Jewiki unterstützen. Jewiki, die größte Online-Enzy­klo­pädie zum Judentum.

Helfen Sie Jewiki mit einer kleinen oder auch größeren Spende. Einmalig oder regelmäßig, damit die Zukunft von Jewiki gesichert bleibt ...

Vielen Dank für Ihr Engagement! (→ Spendenkonten)

How to read Jewiki in your desired language · Comment lire Jewiki dans votre langue préférée · Cómo leer Jewiki en su idioma preferido · בשפה הרצויה Jewiki כיצד לקרוא · Как читать Jewiki на предпочитаемом вами языке · كيف تقرأ Jewiki باللغة التي تريدها · Como ler o Jewiki na sua língua preferida

Diskussion:Alfred Selbiger

Aus Jewiki
Zur Navigation springen Zur Suche springen

(Biografien der Personen auf Yoav Gads 'Bar-Mitzwa-Bild' inklusive Hinweisen auf ihre jeweilige Situation Mitte 1941. © Institut für Neue Soziale Plastik e.V. Zusammengestellt von Benno Plassmann, 29. Mai 2021 basierend auf einer Reihe von Quellen. © Bildmaterial: Yoav Gad)

  • 3. Mai 1914, Berlin – 3. Dezember 1942, Sachsenhausen

Alfred Selbiger studiert zunächst Medizin, wechselt dann jedoch zum Studium am Rabbiner-Seminar. Seit 1933 leitet er mit Arthur Posnanski ehrenamtlich die Jugendpflege der Jüdischen Gemeinde, 1936 tritt er dem Makkabi Hazair bei. Anfang 1938 übernimmt er mit seiner späteren Frau Erika Katz (*18.6.1914 Rogasen, Deportation nach Auschwitz am 9.12.1942, dort ermordet) bis zum Februar 1939 die Leitung des Hachschara-Kibbuz Havelberg (Nachfolger: Arthur Posnanski). Parallel dazu arbeitet er nach den November Pogromen als Vertreter des Makkabi Hazair bereits im Ausschuss für jüdische Sondertransporte des Palästina-Amts mit, in dem durch die Organisation von Auswanderungspapieren auf die Freilassung von KZ-Inhaftierten hingearbeitet wird. Im August 1939 ist er Delegierter beim Zionistenkongress in der Schweiz und kehrt bei Ausbruch des Krieges nach Berlin zurück. Im Dezember 1939 wird er nach der Alijah von Kurt Goldmann Leiter des Hechaluz und 1940 nach der Alijah von Hardi Swarsensky Bundesleiter des Makkabi Hazair, so dass der hauptverantwortlich für die Hachschara Arbeit der Verbände ist. In dieser Doppelfunktion arbeitet er an zentraler Stelle im Palästina-Amt in Berlin. Mit Kurt Silberpfennig (als Vertreter des religiös-zionistischen Verbands Bachad) und Paul Eppstein (als Leiter der Abteilung Auswanderungsvorbereitung der Reichsvertretung) wird er zu einem der drei letztverantwortlichen Entscheider für die Zuteilung von Einwanderungszertifikaten nach Palästina und anderer Auswanderungsmöglichkeiten. Bewundert und verehrt von den meisten in der Bewegung ist Alfred Selbiger eine der einflussreichsten Persönlichkeiten der späten Hachschara Bewegung. „Was war sein Zimmer in der Meinekestraße doch für eine Quelle von Ruhe, von Geborgensein – wenn man ihm so gegenüber saß. Da kamen die Herren der Behörden und er trat ihnen sehr überlegen entgegen. Und wenn sie fort waren, da wurde aus diesem so imponierenden Alfred auf einmal ein kleiner Junge, der mit den Glas- und Holztierchen, die auf seinem Schreibtisch standen, Zirkus spielte. – Er spielte auch noch mit ihnen, als die Meinekestraße schon aufgelöst war und er in einem dürftigen Zimmerchen der Kantstraße in der Reichsvereinigung saß. Aber er sah sehr blaß und übermüdet dabei aus.“ (Anneliese-Ora Borinski: Erinnerungen, S. 11)

Alle jüdischen Vereine werden im Frühjahr 1941 aufgelöst, auch das ursprünglich der Jewish Agency unterstehende Palästina-Amt in der Meinekestraße (5. Mai 1941). Alfred Selbiger wird in die Reichsvereinigung der Juden als „Leiter der Personalabteilung des jüdischen Jugendarbeitseinsatzes“ eingegliedert, erhält wie Sonja Okun ein neues Büro in der Kantstraße 158, von wo aus er (z.B. durch Zugang zu einem Telefon) die koordinierende Arbeit des Hechaluz weiterführt. Mit neuen Verordnungen im Frühjahr 1941 wird klar, dass für alle Jüdinnen und Juden eine verschärfte Zwangsarbeit eingeführt wird. Um einen Zusammenhalt der noch existierenden Gruppen zu gewährleisten, entscheidet daher die Leitungsgruppe, die verbleibenden Hachscharot zusammenzulegen und mit den lokalen Arbeitsämtern (Zwangs-)Arbeitsplätze vor Ort zu organisieren.

Als im Oktober 1942 die Deportationen aus Berlin beginnen, macht Selbiger Dienst in den Sammellagern, wo die Menschen von der Gemeinde notdürftig verpflegt und ausgestattet werden. Ende November 1942 entziehen sich 20 Mitarbeiter*innen der Gemeinde der Deportation. Daraufhin werden 20 Geiseln genommen, unter ihnen Alfred Selbiger. Am 3. Dezember 1942 wird er im KZ Sachsenhausen erschossen.