efraim Yehoud-Desel (* 3. Juni 1952 in Rishon Le Zion; als Efraim Yehoud) ist Rabbiner, Chasan, Religionslehrer, Grafikdesigner, verantwortlicher Redakteur und Autor. Er ist der erste in der Synagoge der jüdischen Gemeinde in Münster ordinierte Rabbiner, wie auch der erste staatlich anerkannte Religionslehrer für Judaistik im Regierungsbezirk Münster[1] nach der Shoah.[2] Er betreut außerdem die jüdische Gemeinde Minden[3][4] und war ab 2004 Beauftragter für Schulangelegenheiten des Landesverbandes der Jüdischen Gemeinden von Westfalen-Lippe.[5] Seit 2005 hat er einen Lehrauftrag für Jüdische Studien an der Philosophisch-Theologischen Hochschule Münster.[6]

Leben und Wirken

Im Alter von 7 Jahren emigrierte sein Vater Zacharia 1933 aus dem Jemen nach Israel. Die Familie der Mutter stammt ursprünglich ebenfalls aus dem Jemen und war bereits seit fünf Generationen in Jerusalem ansässig. Nach der Chuppa zogen die Eltern nach Rishon Le Zion, wo Efraim Yehoud als drittes von vier Kindern zur Welt kam. Sein Vater, der als Werkzeugmacher sein eigenes Unternehmen führte, war für die Glasindustrie in Israel tätig. Die Eltern schickten ihren Sohn Efraim auf die jüdische Schule „Tachkemoni“ in Bat Yam und danach zur Jeschiwa „Achusat Jakob“ nach Javne. Im Anschluss leistete er seinen Wehrdienst in der israelischen Verteidigungsarmee und kämpfte 1973 als Soldat im Jom-Kippur-Krieg. Nach dem Krieg lebte er für mehrere Jahre in einem Kibbuz im Norden Israels. Während dieser Zeit hat er Grafikdesign am Graphic Design College in Tel Aviv studiert. Er besitzt einige Gebrauchsmuster im Bereich Produktdesign in Israel und Deutschland.

1990 siedelte Efraim Yehoud nach Deutschland über, wo er seitdem an verschiedenen jüdischen Gemeinden in Deutschland als Kantor tätig war. Die staatliche Anerkennung als Lehrer für jüdische Religion erwarb er in Nürnberg.[5] Nachdem die Anzahl der Mitglieder in jüdische Gemeinde Münsters nach der Wiedervereinigung und dem Zusammenbruch der GUS-Staaten auf etwa 800 gestiegen war,[7], wurde es dadurch möglich, zum ersten Mal nach der Shoa, einen eigenen Gemeinderabbiner anzustellen. Am Schabbat Schemot (14. Februar 2012)[8] erfolgte in der Synagoge in Münster seine Semicha zum Rabbiner durch Tzvi Marx[9] Er sieht seine Aufgabe darin, der heterogenen jüdischen Gemeinde in Münster eine neue Identität zu vermitteln und das Judentum in Deutschland wieder zu beleben.[10] Im Mai 2014 absolvierte Efraim Yehoud-Desel am Refuah-Institut bei Rabbiner Joshua H. Ritchie eine Ausbildung zum Life-Coach, weil er auch u.a. in der Gefängnisseelsorge arbeitet. Neben seiner seelsorgerischen Aufgabe für jüdische Gemeinden in Westfalen-Lippe, gehört u.a. auch die Darstellung des jüdischen Lebens in der Öffentlichkeit[11], die durchführung öffentlicher Feiern, wie etwa des Chanukkafestes[12][13] der Besuch von christlichen Gemeinden [14] die religionsgebundene[15] wie auch interreligiöse Religionspädagogik[16][17][18] sowie zahlreiche Vorträge über das Judentum bei verschiedensten Bildungseinrichtungen.[19][20] Als verantwortlicher Redakteur des Alefbet[21] nimmt er maßgeblich Einfluss auf die Grundlage für universitäre Lehrerausbildung des jüdischen Religionsunterrichtes, wie etwa von Daniel Krochmalnik von der Ruprecht-Karls-Universität Heidelberg[22] Besonders bemüht er sich, aufgrund seines beruflichen Hintergrundes, um die religiöse Kunstpädagogik und die Interpretationskunst religiös motivierter Künstler.[23] [24]

Engagement

  • In der Woche der Brüderlichkeit engagiert er sich regelmäßig mit Vorträgen und setzt sich aktiv mit den Erfahrungen aus dem sogenannten Dritten Reich auseinander.[25]
  • Im Jahr 2005 rief er die „Initiative von unten“ ins Leben. Ziel war es, die wie selbst formuliert, „die Einsamkeit des jüdischen Religionslehrers“ zu beenden. Da in Sachen Unterrichtsvorbereitung kaum Lehrpläne bestanden und auch kaum Unterrichtsmaterialien und Lehrbücher in deutscher Sprache zur Verfügung standen, trafen sich darauf regelmäßig die mosaischen Religionslehrer in Nordrhein-Westfalen um Fragen der Lerninhalte wie der Didaktik zu diskutieren und abzustimmen. Auch wurde darüber gesprochen, inwieweit der jüdische Religionsuntersicht mit der jüdischen Geschichte, mit der die jüdische Religion untrennbar verbunden ist, vermittelt werden soll.[26]
  • 2008 wies Efraim Yehoud-Desel auf den eklatanten Mangel an jüdischen Religionslehrern in Nordrhein-Westfalen hin. Nachdem die Zahl der in Deutschland lebenden Juden, nach Mauerfall und Zuwanderung aus Russland und den anderen Staaten der ehemaligen Sowjetunion, von ca. 20000 auf 170000 gestiegen sei, gäbe es kein ausreichendes schulisches Bildungsangebot. Er selbst müsse ca. 250 Schülerinnen und Schüler in zehn verschiedenen Gemeinden betreuen. Dabei könne der Religionsunterricht bei den Schülern nichts voraussetzen und müsse praktisch bei Null anfangen, da die Mehrzahl durch ihre Sozialisation – meistens Einwanderer aus der ehemaligen Sowjetunion – nicht mit der religiösen Fragestellungen in Berührung gekommen seien und auch vom Elternhaus keine religiösen Erfahrungen mitbrächten.[27]
  • Er engagiert sich für eine Verständigung zwischen Juden und Christen, die auf gegenseitigem Verstehen in Respekt und Toleranz gründet. So war er zusammen mit der Judaistin Regina Grundmann im ZDF in der zu Ostern 2010 ausgestrahlten Sendung „Was ist Ostern und Pessach gemeinsam? Die beiden höchsten Feste in Judentum und Christentum“ für einige Sekunden zu sehen, in der er die gemeinsamen Wurzeln und die unterschiedlichen Bräuche erklärte.[28]
  • Mit der Pianistin Alla Mesionzhnik gab er in Bochum anlässlich der Jahrestagung des Evangelischen Forums Westfalen 2010 eine Einführung in den synagogalen Gesang.[29]
  • Als am 1. März 2012 die Katholische Hochschule Nordrhein-Westfalen die „Option für die Armen – interreligiös und interkulurell“ durchführte, erläuterte er bei dem Besuch in der Synagoge in Münster die Grundzüge der jüdischen Armenhilfe so: „Wenn unser Herz geschlossen ist, ist auch unsere Hand geschlossen. Wenn unser Herz offen ist, ist auch unsere Hand offen.“[30]
  • Als das Kunstmuseum Pablo Picasso Münster vom Oktober 2012 bis Januar 2013 eine Ausstellung mit Werken von Chagall ins Leben rief, engagierte sich der kunstinteressierte Grafikdesigner und bot, zusammen mit seiner Frau Jutta Desel, Museumsführungen zum Werk von Marc Chagall an.[31][32] Die Ausstellung wurde mit 80.000 Besuchern zur erfolgreichsten Ausstellung in der Museumsgeschichte.[33]
  • Im Jahr 2012 sprach in einer Gedenkstunde über die Erbauung und die Zerstörung der Synagoge (Rheine)[34] Dies war das erste Mal seit 1945, dass ein Rabbiner dazu Stellung nahm.[35]
  • Als am 7. Mai 2012 das Landgericht Köln in zweiter Instanz die Zirkumzision als Körperverletzung einstufte,[36] warb Efraim Yehoud-Desel für Verständnis. Er wies auf die wichtige Rolle der Beschneidung im jüdischen Leben hin. Es würde ein Bund mit Gott eingegangen. Man sollte den Eingriff vielmehr wie eine „Impfung“ verstehen, denn es bedeute zwar „in dem Moment Schmerzen, aber langfristig gesehen bedeutet es mehr Vorteile“, wobei er auch die hygienischen Aspekte betonte.[37]
  • Zum Jahrestag der Novemberpogrome 1938 nimmt er regelmäßig an Mahnveranstaltungen teil, bei denen er sich besonders um die Jugendarbeit kümmert. Er macht deutlich, dass die Trauer um die Verstorbenen im jüdischen Glauben immer mit der Bejahung des Lebens einhergehe.[38]
  • Am Tag des offenen Denkmals hält er regelmäßig eine öffentliche Führung über den sonst verschlossenen Jüdischen Friedhof Münster ab. Dadurch, dass es in der jüdischen Religion verboten ist, Menschen übereinander zu bestatten, gibt es dort Grabsteine aus den verschiedensten Jahrhunderten.[39]
  • Am 10. Januar 2014 konnte er die Nordrhein-Westfälische Ministerin für Schule und Weiterbildung und Mitglied im Zentralkomitee der deutschen Katholiken[40] Sylvia Löhrmann in der neugestalteten Synagoge begrüßen und ihr Einblicke in das jüdische Leben in der Domstadt vermitteln.[41]

Autorentätigkeit

Als Autor richtet den Blick auf den jüdischen Hintergrund der Chagallschen Bilderwelt und beschreibt er die Farbsymbolik Marc Chagalls, die sich durch die Farbenlehre der Kabbalah entschlüsseln lässt. Dazu analysiert er zwei seiner Bilder: „Die weiße Kreuzigung“ und „König David“. Vor allem in dem Bild der weißen Kreuzigung zeigt Yehoud-Desel die dichte Wahl Chagalls zwischen den christlichen und den jüdischen Bildmotiven auf, die sowohl von der christlich wie von der jüdischen Seite missverstanden wurde. Dabei bleibt seine Orientierung zur Schicksalsgemeinschaft des jüdischen Volkes bildsprachlich unverkennbar.

En Masal LeIsrael, d.h. Kein Glück für Israel. Diese Worte im Talmud [A 1] kann man aus zweierlei Weise erklären. Zum einen: Israel hat kein Glück und zum anderen: Das Glück hat keine Macht über Israel. Für den ersten Gesichtspunkt steht in jeder Ecke des Bildes der Schlamassel; kein Glück, nur Elend und Unglück überall. Für den anderen Gesichtspunkt spricht, dass Israel die Thora besitzt und dadurch das Schicksal keine Macht über Israel hat. Gam su letowa[A 2] (Auch so ist es gut) Diese Worte haben die Juden längst als Leitspruch verinnerlicht.“

Efraim Yehoud-Desel [42]

In dem Bildwerk „König David“ zeigt Yehoud-Desel die tiefsinnige Symbolik Chagalls in Bezug auf die Thora und Talmud auf. Zug um Zug entschlüsselt er die Bilder und zeigt die Parallelen zur Biographie des Künstlers.

Publikationen

Weblinks

Anmerkungen

  1. Massechet Schabbat 156, b. Siehe Anm. 16
  2. Massechet Mrachot 60; Massechet Taanit 21. Siehe Anm. 16.

Einzelnachweise

  1. Regierungsbezirk Münster in einer Pressemitteilung vom 13. Mai 2003, abgerufen am 28. Juni 2014
  2. WN 16. Januar 2012, abgerufen am 28. Juni 2014
  3. Bericht im Minderner Tageblatt vom 6. Februar 2013, abgerufen am 25. Juni 2014, abgerufen am 28. Juni 2014
  4. COMPASS-Infodienst
  5. 5,0 5,1 Eintrag bei Kultur und Schule
  6. Übersicht über den Lehrkörper der Philosophisch-Theologischen Hochschule Münster, abgerufen am 27. Juni 2014
  7. Dumont-Reiseführer für Münster
  8. Jüdische Gemeinde Münster
  9. Münstersche Zeitung vom 15. Januar 2012, abgerufen am 28. Juni 2014
  10. WDR-Mediathek 17. Januar 2012, abgerufen am 28. Juni 2014
  11. Rheine.de
  12. Gesellschaft für Christlich-Jüdische Zusammenarbeit in Münster am 27. November 2013
  13. Die Glocke aus Gütersloh am 27.12.2011
  14. westline.de vom 1. Mai 2013
  15. Jüdischen Kultusgemeinde Bielefeld
  16. Augustin Wibbelt Gymnasium Warendorf
  17. Kopernikus Gymnasium Rheine
  18. Arnold Jansen Gymnasium Neukirchen
  19. Westfälische Wilhelms-Universität
  20. Programm der Katholischen Akademie Franz-Hitze-Haus
  21. Alefbet
  22. worldpress 2008
  23. Wolbeck.de
  24. Freie Christliche Gemeinde Reeken
  25. Die Glocke vom 12.3.2004
  26. Jüdische Allgemeine vom 6.4.2006
  27. Domradio Köln vom 15. Dezember 2008, abgerufen am 28. Juni 2014
  28. ZDF vom 4. April 2010, abgerufen am 28. Juni 2014; Filmbeitrag
  29. ev-forum 2010
  30. katho-nrw am 1. März 2012, abgerufen am 28. Juni 2014
  31. Picasso-Museum Münster
  32. Ruhrnachrichten vom 5. Oktober 2012, abgerufen am 28. Juni 2014
  33. Raum-Münster vom 14.Januar 2013, abgerufen am 28. Juni 2014
  34. GenWiki.
  35. MV-Online 26.4.2012
  36. 151 Ns 169/11 – Landgericht Köln Volltext (PDF; 68 kB)
  37. Recklinghäuser Zeitung vom 28. Juni 2012
  38. Neue Westfälische vom 14.11.2012
  39. Münster.de vom 8. September 2013, abgerufen am 28. Juni 2014
  40. Liste der Mitglieder der Vollversammlung des ZdK, abgerufen am 28. Juni 2014
  41. Schulministerium NRW, abgerufen am 28. Juni 2014
  42. Efraim Yehoud-Desel: Marc Chagalls Kunst aus rabbinischer Sicht – Zwei Bildbetrachtungen, Münster 2012 ISBN 978-3-8482-2832-4, S. 66 u. 67
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