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Dragking

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All the Kings Men Drag King Performance Troupe

Als Dragking (in Anlehnung an Dragqueen) wird eine Frau bezeichnet, die innerhalb einer Bühnenrolle in typisch männlicher Kleidung und Aussehen stereotype männliche Verhaltensweisen darstellt oder persifliert. Darüber hinaus gibt es eine Reihe von Dragkings, die sich selbst nicht in einem heteronormativen Kontext als Frau verstehen oder selbst Männer sind, die bestimmte Arten der Männlichkeit, beispielsweise Machismus, überspitzt darstellen. Die Aktivität von Dragkings wird auch als Kinging bezeichnet. Das Kinging geschieht zum Teil auch im Alltag, zum Teil im geschützten Bereich einer subkulturellen Szene.[1] Der Begriff Drag stammt aus dem Englischen und bedeutet in diesem Zusammenhang Verkleidung oder Kostüm und bezieht sich auf das Tragen der Kleidung des jeweils anderen Geschlechts.[2]

Geschichte

Sarah Bernhardt als Hamlet, Fotografie um 1880

Der Begriff Dragking taucht erstmals 1972 in der Literatur auf,[3] jedoch gibt es eine deutlich längere Tradition der Darstellung männlicher Rollen durch Frauen, insbesondere im Rahmen einer sogenannten Hosenrolle.[4] Beispiele hierfür sind Aal der Dragoner, der 1710 bei einer Schlägerei in Rotterdam zu Tode kam, die englische Dichterin und Schauspielerin Susanna Centlivre, die um 1700 als Mann auftrat,[5] die Amerikanerin Annie Hindle um 1870 und Sarah Bernhardt.

Dragkings als Erscheinung einer speziellen kulturellen Szene haben ihre Ursprünge etwa Anfang der 1990er Jahre in der anglo-amerikanischen Lesbenszene.[6] Ein frühes filmisches Dokument einer solchen Dragking-Performance enthält der Spielfilm Die Jungfrauenmaschine von Monika Treut, der 1988 auf dem Internationalen Filmfestival Toronto uraufgeführt wurde. Die in San Francisco gedrehten Filmsequenzen enthalten eine gut vierminütige Stripshow aus der in dieser Zeit entwickelten one wo/man show[7] der Dragking Shelly Mars als Bühnenfigur Martin vor dem Publikum eines lesbischen Szeneclubs. Jenseits der Clubbühne und ihrer männlichen Bühnenfigur verkörpert Mars im Film die geheimnisvolle feminine Frau Ramona.[8]

Jo Calderone, Alter Ego von Lady Gaga (2011)

Einen überraschenden und vielbeachteten Dragking-Auftritt hatte Popsängerin Lady Gaga als Jo Calderone bei den MTV Video Music Awards 2011. Jo Calderone weigerte sich während der gesamten Veranstaltung, sich als Lady Gaga anreden zu lassen und sorgte damit für Irritationen bei Presse und Publikum in Los Angeles. Presseberichten zufolge beließ es Jo Calderone nicht allein beim Bühnenauftritt, sondern benutzte darüber hinaus auch die Herrentoilette hinter der Bühne.[9]

Motivation

Dragkings der verschiedenen subkulturellen Dragking-Szenen sind meist als Frauen sozialisierte Menschen, die jedoch die Geschlechtszuweisung und Geschlechterrolle ihrer Sozialisation aus unterschiedlichen Gründen in Frage stellen. Die Performance als Dragking gibt ihnen die Möglichkeit, die Grenzen der Zweigeschlechtlichkeit auszuloten, mit einer anderen Gestaltung von „Geschlecht“ aktiv Erfahrungen zu sammeln und in einer Performance vor Publikum Geschlechternormen sichtbar und hinterfragbar zu machen.[1]

Manche Forscher unterscheiden zwischen Kinging und dem bloßen Imitieren maskuliner Verhaltensweisen oder dem Durchgehen bzw. Passing als Mann. Im 17. und 18. Jahrhundert trugen viele Frauen aus der Arbeiterschicht Männerkleidung und gaben sich als Mann aus, um Freiheiten zu erlangen, die Frauen in dieser Zeit nicht hatten, z. B. konnten als Mann verkleidete Frauen dem Militär beitreten und mehr Geld verdienen. Frauen wie Jeanne d’Arc und Christina (Schweden) wurden häufig für Männer gehalten, doch unterscheide sich ihr Durchgehen als Mann vom Kinging, weil Kinging eine bewusste Performanz von Männlichkeit ist, bei dem maskuline Charakteristika absichtlich überzeichnet werden.[10]

Kinging kann die Auseinandersetzung mit der gesellschaftlichen Norm der Zweigeschlechtlichkeit durch bewusst angewendete Mittel Männer und bestimmte Arten von Männlichkeit verkörpern. Die weithin als „real“ gegeben aufgefasste Männlichkeit kann damit in ihrer ständigen sozialen Konstruktion innerhalb menschlicher Begegnungen sichtbar gemacht werden.[1]

Abgrenzung von „Dragking“ – „Transgender“ – „Transmann“

US-Comedian Murray Hill, geboren als Betsey Gallagher, behält seine Dragking-Persönlichkeit auch im Privaten bei.[11]

In der Praxis lässt sich das Konzept „Dragking“ nicht trennscharf von den Konzepten „Transgender“ oder „Transmann“ abgrenzen, Übergänge sind hier fließend. Zum einen überschneiden sich soziale Räume von Dragkings und Transgendern vielfach. Zum anderen zeigt die Erfahrung in den Szenen, dass bei einem Teil der Dragkings der Wunsch zu einer erneuten Vereindeutigung der Geschlechtsidentifikation herausbildet, wobei zum Teil auch Hormoneinnahmen oder geschlechtsangleichende Operationen zu Hilfe genommen werden.[12]

Überdies wird eine strenge Definition dieses Begriffs im Sinne wissenschaftlicher Autorität in der queer-theoretischen Auseinandersetzung mit dem Phänomen „Dragking“ vermieden. Damit wird der Veränderbarkeit und Offenheit des Begriffs und der Aneignung durch diejenigen Rechnung getragen, die ihn in den jeweiligen sozialen Räumen der Szenen zur Selbstdefinition verwenden, vergleichbar mit Begriffen wie „queer“ oder „Transgender“.

Filme

Filme, die Sequenzen mit Drag-King-Performances enthalten:

Literatur

  • Lauren Wells Hasten: Gender Pretenders: A Drag King Ethnography. Department of Anthropology, Columbia University in the City of New York. Februar 1999, Online.
  • Uta Schirmer: Geschlecht anders gestalten. Drag Kinging, geschlechtliche Selbstverhältnisse und Wirklichkeiten. (Zugl.: Frankfurt (Main), Univ., Diss.) Transcript, Bielefeld 2010, ISBN 978-3-8376-1345-2.Buchinfo (PDF; 239 kB)
  • Nina Schuster: Andere Räume. Soziale Praktiken der Raumproduktion von Drag Kings und Transgender. (Zugl.: Marburg, Univ., Diss., 2010) Transcript, Bielefeld 2010, ISBN 978-3-8376-1545-6.
  • Pia Thilmann, Tania Witte & Ben Rewald (Hg.): Drag Kings. Mit Bartkleber gegen das Patriarchat. Querverlag, Berlin 2007, ISBN 978-3-89656-142-8.Buchinfo
  • Donna Jean Troka, Kathleen LeBesco, Jean Bobby Noble (Hrsg.): The Drag King Anthology. Haworth Press, New York/London/Oxford 2003, ISBN 978-1560233091.
  • Del LaGrace Volcano, Judith Halberstam: The Drag King Book. Serpent's Tail, London 1999, ISBN 978-1852426071.
  • Judith Halberstam: Drag Kings: Masculinity and Performance. (1998) In: Ken Gelder, Sarah Thornton (Hg.): The Subcultures Reader. 2. überarbeitete und aktualisierte Auflage, Taylor & Francis, 2005, S.&#160 und 400–421 ISBN 978-0415344166
  • Judith Halberstam: Female masculinity. Duke University Press, 1998, S. 160 und 231–266, ISBN 978-0822322436
  • Jana Katz, Martina Kock, Sandra Ortmann, Jana Schenk, Tomka Weiss: Sissy Boyz. Queer Performance. Schriftenreihe queer lab, Band 3. thealit, Bremen 2011, ISBN 978-3-930924-19-6.

Weblinks

 Commons: Drag kings – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Zeitschriften-/Zeitungsartikel:

Videos Dragking-Workshops:

Videos Auftritte/Performances:

Einzelnachweise

  1. 1,0 1,1 1,2 Nina Schuster: Andere Räume. Soziale Praktiken der Raumproduktion von Drag Kings und Transgender. (Zugl.: Marburg, Univ., Diss., 2010) Transcript, Bielefeld 2010, ISBN 978-3-8376-1545-6. S. 15
  2. Merriam-Webster: Drag, Abschnitt 7 a/b. Abgerufen am 4. Januar 2011
  3. Bruce Rodgers: The queens' vernacular: a gay lexicon. Straight Arrow Books, 1972
  4. Laurence Senelick: The changing room: sex, drag and theatre. Routledge, 2000, ISBN 9780415159869
  5. Mary Pix, Melinda Finberg: Eighteenth-century women dramatists., Oxford University Press, 2001, S. XVIII, ISBN 9780192827296
  6. Judith Schönenberger: Visuelle Strategien von Drag Kings im medialen Kontext. Theoretische Diplomarbeit, Zürcher Hochschule der Künste, 2008, S. .3. (PDF; 792 kB)
  7. Del LaGrace Volcano, Judith Halberstam: The Drag King Book. Serpent's Tail, London 1999, ISBN 978-1852426071, S. 67.
  8. hyenafilms.com: DIE JUNGFRAUENMASCHINE. Besetzung. (abgerufen 4. Oktober 2010).
  9. showbiz.de: Lady Gaga beeindruckte bei den ‘VMAs’ als Jo Calderone. 31. August 2011. Abgerufen am 25. September 2011.
  10. Maite Escudero-Alías: Long Live the King: A Genealogy of Performative Genders. Cambridge Scholars Publishing, Cambridge 2009, ISBN 978-1-4438-0216-1, S. 61.
  11. New York Times: THEATER; Meet Downtown's New "It" Boy. 9. Januar 2005. Abgerufen am 3. Januar 2011.
  12. Nina Schuster: Andere Räume. Soziale Praktiken der Raumproduktion von Drag Kings und Transgender. (Zugl.: Marburg, Univ., Diss., 2010) Transcript, Bielefeld 2010, ISBN 978-3-8376-1545-6. S. 15f
  13. salzgeber.de: Presseheft für Man for a day. S. 2 (PDF; 587 kB) Abgerufen am 27. November 2012.
  14. Die Wochenzeitung Online: Frauen sind bessere Männer. Gabriel Baur dokumentiert mit «Venus Boyz» die internationale Drag-King-Szene. 28. Februar 2002.
  15. Magda Wystub im Katalog der Deutschen Nationalbibliothek
Dieser Artikel basiert ursprünglich auf dem Artikel Dragking aus der freien Enzyklopädie Wikipedia und steht unter der Doppellizenz GNU-Lizenz für freie Dokumentation und Creative Commons CC-BY-SA 3.0 Unported. In der Wikipedia ist eine Liste der ursprünglichen Wikipedia-Autoren verfügbar.