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Diskussion:Abaje

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Text von Chajm Guski, Jüdische Allgemeine 15. April 2021

Tora und gute Taten

ABAJE. Der große Talmudgelehrte ist bekannt für sein vorbildliches Handeln – doch nur selten wurde die Halacha nach ihm entschieden


Eine der herausragendsten Besonderheiten des Talmuds ist, dass er nicht nur »fertige« Entscheidungen präsentiert, also keine Sammlung halachischer Entscheidungen, sondern nahezu alle Diskussionen dokumentiert. Mit den Aufzeichnungen dieser Diskussionen lernen wir auch diejenigen kennen, die an ihnen teilnahmen.

Einer jener Beteiligten war »Abaje«, und ohne ihn hätte es eine ganze Reihe halachischer Entscheidungen nie gegeben – auch wenn er in der Regel derjenige Diskussionspartner war, nach dem die Halacha nicht entschieden wurde (Sanhedrin 27a).

Schauen wir zurück ins Babylonien der Jahre 320 bis 350 n.d.Z. Dort kam Abaje, dessen tatsächlicher Name vermutlich Nachmani lautete, zur Welt. Die Umstände waren alles andere als glücklich. Schon vor seiner Geburt starb sein Vater, seine Mutter wohl kurz danach. Der Talmud teilt uns dies in aller Kürze mit: »Als die Mutter von Rabbi Jochanan mit ihm schwanger wurde, starb sein Vater. Seine Mutter starb, nachdem er zur Welt kam. Bei Abaje war es ebenso« (Kidduschin 31b).

Sein Onkel Rabba nahm ihn zu sich. Es wird angenommen, dass Rabbas Frau für Abaje eine Ersatzmutter wurde, denn nicht selten zitiert er seine »Mutter«, so etwa im Traktat Ketubot: »Meine Mutter sagte, dass Datteln, die man vor dem Verzehr von Brot isst, zerstörerisch sind wie eine Axt an einer Palme. Datteln, die danach gegessen werden, sind nützlich wie ein Riegel an einer Tür« (10b).

Für jeden Studierenden, der ein Mischna-Zitat vollendete, gab Abaje ein Festmahl.

Rabba stand seiner eigenen Jeschiwa vor, und dennoch war die Familie sehr arm. Über sie heißt es, dass es in ihrem Haus »60 Sorgen« gab (Moed Katan 28a).

Im Alter von nur 40 Jahren starb Abajes Onkel Rabba. Das Leben der Familie wurde also nicht besser. Abaje wandte sich daraufhin an Raw Josef bar Chija, der ihn als Schüler annahm. Viele ihrer Dispute sind überliefert. Mit fortschreitendem Alter wurde Raw Josef jedoch vergesslich. Er sprach: »›Ich habe diese Halacha noch nicht gehört.‹ Abaje aber sprach zu ihm: ›Du hast uns diese Halacha gesagt!‹« (Eruwin 10a).

Nach dem Tod von Raw Josef stand Abaje dann dessen Jeschiwa vor. Er und seine Familie blieben arm. Trotzdem ließ er es sich nicht nehmen, für jeden seiner Studierenden, der ein Traktat der Mischna beendete, ein Festmahl zu geben.

Sein Lebensmotto scheint in Berachot wiedergegeben worden zu sein: »Man sollte stets wachsam sein in seiner Furcht vor G’tt; eine sanfte Antwort vertreibt den Zorn; gehe freundlich mit Verwandten und Freunden um und mit allen Menschen, sogar mit einem Heiden auf der Straße. Auf diese Weise wird man von G’tt geliebt, von den Menschen bewundert und von allen Kreaturen willkommen sein« (17a). Von ihm sagt der Talmud, dass er an jedem Freitag Grüße aus der »himmlischen Jeschiwa« erhielt (Taanit 21b).

Neben den Diskussionen mit seinem Onkel Rabba und seinem Lehrer Raw Josef enthält der Talmud Hunderte Diskussionen Abajes mit Rawa.

Rawa war, das kann man durchaus behaupten, das Gegenteil von Abaje. Er kam aus einem reichen Haus, und meist wurde nach ihm die Halacha entschieden, außer in sechs Fällen. Er sollte es sein, den Abajes Frau Choma nach dessen Tod noch um Geld bitten muss (Ketubot 65a).

In Berachot (48a) erfahren wir, dass beide anscheinend zusammen bei Rabba studierten, also einander seit ihrer Kindheit kannten. So fragte Rabba sie: »Wo residiert der Allbarmherzige?« Rawa zeigte zur Decke. Abaje hingegen ging hinaus und zeigte zum Himmel. Rabba sagte zu beiden: »Ihr werdet beide Weise werden.«

Tatsächlich sind ihre Diskussionen, auch bekannt als »Hawajot d’Abaje weRawa«, jene, die nahezu alle Aspekte des Lebens abdecken und somit wesentlich für den Talmud sind. So wesentlich, dass der Talmud behauptet, Jochanan ben Zakkaj habe sich mit ihnen beschäftigt (Sukka 28a), und dieser hat immerhin fast drei Jahrhunderte vor ihnen gelebt.

Das Gespräch der beiden mit ihrem Lehrer Rabba war eine Veranschaulichung ihrer Herangehensweise. Rawa sah die Präsenz G’ttes »innerhalb« des Lehrhauses. Abaje sah sie auch außerhalb des Lehrhauses.

Im Traktat Rosch Haschana (18a) diskutieren beide entsprechend: »Rawa sprach: ›Mit einem Opfer oder einer Opfergabe wird die Sünde des Hauses Eli nicht gesühnt (ein Verweis auf 1. Schmuel 2,33), aber sie kann durch Torastudium gesühnt werden.‹ Abaje sagte: ›Mit einem Opfer oder einer Opfergabe wird die Sünde des Hauses Eli nicht gesühnt, aber sie wird durch das Torastudium und wohltätige Taten gesühnt.‹«

Rabba und Abaje stammten aus dem Haus Eli. Es unterlag dem Fluch, dass die meisten seiner Nachkommen jung starben. Rabba, der sich fast ausschließlich mit dem Torastudium beschäftigte, lebte 40 Jahre, während Abaje, der sich sowohl mit dem Torastudium beschäftigte als auch mit guten Taten, 60 Jahre lebte.«

Wir erfahren auf diese Weise also, dass einer der Großen des Talmuds nur 60 Jahre alt wurde. Er bewies einen seiner Aussprüche durch sein eigenes Leben.