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Diskussion:Jitzchak Nawon

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tachles-Newsletter vom 9. November 2015:

Ohne anderen Amtsinhabern nahetreten zu wollen, darf mit Fug und Recht gesagt werden, dass Itzhak Navon, der am frühen Samstag im Alter von 94 Jahren nach langer Krankheit verstorbene fünfte Präsident des Staates Israel vom ganzen (jüdischen wie nichtjüdischen) Volk so ehrlich geliebt und verehrt worden ist, wie kaum eine andere Persönlichkeit des öffentlichen Lebens des Staates vor oder nach ihm. Navon, dessen Familie seit 12 Generationen in Jerusalem ansässig ist – väterlicherseits wurde sie 1492 im Zuge der Inquisition aus Spanien vertrieben, liess sich zuerst in der Türkei nieder, bevor 1670 der Wechsel nach Jerusalem erfolgte -, stellte eine optimale Kombination von Nobilität und Volksnähe dar, hielt sich nach Möglichkeit vom politischen Alltag fern, stand aber aufrecht und unerschütterlich zu seiner Meinung, wenn dies gefordert war. Die Mutter des verstorbenen Ex-Präsidenten gehörte einer Familie bekannter marokkanischer Kabbalisten an, die 1742 den Weg nach Jerusalem fand.

Navon sprach neben Hebräisch fliessend Ladino, Jiddisch, Englisch und Arabisch. Vor allem seine Arabischkenntnisse kamen Israel mehrfach zu Gute. So diente er in der Vorstaatsperiooe in den damaligen Geheimdiensten des Jischuws. Nach dem Frieden mit Ägypten erwarb Navon sich durch eine in fehlerlosem Arabisch vor dem damaligen Präsidenten Sadat in Kairo gehaltene Rede viel Respekt und Zuneigung in der arabischen Gemeinschaft in- und ausserhalb Israels.

Nach der Staatsgründung 1948 war Navon in den Botschaften des Landes in Argentinien und Uruguay tätig. Es folgte die Ernennung zum persönlichen Sekretär von Moshe Sharett, dem ersten Aussenminister Israels, und dann einer Karriere als politischer Berater von David Ben-Gurion, dem ersten Premierminister. Navons Interesse an Fragen von Bildung und Kultur führten 1963 zur Ernennung zum Direktor der Kulturdivision des Bildungs- und Kulturministeriums. Zwei Jahre später wurde er auf der Liste von Rafi, die später mit der Arbeitspartei fusionierte, in die Knesset gewählt.

Am 19. April 1978 wurde der inzwischen 57jährige Itzhak Navon zum fünften israelischen Staatspräsident gewählt. Der Tag markierte diverse Premieren: Er war der erste im Lande geborene Präsident, der erste sefardische Präsident und der erste Präsident, der kleine Kinder in die Jerusalemer Residenz mitbrachte.

Trotz seiner offenen Neigungen zu Kultur, Bildung und Humanismus konnte Navon auch kompromisslos gegen Erscheinungen auftreten, die in seinen Augen ungerecht waren, So sorgte er 1982 während des ersten Libanonkriegs mit seiner Forderung nach einer richterlichen Untersuchungskommission nach dem Massaker von Sabra und Shatila durch christliche Falangisten für die Entlassung des damaligen Verteidigungsministers Ariel Sharon. Als Präsident stattete Yitzhak Navon auch keiner jüdischen Siedlung in den Gebieten einen Besuch ab. 1983, als seine Kadenz sich ihrem Ende näherte, wollte man Navon veranlassen, sich um den Vorsitz der Israelischen Arbeitspartei zu bewerben. Wahrscheinlich mit Rücksicht auf seinen langjährigen Freund Shimon Peres, dem er keine Konkurrenz machen wollte, lehnte er das Ansinnen aber ebenso ab wie die Möglichkeit, der ersten eine zweite, ebenfalls fünfjährige Kadenz als Staatspräsident folgen zu lassen. Er zog es stattdessen vor, noch diverse Ministerposten zu bekleiden.

In seinem letzten, im vollen Umfang noch nicht ausgestrahlten TV-Interview meinte der gesundheitlich bereits schwer angeschlagene Navon zum Palästinenserkonflikt, es wäre falsch, nur einer Seite die Schuld für die Situation auftragen zu wollen. Beide Seiten hätten eine Teilschuld auf sich zu nehmen, und entsprechend müsse man sich auf einen Kompromiss einigen. Am israelischen Radio bestätigte Navons Sohn Erez am Samstagabend diese Haltung des verstorbenen Vaters. Bis zu seinem Todestag habe Navon sich Sorgen gemacht über die Zukunft des Staates und seiner Bürger.

Noch vor dem Staatsbegräbnis vom Sonntag, das unter grosser Anteilnahme in Jerusalem stattfand, trafen zahlreiche Kondolenzbotschaften zum Ableben des 5. israelischen Präsidenten ein. Navons Lebensgeschichte reflektiere, wie Ronald S. Lauder, Präsident des Jüdischen Weltkongresses betonte, die Geschichte des Staates Israels und des Zionismus. «In jedem seiner öffentlichen Ämter stand das Wohlergehen der jüdischen Gemeinschaft in aller Welt seinem Herzen am nächsten, und er war stets bereit und gewillt, diesen Gemeinden auf jede mögliche Weise zu helfen», sagte Lauder. Als begabter Autor von Buch- und Theatertexten arbeitete Navon unablässig an der Stärkung der vielfältigen ethnischen Schichten Israels und trug ohne Unterlass zur Bewahrung des glorreichen Erbes der sefardisch-jüdischen Gemeinschaft bei. Itzhak Navon war, wie Lauder schloss, ein wahrer Liebhaber seiner Geburtsstadt Jerusalem.