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Sackpfeife (Musikinstrument)

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Sackpfeife, einfache Bauform, mundgeblasen
Blasebalg für Sackpfeifen mit geringem bis mäßigem Luftdurchsatz
Pieter Bruegel d. Ä., Sackpfeife beim Bauerntanz

Die Sackpfeife oder der Dudelsack (selten Bockpfeife, engl. bagpipe) ist ein selbstklingendes Unterbrechungs-Aerophon (Rohrblattinstrument), dessen Luftzufuhr aus einem Luftsack über eine Windkapsel erfolgt. Sie wird von einem Sackpfeifer (Dudelsackspieler) gespielt. Das Ursprungsland der Sackpfeife ist vermutlich Indien.

Aufbau und Klang

Das Instrument hat eine Spielpfeife (manche Typen auch mehrere), mit der die Melodie gespielt wird und meist ein oder mehrere Bordunpfeifen (auch Brummer), die je einen andauernden Ton spielen. Die Töne in den Pfeifen werden durch je ein Rohrblatt (einfach oder doppelt) erzeugt. Dieses wird normalerweise aus der Schilfart „Arundo donax“, in neuerer Zeit auch aus Kunststoff oder Metall hergestellt.

Ein Bordun gibt einen stets gleich bleibenden Ton von sich, der in der Tonart zu der Spielpfeife passen muss. Hierzu erfolgt die Luftzufuhr zu allen Pfeifen aus einem Luftsack aus abgedichtetem Leder (oft Ziegenhaut, daher der Begriff Bockpfeife[1]) oder Synthetikmaterial, manchmal auch aus einer ganzen Tierhaut, der vom Spieler durch einen Blasebalg oder mit dem Mund durch ein Anblasrohr aufgeblasen wird. Bei fast allen Sackpfeifen sorgt ein Rückschlagventil aus Leder dafür, dass die eingeblasene Luft nicht zurückströmen kann, wenn der Spieler Atem holt bzw. den Blasebalg aufzieht. Der Sack wird mehr oder weniger mit den Armen gegen den Körper zusammengedrückt, um einen möglichst konstanten Luftdruck im Sack aufrechtzuerhalten, unabhängig von der Stärke der eingeblasenen Luft und der über die Pfeifen wieder aus dem Sack ausströmenden Luft. Dadurch entsteht der für das Instrument typische Dauerton. Der Blasdruck erreicht alle Pfeifen gleichermaßen. Eine Intonation durch Druckänderung ist daher häufig nur in geringem Maße möglich. Bei einigen Sackpfeifentypen, insbesondere solchen mit überblasbaren Spielpfeifen oder umstimmbaren Bordunen, sind die Bordune jedoch relativ unempfindlich gegenüber Druckschwankungen. Eine derartige Bordunkonstruktion ist erforderlich, um das Überblasen der Spielpfeife oder das Spiel in verschiedenen Tonarten mit unterschiedlichen Bordunstimmungen zu ermöglichen. Sackpfeifen mit konisch gebohrter Spielpfeife klingen recht laut, einige Sackpfeifentypen mit solchen Spielpfeifen erreichen extreme Lautstärken. Sackpfeifen mit zylindrisch gebohrter Spielpfeife sind deutlich leiser.

Sackpfeifenbordune werden häufig auf oder nahe an den Bordunpunkt gestimmt und verhalten sich akustisch daher wie eine „Lingualpfeife mit zylindrischem Becher mit natürlicher Becherlänge“, das heißt, die Mensur des Rohrblatts passt akustisch zur Länge der Bordunröhre. Der daraus resultierende, sehr grundtönige Klang ist für Sackpfeifenbordune charakteristisch.

Besonderheiten

Sackpfeifen werden meist nur in den durch die Borduntöne vorgegebenen Tonarten gespielt, Abweichungen hiervon sind selten. Häufig können daher die Bordunpfeifen auf mehrere Borduntöne gestimmt werden oder einzeln stumm geschaltet werden. Die Spielpfeife ist oft nicht vollchromatisch spielbar, was ebenfalls die Zahl der spielbaren Tonarten einschränkt.

Ein spezifisches Problem liegt darin, aufeinanderfolgendes Wiederholen derselben Note von einem längeren Notenwert zu unterscheiden. Da eine Sackpfeifenspielpfeife ständig einen Ton erzeugt, wird zur Trennung von zwei gleichen Tönen mindestens ein anderer Ton kurz dazwischen gespielt. Aus dieser Notwendigkeit haben sich sackpfeifenspezifische Verzierungen entwickelt, bei denen oft mehrere kurze Zwischentöne zur Trennung von zwei gleichen Tönen eingeschoben werden.

Herkunft und Verbreitung

Sackpfeifer in der Zisterzienserabtei Santes Creus, Katalonien

Das Ursprungsland der Sackpfeife ist vermutlich Indien. Die in Sanskrit Nagabaddha genannte indische Sackpfeife besaß im Süden nur eine Bordunpfeife, im Norden gelegentlich auch eine Spielpfeife.[2] In ptolemäischer Zeit taucht die Sackpfeife im Alten Ägypten auf.[3]

Der römische Historiker Sueton überliefert (Nero, 54), dass Kaiser Nero sich als utricularius präsentiert hätte. Dieser Begriff hängt mit lat. utriculus „Weinschlauch“ zusammen. Die Übersetzung als „Sackpfeifer“ ergibt sich aus einer Referenzstelle bei Dion Chrysostomos, der von Nero berichtet, er sei fähig, den Aulos sowohl mit dem Mund als auch mittels eines unter die Achsel geklemmten Sackes zu spielen. In der Bibel könnten Sackpfeifen[4] im Buch Daniel erwähnt sein (Elberfelder Übersetzung, Daniel Kapitel 3 Verse 5,7,10 und 15 [5]), und zwar im Zusammenhang mit dem Babylonischen Reich.

Im Mittelalter verbreitete sich die Bordunmusik und damit auch die Sackpfeife über ganz Europa. Die ältesten Belege in Deutschland finden sich in zwei Urkunden aus dem Kloster St. Blasien aus dem 8. oder 9. Jahrhundert.

Wasserspeier in Form eines Sackpfeifers, Claustro de San Juan de los Reyes, Toledo

Lediglich eine mittelalterliche Sackpfeife ist im Original bis in die Gegenwart erhalten, die „Rostocker Spielpfeife“[6] aus dem 15. Jahrhundert. Darüber hinaus sind die mittelalterlichen Sackpfeifen aber durch viele Beispiele in der Kunst erschließbar. Bis ins 15. Jahrhundert waren es überwiegend einbordunige, mundgeblasene Sackpfeifen.[7]

Im Frankreich des 18. Jahrhunderts war die Sackpfeife in Form der Musette de Cour wichtiges Instrument der höfischen Musik, viele Originalkompositionen für das Instrument sind in dieser Zeit entstanden. Daneben existieren in Frankreich eine Vielzahl regionaler Formen, von der Boha der Gascogne, der Cabrette der Auvergne über die Cornemuses der Zentralregion bis zum Binioù Kozh der Bretagne.

In Schottland hat die Sackpfeife eine besondere Tradition als Instrument am Hof. Im britischen „Disarming Act“ nach der Schlacht bei Culloden wurde die schottische Tradition großteils untersagt. Dies betraf die Hochland-Kleidung, aber nicht die Sackpfeife selbst. Die Sackpfeife lebte auch als Militärinstrument weiter und wird oft als schottisches Nationalinstrument bezeichnet.

Die schottische Coverband Red Hot Chilli Pipers

Auch in Südosteuropa wird das Instrument verbreitet gespielt, eine ungebrochene Tradition hat auch die Zampogna in Süditalien.

Junge Gaiteros in Galicien

In Nordwestspanien sind in den lokalen Escuelas de Gaitas, Musikschulen mit Sackpfeifenunterricht, zehntausende Sackpfeifenschüler registriert. Aber auch in anderen Gegenden des Landes ist die Sackpfeife verbreitet, wie der sac de gemecs in Katalonien und die xeremies mallorquina auf den Balearen.

In der tschechischen Volksmusik steht der Böhmische Bock in ungebrochener Tradition; auch in der sorbischen Folklore spielt der Dudelsack eine wichtige Rolle. Der Bock findet auch in Süddeutschland und Österreich in der Volksmusik wieder seinen Platz, den er im Laufe des 19. Jahrhunderts verloren hatte. Daneben gewinnt die Sackpfeife in Mitteleuropa durch die zunehmende Popularität von Mittelalterfesten und -märkten wieder an Bedeutung. Besonders die Great Highland Bagpipe findet in Deutschland wie auch in anderen Ländern in jüngerer Zeit viele Anhänger. In der Schweiz geriet das Instrument im 19. Jahrhundert in Vergessenheit, nachdem es bis in das 16. Jahrhundert noch bei Militärmärschen verwendet wurde. Auch hier erfreut sich die Sackpfeife in jüngster Zeit wieder an Beliebtheit, wobei überwiegend leicht modifizierte Modelle aus dem 16. Jahrhundert hergestellt werden.

Auf dem indischen Subkontinent gab es im Mittelalter mehrere Sackpfeifen, darunter die nordindische masak (auch mashak, mashq) oder die titti, die im 18. Jahrhundert durch importierte Instrumente der britischen Kolonialherren ersetzt wurden. Der einheimische Dudelsack wurde von den Briten abgrenzend als pungi bezeichnet, heute in Indien der Name für das Blasinstrument der Schlangenbeschwörer, das wegen derselben Tonerzeugung eine Vorform des Dudelsacks darstellt. Sackpfeifen überlebten in Indien als britisches Erbe und sind gelegentlich bei Prozessionen zu sehen. Die traditionelle masak aus Ziegenhaut wird in ländlichen Regionen Nordindiens und in Pakistan vor allem bei Hochzeiten gespielt, in der Region Garhwal am Südrand des Himalaya sind zwei Sackpfeifenspieler, die den Hochzeitszug anführen, praktisch unverzichtbar.[8] Die Bhopa-Gemeinschaft in Rajasthan spielen sie zusammen mit der Streichlaute sarangi, Flöten und dem Doppelrohrblattinstrument shehnai.

In der im Süden Irans populären Tanzmusik Bandari erzeugt der Dudelsack ney anban neben mehreren Trommeln und der ud den von der übrigen iranischen Musik so verschiedenen Klang. Die ney anban hat wie die vergleichbare jirba in Bahrain keine Bordunpfeife.

Die Herkunft des Wortteils „Dudel“ wird dem Türkischen duduk („Flöte“) zugeschrieben. Im Ungarischen nennt man dieses Musikinstrument auch duda.[9]

Die Manessische Liederhandschrift enthält Abbildungen, die bezeugen, dass der Dudelsack im Mittelalter zu den höfischen Instrumenten gehörte. Im Frankreich des 18. Jahrhunderts erlebte der Dudelsack eine höfische Wiedergeburt, als es in Adelskreisen Mode war, sich als Schäferinnen und Hirten zu verkleiden und ländliches Leben zu spielen. Dafür wurde der besonders kleine Dudelsack Musette de Cour als vermeintliches Hirteninstrument entwickelt. Hierfür haben namhafte Komponisten eigens Musikstücke komponiert.

In Deutschland erlebt der Dudelsack eine Wiedergeburt, besonders durch das steigende Interesse an Mittelalterfesten.

Arten

bulgarische Kaba Gajda-Spieler
Dudelsackspieler im albanischen Elbasan

Sackpfeifen, die heute in der traditionellen Musik, in der Alten Musik und im Folk verwendet werden, sind unter anderem:

Europaweit existieren nach Schätzungen von Experten heute etwa 180 verschiedene regionale Sackpfeifenformen.

Mittlerweile sind auch elektrische Sackpfeifen, die midigesteuert an einen Verstärker bzw. an einen Computer angeschlossen werden können, auf dem Markt. Erfinder war der asturische Musiker José Ángel Hevia zusammen mit dem Computerprogrammierer Alberto Arias und dem Techniker Miguel Dopico.

Weitere Windkapselinstrumente sind Krummhorn, Platerspiel, Rauschpfeife und auch der als Übungsgerät für die Great Highland Bagpipe verwendete Practice Chanter.

Literatur

  • Anthony Baines: Bagpipes. Oxford University Press, Oxford 1960.
  • Bernard Boulanger: Dudelsack spielen. Verlag der Spielleute, ISBN 3-927240-59-1.
  • Der Dudelsack in Europa – mit besonderer Berücksichtigung Bayerns. Bayerischer Landesverein für Heimatpflege, München 1996, ISBN 3-931754-02-2.
  • Michael Hofmann: Sackpfeifers Handbuch. Verlag der Spielleute, Reichelsheim, 5. Auflage 1994, ISBN 3-927240-02-8.
  • Ralf Gehler: Sackpfeifer, Bierfiedler, Stadtmusikanten. Volksmusik und Volksmusikanten im frühneuzeitlichen Mecklenburg. Thomas Helms, Schwerin 2012, ISBN 978-3-940207-71-5.

Weblinks

Wiktionary: Dudelsack – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen
 Commons: Sackpfeife – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. Der Selbitzer Bockpfeifer, #1/1955, S.2
  2. Curt Sachs: Das Lexikon der Musikinstrumente. Europäischer Hochschulverband, Bremen 2010, S. 267 (Erstauflage 1913)
  3. Hans Hickmann: Altägyptische Musik. In: Bertold Spuler (Hrsg.): Handbuch der Orientalistik. 1. Abt. Der Nahe und der Mittlere Osten. Ergänzungsband IV. Orientalische Musik. E.J. Brill, Leiden/Köln 1970, S. 160
  4. Im Aramäischen Text steht סוּמפניה śûmponyâ, ein aus dem Griechischen συμφωνία (symphonia wörtlich „Zusammenklang“) abgeleitetes Lehnwort. Vergleiche: Wilhelm Gesenius: Hebräisch-deutsches Handwörterbuch über die Schriften des Alten Testaments mit Einschluss der geographischen Nahmen und der chaldäischen Wörter beym Daniel und Esra, Band 2, Leipzig 1812.
  5. bibleserver.com: Elberfelder Übersetzung online
  6. Ralf Gehler: Zwei Sackpfeifenfragmente als archäologische Zeugen norddeutscher Musikkultur. In: Studien zur Musikarchäologie V. Musikarchäologie im Kontext. Archäologische Befunde, historische Zusammenhänge, soziokulturelle Beziehungen. Vorträge des 4. Symposiums der Internationalen Studiengruppe Musikarchäologie im Kloster Michaelstein, 19.–26. September 2004, S. 41–48
  7. Vergleiche: Merit Zloch: Rohrblattinstrumente mit rechteckigem bis flachrundem Querschnitt – archaische Regionalform oder „Europäer“? Publiziert in: Studien zur Musikarchäologie V. Musikarchäologie im Kontext. Archäologische Befunde, historische Zusammenhänge, soziokulturelle Beziehungen. Vorträge des 4. Symposiums der Internationalen Studiengruppe Musikarchäologie im Kloster Michaelstein, 19.–26. September 2004, S. (49–58) PDF-Datei (640 kb)
  8. Andrew Alter: Garhwali Bagpipes: Syncretic Processes in a North Indian Regional Musical Tradition. In: Asian Music, Vol. 29, No. 1. 1997–1998, S. 1–16
  9. Duden, Band 7 (Herkunftswörterbuch) ISBN 3-411-00907-1, Ausgabe 1963, Seite 121
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