Jewiki unterstützen. Jewiki, die größte Online-Enzy­klo­pädie zum Judentum.

Helfen Sie Jewiki mit einer kleinen oder auch größeren Spende. Einmalig oder regelmäßig, damit die Zukunft von Jewiki gesichert bleibt ...

Vielen Dank für Ihr Engagement! (→ Spendenkonten)

How to read Jewiki in your desired language · Comment lire Jewiki dans votre langue préférée · Cómo leer Jewiki en su idioma preferido · בשפה הרצויה Jewiki כיצד לקרוא · Как читать Jewiki на предпочитаемом вами языке · كيف تقرأ Jewiki باللغة التي تريدها · Como ler o Jewiki na sua língua preferida

Diskussion:The Forward

Aus Jewiki
Zur Navigation springen Zur Suche springen

tachles-Newsletter 21.1.2019:

«Forward» stellt auf Online um

Nach 121 Jahren vollzieht die Herausgeberin des jüdischen Traditionstitels eine schmerzliche Massnahme: Ab April wird «The Forward» nurmehr Online erscheinen. Zehn Redaktions-Mitglieder müssen gehen, darunter Chefredaktorin Jane Eisner.

Der Schritt war absehbar, eigentlich schon seit Jahrzehnten. Wie der damalige Herausgeber Sam Norich 2014 dem «aufbau» erklärte, hat «The Forward» seit 1944 rote Zahlen geschrieben. Zuletzt lagen die Verluste der 1897 an der Lower East Side Manhattans gegründeten Zeitung bei rund fünf Millionen Dollar pro Jahr. Zum Wochenende gab die heutige Verlagsleiterin Rachel Fishman Feddersen die Einstellung der jiddischen und englischen Druckausgaben im April, sowie die Entlassung von zehn Mitgliedern der Redaktion bekannt, darunter Chefredakteurin Jane Eisner (Link). Nach früheren Entlassungen sinkt die gesamte Belegschaft damit auf 27 Angestellte. 2014 lag deren Zahl noch bei 40.


Feddersen gab ihrer Hoffnung Ausdruck, dem «Forward» damit weitere 120 Jahre Existenz zu ermöglichen. Aber die Ursachen der Probleme sind damit noch nicht aus der Welt. Wie so viele Publikationen gerade in New York, ist der «Forward» als Stimme und Medium einer spezifischen Gemeinschaft entstanden. Hier waren es die zwei Millionen osteuropäischen Juden, die zwischen 1880 und 1924 in die USA kamen und sich häufig zunächst an der Lower East Side niederliessen. Unter ihnen war 1882 der litauische Rabbiner-Sohn Abraham Cahan. Der 22-Jährige war überzeugter Sozialist, betätigte sich als Autor und sah in der neuen Heimat den Markt für eine jiddische Tageszeitung. So erfolgte 1897 die von einem Kreis linker Gewerkschafter und Politiker getragene Gründung des «Forverts», dessen Titel nicht zufällig dem sozialdemokratischen «Vorwärts» im Kaiserreich entsprach.


Getragen von einer Genossenschaft, erreichte das Blatt zu Beginn der 1930er Jahre eine tägliche Auflage von 275'000, betrieb einen eigenen Radiosender, sowie Büros in Städten wie Boston, Detroit oder Chicago und publizierte Artikel von namhaften Autoren wie I.J. und Isaac Bashevis Singer. Dann setzte der Niedergang ein. Bereits 1939 ging die Auflage auf 170'000 zurück. Das Immigrations-Gesetz von 1924 hatte den Zustrom osteuropäischer Juden weitgehend unterbunden. Nach dem Holocaust konnte es keine Einwanderer dieser Herkunft mehr geben, während die Kinder und Enkel der ursprünglichen Forverts-Leser sich in die amerikanische Gesellschaft assimiliert hatten. Jiddisch war für jüngere Juden «nicht mehr cool», wie Norich «aufbau» erklärt hat.


Erst 1983 wechselte das Blatt zu einer wöchentlichen Erscheinungsweise. 1990 lancierte die Genossenschaft «The Forward» als eigenständige, englischsprachige Zeitung unter Chefredakteur Seth Lipsky. Ihm folgte J.J. Goldberg, der bis vor einigen Monaten exzellente, politische Analysen für die Forward-Webseite beigetragen, die Chefredaktion aber 2008 an Jane Eisner übergeben hat. Sie war die erste Frau in dieser Position. Unter ihrer Führung erzielte das Traditionsblatt immer wieder auch journalistische Scoops, wie die Enthüllung der Fascho-Vergangenheit des Trump-Beraters Sebastian Gorka.


Die Print-Auflage ging indes stetig auf heute 17'000 für die 2017 auf monatliches Erscheinen umgestellte englische und 1000 für die jiddische Ausgabe zurück. Der seit 2016 unternommene Ausbau einer attraktiven Website mit inzwischen zwei Millionen Zugriffen pro Monat konnte diesen Leserschwund nicht aufhalten.